Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Drittes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Ideale und Irrtümer der elsaß-loihringischen Frage

ersten Friedensbedingung fest, die das deutsche Selbstbewußtsein klar und deutlich
seit Jahrzehnten geprägt hatte: Abtretung von Elsaß und Deutsch-Lothringen mit
Metz. Nur dies Kriegsziel konnte und durfte eine Erörterung im Auslande finden,
weil nur hier eine internationale Frage vorlag. Aber bezeichnend für die Wichtig¬
keit, die gerade Bismarck dem Verhältnis zu den übrigen Großmächten beilegte,
ist doch die Tatsache, daß seine ersten Andeutungen über die Möglichkeit einer,
deutschen Gebietserweiterung in diplomatischen Noten und Entwürfen erscheinen,
die für das Ausland, nach Rußland und England, bestimmt waren.

Am 11. August schon, fast unmittelbar also nach den ersten Siegen im Elsaß,
diktierte der Bundeskanzler eine Depesche nach Petersburg, "man werde sich mit
dem etwaigen Sturze Napoleons nicht begnügen können."' Vier Tage später folgte
ein neues Telegramm, in welchem es offen hieß, "daß wir, ,wenn es Gottes
Wille', das Elsaß behalten würden". Gleichzeitig begann ein vortrefflich geleiteter
Feldzug in der ausländischen, vor allem in der englischen Presse. Zunächst nur
in ganz allgemeinen Umrissen, dann sehr bald in festumrissener Forderung. nach¬
drücklich wiesen alle diese Artikel darauf hin, daß der Besitz von Elsaß und
Deutsch-Lothringen die wichtigste Bürgschaft nicht nur Deutschlands, sondern ganz
Europas gegen Frankreichs dauernde Friedensstörungen sei. "Daily News", das
einflußreiche Organ der englischen Liberalen, betonte bereits am 20. August, daß
die Bevölkerung des Elsaß nach Abstammung, Sprache und Lebensweise durch
und durch deutsch sei. Die übrigen Zeitungen, deren Korrespondenten damals
mehrfach von Bismarck selbst empfangen wurden, folgten eifrig ihrem Beispiel.
Am 7. September verkündete sogar daS Orakel der öffentlichen Meinung Europas,
die allmächiige "Times", daß die Abtretung von Deutsch-Lothringen mit Metz
und des Elsaß zwischen Vogesen und Rhein "die geringsten und bescheidensten
Bedingungen seien, welche die friedfertigen Deutschen als Grundlage zu Friedens-
verhandlungen gelten lassen können." Ähnlich klingt in denselben Tagen der
Widerhall, den Bismarcks Andeutungen in den führenden Zeitungen von Peters¬
burg und Washington, von Rom und Wien fanden.

Zweifelsohne bedeutete diese Zustimmung der ausländischen Presse zu den
deutschen Wünschen und Forderungen zugleich, daß auch die Mächte selbst der
weiteren Entwicklung der Gebietsfrage wohlwollend zusehön wollten. Erst als der
leitende Staatsmann des Norddeutschen Bundes darüber beruhigt sein konnte,
trat sein Sprachrohr, die "norddeutsche Allgemeine Zeitung", am 31. August offen
ans den Plan. In einem Aufsatz, den Bismarck selbst drei Tage zuvor durch¬
gesehen und gebilligt hatte, führte Moritz Busch aus, daß die ungeheuren Opfer
an Geld und Blut, die das deutsche Volk in diesem Kriege gebracht, vergeblich
gewesen wären, wenn Frankreichs Angriffskraft nicht geschwächt, Deutschlands
Verteidigungskraft nicht gestärkt würde: "Das Mindeste also, was wir fordern
müssen, das Mindeste, womit die deutsche Nation in allen ihren Teilen, vorzüg¬
lich aber unsere Stamm- und Kampfgenossen jenseits des Mains sich befriedigt
erklären können, ist die Abtretung der Ausfallspfvrten Frankreichs nach der deutschen
Seite hin, die Eroberung von Straßburg und Metz für Deutschland." Wenige
Tage darauf begannen die Vorbesprechungen, diese Forderungen auch diplomatisch
zur Geltung zu bringen. Der militärische Besitz von Straßburg und Metz galt
auch hier als wichtigstes Ziel: "Nicht um Elsaß und Lothringen wieder an Deutsch¬
land zu bringen, sondern nur um den Franzosen einen neuen Angriffskrieg zu
erschweren, müssen wir die beiden Festungen besitzen." Am 13. und 16. September
ergingen an die auswärtigen Vertreter des Norddeutschen Bundes amtliche Mit¬
teilungen über die deutschen Bedingungen, die im wesentlichen dieselben Motive
hervorheben, die in der neutralen und in der deutschen Presse bereits ausgiebig
erörtert worden waren. Deutschland muß, so war ihr Sinn, in erster Reihe
materielle Bürgschaften für seine Sicherheit gegen Frankreichs künftige Angriffe
erstreben, Bürgschaften zugleich für den europäischen Frieden, der von Deuischlo.no
keine Störung' zu befürchten hat. "Wir müssen daher Frankreich den nächsten
Angriff auf die deutsche und namentlich auf die bisher ganz schutzlose süddeutsche


