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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Viertes Vierteljahr.

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Bismarck? Vermächtnis

Viel schwieriger gestaltete sich im zweiten Jahrzehnt nach der Reichsanindung
die Aufgabe, die nunmehr verbündeten Mächte der Mitte vor einer Mianz der
revanchedurstigen Gallier im Westen mit den eroberungssüchtigen Si wen im
Osten zu beivahren. Der Lguolismar clss Loalitions ivurde bis zum Eude der
Amtszeit des Fürsten BtSmarck immer drückender, Zmmchst gelang es noch einmal
mit Hilfe der guten dy lastischen Beziehungen zwischen Berlin und Petersourg
Nußland zur Mitte herüberzuwehen. Im Frühjahr 1880 erhielt der Botschafter
Sabnroff vam Zaren Alexander dem Zweiten, der mit seinem Drohbrief nach
eigenem Geständnis eine Dummheit begangen hatte, den Auftrag, in Besprechungen
mit dem deutschen Reichskanzler über Fragen des nah n Orients einzutreten.
Fürst Bismarck verlangte den Beitritt Qste>reich-Ungarns und brachte nach langem
Widerstreben des Wiener Kabinetts jenes geheime dreiseitige Neuiraliiätsabkomm n,
zunächst auf drei Jahre, zustande, das er selbst fünfzehn Jahre später, nachdem
es längst abgelaufen war, vor der Mitwelt enthüllte, und das heute noch im
Meinungsstreit von Politikern und Gelehrten fortlebt Dieser sogenannte Rück-
versicberungSvertrag wurde 1884 auf wettere drei Jahre erneuert, 1887 aber nur
von Rußland und Deutschland fortgesetzt, bis er San zu gleicher Zeit mit dem
Rücktritt Bismarcks von seinen Amiern erlosch. Mit dem Ausscheiden des Dritten
im Bunde war der Draht nach Rußland dünner u d brüchiger geworden.

Wirksamer als dieses Mittel zum Schutze gegen einen Kueg mit zwei Fronten
erwies sich die Aufnahme Italiens in das mitteleuropäische Bündnis. Der Flanken¬
schutz, den die alt Frankreich nach der Besetzung Ägyptens überwoifene Weltmacht
England wegen ihrer Mtttelmeerinteressen dnn Dreibünde gewahr e, erleichterte es
Bismarck. für die überschüssige Kraft des Reiches vorsichtig und behutsam koloniale
Erwerbungen in der Südsee und in Afiika zr, machen, Aber immer noch saß ihm
das rusnsche Hemd näher als der englische Rock, Als für Rußland nach seinem
Vorstoß gegen Merw ein ernster Konflikt drohte leistete er ihm den Dienst durch
Druck aus die Pfade, daß die Dardanellen gegen Kriegsschiffe verschlossen blieben.°)

Erst in den letzten Jahren der Amtszeit des Fürsten Bismarck, als das
Drängen der Franzosen zu einem Bündnis mit Ruszlqnd immer offener zu Tage
trat und die Saat des Hasses und der Verachmng in den russischen Oberschichten
üppiger aufging, mehren sich die Anzeichen für eine Hinneigung zu engerer Freund¬
schaft mit England. Es war die Zeit des Boiilcmgis aus in Frankreich, des Be¬
ginns der riesigen französischen Geloopser für Rußland, der ersten russischen
Wasfenbestellungeu in Frankreich. Man verablade die beiden Reden des Für >en
zur Begründung der Nork'ge vom Herbst 1886 wegen Erhöhung der Friedens¬
präsenz des Heeres, Die erste, in der Reichsiagskomnussion am 11, Januar 1887
gehalten, lehnt noch die Annahme ob, daß Rußland nach Bündnissen suchte und
wir einer Koalition Von Frankreich und Rußland gegenübe> zutreten haben würden,
nennt die Freundschaft mit Rußland noch heute über jeden Zweifel erhaben und
sieht die größte Gefahr darin, daß der seit drei Jahrhundeiten zwischen Deutsch¬
land und Frankreich schwebende Prozeß noch nicht beendigt sei rend daß unter
dem Dr, et energischer Minoritäten, die in schweren Momenten immer die Ent-



