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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Viertes Vierteljahr.

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Straßburger Brief

Inzwischen hat auch der sozialdemokrattsche Abgeordnete für Straßburg,
Bernhard Bohle, weitere Aufklärung über das Verhalten Ricklins gegeben: "Da¬
nach hat Dr. Nicklin die Abwesenheit des Herrn Hauß, der mit den übrigen elsa߬
lothringischen Abgeordneten eine -- von Dr. Hägy zu verlesende -- Erklärung
vereinbart hatte, benutzt, um in seinem Sinn auf die Abgeordneten einzuwirken,
was ihm auch insoweit gelang, daß er seine, von der vereinbarten abweichende
Erklärung im Namen der Herren Hägy, Leveque, Dr. Schatz und Thumann (sämtlich
ausgesprochene Nationalisten und Gefolgsleute Wetterles) abgeben konnte. Bohle
fügt hinzu: "über das Verhalten Dr. Ricklings war ich um so mehr erstaunt, da
doch bekannt war, daß er, Ricklin, einige Tage vorher Reichsbeamtcn gegenüber
ein echt deutsches Bekenntnis abgegeben hatte und andre elsaß-lothringische Reichs¬
tagsabgeordnete als Fmnzöslinge bei der Negierung denunzierte. Mehr will ich
heute nicht sagen! man kann ruhig der Bevölkerung es überlassen, über das Ver¬
halten des Herrn Ricklin ein Urteil zu fällen."

Auch Hauß empfängt von Freund Wetterlö seine Note, und vielleicht ist
es Ihnen in Berlin auch ganz interessant, in welchem Lichte der jetzige Leiter der
reichsländischen Regierung dem Wortführer der elsüssischen Hochverräter erscheint.
Einem kurzen Bericht über den Lebens- und Entwicklungsgang des aus kleinen
Verhältnissen stammenden Parlamentariers folgt folgende Zeichnung seines politischen
Charakters: "Lnevre est-it juste as reeonnaitre eme, tout en cionnant pariois
clef ZsZes ä un Zouvernement, qui sapin't explviter les ciiikicultes liimnoieres,
clans lesquelles, proäiZue ä I'exces, it se ctebattait constamment, it n'abeiiezua
z'annis completement son inäepenci^nLe et fut rester un bon ^Isacien, meme
aux ueures les plus clikkieiles." (Immerhin darf man anerkennen, daß Hauß
trotz mannigfacher Verbeugungen vor einer Regierung, die seine häufigen finan¬
ziellen'Schwierigkeiten wohl auszunutzen verstand, doch nie völlig seine Unab¬
hängigkeit verleugnete und selbst in schweren Stunden ein "guter Elsässer"
geblieben ist.) -- "Notable und Parlamentarier unter sich!" möchte man das un¬
erquickliche Bild überschreiben, das hier die Katzbalgereien im Schicksalsland des
Reiches bieten, spiegelte sich nicht eben im Geschick Elsaß-Lothringens in so
unübertrefflicher Schärfe auch das Schicksal Deutschlands selbstI Wir stehen vor
einem Scherbenhaufen, hat der Abgeordnete Gothein, anknüpfend an die sogenannte
"Erklärung" des "Elsässers" Ricklin gesagt und glaubte damit die "Regierung"
zu treffen. In Wirklichkeit hat er nicht einzelnen Beamten und der "Methode"
das Urteil gesprochen, sondern dem deutschen Volke insgesamt, als dessen Vertreter
auch der Redner der Fortschrittlichen Volkspartei ebensogut für das verantwortlich
ist und bleibt wie der radikalste Konservative! "Wir stehen vor einem Scherben¬
haufen!" -- Aber die beiden Elemente, die das Werk Bismarcks als Torso stehen
ließen und seine Fundamente'unterhöhlten, daß es dem Druck des Weltkrieges
nicht standhielt, sind Weltbürgertum und Kantönligeist. Und beide sind nicht zum
wenigsten durch den Freisinn und die ihm nachfolgten herangezogen worden.
Statt von innen heraus die Mauern des Reiches zu versteifen und neue Klammern
einzuziehen, mußten noch im Kampf gegen eine Welt von Feinden die alten
Figuren, die den Bau einst trugen, immer feiner und subtiler ausgemeißelt
werden, bis sie der auf ihnen ruhenden Last eben nicht mehr gewachsen waren. --
Statt Elsaß und Lothringen auch politisch immer enger mit dem Reich zu ver¬
binden, aus dem Begriff des "Reichslandes" den Einheitsstaat oder'zum wenigsten
ein Großpreußen als Kern und Stock Deutschlands zu entwickeln, um im Kern
Mitteleuropas allen Stürmen trotzen zu können, wußten schon die Fortschrittler
von 1871 kaum laut genug die Werbekraft des deutschen Partikularismus zu
rühmen, dessen Früchte wir heute ernten.