Ideale und Irrtümer der elsaß-loihringischen Frage

ersten Friedensbedingung fest, die das deutsche Selbstbewußtsein klar und deutlich
seit Jahrzehnten geprägt hatte: Abtretung von Elsaß und Deutsch-Lothringen mit
Metz. Nur dies Kriegsziel konnte und durfte eine Erörterung im Auslande finden,
weil nur hier eine internationale Frage vorlag. Aber bezeichnend für die Wichtig¬
keit, die gerade Bismarck dem Verhältnis zu den übrigen Großmächten beilegte,
ist doch die Tatsache, daß seine ersten Andeutungen über die Möglichkeit einer,
deutschen Gebietserweiterung in diplomatischen Noten und Entwürfen erscheinen,
die für das Ausland, nach Rußland und England, bestimmt waren.

Am 11. August schon, fast unmittelbar also nach den ersten Siegen im Elsaß,
diktierte der Bundeskanzler eine Depesche nach Petersburg, „man werde sich mit
dem etwaigen Sturze Napoleons nicht begnügen können."' Vier Tage später folgte
ein neues Telegramm, in welchem es offen hieß, „daß wir, ,wenn es Gottes
Wille', das Elsaß behalten würden". Gleichzeitig begann ein vortrefflich geleiteter
Feldzug in der ausländischen, vor allem in der englischen Presse. Zunächst nur
in ganz allgemeinen Umrissen, dann sehr bald in festumrissener Forderung. nach¬
drücklich wiesen alle diese Artikel darauf hin, daß der Besitz von Elsaß und
Deutsch-Lothringen die wichtigste Bürgschaft nicht nur Deutschlands, sondern ganz
Europas gegen Frankreichs dauernde Friedensstörungen sei. „Daily News", das
einflußreiche Organ der englischen Liberalen, betonte bereits am 20. August, daß
die Bevölkerung des Elsaß nach Abstammung, Sprache und Lebensweise durch
und durch deutsch sei. Die übrigen Zeitungen, deren Korrespondenten damals
mehrfach von Bismarck selbst empfangen wurden, folgten eifrig ihrem Beispiel.
Am 7. September verkündete sogar daS Orakel der öffentlichen Meinung Europas,
die allmächiige „Times", daß die Abtretung von Deutsch-Lothringen mit Metz
und des Elsaß zwischen Vogesen und Rhein „die geringsten und bescheidensten
Bedingungen seien, welche die friedfertigen Deutschen als Grundlage zu Friedens-
verhandlungen gelten lassen können." Ähnlich klingt in denselben Tagen der
Widerhall, den Bismarcks Andeutungen in den führenden Zeitungen von Peters¬
burg und Washington, von Rom und Wien fanden.

