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Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr.

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Neupolens wirtschaftliche Kräfte

zum Häuserbau und zur Güterzerteilung benutzt, und allenthalben drängte sich
hervor, wie sie mit Erfolg bestrebt waren, wieder Herren im eigenen Lande zu
werden, um das deutsche Element aus dem Felde zu schlagen. Den Erfolgen
der Ansiedlungskommission in preußischer Form steht solchergestalt ein Grund-
erwerb aus deutscher Hand entgegen, der in Westpreußen auf rund 107 000
Hektar, in Posen auf 150 000, in Schlesien auf 16 000 und in Ostpreußen aus
29 000 Hektar beziffert wurde. Der Gesamtbesitz der Polen in Posen und West¬
preußen wurde im Jahre 1910 auf rund 1,7 Millionen Hektar veranschlagt,
darunter in Posen 374 000 Hektar in Abschnitten von mehr als 1000 Hektar,
die in den Händen von 139 Großgrundbesitzern vereinigt waren.

Daß man in dem uns feindlichen Ausland große Hoffnungen auf eine
günstige Entwicklung des neuen polnischen Staatsgebildes setzt, geht aus den
Kapitalbeteiligungen hervor, die namentlich englische und französische Finanz¬
leute polnischen Unternehmungen zugewendet haben. Sie gelten dem Wieder¬
aufbau des Landes im allgemeinen und im besonderen der Schiffahrt auf der
Weichsel, dem Import und Export landwirtschaftlicher Erzeugnisse und Bedürfnisse
an Dünger, Samen, Maschinen usw., der Entwicklung der Naphtaindustrie und
anderem mehr. Freilich war bereits vor dem Kriege englisches, französisches
sowie auch amerikanisches und belgisches Kapital schon vielfach in Polen betätigt
gewesen, und das deutsche Generalgouvernement in Warschau hatte Veranlassung
genommen, derartige Firmen unter Zwangsverwaltung zu stellen, deren Stamm-
bäuser in Manchester, London, Birmingham, Sheffield sowie in Lüttich, Paris,
Reims und Bordeaux ansässig waren. Nunmehr bereisten englische und französische
Ingenieure das politische Neuland, um die Leitung industrieller Unternehmungen
in die Hand zu nehmen, und dem Absatz ihrer Landeserzeugnisse sowie der
Neugründung gewerblicher Veranstaltungen die Wege zu ebnen.

Sehr beachtenswert erscheint dem gegenüber die Klage des Ministerpräsidenten
Paderewski. daß die Banken des Auslands mit Rücksicht auf die unsicheren Ver¬
hältnisse die Finanzierung einer staatlichen Anleihe abgelehnt hätten.

Es erübrigt, nach dem vorstehend gewonnenen überblick über die wirt¬
schaftlichen Hilfsquellen des neuen Polenreiches sich ein Bild davon zu machen,
inwieweit dasselbe als tragfähig zu erachten sein wird, die ihm obliegenden
Lasten seiner Erhaltung und inneren Förderung aus seine Schultern zu nehmen.
Hätten die Polen, so wie man es in Deutschland einst voraussetzte, als man
ihnen ihre staatliche Selbständigkeit wieder gab, es sich an den Grenzen Kongre߬
polens genügen lassen, hätten sie, wie die Schweiz ihren Schwerpunkt in ihrer
wirtschaftlichen Entwicklung gesucht, und sich in diesem Anlaß tunlichst eng an
Deutschlands starken Rückhalt angeschlossen, so hätte auch ein besiegtes Deutschland
ihnen immer noch wertvolle Hilfe leisten können, namentlich dann, wenn das
wieder erstarkende Russentum, was früher oder später doch geschehen wird, von
neuem die Hand nach den ihm jetzt entrissenen Gliedern ausstreckt, und für
seinen erneuten Drang nach dem Westen in dem Polenreiche die erste greifbare
Beute findet. In diesem Zeitpunkt würde ein Entente, soweit sie dann noch
zusammenhält, dem deutschen Militarismus schwerlich Hindernisse in den Weg
gelegt haben und Polen wäre froh und dankbar gewesen, wenn sich Deutschland
bereit und in der Lage fand, den drohenden Stoß an seiner Ostfront, ehe er
Unheil anrichtete, aufzufangen.

Indem sich Neupolen jetzt völlig auf die sicherlich nicht selbstlose Hilfe der
Entente verläßt, und gegen das zur Wehrlosigkeit verurteilte deutsche Volk eine"
feindselige Haltung einnimmt, ist es seinerseits gezwungen, dem Militarismus
unter Anspannung aller Kräfte die tunlichste Pflege angedeihen zu lassen, ja
selbst eine Marine gedenkt man, wie verlautet, zu errichten, um den neu¬
gewonnenen Seeinteressen gerecht zu werden. -- Wie sich England freilich
solchen zunächst etwas unklaren Plänen stellt, mag bis auf weiteres als eine
offene Frage bezeichnet werden. -- Als ein weiterer Bestandteil des "außer¬
ordentlichen Etats" des polnischen Reiches mindestens für das nächste Mensches