Sobald es die Weltverhältnisse gestatten, soll die Artikelreihe, die ich jüngst
in den "Grenzboten" über die "Ideale und Irrtümer der elsaß'lothringischen
Frage" veröffentlichte, im Verlag von Karl I. Trübner in Straßburg in er¬
weiterter Buchform erscheinen. Dann wird es Zeit sein, im Rückblick auf die
allernächste Vergangenheit auch die nationalen und internationalen Kräfte aufzu-


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Straßburger Brief

Inzwischen hat auch der sozialdemokrattsche Abgeordnete für Straßburg,
Bernhard Bohle, weitere Aufklärung über das Verhalten Ricklins gegeben: „Da¬
nach hat Dr. Nicklin die Abwesenheit des Herrn Hauß, der mit den übrigen elsa߬
lothringischen Abgeordneten eine — von Dr. Hägy zu verlesende — Erklärung
vereinbart hatte, benutzt, um in seinem Sinn auf die Abgeordneten einzuwirken,
was ihm auch insoweit gelang, daß er seine, von der vereinbarten abweichende
Erklärung im Namen der Herren Hägy, Leveque, Dr. Schatz und Thumann (sämtlich
ausgesprochene Nationalisten und Gefolgsleute Wetterles) abgeben konnte. Bohle
fügt hinzu: „über das Verhalten Dr. Ricklings war ich um so mehr erstaunt, da
doch bekannt war, daß er, Ricklin, einige Tage vorher Reichsbeamtcn gegenüber
ein echt deutsches Bekenntnis abgegeben hatte und andre elsaß-lothringische Reichs¬
tagsabgeordnete als Fmnzöslinge bei der Negierung denunzierte. Mehr will ich
heute nicht sagen! man kann ruhig der Bevölkerung es überlassen, über das Ver¬
halten des Herrn Ricklin ein Urteil zu fällen."

