Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr.Fünfundzwanzig Jahre Deutscher Vstmarkenverein und von "ehrloser Hetze" sprach. Dem betagten Kennemann drohten die Polen, Gegner hatte der Verein auch unter den Deutschen. Die Ultramontanen, bei derem eifrigen Streben, die Macht und den Die Sozialdemokraten, deren deutsche Gestalt durch ein internationales Auch im freisinnigen Parteilager fanden sich Gegner. Viele Freisinnige Widerwillig zeigten sich auch viele Gewerbetreibende, die ihre polnische ^ In den ersten Jahren seines Wirkens war iber Berein auch bei vielen Fünfundzwanzig Jahre Deutscher Vstmarkenverein und von „ehrloser Hetze" sprach. Dem betagten Kennemann drohten die Polen, Gegner hatte der Verein auch unter den Deutschen. Die Ultramontanen, bei derem eifrigen Streben, die Macht und den Die Sozialdemokraten, deren deutsche Gestalt durch ein internationales Auch im freisinnigen Parteilager fanden sich Gegner. Viele Freisinnige Widerwillig zeigten sich auch viele Gewerbetreibende, die ihre polnische ^ In den ersten Jahren seines Wirkens war iber Berein auch bei vielen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0191" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/336481"/> <fw type="header" place="top"> Fünfundzwanzig Jahre Deutscher Vstmarkenverein</fw><lb/> <p xml:id="ID_684" prev="#ID_683"> und von „ehrloser Hetze" sprach. Dem betagten Kennemann drohten die Polen,<lb/> ihn und seine Genossen in ihren eigenen Lauben aufzuhängen, und, soweit ihre<lb/> Macht reichte, verfolgten die Polen alle, die dem Deutschen Ostmarkenverein als<lb/> Mitglieder beitraten. Die Polen glaubten auch einen Spottnamen erfunden<lb/> zu haben, als sie aus den Anfangsbuchstaben der Namen der Gründer des<lb/> Vereins Hansemann, Kennemann und Tiedemann das Wort „Hakate" formten<lb/> und den Verein als Hakateverein und seine Mitglieder als Hakcitisten bezeichneten.<lb/> Aber der Spott prallte von den deutsche« Männern ab, das Wort wurde zum<lb/> Ehrennamen, den die Vereinsmitglioder nicht ohne Stolz führten und der am<lb/> Kopf joder Nummer der Vereinszeitung „Die Ostmark" zu finden ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_685"> Gegner hatte der Verein auch unter den Deutschen.</p><lb/> <p xml:id="ID_686"> Die Ultramontanen, bei derem eifrigen Streben, die Macht und den<lb/> Einfluß der katholischen Kirche zu erhalten und zu mehren, gar leicht das<lb/> Bewußtsein der vaterländischen Pflichten verdunkelt wird, ließen es an An¬<lb/> feindungen nicht fehlen; sie erhoben gegen den Verein den Vorwurf, er sei ein<lb/> Feind der .Katholiken und wollte den Osten Protestantisieren. Sie feindeten ihn<lb/> an und hielten es gar zu sehr mit den Polen, obwohl sie von ihnen recht oft<lb/> abstoßend behandelt wurden. Das erschwerte die Stellung des Vereins; denn<lb/> war nicht leicht, die Verdächtiaimgen der Hentrumspr.sse ;n mit^rlenen und den<lb/> Katholiken ein besseres Verständnis für das Wesen des Vereins beizubringen.<lb/> Der Verein benutzte jede Gelegenheit, die Katholiken zu begünstigen, so besonders<lb/> die Katholiken, die sich im Osten in ausgesprochen deutschen Vereinen zusammen¬<lb/> gefunden hatten, er unterstützte gern Katholiken durch wirtschaftliche Beihilfe,<lb/> durch Darlehen und, Stipendien. Auch trat er bei Wahlen ohne Vorbehalt für<lb/> den Zentrumskandidaten ein, «wenn er der Kompromißkandidat der Deutschen<lb/> war oder wenn er in der Stichwahl mit den Polen stand.