gestellt, ein Osfeusivbnndnis mit Rußland abzuschließen und sogleich zu verwirklichen, weil
Deutschland das öiieireichisch-nngariiche Vorgehen in Bosnien zugegeben habe, Waddington
ldom.rls französischer Minister des Äußeren) hat vielen Anirag an Bismarck nach Gastein ge¬
schickt. Deshalb umerbrach Bismarck seine Kur und reiste noch Wien, Der Mann, der das
Bismarck mitgeteilt hat, ist von Arabella gekürzt worden," Diele Erzählung wurde von
Waddington in allen Punkten dementiert. Der Fnedrichsruher Hausarzt Dr, Cohen vermerkte
jedoch in seinem Tiigevuwe unter dem 13, September 1M>> folgende Äußerung des Fürsten
Bismarck: "VorubülerS Enthüllungen seien durchaus wahr -- Als Bismarck von den
Schritten Rußlands in Paris sichere Kenntnis hatte, ging er sofort nach Wien und schloß
ab, -- Man muß nur nicht glaube", daß solche Eröffnungen direkt an das AuSwänige Amt
gingen. So etwas würde im Salon, am Kamin durch nichlossizielle Leute besorgt, die
zuerst nur Sortieren," (Erinnerungen an Bismarck, S, 312.)
") L. Raschdau, a. er. O.
Bismarck? Vermächtnis

Viel schwieriger gestaltete sich im zweiten Jahrzehnt nach der Reichsanindung
die Aufgabe, die nunmehr verbündeten Mächte der Mitte vor einer Mianz der
revanchedurstigen Gallier im Westen mit den eroberungssüchtigen Si wen im
Osten zu beivahren. Der Lguolismar clss Loalitions ivurde bis zum Eude der
Amtszeit des Fürsten BtSmarck immer drückender, Zmmchst gelang es noch einmal
mit Hilfe der guten dy lastischen Beziehungen zwischen Berlin und Petersourg
Nußland zur Mitte herüberzuwehen. Im Frühjahr 1880 erhielt der Botschafter
Sabnroff vam Zaren Alexander dem Zweiten, der mit seinem Drohbrief nach
eigenem Geständnis eine Dummheit begangen hatte, den Auftrag, in Besprechungen
mit dem deutschen Reichskanzler über Fragen des nah n Orients einzutreten.
Fürst Bismarck verlangte den Beitritt Qste>reich-Ungarns und brachte nach langem
Widerstreben des Wiener Kabinetts jenes geheime dreiseitige Neuiraliiätsabkomm n,
zunächst auf drei Jahre, zustande, das er selbst fünfzehn Jahre später, nachdem
es längst abgelaufen war, vor der Mitwelt enthüllte, und das heute noch im
Meinungsstreit von Politikern und Gelehrten fortlebt Dieser sogenannte Rück-
versicberungSvertrag wurde 1884 auf wettere drei Jahre erneuert, 1887 aber nur
von Rußland und Deutschland fortgesetzt, bis er San zu gleicher Zeit mit dem
Rücktritt Bismarcks von seinen Amiern erlosch. Mit dem Ausscheiden des Dritten
im Bunde war der Draht nach Rußland dünner u d brüchiger geworden.

Wirksamer als dieses Mittel zum Schutze gegen einen Kueg mit zwei Fronten
erwies sich die Aufnahme Italiens in das mitteleuropäische Bündnis. Der Flanken¬
schutz, den die alt Frankreich nach der Besetzung Ägyptens überwoifene Weltmacht
England wegen ihrer Mtttelmeerinteressen dnn Dreibünde gewahr e, erleichterte es
Bismarck. für die überschüssige Kraft des Reiches vorsichtig und behutsam koloniale
Erwerbungen in der Südsee und in Afiika zr, machen, Aber immer noch saß ihm
das rusnsche Hemd näher als der englische Rock, Als für Rußland nach seinem
Vorstoß gegen Merw ein ernster Konflikt drohte leistete er ihm den Dienst durch
Druck aus die Pfade, daß die Dardanellen gegen Kriegsschiffe verschlossen blieben.°)