Auch Hauß empfängt von Freund Wetterlö seine Note, und vielleicht ist
es Ihnen in Berlin auch ganz interessant, in welchem Lichte der jetzige Leiter der
reichsländischen Regierung dem Wortführer der elsüssischen Hochverräter erscheint.
Einem kurzen Bericht über den Lebens- und Entwicklungsgang des aus kleinen
Verhältnissen stammenden Parlamentariers folgt folgende Zeichnung seines politischen
Charakters: „Lnevre est-it juste as reeonnaitre eme, tout en cionnant pariois
clef ZsZes ä un Zouvernement, qui sapin't explviter les ciiikicultes liimnoieres,
clans lesquelles, proäiZue ä I'exces, it se ctebattait constamment, it n'abeiiezua
z'annis completement son inäepenci^nLe et fut rester un bon ^Isacien, meme
aux ueures les plus clikkieiles." (Immerhin darf man anerkennen, daß Hauß
trotz mannigfacher Verbeugungen vor einer Regierung, die seine häufigen finan¬
ziellen'Schwierigkeiten wohl auszunutzen verstand, doch nie völlig seine Unab¬
hängigkeit verleugnete und selbst in schweren Stunden ein „guter Elsässer"
geblieben ist.) — „Notable und Parlamentarier unter sich!" möchte man das un¬
erquickliche Bild überschreiben, das hier die Katzbalgereien im Schicksalsland des
Reiches bieten, spiegelte sich nicht eben im Geschick Elsaß-Lothringens in so
unübertrefflicher Schärfe auch das Schicksal Deutschlands selbstI Wir stehen vor
einem Scherbenhaufen, hat der Abgeordnete Gothein, anknüpfend an die sogenannte
„Erklärung" des „Elsässers" Ricklin gesagt und glaubte damit die „Regierung"
zu treffen. In Wirklichkeit hat er nicht einzelnen Beamten und der „Methode"
das Urteil gesprochen, sondern dem deutschen Volke insgesamt, als dessen Vertreter
auch der Redner der Fortschrittlichen Volkspartei ebensogut für das verantwortlich
ist und bleibt wie der radikalste Konservative! „Wir stehen vor einem Scherben¬
haufen!" — Aber die beiden Elemente, die das Werk Bismarcks als Torso stehen
ließen und seine Fundamente'unterhöhlten, daß es dem Druck des Weltkrieges
nicht standhielt, sind Weltbürgertum und Kantönligeist. Und beide sind nicht zum
wenigsten durch den Freisinn und die ihm nachfolgten herangezogen worden.
Statt von innen heraus die Mauern des Reiches zu versteifen und neue Klammern
einzuziehen, mußten noch im Kampf gegen eine Welt von Feinden die alten
Figuren, die den Bau einst trugen, immer feiner und subtiler ausgemeißelt
werden, bis sie der auf ihnen ruhenden Last eben nicht mehr gewachsen waren. —
Statt Elsaß und Lothringen auch politisch immer enger mit dem Reich zu ver¬
binden, aus dem Begriff des „Reichslandes" den Einheitsstaat oder'zum wenigsten
ein Großpreußen als Kern und Stock Deutschlands zu entwickeln, um im Kern
Mitteleuropas allen Stürmen trotzen zu können, wußten schon die Fortschrittler
von 1871 kaum laut genug die Werbekraft des deutschen Partikularismus zu
rühmen, dessen Früchte wir heute ernten.

Sobald es die Weltverhältnisse gestatten, soll die Artikelreihe, die ich jüngst
in den „Grenzboten" über die „Ideale und Irrtümer der elsaß'lothringischen
Frage" veröffentlichte, im Verlag von Karl I. Trübner in Straßburg in er¬
weiterter Buchform erscheinen. Dann wird es Zeit sein, im Rückblick auf die
allernächste Vergangenheit auch die nationalen und internationalen Kräfte aufzu-


