Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr.Syrien bekannt wurde, akut aber wurde die Lage als bekannt wurde, daß die englische Ob die Engländer tatsächlich illoyal vorgegangen sind, muß zweifelhaft Wie dem auch sei, die französische Presse, die angesichts der englischen Er¬ Syrien bekannt wurde, akut aber wurde die Lage als bekannt wurde, daß die englische Ob die Engländer tatsächlich illoyal vorgegangen sind, muß zweifelhaft Wie dem auch sei, die französische Presse, die angesichts der englischen Er¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0027" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/336317"/> <fw type="header" place="top"> Syrien</fw><lb/> <p xml:id="ID_68" prev="#ID_67"> bekannt wurde, akut aber wurde die Lage als bekannt wurde, daß die englische<lb/> Militärbehörde auf unbestritten französischem Gebiet und ohne Vorwissen, ja<lb/> gegen den Einspruch der französischen Behörden den Emir Sai'd, einen französischen<lb/> Schützling, sowie einen Arabcrhäuptling, der sich für ein französisches Mandat<lb/> ausgesprochen, hatten verhaften lassen.</p><lb/> <p xml:id="ID_69"> Ob die Engländer tatsächlich illoyal vorgegangen sind, muß zweifelhaft<lb/> erscheinen. Während des Krieges lag es fraglos in militärischem Interesse,<lb/> die Selbständigkeitsbestrebungen der von jeher unbotmäßigen Araberstämme gegen<lb/> die Türken nach Kräften auszunutzen. Man muß aber auch berücksichtigen, daß<lb/> die Araber schon von sich aus zum Gegensatz zu den völlig französisch orien¬<lb/> tierten Christen Frankreich ab-, und damit England zugeneigt sind und daß die<lb/> überaus glänzende Durchführung des Feldzuges in Palästina, während die<lb/> Franzosen sich in Saloniki festgelegt hatten, hier, wo Prestigefragen eine viel-<lb/> bedeutendere Rolle spielen als in Europa, ausschließlich englischem Ansehen zu¬<lb/> gute gekommen ist. Dabei braucht man natürlich die Möglichkeit nicht in Ab¬<lb/> rede zu stellen, daß hier und da durch die englischen Behörden oder mehr oder<lb/> weniger ausgesprochene englische Agenten nach im Orient gebräuchlicher Sitte<lb/> ein wenig nachgeholfen worden ist, sicher sind auch die Franzosen in dieser<lb/> Beziehung nicht untätig gewesen und wenn man englischerseits unter umsichtiger<lb/> Benutzung der zeitlichen Abwesenheit deS französischen Oberkommissars in Beiruth<lb/> den Emir Said verhaftet hat, so ist das sicher nicht aus persönlicher Feind¬<lb/> schaft, sondern bestimmt deshalb geschehen, weil dieser durch franzosenfreundliche<lb/> Propaganda die Ruhe des Landes zu stören drohte. Man muß sich klar<lb/> machen, daß die Lage im Omme wegen der Gährung in Ägypten, die weit<lb/> beträchtlicher sein muß, als man von englischer Seite offen zugeben möchte, die<lb/> allergrößte militärische Wachsamkeit erfordert und daß es gar nicht ausgeschlossen<lb/> ist, daß der König Hussein unter Benutzung dieser Gährung eine panislamitische<lb/> Bewegung, die sehr leicht nach Mesopotamien und Indien übergreifen könnte,<lb/> zu entfesseln plant.</p><lb/> <p xml:id="ID_70" next="#ID_71"> Wie dem auch sei, die französische Presse, die angesichts der englischen Er¬<lb/> klärungen über die Unmöglichkeit des Kohlenexports nicht nur die Hoffnung auf<lb/> Kohlen, sondern auch wohl auf finanzielle Unterstützung von feiten Englands<lb/> aufgegeben hat und vorsichtig Anstalten trifft, sich im Gegensatz zu dem Bundes¬<lb/> genossen jenseits des Kanals, Amerika anzunähern, fing plötzlich an zu toben.<lb/> Von rechts wiederholte man die Formel vom angelsächsischen Frieden, von links<lb/> stellte man eine lange Liste der im Kriege durch England errungenen Erfolge<lb/> auf, und überall begann man sich auffallend eifrig mit Ägypten zu beschäftigen;<lb/> ja man entsann sich auf einmal französischer Interessen in Ägypten, die unter<lb/> allen Umstünden sichergestellt werden müßten. Die englische Presse verhielt sich<lb/> demgegenüber wie stets in solchen Fällen auffallend ruhig, ja kaltblütig, die<lb/> Anzapfungen wegen Ägypten wurden überhört, man warf erstaunt die Früge<lb/> auf. wer denn jemals daran gedacht habe, die französischen Ansprüche auf em<lb/> syrisches Mandat in Frage zu stellen und wies nur hier und da darauf hin,<lb/> daß für den klar ausgesprochenen Willen der Araber bzw. der Syrer doch nie¬<lb/> mand könne. Die französischen Klagen, daß z. B. das französische Elsenbahn-<lb/> Material durch die englische Militärverwaltung absichtlich ramponiert und in<lb/> -Verwirrung gebracht würde, daß französische Offiziere und franzosenfreundlrche<lb/> Syrer durch Zoll- und Paßschwierigkeiten Bewegungsfreiheit einbüßten, fanden<lb/> w der „Times" eine kühle und sachliche Zurückweisung, während ein gleich¬<lb/> seitiger Bericht aus Aleppo sich folgendermaßen äußerte (die Stelle rst zu be¬<lb/> zeichnend für das sichere Arbeiten der englischen Politik, als daß ich sie nicht</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0027]
Syrien
bekannt wurde, akut aber wurde die Lage als bekannt wurde, daß die englische
Militärbehörde auf unbestritten französischem Gebiet und ohne Vorwissen, ja
gegen den Einspruch der französischen Behörden den Emir Sai'd, einen französischen
Schützling, sowie einen Arabcrhäuptling, der sich für ein französisches Mandat
ausgesprochen, hatten verhaften lassen.