Neupolens wirtschaftliche Kräfte

zum Häuserbau und zur Güterzerteilung benutzt, und allenthalben drängte sich
hervor, wie sie mit Erfolg bestrebt waren, wieder Herren im eigenen Lande zu
werden, um das deutsche Element aus dem Felde zu schlagen. Den Erfolgen
der Ansiedlungskommission in preußischer Form steht solchergestalt ein Grund-
erwerb aus deutscher Hand entgegen, der in Westpreußen auf rund 107 000
Hektar, in Posen auf 150 000, in Schlesien auf 16 000 und in Ostpreußen aus
29 000 Hektar beziffert wurde. Der Gesamtbesitz der Polen in Posen und West¬
preußen wurde im Jahre 1910 auf rund 1,7 Millionen Hektar veranschlagt,
darunter in Posen 374 000 Hektar in Abschnitten von mehr als 1000 Hektar,
die in den Händen von 139 Großgrundbesitzern vereinigt waren.

Daß man in dem uns feindlichen Ausland große Hoffnungen auf eine
günstige Entwicklung des neuen polnischen Staatsgebildes setzt, geht aus den
Kapitalbeteiligungen hervor, die namentlich englische und französische Finanz¬
leute polnischen Unternehmungen zugewendet haben. Sie gelten dem Wieder¬
aufbau des Landes im allgemeinen und im besonderen der Schiffahrt auf der
Weichsel, dem Import und Export landwirtschaftlicher Erzeugnisse und Bedürfnisse
an Dünger, Samen, Maschinen usw., der Entwicklung der Naphtaindustrie und
anderem mehr. Freilich war bereits vor dem Kriege englisches, französisches
sowie auch amerikanisches und belgisches Kapital schon vielfach in Polen betätigt
gewesen, und das deutsche Generalgouvernement in Warschau hatte Veranlassung
genommen, derartige Firmen unter Zwangsverwaltung zu stellen, deren Stamm-
bäuser in Manchester, London, Birmingham, Sheffield sowie in Lüttich, Paris,
Reims und Bordeaux ansässig waren. Nunmehr bereisten englische und französische
Ingenieure das politische Neuland, um die Leitung industrieller Unternehmungen
in die Hand zu nehmen, und dem Absatz ihrer Landeserzeugnisse sowie der
Neugründung gewerblicher Veranstaltungen die Wege zu ebnen.

Sehr beachtenswert erscheint dem gegenüber die Klage des Ministerpräsidenten
Paderewski. daß die Banken des Auslands mit Rücksicht auf die unsicheren Ver¬
hältnisse die Finanzierung einer staatlichen Anleihe abgelehnt hätten.

Es erübrigt, nach dem vorstehend gewonnenen überblick über die wirt¬
schaftlichen Hilfsquellen des neuen Polenreiches sich ein Bild davon zu machen,
inwieweit dasselbe als tragfähig zu erachten sein wird, die ihm obliegenden
Lasten seiner Erhaltung und inneren Förderung aus seine Schultern zu nehmen.
Hätten die Polen, so wie man es in Deutschland einst voraussetzte, als man
ihnen ihre staatliche Selbständigkeit wieder gab, es sich an den Grenzen Kongre߬
polens genügen lassen, hätten sie, wie die Schweiz ihren Schwerpunkt in ihrer
wirtschaftlichen Entwicklung gesucht, und sich in diesem Anlaß tunlichst eng an
Deutschlands starken Rückhalt angeschlossen, so hätte auch ein besiegtes Deutschland
ihnen immer noch wertvolle Hilfe leisten können, namentlich dann, wenn das
wieder erstarkende Russentum, was früher oder später doch geschehen wird, von
neuem die Hand nach den ihm jetzt entrissenen Gliedern ausstreckt, und für
seinen erneuten Drang nach dem Westen in dem Polenreiche die erste greifbare
Beute findet. In diesem Zeitpunkt würde ein Entente, soweit sie dann noch
zusammenhält, dem deutschen Militarismus schwerlich Hindernisse in den Weg
gelegt haben und Polen wäre froh und dankbar gewesen, wenn sich Deutschland
bereit und in der Lage fand, den drohenden Stoß an seiner Ostfront, ehe er
Unheil anrichtete, aufzufangen.

Indem sich Neupolen jetzt völlig auf die sicherlich nicht selbstlose Hilfe der
Entente verläßt, und gegen das zur Wehrlosigkeit verurteilte deutsche Volk eine"
feindselige Haltung einnimmt, ist es seinerseits gezwungen, dem Militarismus
unter Anspannung aller Kräfte die tunlichste Pflege angedeihen zu lassen, ja
selbst eine Marine gedenkt man, wie verlautet, zu errichten, um den neu¬
gewonnenen Seeinteressen gerecht zu werden. — Wie sich England freilich
solchen zunächst etwas unklaren Plänen stellt, mag bis auf weiteres als eine
offene Frage bezeichnet werden. — Als ein weiterer Bestandteil des „außer¬
ordentlichen Etats" des polnischen Reiches mindestens für das nächste Mensches


