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Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Erstes Vierteljahr.

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Das Vorbild der deittschn, Revolution

Das Vorbild der deutschen Revolution
w. Robim von

MVu Beginn des Jahres 1917 lag eine eigentümliche Schwüle über
Petersburg; jeder fühlte es, jeder ahnte es; große Ereignisse stehen
bevor. Die hoffnungslose Lage an der Front, der immer mehr
fühlbar werdende Mangel an Lebensmitteln, die zahllosen, offen¬
baren Mißgriffe der Regierung -- alles das zusammengenommen
^. hatte auch die gemäßigten Kreise stark erregt, und der größte Teil
der früher dort recht konservativen Intelligenz war stark nach links umgeschlagen.
Bezeichnend für die damalige Stimmung sind die Worte, die ein aus altem russi¬
schen Adelsgeschlecht stammender hoher Offizier mir, einem Deutschen gegenüber,
fallen ließ: "Heute ist es eine Schande, Russe zu sein!" Und nur aus dieser
Stimmung heraus ist es zu verstehen, daß in einer einzigen Nacht das Zaren-
tum gestürzt werden konnte. Petersburg hatte den Umsturz vollzogen, in Peters¬
burg kam es zu einem kurzen verzweifelten Widerstand seitens der mit hohen
Prämien erkauften "zarentreuen" Polizei. Die Provinz sowie das Frontheer
wurden einfach vor eine vollendete Tatsache gestellt und fügten sich auch willig
der neuen Regierung.

Weite Kreise der Intelligenz reichten damals begeistert dem Proletariat die
Hände, von einer goldenen Zukunft träumend, ging man gemeinsam an die
schwere Arbeit des Aufbauens eines neuen Rußland. Doch schon die allernächsten
Tage brachten die ersten Anzeichen des bevorstehenden Klassenkampfes. Am
ersten März gab der Petersburger A. und S.-Rcrt die berüchtigte "Verordnung.
Ur. 1" heraus, jene Kundgebung, die die Soldaten außerdienstlich aller
militärischen Unterordnung freisprach und das Militär aller bürgerlichen Frei¬
heiten teilhaftig machte. Dadurch ward die Disziplin im Heer untergraben und
durch die Verordnung, die Mannschaften hätten sich ihre Vorgesetzten selbst zu
wählen, ging die Autorität des Offiziers unwiederbringlich verloren. Der rohe,
unkultivierte russische Soldat sah im Offizier feinen "Blutsauger" und mit allen
nur möglichen Mitteln versuchte er Rache zu nehmen. Grauenvolles hatte das
russische Offizierskorps zu durchleben, viehisch-brutal rächten sich die Soldaten an
ihren vermeintlichen Peinigern. Anfangs drang nur weniges von den begangenen
Grausamkeiten an die Oeffentlichkeit, doch auch dieses Wenige verfehlte seine
Wirkung nicht; die Begeisterung der ersten Nevolutionstage schwand, der Rausch
verflog, und mancher stellte sich die Frage, ob die bürgerlichen Kreise der
Arbeiterschaft nicht doch zu weit entgegengekommen seien. Ein gemein¬
schaftliches Vorgehen der gesamten Intelligenz, unterstützt von der
"Legierung des Fürsten Lwoff, hätte damals doch noch den Gang der Ereignisse in
gemäßigtere Bahnen lenken könnten. Es wurden wohl vereinzelte Versuche
gemacht, die bürgerlichen Stände zur Wahrung ihrer Interessen zusammen-
"uschließen, doch es blieb bei den Versuchen. Der Slawe hat schon überhaupt
wenig korporativen Geist; ganz besonders aber in der sogenannten "besitzenden"
Klasse ging jeder seinen eigenen Weg. Damals konnte man Karriere machen.
Viele höhere Beamte wurden pensioniert, und in zahlreichen neugegründeten
Ausschüssen und Kommissionen konnte man "gut unterkommen". Und wer von
der Woge der neuen Zeit hinweggespült wurde, der fügte sich eben mit echt
slawischer Ergebenheit in sein Schicksal. Wohl richtete die Regierung zahlreiche
Aufrufe an Arbeiter und Soldaten, Mahnungen zur Aufrechterhaltung der Ord¬
nung und Disziplin. Worte, Worte --- ein tatkräftiges Eingreifen unterblieb.
Und die Losungen und Forderungen, die anläßlich der Maifeier von der Arbeiter¬
schaft auf roten Bannern durch die Straßen von Petersburg getragen wurden
bewiesen nur zu deutlich, wie reiche Früchte die radikale Propaganda schon
getragen hatte. Schon in den nächsten Tagen mußte der viel umschwärmte
Kadettenführer Miljukosf und mit ihm Gutschkoff aus der Negierung aus¬
scheiden: unter Kerenskys Vorsitz wurde ein Koalitionsministerium gebildet.