Ob die Engländer tatsächlich illoyal vorgegangen sind, muß zweifelhaft
erscheinen. Während des Krieges lag es fraglos in militärischem Interesse,
die Selbständigkeitsbestrebungen der von jeher unbotmäßigen Araberstämme gegen
die Türken nach Kräften auszunutzen. Man muß aber auch berücksichtigen, daß
die Araber schon von sich aus zum Gegensatz zu den völlig französisch orien¬
tierten Christen Frankreich ab-, und damit England zugeneigt sind und daß die
überaus glänzende Durchführung des Feldzuges in Palästina, während die
Franzosen sich in Saloniki festgelegt hatten, hier, wo Prestigefragen eine viel-
bedeutendere Rolle spielen als in Europa, ausschließlich englischem Ansehen zu¬
gute gekommen ist. Dabei braucht man natürlich die Möglichkeit nicht in Ab¬
rede zu stellen, daß hier und da durch die englischen Behörden oder mehr oder
weniger ausgesprochene englische Agenten nach im Orient gebräuchlicher Sitte
ein wenig nachgeholfen worden ist, sicher sind auch die Franzosen in dieser
Beziehung nicht untätig gewesen und wenn man englischerseits unter umsichtiger
Benutzung der zeitlichen Abwesenheit deS französischen Oberkommissars in Beiruth
den Emir Said verhaftet hat, so ist das sicher nicht aus persönlicher Feind¬
schaft, sondern bestimmt deshalb geschehen, weil dieser durch franzosenfreundliche
Propaganda die Ruhe des Landes zu stören drohte. Man muß sich klar
machen, daß die Lage im Omme wegen der Gährung in Ägypten, die weit
beträchtlicher sein muß, als man von englischer Seite offen zugeben möchte, die
allergrößte militärische Wachsamkeit erfordert und daß es gar nicht ausgeschlossen
ist, daß der König Hussein unter Benutzung dieser Gährung eine panislamitische
Bewegung, die sehr leicht nach Mesopotamien und Indien übergreifen könnte,
zu entfesseln plant.
Wie dem auch sei, die französische Presse, die angesichts der englischen Er¬
klärungen über die Unmöglichkeit des Kohlenexports nicht nur die Hoffnung auf
Kohlen, sondern auch wohl auf finanzielle Unterstützung von feiten Englands
aufgegeben hat und vorsichtig Anstalten trifft, sich im Gegensatz zu dem Bundes¬
genossen jenseits des Kanals, Amerika anzunähern, fing plötzlich an zu toben.
Von rechts wiederholte man die Formel vom angelsächsischen Frieden, von links
stellte man eine lange Liste der im Kriege durch England errungenen Erfolge
auf, und überall begann man sich auffallend eifrig mit Ägypten zu beschäftigen;
ja man entsann sich auf einmal französischer Interessen in Ägypten, die unter
allen Umstünden sichergestellt werden müßten. Die englische Presse verhielt sich
demgegenüber wie stets in solchen Fällen auffallend ruhig, ja kaltblütig, die
Anzapfungen wegen Ägypten wurden überhört, man warf erstaunt die Früge
auf. wer denn jemals daran gedacht habe, die französischen Ansprüche auf em
syrisches Mandat in Frage zu stellen und wies nur hier und da darauf hin,
daß für den klar ausgesprochenen Willen der Araber bzw. der Syrer doch nie¬
mand könne. Die französischen Klagen, daß z. B. das französische Elsenbahn-
Material durch die englische Militärverwaltung absichtlich ramponiert und in
-Verwirrung gebracht würde, daß französische Offiziere und franzosenfreundlrche
Syrer durch Zoll- und Paßschwierigkeiten Bewegungsfreiheit einbüßten, fanden
w der „Times" eine kühle und sachliche Zurückweisung, während ein gleich¬
seitiger Bericht aus Aleppo sich folgendermaßen äußerte (die Stelle rst zu be¬
zeichnend für das sichere Arbeiten der englischen Politik, als daß ich sie nicht
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