Zweifelsohne bedeutete diese Zustimmung der ausländischen Presse zu den
deutschen Wünschen und Forderungen zugleich, daß auch die Mächte selbst der
weiteren Entwicklung der Gebietsfrage wohlwollend zusehön wollten. Erst als der
leitende Staatsmann des Norddeutschen Bundes darüber beruhigt sein konnte,
trat sein Sprachrohr, die „norddeutsche Allgemeine Zeitung", am 31. August offen
ans den Plan. In einem Aufsatz, den Bismarck selbst drei Tage zuvor durch¬
gesehen und gebilligt hatte, führte Moritz Busch aus, daß die ungeheuren Opfer
an Geld und Blut, die das deutsche Volk in diesem Kriege gebracht, vergeblich
gewesen wären, wenn Frankreichs Angriffskraft nicht geschwächt, Deutschlands
Verteidigungskraft nicht gestärkt würde: „Das Mindeste also, was wir fordern
müssen, das Mindeste, womit die deutsche Nation in allen ihren Teilen, vorzüg¬
lich aber unsere Stamm- und Kampfgenossen jenseits des Mains sich befriedigt
erklären können, ist die Abtretung der Ausfallspfvrten Frankreichs nach der deutschen
Seite hin, die Eroberung von Straßburg und Metz für Deutschland." Wenige
Tage darauf begannen die Vorbesprechungen, diese Forderungen auch diplomatisch
zur Geltung zu bringen. Der militärische Besitz von Straßburg und Metz galt
auch hier als wichtigstes Ziel: „Nicht um Elsaß und Lothringen wieder an Deutsch¬
land zu bringen, sondern nur um den Franzosen einen neuen Angriffskrieg zu
erschweren, müssen wir die beiden Festungen besitzen." Am 13. und 16. September
ergingen an die auswärtigen Vertreter des Norddeutschen Bundes amtliche Mit¬
teilungen über die deutschen Bedingungen, die im wesentlichen dieselben Motive
hervorheben, die in der neutralen und in der deutschen Presse bereits ausgiebig
erörtert worden waren. Deutschland muß, so war ihr Sinn, in erster Reihe
materielle Bürgschaften für seine Sicherheit gegen Frankreichs künftige Angriffe
erstreben, Bürgschaften zugleich für den europäischen Frieden, der von Deuischlo.no
keine Störung' zu befürchten hat. „Wir müssen daher Frankreich den nächsten
Angriff auf die deutsche und namentlich auf die bisher ganz schutzlose süddeutsche


