Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Viertes Vierteljahr.Aus ammenbrnch? Landesverteidigung tiefer aufgefaßt, als die Berliner Weltbürger des Liberalismus. Die Vorgänge der letzten vierzehn Tage haben uus alle tief erschüttert. Wir Aus ammenbrnch? Landesverteidigung tiefer aufgefaßt, als die Berliner Weltbürger des Liberalismus. Die Vorgänge der letzten vierzehn Tage haben uus alle tief erschüttert. Wir <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0053" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/88291"/> <fw type="header" place="top"> Aus ammenbrnch?</fw><lb/> <p xml:id="ID_156" prev="#ID_155"> Landesverteidigung tiefer aufgefaßt, als die Berliner Weltbürger des Liberalismus.<lb/> In diesen: Lager sieht man offenen Auges, daß mit dem Friedensangebot das<lb/> Ende des Krieges noch nicht gewährleistet ist. „Hat die demokratische Friedens¬<lb/> politik Wilsons im deutschen Volke keine Gegner mehr, lesen wir in Ur. 275 des<lb/> „Vorwärts" vom 6. d. M. . . ., so darf die Gegnerschaft, die sie im Entente¬<lb/> lager selbst hat, in dieser kritischen Stunde nicht übersehen werden. Der Wider¬<lb/> stand, den unsere Armee im Felde leistet, gilt in keiner Weise mehr der Welt-<lb/> demokratic^ er gilt nur noch ihren Gegnern, den Imperialisten des Auslandes,<lb/> und solange diese noch nach der Zerschmetterung des deutschen Volkes schreien,<lb/> darf er nicht erlahmen."</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p xml:id="ID_157"> Die Vorgänge der letzten vierzehn Tage haben uus alle tief erschüttert. Wir<lb/> sind von dem Parnaß weitschweifender Hoffnungen auf einen siegreichen Frieden<lb/> abgestürzt, und viele unserer Besten sind ans den Beobachtungen in Berlin heraus<lb/> eher gestimmt an Zusammenbruch und Untergang zu glauben, als sich neuen Hoff¬<lb/> nungen hinzugeben. Die Hauptquelle dieses Niederbruches der Stimmung liegt,<lb/> soviel ich sehe und höre, nicht in den innerpolitischen Möglichkeiten, auch nicht in<lb/> der Furcht, daß die Armee nicht standhalten könnte, sondern in dem Bewußtsein<lb/> der Ohnmacht Wilson gegenüber, in die uns das Friedensangebot versetzt hat.<lb/> Wissen wir doch nicht einmal, ob Wilson, selbst wenn er das beste Wollen hätte,<lb/> auch die Macht besitzt, den Frieden herbeizuführen. Diese Bangigkeit wird von<lb/> Leuten, die Privatinteressen verfolgen, benutzt, um die Bevölkerung einzuschüchtern<lb/> und für einen weitgehenden Radikalismus zu gewinnen. Dadurch wird die Lage<lb/> besouders ernst. Die Reihe der sich aus den Verhältnissen ergebenden Hiobs¬<lb/> botschaften ist, wenn diese Zeilen im Druck erscheinen, sicher noch nicht abgeschlossen.<lb/> Rumänien rüstet zum Angriff auf Ungarn. Alle Konsequenzen des Abzuges<lb/> unserer Truppen aus Rußland sind noch nicht bekannt. Polen und Tschechen<lb/> ebenso wie die Südslawen sind sicher bereit, uns in den Rücken zu fallen.<lb/> Dennoch! Arbeiten, jeder an seiner Stelle und bereit sein, wenn ihn ein neuer<lb/> Tag zu neuen Taten für die Zukunft des deutschen Volkes inmitten des allgemeinen<lb/> Kosmopolitentums aufruft. So vermeiden wir den Zusammenbruch der Nation, —<lb/> was bisher geschah, war ein Abbruch alten Mauerwerkes, ein Zusammenbruch<lb/> meinetwegen der Bureaukratie, ein Debatte der Diplomatie. Noch war es nicht mehr.<lb/> Das Deutschtum wird und darf nicht untergehen!</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0053]
Aus ammenbrnch?
Landesverteidigung tiefer aufgefaßt, als die Berliner Weltbürger des Liberalismus.
In diesen: Lager sieht man offenen Auges, daß mit dem Friedensangebot das
Ende des Krieges noch nicht gewährleistet ist. „Hat die demokratische Friedens¬
politik Wilsons im deutschen Volke keine Gegner mehr, lesen wir in Ur. 275 des
„Vorwärts" vom 6. d. M. . . ., so darf die Gegnerschaft, die sie im Entente¬
lager selbst hat, in dieser kritischen Stunde nicht übersehen werden. Der Wider¬
stand, den unsere Armee im Felde leistet, gilt in keiner Weise mehr der Welt-
demokratic^ er gilt nur noch ihren Gegnern, den Imperialisten des Auslandes,
und solange diese noch nach der Zerschmetterung des deutschen Volkes schreien,
darf er nicht erlahmen."
Die Vorgänge der letzten vierzehn Tage haben uus alle tief erschüttert. Wir
sind von dem Parnaß weitschweifender Hoffnungen auf einen siegreichen Frieden
abgestürzt, und viele unserer Besten sind ans den Beobachtungen in Berlin heraus
eher gestimmt an Zusammenbruch und Untergang zu glauben, als sich neuen Hoff¬
nungen hinzugeben. Die Hauptquelle dieses Niederbruches der Stimmung liegt,
soviel ich sehe und höre, nicht in den innerpolitischen Möglichkeiten, auch nicht in
der Furcht, daß die Armee nicht standhalten könnte, sondern in dem Bewußtsein
der Ohnmacht Wilson gegenüber, in die uns das Friedensangebot versetzt hat.
Wissen wir doch nicht einmal, ob Wilson, selbst wenn er das beste Wollen hätte,
auch die Macht besitzt, den Frieden herbeizuführen. Diese Bangigkeit wird von
Leuten, die Privatinteressen verfolgen, benutzt, um die Bevölkerung einzuschüchtern
und für einen weitgehenden Radikalismus zu gewinnen. Dadurch wird die Lage
besouders ernst. Die Reihe der sich aus den Verhältnissen ergebenden Hiobs¬
botschaften ist, wenn diese Zeilen im Druck erscheinen, sicher noch nicht abgeschlossen.
Rumänien rüstet zum Angriff auf Ungarn. Alle Konsequenzen des Abzuges
unserer Truppen aus Rußland sind noch nicht bekannt. Polen und Tschechen
ebenso wie die Südslawen sind sicher bereit, uns in den Rücken zu fallen.
Dennoch! Arbeiten, jeder an seiner Stelle und bereit sein, wenn ihn ein neuer
Tag zu neuen Taten für die Zukunft des deutschen Volkes inmitten des allgemeinen
Kosmopolitentums aufruft. So vermeiden wir den Zusammenbruch der Nation, —
was bisher geschah, war ein Abbruch alten Mauerwerkes, ein Zusammenbruch
meinetwegen der Bureaukratie, ein Debatte der Diplomatie. Noch war es nicht mehr.
Das Deutschtum wird und darf nicht untergehen!
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