Das Vorbild der deittschn, Revolution

Das Vorbild der deutschen Revolution
w. Robim von

MVu Beginn des Jahres 1917 lag eine eigentümliche Schwüle über
Petersburg; jeder fühlte es, jeder ahnte es; große Ereignisse stehen
bevor. Die hoffnungslose Lage an der Front, der immer mehr
fühlbar werdende Mangel an Lebensmitteln, die zahllosen, offen¬
baren Mißgriffe der Regierung — alles das zusammengenommen
^. hatte auch die gemäßigten Kreise stark erregt, und der größte Teil
der früher dort recht konservativen Intelligenz war stark nach links umgeschlagen.
Bezeichnend für die damalige Stimmung sind die Worte, die ein aus altem russi¬
schen Adelsgeschlecht stammender hoher Offizier mir, einem Deutschen gegenüber,
fallen ließ: „Heute ist es eine Schande, Russe zu sein!" Und nur aus dieser
Stimmung heraus ist es zu verstehen, daß in einer einzigen Nacht das Zaren-
tum gestürzt werden konnte. Petersburg hatte den Umsturz vollzogen, in Peters¬
burg kam es zu einem kurzen verzweifelten Widerstand seitens der mit hohen
Prämien erkauften „zarentreuen" Polizei. Die Provinz sowie das Frontheer
wurden einfach vor eine vollendete Tatsache gestellt und fügten sich auch willig
der neuen Regierung.

Weite Kreise der Intelligenz reichten damals begeistert dem Proletariat die
Hände, von einer goldenen Zukunft träumend, ging man gemeinsam an die
schwere Arbeit des Aufbauens eines neuen Rußland. Doch schon die allernächsten
Tage brachten die ersten Anzeichen des bevorstehenden Klassenkampfes. Am
ersten März gab der Petersburger A. und S.-Rcrt die berüchtigte „Verordnung.
Ur. 1" heraus, jene Kundgebung, die die Soldaten außerdienstlich aller
militärischen Unterordnung freisprach und das Militär aller bürgerlichen Frei¬
heiten teilhaftig machte. Dadurch ward die Disziplin im Heer untergraben und
durch die Verordnung, die Mannschaften hätten sich ihre Vorgesetzten selbst zu
wählen, ging die Autorität des Offiziers unwiederbringlich verloren. Der rohe,
unkultivierte russische Soldat sah im Offizier feinen „Blutsauger" und mit allen
nur möglichen Mitteln versuchte er Rache zu nehmen. Grauenvolles hatte das
russische Offizierskorps zu durchleben, viehisch-brutal rächten sich die Soldaten an
ihren vermeintlichen Peinigern. Anfangs drang nur weniges von den begangenen
Grausamkeiten an die Oeffentlichkeit, doch auch dieses Wenige verfehlte seine
Wirkung nicht; die Begeisterung der ersten Nevolutionstage schwand, der Rausch
verflog, und mancher stellte sich die Frage, ob die bürgerlichen Kreise der
Arbeiterschaft nicht doch zu weit entgegengekommen seien. Ein gemein¬
schaftliches Vorgehen der gesamten Intelligenz, unterstützt von der
»Legierung des Fürsten Lwoff, hätte damals doch noch den Gang der Ereignisse in
gemäßigtere Bahnen lenken könnten. Es wurden wohl vereinzelte Versuche
gemacht, die bürgerlichen Stände zur Wahrung ihrer Interessen zusammen-
«uschließen, doch es blieb bei den Versuchen. Der Slawe hat schon überhaupt
wenig korporativen Geist; ganz besonders aber in der sogenannten „besitzenden"
Klasse ging jeder seinen eigenen Weg. Damals konnte man Karriere machen.
Viele höhere Beamte wurden pensioniert, und in zahlreichen neugegründeten
Ausschüssen und Kommissionen konnte man „gut unterkommen". Und wer von
der Woge der neuen Zeit hinweggespült wurde, der fügte sich eben mit echt
slawischer Ergebenheit in sein Schicksal. Wohl richtete die Regierung zahlreiche
Aufrufe an Arbeiter und Soldaten, Mahnungen zur Aufrechterhaltung der Ord¬
nung und Disziplin. Worte, Worte —- ein tatkräftiges Eingreifen unterblieb.
Und die Losungen und Forderungen, die anläßlich der Maifeier von der Arbeiter¬
schaft auf roten Bannern durch die Straßen von Petersburg getragen wurden
bewiesen nur zu deutlich, wie reiche Früchte die radikale Propaganda schon
getragen hatte. Schon in den nächsten Tagen mußte der viel umschwärmte
Kadettenführer Miljukosf und mit ihm Gutschkoff aus der Negierung aus¬
scheiden: unter Kerenskys Vorsitz wurde ein Koalitionsministerium gebildet.