</p><lb/> <p xml:id="ID_687"> Die Sozialdemokraten, deren deutsche Gestalt durch ein internationales<lb/> Gewand verdeckt wird und deren soziale Utopien die Liebe zum Vaterland, die<lb/> ^lebe zum Deutschtum ersticken, wollten vom Verein zur Förderung des Deutsch¬<lb/> en nichts wissen.</p><lb/> <p xml:id="ID_688"> Auch im freisinnigen Parteilager fanden sich Gegner. Viele Freisinnige<lb/> Junten sich in der Besorgnis, daß bei einer kräftigen Abwehr der deutschfeind-<lb/> ^chen polnischen Mitbürger ihre in vergangenen Zeiten geborenen, aber unent¬<lb/> wegt festgehaltenen Parteigrundsätze Abbruch erleiden könnten, nicht darein finden,<lb/> daß für dieaußergewöhnlichenZustände in der Ostmarkauch außergewöhnliche Maß-<lb/> ^gelu notwendig seien. Sie waren deshalb Gegner einer kräftigen deutschen<lb/> -Politik im Osten und, obwohl wahrlich keine Freunde der Großgrundbesitzer,<lb/> Erhielten sie sich sogar ablehnend gegen die Ansiedlung von Bauern in den<lb/> Mieder Provinzen, eine Maßregel, die doch eine Verminderung des Großgrund-<lb/> ^Utzes herbeiführen mußte.</p><lb/> <p xml:id="ID_689"> Widerwillig zeigten sich auch viele Gewerbetreibende, die ihre polnische<lb/> Kundschaft zu verlieren fürchteten, obwohl sie wissen mußten, daß diese polnische<lb/> Kundschaft ihnen nur solange verblieb, bis am Platz ein polnischer Konkurrent<lb/> ihnen entführte.</p><lb/> <p xml:id="ID_690"> ^ In den ersten Jahren seines Wirkens war iber Berein auch bei vielen<lb/> fanden nicht beliebt. Die Beamten wollten Ruhe. Wenn die Ruhe auch<lb/> ^Ares Nachgiebigkeit gegen polnische Ansprüche erkauft werden mußte, so gab es<lb/> "°es keine Streitigkeit, keine schwierigen Entscheidungen, keine Beschwerden,<lb/> spater jedoch waren die Beziehungen des Vereins zu den Behörden durchweg<lb/> gute. Das gute Verhältnis wurde auch dadurch nicht gestört, daß Polen und<lb/> «udere Gegner die Staatsregierung gegen den Ostmarkenverein einzunehmen<lb/> iUchten, indem sie ihn als den eigentlichen Leiter der Polenpolitik, als „Neben-<lb/> Merung" bezeichneten. Das war ein billiges Schlagwort ohne jede Berechtigung,<lb/> ^we, Regierung und Ostmarkenverein, gingen bei gleichem Ziel den gleichen<lb/> ^«g. aber in völliger Selbständigkeit und Unabhängigkeit.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0191]
Fünfundzwanzig Jahre Deutscher Vstmarkenverein
und von „ehrloser Hetze" sprach. Dem betagten Kennemann drohten die Polen,
ihn und seine Genossen in ihren eigenen Lauben aufzuhängen, und, soweit ihre
Macht reichte, verfolgten die Polen alle, die dem Deutschen Ostmarkenverein als
Mitglieder beitraten. Die Polen glaubten auch einen Spottnamen erfunden
zu haben, als sie aus den Anfangsbuchstaben der Namen der Gründer des
Vereins Hansemann, Kennemann und Tiedemann das Wort „Hakate" formten
und den Verein als Hakateverein und seine Mitglieder als Hakcitisten bezeichneten.
Aber der Spott prallte von den deutsche« Männern ab, das Wort wurde zum
Ehrennamen, den die Vereinsmitglioder nicht ohne Stolz führten und der am
Kopf joder Nummer der Vereinszeitung „Die Ostmark" zu finden ist.