Erst in den letzten Jahren der Amtszeit des Fürsten Bismarck, als das
Drängen der Franzosen zu einem Bündnis mit Ruszlqnd immer offener zu Tage
trat und die Saat des Hasses und der Verachmng in den russischen Oberschichten
üppiger aufging, mehren sich die Anzeichen für eine Hinneigung zu engerer Freund¬
schaft mit England. Es war die Zeit des Boiilcmgis aus in Frankreich, des Be¬
ginns der riesigen französischen Geloopser für Rußland, der ersten russischen
Wasfenbestellungeu in Frankreich. Man verablade die beiden Reden des Für >en
zur Begründung der Nork'ge vom Herbst 1886 wegen Erhöhung der Friedens¬
präsenz des Heeres, Die erste, in der Reichsiagskomnussion am 11, Januar 1887
gehalten, lehnt noch die Annahme ob, daß Rußland nach Bündnissen suchte und
wir einer Koalition Von Frankreich und Rußland gegenübe> zutreten haben würden,
nennt die Freundschaft mit Rußland noch heute über jeden Zweifel erhaben und
sieht die größte Gefahr darin, daß der seit drei Jahrhundeiten zwischen Deutsch¬
land und Frankreich schwebende Prozeß noch nicht beendigt sei rend daß unter
dem Dr, et energischer Minoritäten, die in schweren Momenten immer die Ent-



