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Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr.

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der bürgerlichen Mandate entsprach nicht jener der bürgerlichen Stimmen. Die
Sozialdemokratie hatte, als die schon bisher führende Partei, den Zulauf jener,
die immer mit dem Erfolg gehen, und vieler Unzufriedener von Beruf, die leicht
auch mit ihr unzufrieden werden können. Von den Christlichsozialen waren viele
"Heimkehrer" und audere abgefallen, die von ihrem Wahlsieg die Wiederkehr der
"alten Zustünde" und der Dynastie besorgt hatten. Diese Besorgnis ist um
im Schwinden. So mußte nunmehr der chriftlichsoziale Anhang auf dem Lande
steigen, während in den meisten Städten die Sozialdemokratie noch gewann.
Ausnahmsweise hielt ihr bei großstädtischen Gemeindewahlen ein mühselig ge¬
schaffenes Wahlbündnis der Christlichsozialen und der nationalen stand, wie in
Graz, Auch die starke Betonung des Landespatriotismus durch die Christlich-
sozialen, die ein Teil der Freiheitlichen darin fast noch überbot, mußte vorwiegend
jenen zugute kommen. Vor allem aber war nach dem 16. Februar die Meinung
verbreitet, daß an diesem Tage schon über die Machtverteilung in Land und
Gemeinde entschieden sei, daß nur die zwei großen Parteien Erfolg versprechen.
Das erklärt die Niederlage, welche die nationalbürgerlichen Parteien fast überall
erlitten; aber zum Teil auch die allgemeine Wahlmüdigkeit. Am 16. Februar
war die Wahlbeteiligung, ncuncntlich auch von Seite der Frauen, überaus stark,
auch in den Ländern ohne Wahlpflicht -- ganz so wie bei den NeiclMnlS-
wahlen 1907 im Vergleich zu 1911. Der Neiz des Neuen und Ungewohnten für
die neuen Wähler, sowie die neue Wählerzahl und Wahlkreiseinteilung, die bei
allen Parteien Hoffnungen erregte, aber keiner eine sichere Voraussicht erlaubte,
erklären das zum großen Teil; 1911, als diese Antriebe fehlten und viele Bezirke
für die eine oder andere Partei als uneinnehmbar erkannt waren, starke die
Wahlbeteiligung ab. Genau so heute. In Wien erschien z. B. nur etwa die
Hälfte der Wähler an der Urne. So spielte sich der Wahlkampf wesentlich zwischen
den beiden Mchrheitsparteien ab.

Was bedeutet nun das Ergebnis, daß die Gemeindevertretung der wichtigsten
Städte in die Hand der Sozialdemokraten gelangt ist, wie man erwartet hatte,
daß dagegen nicht erwarteterweise die Mehrheit in allen Landtagen in den Händen
der Christlichsozialen allein ist oder doch ihnen im Vereine mit den meist um die
Bauernpartei gescharten nationalen zukommt?^) Es hat -- was im Wcihlknmpf
selbst spät und selten hervorgehoben wurde -- nach drei Seiten eine bedeutsame
Rückwirkung, in der Frage der Anschlußpvlitik, in jener der künftigen Staats"
Verfassung und in der nach der künftigen Negierung in Staat und Land, wie
auch in den meisten Großgemeindcn.

Wenn die Wahlen vom 16. Februar als ein Bekenntnis der überwiegenden
Mehrzahl des Volks für den Anschluß an Deutschland angesehen werden mußten,
so kann das nach dem Gesagten von den Landtags- und Gemeindewahlen nicht
in demselben Grade gelten. Sie sollten aber auch Gelegenheit geben, gegen die
Besetzung deutschösterreichischen Bodens durch Slawen und Italiener neuerlich
feierliche Verwahrung einzulegen. Man hatte die Frage aufgeworfen, ob die
gegenwärtige Nationalversammlung berufen ist, für ganz Deutschösterreich zu
sprechen und ob Gesetze verbindlich sind, die ohne die Vertreter Deutschböhmens,
des Sudetenlaudes, Südtirols und der Untersteiermark gegeben werden. Zweifellos
fehlten diese bei der Grundlegung der Verfassung und mau hat die Frage ihrer
Zuziehung erst in letzter Zeit entschieden. Pou dem Notwahlrccht, das schon die
vorläufige Verfassung vorsah, wurde nur für Südtirol und Untersteiermark Gebrauch
gemacht. Für jenes wurden Vertreter nach Vereinbarung der Parteien ernannt,
die aus Deutschsüdtirol stammen. Für Steiermark aber hat man diejenigen drei
Wahlbewerber einberufen, die auf den Wahlwerberlisten jeder der drei Parteien,
im Wahlkreis "Mittel- und Untersteiermark" unmittelbar auf die Gewählten folgen.