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[0135] Straßburger Brief Inzwischen hat auch der sozialdemokrattsche Abgeordnete für Straßburg, Bernhard Bohle, weitere Aufklärung über das Verhalten Ricklins gegeben: „Da¬ nach hat Dr. Nicklin die Abwesenheit des Herrn Hauß, der mit den übrigen elsa߬ lothringischen Abgeordneten eine — von Dr. Hägy zu verlesende — Erklärung vereinbart hatte, benutzt, um in seinem Sinn auf die Abgeordneten einzuwirken, was ihm auch insoweit gelang, daß er seine, von der vereinbarten abweichende Erklärung im Namen der Herren Hägy, Leveque, Dr. Schatz und Thumann (sämtlich ausgesprochene Nationalisten und Gefolgsleute Wetterles) abgeben konnte. Bohle fügt hinzu: „über das Verhalten Dr. Ricklings war ich um so mehr erstaunt, da doch bekannt war, daß er, Ricklin, einige Tage vorher Reichsbeamtcn gegenüber ein echt deutsches Bekenntnis abgegeben hatte und andre elsaß-lothringische Reichs¬ tagsabgeordnete als Fmnzöslinge bei der Negierung denunzierte. Mehr will ich heute nicht sagen! man kann ruhig der Bevölkerung es überlassen, über das Ver¬ halten des Herrn Ricklin ein Urteil zu fällen." Auch Hauß empfängt von Freund Wetterlö seine Note, und vielleicht ist es Ihnen in Berlin auch ganz interessant, in welchem Lichte der jetzige Leiter der reichsländischen Regierung dem Wortführer der elsüssischen Hochverräter erscheint. Einem kurzen Bericht über den Lebens- und Entwicklungsgang des aus kleinen Verhältnissen stammenden Parlamentariers folgt folgende Zeichnung seines politischen Charakters: „Lnevre est-it juste as reeonnaitre eme, tout en cionnant pariois clef ZsZes ä un Zouvernement, qui sapin't explviter les ciiikicultes liimnoieres, clans lesquelles, proäiZue ä I'exces, it se ctebattait constamment, it n'abeiiezua z'annis completement son inäepenci^nLe et fut rester un bon ^Isacien, meme aux ueures les plus clikkieiles." (Immerhin darf man anerkennen, daß Hauß trotz mannigfacher Verbeugungen vor einer Regierung, die seine häufigen finan¬ ziellen'Schwierigkeiten wohl auszunutzen verstand, doch nie völlig seine Unab¬ hängigkeit verleugnete und selbst in schweren Stunden ein „guter Elsässer" geblieben ist.) — „Notable und Parlamentarier unter sich!" möchte man das un¬ erquickliche Bild überschreiben, das hier die Katzbalgereien im Schicksalsland des Reiches bieten, spiegelte sich nicht eben im Geschick Elsaß-Lothringens in so unübertrefflicher Schärfe auch das Schicksal Deutschlands selbstI Wir stehen vor einem Scherbenhaufen, hat der Abgeordnete Gothein, anknüpfend an die sogenannte „Erklärung" des „Elsässers" Ricklin gesagt und glaubte damit die „Regierung" zu treffen. In Wirklichkeit hat er nicht einzelnen Beamten und der „Methode" das Urteil gesprochen, sondern dem deutschen Volke insgesamt, als dessen Vertreter auch der Redner der Fortschrittlichen Volkspartei ebensogut für das verantwortlich ist und bleibt wie der radikalste Konservative! „Wir stehen vor einem Scherben¬ haufen!" — Aber die beiden Elemente, die das Werk Bismarcks als Torso stehen ließen und seine Fundamente'unterhöhlten, daß es dem Druck des Weltkrieges nicht standhielt, sind Weltbürgertum und Kantönligeist. Und beide sind nicht zum wenigsten durch den Freisinn und die ihm nachfolgten herangezogen worden. Statt von innen heraus die Mauern des Reiches zu versteifen und neue Klammern einzuziehen, mußten noch im Kampf gegen eine Welt von Feinden die alten Figuren, die den Bau einst trugen, immer feiner und subtiler ausgemeißelt werden, bis sie der auf ihnen ruhenden Last eben nicht mehr gewachsen waren. — Statt Elsaß und Lothringen auch politisch immer enger mit dem Reich zu ver¬ binden, aus dem Begriff des „Reichslandes" den Einheitsstaat oder'zum wenigsten ein Großpreußen als Kern und Stock Deutschlands zu entwickeln, um im Kern Mitteleuropas allen Stürmen trotzen zu können, wußten schon die Fortschrittler von 1871 kaum laut genug die Werbekraft des deutschen Partikularismus zu rühmen, dessen Früchte wir heute ernten. Sobald es die Weltverhältnisse gestatten, soll die Artikelreihe, die ich jüngst in den „Grenzboten" über die „Ideale und Irrtümer der elsaß'lothringischen Frage" veröffentlichte, im Verlag von Karl I. Trübner in Straßburg in er¬ weiterter Buchform erscheinen. Dann wird es Zeit sein, im Rückblick auf die allernächste Vergangenheit auch die nationalen und internationalen Kräfte aufzu- 10»

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_88238/135>, abgerufen am 22.07.2024.