gestellt, ein Osfeusivbnndnis mit Rußland abzuschließen und sogleich zu verwirklichen, weil
Deutschland das öiieireichisch-nngariiche Vorgehen in Bosnien zugegeben habe, Waddington
ldom.rls französischer Minister des Äußeren) hat vielen Anirag an Bismarck nach Gastein ge¬
schickt. Deshalb umerbrach Bismarck seine Kur und reiste noch Wien, Der Mann, der das
Bismarck mitgeteilt hat, ist von Arabella gekürzt worden," Diele Erzählung wurde von
Waddington in allen Punkten dementiert. Der Fnedrichsruher Hausarzt Dr, Cohen vermerkte
jedoch in seinem Tiigevuwe unter dem 13, September 1M>> folgende Äußerung des Fürsten
Bismarck: „VorubülerS Enthüllungen seien durchaus wahr — Als Bismarck von den
Schritten Rußlands in Paris sichere Kenntnis hatte, ging er sofort nach Wien und schloß
ab, — Man muß nur nicht glaube», daß solche Eröffnungen direkt an das AuSwänige Amt
gingen. So etwas würde im Salon, am Kamin durch nichlossizielle Leute besorgt, die
zuerst nur Sortieren," (Erinnerungen an Bismarck, S, 312.)
«) L. Raschdau, a. er. O.
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[0285] Bismarck? Vermächtnis Viel schwieriger gestaltete sich im zweiten Jahrzehnt nach der Reichsanindung die Aufgabe, die nunmehr verbündeten Mächte der Mitte vor einer Mianz der revanchedurstigen Gallier im Westen mit den eroberungssüchtigen Si wen im Osten zu beivahren. Der Lguolismar clss Loalitions ivurde bis zum Eude der Amtszeit des Fürsten BtSmarck immer drückender, Zmmchst gelang es noch einmal mit Hilfe der guten dy lastischen Beziehungen zwischen Berlin und Petersourg Nußland zur Mitte herüberzuwehen. Im Frühjahr 1880 erhielt der Botschafter Sabnroff vam Zaren Alexander dem Zweiten, der mit seinem Drohbrief nach eigenem Geständnis eine Dummheit begangen hatte, den Auftrag, in Besprechungen mit dem deutschen Reichskanzler über Fragen des nah n Orients einzutreten. Fürst Bismarck verlangte den Beitritt Qste>reich-Ungarns und brachte nach langem Widerstreben des Wiener Kabinetts jenes geheime dreiseitige Neuiraliiätsabkomm n, zunächst auf drei Jahre, zustande, das er selbst fünfzehn Jahre später, nachdem es längst abgelaufen war, vor der Mitwelt enthüllte, und das heute noch im Meinungsstreit von Politikern und Gelehrten fortlebt Dieser sogenannte Rück- versicberungSvertrag wurde 1884 auf wettere drei Jahre erneuert, 1887 aber nur von Rußland und Deutschland fortgesetzt, bis er San zu gleicher Zeit mit dem Rücktritt Bismarcks von seinen Amiern erlosch. Mit dem Ausscheiden des Dritten im Bunde war der Draht nach Rußland dünner u d brüchiger geworden. Wirksamer als dieses Mittel zum Schutze gegen einen Kueg mit zwei Fronten erwies sich die Aufnahme Italiens in das mitteleuropäische Bündnis. Der Flanken¬ schutz, den die alt Frankreich nach der Besetzung Ägyptens überwoifene Weltmacht England wegen ihrer Mtttelmeerinteressen dnn Dreibünde gewahr e, erleichterte es Bismarck. für die überschüssige Kraft des Reiches vorsichtig und behutsam koloniale Erwerbungen in der Südsee und in Afiika zr, machen, Aber immer noch saß ihm das rusnsche Hemd näher als der englische Rock, Als für Rußland nach seinem Vorstoß gegen Merw ein ernster Konflikt drohte leistete er ihm den Dienst durch Druck aus die Pfade, daß die Dardanellen gegen Kriegsschiffe verschlossen blieben.°) Erst in den letzten Jahren der Amtszeit des Fürsten Bismarck, als das Drängen der Franzosen zu einem Bündnis mit Ruszlqnd immer offener zu Tage trat und die Saat des Hasses und der Verachmng in den russischen Oberschichten üppiger aufging, mehren sich die Anzeichen für eine Hinneigung zu engerer Freund¬ schaft mit England. Es war die Zeit des Boiilcmgis aus in Frankreich, des Be¬ ginns der riesigen französischen Geloopser für Rußland, der ersten russischen Wasfenbestellungeu in Frankreich. Man verablade die beiden Reden des Für >en zur Begründung der Nork'ge vom Herbst 1886 wegen Erhöhung der Friedens¬ präsenz des Heeres, Die erste, in der Reichsiagskomnussion am 11, Januar 1887 gehalten, lehnt noch die Annahme ob, daß Rußland nach Bündnissen suchte und wir einer Koalition Von Frankreich und Rußland gegenübe> zutreten haben würden, nennt die Freundschaft mit Rußland noch heute über jeden Zweifel erhaben und sieht die größte Gefahr darin, daß der seit drei Jahrhundeiten zwischen Deutsch¬ land und Frankreich schwebende Prozeß noch nicht beendigt sei rend daß unter dem Dr, et energischer Minoritäten, die in schweren Momenten immer die Ent- gestellt, ein Osfeusivbnndnis mit Rußland abzuschließen und sogleich zu verwirklichen, weil Deutschland das öiieireichisch-nngariiche Vorgehen in Bosnien zugegeben habe, Waddington ldom.rls französischer Minister des Äußeren) hat vielen Anirag an Bismarck nach Gastein ge¬ schickt. Deshalb umerbrach Bismarck seine Kur und reiste noch Wien, Der Mann, der das Bismarck mitgeteilt hat, ist von Arabella gekürzt worden," Diele Erzählung wurde von Waddington in allen Punkten dementiert. Der Fnedrichsruher Hausarzt Dr, Cohen vermerkte jedoch in seinem Tiigevuwe unter dem 13, September 1M>> folgende Äußerung des Fürsten Bismarck: „VorubülerS Enthüllungen seien durchaus wahr — Als Bismarck von den Schritten Rußlands in Paris sichere Kenntnis hatte, ging er sofort nach Wien und schloß ab, — Man muß nur nicht glaube», daß solche Eröffnungen direkt an das AuSwänige Amt gingen. So etwas würde im Salon, am Kamin durch nichlossizielle Leute besorgt, die zuerst nur Sortieren," (Erinnerungen an Bismarck, S, 312.) «) L. Raschdau, a. er. O.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_88238/285>, abgerufen am 24.11.2024.