i) Da ich dies, in Se. Germain am 2, Juni, schreibe, stehen die Wahlen in Tirol
und Körnten noch aus. In diesem letzteren ergibt sich violleicht eine relative Mehrheit der
Bauernbündler und nationalen.
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der bürgerlichen Mandate entsprach nicht jener der bürgerlichen Stimmen. Die
Sozialdemokratie hatte, als die schon bisher führende Partei, den Zulauf jener,
die immer mit dem Erfolg gehen, und vieler Unzufriedener von Beruf, die leicht
auch mit ihr unzufrieden werden können. Von den Christlichsozialen waren viele
„Heimkehrer" und audere abgefallen, die von ihrem Wahlsieg die Wiederkehr der
„alten Zustünde" und der Dynastie besorgt hatten. Diese Besorgnis ist um
im Schwinden. So mußte nunmehr der chriftlichsoziale Anhang auf dem Lande
steigen, während in den meisten Städten die Sozialdemokratie noch gewann.
Ausnahmsweise hielt ihr bei großstädtischen Gemeindewahlen ein mühselig ge¬
schaffenes Wahlbündnis der Christlichsozialen und der nationalen stand, wie in
Graz, Auch die starke Betonung des Landespatriotismus durch die Christlich-
sozialen, die ein Teil der Freiheitlichen darin fast noch überbot, mußte vorwiegend
jenen zugute kommen. Vor allem aber war nach dem 16. Februar die Meinung
verbreitet, daß an diesem Tage schon über die Machtverteilung in Land und
Gemeinde entschieden sei, daß nur die zwei großen Parteien Erfolg versprechen.
Das erklärt die Niederlage, welche die nationalbürgerlichen Parteien fast überall
erlitten; aber zum Teil auch die allgemeine Wahlmüdigkeit. Am 16. Februar
war die Wahlbeteiligung, ncuncntlich auch von Seite der Frauen, überaus stark,
auch in den Ländern ohne Wahlpflicht — ganz so wie bei den NeiclMnlS-
wahlen 1907 im Vergleich zu 1911. Der Neiz des Neuen und Ungewohnten für
die neuen Wähler, sowie die neue Wählerzahl und Wahlkreiseinteilung, die bei
allen Parteien Hoffnungen erregte, aber keiner eine sichere Voraussicht erlaubte,
erklären das zum großen Teil; 1911, als diese Antriebe fehlten und viele Bezirke
für die eine oder andere Partei als uneinnehmbar erkannt waren, starke die
Wahlbeteiligung ab. Genau so heute. In Wien erschien z. B. nur etwa die
Hälfte der Wähler an der Urne. So spielte sich der Wahlkampf wesentlich zwischen
den beiden Mchrheitsparteien ab.

Was bedeutet nun das Ergebnis, daß die Gemeindevertretung der wichtigsten
Städte in die Hand der Sozialdemokraten gelangt ist, wie man erwartet hatte,
daß dagegen nicht erwarteterweise die Mehrheit in allen Landtagen in den Händen
der Christlichsozialen allein ist oder doch ihnen im Vereine mit den meist um die
Bauernpartei gescharten nationalen zukommt?^) Es hat — was im Wcihlknmpf
selbst spät und selten hervorgehoben wurde — nach drei Seiten eine bedeutsame
Rückwirkung, in der Frage der Anschlußpvlitik, in jener der künftigen Staats»
Verfassung und in der nach der künftigen Negierung in Staat und Land, wie
auch in den meisten Großgemeindcn.

Wenn die Wahlen vom 16. Februar als ein Bekenntnis der überwiegenden
Mehrzahl des Volks für den Anschluß an Deutschland angesehen werden mußten,
so kann das nach dem Gesagten von den Landtags- und Gemeindewahlen nicht
in demselben Grade gelten. Sie sollten aber auch Gelegenheit geben, gegen die
Besetzung deutschösterreichischen Bodens durch Slawen und Italiener neuerlich
feierliche Verwahrung einzulegen. Man hatte die Frage aufgeworfen, ob die
gegenwärtige Nationalversammlung berufen ist, für ganz Deutschösterreich zu
sprechen und ob Gesetze verbindlich sind, die ohne die Vertreter Deutschböhmens,
des Sudetenlaudes, Südtirols und der Untersteiermark gegeben werden. Zweifellos
fehlten diese bei der Grundlegung der Verfassung und mau hat die Frage ihrer
Zuziehung erst in letzter Zeit entschieden. Pou dem Notwahlrccht, das schon die
vorläufige Verfassung vorsah, wurde nur für Südtirol und Untersteiermark Gebrauch
gemacht. Für jenes wurden Vertreter nach Vereinbarung der Parteien ernannt,
die aus Deutschsüdtirol stammen. Für Steiermark aber hat man diejenigen drei
Wahlbewerber einberufen, die auf den Wahlwerberlisten jeder der drei Parteien,
im Wahlkreis „Mittel- und Untersteiermark" unmittelbar auf die Gewählten folgen.