Gegner hatte der Verein auch unter den Deutschen.
Die Ultramontanen, bei derem eifrigen Streben, die Macht und den
Einfluß der katholischen Kirche zu erhalten und zu mehren, gar leicht das
Bewußtsein der vaterländischen Pflichten verdunkelt wird, ließen es an An¬
feindungen nicht fehlen; sie erhoben gegen den Verein den Vorwurf, er sei ein
Feind der .Katholiken und wollte den Osten Protestantisieren. Sie feindeten ihn
an und hielten es gar zu sehr mit den Polen, obwohl sie von ihnen recht oft
abstoßend behandelt wurden. Das erschwerte die Stellung des Vereins; denn
war nicht leicht, die Verdächtiaimgen der Hentrumspr.sse ;n mit^rlenen und den
Katholiken ein besseres Verständnis für das Wesen des Vereins beizubringen.
Der Verein benutzte jede Gelegenheit, die Katholiken zu begünstigen, so besonders
die Katholiken, die sich im Osten in ausgesprochen deutschen Vereinen zusammen¬
gefunden hatten, er unterstützte gern Katholiken durch wirtschaftliche Beihilfe,
durch Darlehen und, Stipendien. Auch trat er bei Wahlen ohne Vorbehalt für
den Zentrumskandidaten ein, «wenn er der Kompromißkandidat der Deutschen
war oder wenn er in der Stichwahl mit den Polen stand.
Die Sozialdemokraten, deren deutsche Gestalt durch ein internationales
Gewand verdeckt wird und deren soziale Utopien die Liebe zum Vaterland, die
^lebe zum Deutschtum ersticken, wollten vom Verein zur Förderung des Deutsch¬
en nichts wissen.
Auch im freisinnigen Parteilager fanden sich Gegner. Viele Freisinnige
Junten sich in der Besorgnis, daß bei einer kräftigen Abwehr der deutschfeind-
^chen polnischen Mitbürger ihre in vergangenen Zeiten geborenen, aber unent¬
wegt festgehaltenen Parteigrundsätze Abbruch erleiden könnten, nicht darein finden,
daß für dieaußergewöhnlichenZustände in der Ostmarkauch außergewöhnliche Maß-
^gelu notwendig seien. Sie waren deshalb Gegner einer kräftigen deutschen
-Politik im Osten und, obwohl wahrlich keine Freunde der Großgrundbesitzer,
Erhielten sie sich sogar ablehnend gegen die Ansiedlung von Bauern in den
Mieder Provinzen, eine Maßregel, die doch eine Verminderung des Großgrund-
^Utzes herbeiführen mußte.
Widerwillig zeigten sich auch viele Gewerbetreibende, die ihre polnische
Kundschaft zu verlieren fürchteten, obwohl sie wissen mußten, daß diese polnische
Kundschaft ihnen nur solange verblieb, bis am Platz ein polnischer Konkurrent
ihnen entführte.
^ In den ersten Jahren seines Wirkens war iber Berein auch bei vielen
fanden nicht beliebt. Die Beamten wollten Ruhe. Wenn die Ruhe auch
^Ares Nachgiebigkeit gegen polnische Ansprüche erkauft werden mußte, so gab es
"°es keine Streitigkeit, keine schwierigen Entscheidungen, keine Beschwerden,
spater jedoch waren die Beziehungen des Vereins zu den Behörden durchweg
gute. Das gute Verhältnis wurde auch dadurch nicht gestört, daß Polen und
«udere Gegner die Staatsregierung gegen den Ostmarkenverein einzunehmen
iUchten, indem sie ihn als den eigentlichen Leiter der Polenpolitik, als „Neben-
Merung" bezeichneten. Das war ein billiges Schlagwort ohne jede Berechtigung,
^we, Regierung und Ostmarkenverein, gingen bei gleichem Ziel den gleichen
^«g. aber in völliger Selbständigkeit und Unabhängigkeit.
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