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[0274] Neupolens wirtschaftliche Kräfte zum Häuserbau und zur Güterzerteilung benutzt, und allenthalben drängte sich hervor, wie sie mit Erfolg bestrebt waren, wieder Herren im eigenen Lande zu werden, um das deutsche Element aus dem Felde zu schlagen. Den Erfolgen der Ansiedlungskommission in preußischer Form steht solchergestalt ein Grund- erwerb aus deutscher Hand entgegen, der in Westpreußen auf rund 107 000 Hektar, in Posen auf 150 000, in Schlesien auf 16 000 und in Ostpreußen aus 29 000 Hektar beziffert wurde. Der Gesamtbesitz der Polen in Posen und West¬ preußen wurde im Jahre 1910 auf rund 1,7 Millionen Hektar veranschlagt, darunter in Posen 374 000 Hektar in Abschnitten von mehr als 1000 Hektar, die in den Händen von 139 Großgrundbesitzern vereinigt waren. Daß man in dem uns feindlichen Ausland große Hoffnungen auf eine günstige Entwicklung des neuen polnischen Staatsgebildes setzt, geht aus den Kapitalbeteiligungen hervor, die namentlich englische und französische Finanz¬ leute polnischen Unternehmungen zugewendet haben. Sie gelten dem Wieder¬ aufbau des Landes im allgemeinen und im besonderen der Schiffahrt auf der Weichsel, dem Import und Export landwirtschaftlicher Erzeugnisse und Bedürfnisse an Dünger, Samen, Maschinen usw., der Entwicklung der Naphtaindustrie und anderem mehr. Freilich war bereits vor dem Kriege englisches, französisches sowie auch amerikanisches und belgisches Kapital schon vielfach in Polen betätigt gewesen, und das deutsche Generalgouvernement in Warschau hatte Veranlassung genommen, derartige Firmen unter Zwangsverwaltung zu stellen, deren Stamm- bäuser in Manchester, London, Birmingham, Sheffield sowie in Lüttich, Paris, Reims und Bordeaux ansässig waren. Nunmehr bereisten englische und französische Ingenieure das politische Neuland, um die Leitung industrieller Unternehmungen in die Hand zu nehmen, und dem Absatz ihrer Landeserzeugnisse sowie der Neugründung gewerblicher Veranstaltungen die Wege zu ebnen. Sehr beachtenswert erscheint dem gegenüber die Klage des Ministerpräsidenten Paderewski. daß die Banken des Auslands mit Rücksicht auf die unsicheren Ver¬ hältnisse die Finanzierung einer staatlichen Anleihe abgelehnt hätten. Es erübrigt, nach dem vorstehend gewonnenen überblick über die wirt¬ schaftlichen Hilfsquellen des neuen Polenreiches sich ein Bild davon zu machen, inwieweit dasselbe als tragfähig zu erachten sein wird, die ihm obliegenden Lasten seiner Erhaltung und inneren Förderung aus seine Schultern zu nehmen. Hätten die Polen, so wie man es in Deutschland einst voraussetzte, als man ihnen ihre staatliche Selbständigkeit wieder gab, es sich an den Grenzen Kongre߬ polens genügen lassen, hätten sie, wie die Schweiz ihren Schwerpunkt in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung gesucht, und sich in diesem Anlaß tunlichst eng an Deutschlands starken Rückhalt angeschlossen, so hätte auch ein besiegtes Deutschland ihnen immer noch wertvolle Hilfe leisten können, namentlich dann, wenn das wieder erstarkende Russentum, was früher oder später doch geschehen wird, von neuem die Hand nach den ihm jetzt entrissenen Gliedern ausstreckt, und für seinen erneuten Drang nach dem Westen in dem Polenreiche die erste greifbare Beute findet. In diesem Zeitpunkt würde ein Entente, soweit sie dann noch zusammenhält, dem deutschen Militarismus schwerlich Hindernisse in den Weg gelegt haben und Polen wäre froh und dankbar gewesen, wenn sich Deutschland bereit und in der Lage fand, den drohenden Stoß an seiner Ostfront, ehe er Unheil anrichtete, aufzufangen. Indem sich Neupolen jetzt völlig auf die sicherlich nicht selbstlose Hilfe der Entente verläßt, und gegen das zur Wehrlosigkeit verurteilte deutsche Volk eine" feindselige Haltung einnimmt, ist es seinerseits gezwungen, dem Militarismus unter Anspannung aller Kräfte die tunlichste Pflege angedeihen zu lassen, ja selbst eine Marine gedenkt man, wie verlautet, zu errichten, um den neu¬ gewonnenen Seeinteressen gerecht zu werden. — Wie sich England freilich solchen zunächst etwas unklaren Plänen stellt, mag bis auf weiteres als eine offene Frage bezeichnet werden. — Als ein weiterer Bestandteil des „außer¬ ordentlichen Etats" des polnischen Reiches mindestens für das nächste Mensches

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_336289/274>, abgerufen am 15.01.2025.