i) Da ich dies, in Se. Germain am 2, Juni, schreibe, stehen die Wahlen in Tirol
und Körnten noch aus. In diesem letzteren ergibt sich violleicht eine relative Mehrheit der
Bauernbündler und nationalen.
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[0296] Dentschösterreich nach den Landtagswcrhlcn der bürgerlichen Mandate entsprach nicht jener der bürgerlichen Stimmen. Die Sozialdemokratie hatte, als die schon bisher führende Partei, den Zulauf jener, die immer mit dem Erfolg gehen, und vieler Unzufriedener von Beruf, die leicht auch mit ihr unzufrieden werden können. Von den Christlichsozialen waren viele „Heimkehrer" und audere abgefallen, die von ihrem Wahlsieg die Wiederkehr der „alten Zustünde" und der Dynastie besorgt hatten. Diese Besorgnis ist um im Schwinden. So mußte nunmehr der chriftlichsoziale Anhang auf dem Lande steigen, während in den meisten Städten die Sozialdemokratie noch gewann. Ausnahmsweise hielt ihr bei großstädtischen Gemeindewahlen ein mühselig ge¬ schaffenes Wahlbündnis der Christlichsozialen und der nationalen stand, wie in Graz, Auch die starke Betonung des Landespatriotismus durch die Christlich- sozialen, die ein Teil der Freiheitlichen darin fast noch überbot, mußte vorwiegend jenen zugute kommen. Vor allem aber war nach dem 16. Februar die Meinung verbreitet, daß an diesem Tage schon über die Machtverteilung in Land und Gemeinde entschieden sei, daß nur die zwei großen Parteien Erfolg versprechen. Das erklärt die Niederlage, welche die nationalbürgerlichen Parteien fast überall erlitten; aber zum Teil auch die allgemeine Wahlmüdigkeit. Am 16. Februar war die Wahlbeteiligung, ncuncntlich auch von Seite der Frauen, überaus stark, auch in den Ländern ohne Wahlpflicht — ganz so wie bei den NeiclMnlS- wahlen 1907 im Vergleich zu 1911. Der Neiz des Neuen und Ungewohnten für die neuen Wähler, sowie die neue Wählerzahl und Wahlkreiseinteilung, die bei allen Parteien Hoffnungen erregte, aber keiner eine sichere Voraussicht erlaubte, erklären das zum großen Teil; 1911, als diese Antriebe fehlten und viele Bezirke für die eine oder andere Partei als uneinnehmbar erkannt waren, starke die Wahlbeteiligung ab. Genau so heute. In Wien erschien z. B. nur etwa die Hälfte der Wähler an der Urne. So spielte sich der Wahlkampf wesentlich zwischen den beiden Mchrheitsparteien ab. Was bedeutet nun das Ergebnis, daß die Gemeindevertretung der wichtigsten Städte in die Hand der Sozialdemokraten gelangt ist, wie man erwartet hatte, daß dagegen nicht erwarteterweise die Mehrheit in allen Landtagen in den Händen der Christlichsozialen allein ist oder doch ihnen im Vereine mit den meist um die Bauernpartei gescharten nationalen zukommt?^) Es hat — was im Wcihlknmpf selbst spät und selten hervorgehoben wurde — nach drei Seiten eine bedeutsame Rückwirkung, in der Frage der Anschlußpvlitik, in jener der künftigen Staats» Verfassung und in der nach der künftigen Negierung in Staat und Land, wie auch in den meisten Großgemeindcn. Wenn die Wahlen vom 16. Februar als ein Bekenntnis der überwiegenden Mehrzahl des Volks für den Anschluß an Deutschland angesehen werden mußten, so kann das nach dem Gesagten von den Landtags- und Gemeindewahlen nicht in demselben Grade gelten. Sie sollten aber auch Gelegenheit geben, gegen die Besetzung deutschösterreichischen Bodens durch Slawen und Italiener neuerlich feierliche Verwahrung einzulegen. Man hatte die Frage aufgeworfen, ob die gegenwärtige Nationalversammlung berufen ist, für ganz Deutschösterreich zu sprechen und ob Gesetze verbindlich sind, die ohne die Vertreter Deutschböhmens, des Sudetenlaudes, Südtirols und der Untersteiermark gegeben werden. Zweifellos fehlten diese bei der Grundlegung der Verfassung und mau hat die Frage ihrer Zuziehung erst in letzter Zeit entschieden. Pou dem Notwahlrccht, das schon die vorläufige Verfassung vorsah, wurde nur für Südtirol und Untersteiermark Gebrauch gemacht. Für jenes wurden Vertreter nach Vereinbarung der Parteien ernannt, die aus Deutschsüdtirol stammen. Für Steiermark aber hat man diejenigen drei Wahlbewerber einberufen, die auf den Wahlwerberlisten jeder der drei Parteien, im Wahlkreis „Mittel- und Untersteiermark" unmittelbar auf die Gewählten folgen. i) Da ich dies, in Se. Germain am 2, Juni, schreibe, stehen die Wahlen in Tirol und Körnten noch aus. In diesem letzteren ergibt sich violleicht eine relative Mehrheit der Bauernbündler und nationalen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335407/296>, abgerufen am 01.09.2024.