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[0053] Das Vorbild der deittschn, Revolution Das Vorbild der deutschen Revolution w. Robim von MVu Beginn des Jahres 1917 lag eine eigentümliche Schwüle über Petersburg; jeder fühlte es, jeder ahnte es; große Ereignisse stehen bevor. Die hoffnungslose Lage an der Front, der immer mehr fühlbar werdende Mangel an Lebensmitteln, die zahllosen, offen¬ baren Mißgriffe der Regierung — alles das zusammengenommen ^. hatte auch die gemäßigten Kreise stark erregt, und der größte Teil der früher dort recht konservativen Intelligenz war stark nach links umgeschlagen. Bezeichnend für die damalige Stimmung sind die Worte, die ein aus altem russi¬ schen Adelsgeschlecht stammender hoher Offizier mir, einem Deutschen gegenüber, fallen ließ: „Heute ist es eine Schande, Russe zu sein!" Und nur aus dieser Stimmung heraus ist es zu verstehen, daß in einer einzigen Nacht das Zaren- tum gestürzt werden konnte. Petersburg hatte den Umsturz vollzogen, in Peters¬ burg kam es zu einem kurzen verzweifelten Widerstand seitens der mit hohen Prämien erkauften „zarentreuen" Polizei. Die Provinz sowie das Frontheer wurden einfach vor eine vollendete Tatsache gestellt und fügten sich auch willig der neuen Regierung. Weite Kreise der Intelligenz reichten damals begeistert dem Proletariat die Hände, von einer goldenen Zukunft träumend, ging man gemeinsam an die schwere Arbeit des Aufbauens eines neuen Rußland. Doch schon die allernächsten Tage brachten die ersten Anzeichen des bevorstehenden Klassenkampfes. Am ersten März gab der Petersburger A. und S.-Rcrt die berüchtigte „Verordnung. Ur. 1" heraus, jene Kundgebung, die die Soldaten außerdienstlich aller militärischen Unterordnung freisprach und das Militär aller bürgerlichen Frei¬ heiten teilhaftig machte. Dadurch ward die Disziplin im Heer untergraben und durch die Verordnung, die Mannschaften hätten sich ihre Vorgesetzten selbst zu wählen, ging die Autorität des Offiziers unwiederbringlich verloren. Der rohe, unkultivierte russische Soldat sah im Offizier feinen „Blutsauger" und mit allen nur möglichen Mitteln versuchte er Rache zu nehmen. Grauenvolles hatte das russische Offizierskorps zu durchleben, viehisch-brutal rächten sich die Soldaten an ihren vermeintlichen Peinigern. Anfangs drang nur weniges von den begangenen Grausamkeiten an die Oeffentlichkeit, doch auch dieses Wenige verfehlte seine Wirkung nicht; die Begeisterung der ersten Nevolutionstage schwand, der Rausch verflog, und mancher stellte sich die Frage, ob die bürgerlichen Kreise der Arbeiterschaft nicht doch zu weit entgegengekommen seien. Ein gemein¬ schaftliches Vorgehen der gesamten Intelligenz, unterstützt von der »Legierung des Fürsten Lwoff, hätte damals doch noch den Gang der Ereignisse in gemäßigtere Bahnen lenken könnten. Es wurden wohl vereinzelte Versuche gemacht, die bürgerlichen Stände zur Wahrung ihrer Interessen zusammen- «uschließen, doch es blieb bei den Versuchen. Der Slawe hat schon überhaupt wenig korporativen Geist; ganz besonders aber in der sogenannten „besitzenden" Klasse ging jeder seinen eigenen Weg. Damals konnte man Karriere machen. Viele höhere Beamte wurden pensioniert, und in zahlreichen neugegründeten Ausschüssen und Kommissionen konnte man „gut unterkommen". Und wer von der Woge der neuen Zeit hinweggespült wurde, der fügte sich eben mit echt slawischer Ergebenheit in sein Schicksal. Wohl richtete die Regierung zahlreiche Aufrufe an Arbeiter und Soldaten, Mahnungen zur Aufrechterhaltung der Ord¬ nung und Disziplin. Worte, Worte —- ein tatkräftiges Eingreifen unterblieb. Und die Losungen und Forderungen, die anläßlich der Maifeier von der Arbeiter¬ schaft auf roten Bannern durch die Straßen von Petersburg getragen wurden bewiesen nur zu deutlich, wie reiche Früchte die radikale Propaganda schon getragen hatte. Schon in den nächsten Tagen mußte der viel umschwärmte Kadettenführer Miljukosf und mit ihm Gutschkoff aus der Negierung aus¬ scheiden: unter Kerenskys Vorsitz wurde ein Koalitionsministerium gebildet.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335181/53>, abgerufen am 05.02.2025.