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0045" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/333890"/>
          <fw type="header" place="top"> Ideale und Irrtümer der elsaß-loihringischen Frage</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_164" prev="#ID_163"> ersten Friedensbedingung fest, die das deutsche Selbstbewußtsein klar und deutlich<lb/>
seit Jahrzehnten geprägt hatte: Abtretung von Elsaß und Deutsch-Lothringen mit<lb/>
Metz. Nur dies Kriegsziel konnte und durfte eine Erörterung im Auslande finden,<lb/>
weil nur hier eine internationale Frage vorlag. Aber bezeichnend für die Wichtig¬<lb/>
keit, die gerade Bismarck dem Verhältnis zu den übrigen Großmächten beilegte,<lb/>
ist doch die Tatsache, daß seine ersten Andeutungen über die Möglichkeit einer,<lb/>
deutschen Gebietserweiterung in diplomatischen Noten und Entwürfen erscheinen,<lb/>
die für das Ausland, nach Rußland und England, bestimmt waren.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_165"> Am 11. August schon, fast unmittelbar also nach den ersten Siegen im Elsaß,<lb/>
diktierte der Bundeskanzler eine Depesche nach Petersburg, &#x201E;man werde sich mit<lb/>
dem etwaigen Sturze Napoleons nicht begnügen können."' Vier Tage später folgte<lb/>
ein neues Telegramm, in welchem es offen hieß, &#x201E;daß wir, ,wenn es Gottes<lb/>
Wille', das Elsaß behalten würden". Gleichzeitig begann ein vortrefflich geleiteter<lb/>
Feldzug in der ausländischen, vor allem in der englischen Presse. Zunächst nur<lb/>
in ganz allgemeinen Umrissen, dann sehr bald in festumrissener Forderung. nach¬<lb/>
drücklich wiesen alle diese Artikel darauf hin, daß der Besitz von Elsaß und<lb/>
Deutsch-Lothringen die wichtigste Bürgschaft nicht nur Deutschlands, sondern ganz<lb/>
Europas gegen Frankreichs dauernde Friedensstörungen sei. &#x201E;Daily News", das<lb/>
einflußreiche Organ der englischen Liberalen, betonte bereits am 20. August, daß<lb/>
die Bevölkerung des Elsaß nach Abstammung, Sprache und Lebensweise durch<lb/>
und durch deutsch sei. Die übrigen Zeitungen, deren Korrespondenten damals<lb/>
mehrfach von Bismarck selbst empfangen wurden, folgten eifrig ihrem Beispiel.<lb/>
Am 7. September verkündete sogar daS Orakel der öffentlichen Meinung Europas,<lb/>
die allmächiige &#x201E;Times", daß die Abtretung von Deutsch-Lothringen mit Metz<lb/>
und des Elsaß zwischen Vogesen und Rhein &#x201E;die geringsten und bescheidensten<lb/>
Bedingungen seien, welche die friedfertigen Deutschen als Grundlage zu Friedens-<lb/>
verhandlungen gelten lassen können." Ähnlich klingt in denselben Tagen der<lb/>
Widerhall, den Bismarcks Andeutungen in den führenden Zeitungen von Peters¬<lb/>
burg und Washington, von Rom und Wien fanden.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_166" next="#ID_167"> Zweifelsohne bedeutete diese Zustimmung der ausländischen Presse zu den<lb/>
deutschen Wünschen und Forderungen zugleich, daß auch die Mächte selbst der<lb/>
weiteren Entwicklung der Gebietsfrage wohlwollend zusehön wollten. Erst als der<lb/>
leitende Staatsmann des Norddeutschen Bundes darüber beruhigt sein konnte,<lb/>
trat sein Sprachrohr, die &#x201E;norddeutsche Allgemeine Zeitung", am 31. August offen<lb/>
ans den Plan. In einem Aufsatz, den Bismarck selbst drei Tage zuvor durch¬<lb/>
gesehen und gebilligt hatte, führte Moritz Busch aus, daß die ungeheuren Opfer<lb/>
an Geld und Blut, die das deutsche Volk in diesem Kriege gebracht, vergeblich<lb/>
gewesen wären, wenn Frankreichs Angriffskraft nicht geschwächt, Deutschlands<lb/>
Verteidigungskraft nicht gestärkt würde: &#x201E;Das Mindeste also, was wir fordern<lb/>
müssen, das Mindeste, womit die deutsche Nation in allen ihren Teilen, vorzüg¬<lb/>
lich aber unsere Stamm- und Kampfgenossen jenseits des Mains sich befriedigt<lb/>
erklären können, ist die Abtretung der Ausfallspfvrten Frankreichs nach der deutschen<lb/>
Seite hin, die Eroberung von Straßburg und Metz für Deutschland." Wenige<lb/>
Tage darauf begannen die Vorbesprechungen, diese Forderungen auch diplomatisch<lb/>
zur Geltung zu bringen. Der militärische Besitz von Straßburg und Metz galt<lb/>
auch hier als wichtigstes Ziel: &#x201E;Nicht um Elsaß und Lothringen wieder an Deutsch¬<lb/>
land zu bringen, sondern nur um den Franzosen einen neuen Angriffskrieg zu<lb/>
erschweren, müssen wir die beiden Festungen besitzen." Am 13. und 16. September<lb/>
ergingen an die auswärtigen Vertreter des Norddeutschen Bundes amtliche Mit¬<lb/>
teilungen über die deutschen Bedingungen, die im wesentlichen dieselben Motive<lb/>
hervorheben, die in der neutralen und in der deutschen Presse bereits ausgiebig<lb/>
erörtert worden waren. Deutschland muß, so war ihr Sinn, in erster Reihe<lb/>
materielle Bürgschaften für seine Sicherheit gegen Frankreichs künftige Angriffe<lb/>
erstreben, Bürgschaften zugleich für den europäischen Frieden, der von Deuischlo.no<lb/>
keine Störung' zu befürchten hat. &#x201E;Wir müssen daher Frankreich den nächsten<lb/>
Angriff auf die deutsche und namentlich auf die bisher ganz schutzlose süddeutsche</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0045] Ideale und Irrtümer der elsaß-loihringischen Frage ersten Friedensbedingung fest, die das deutsche Selbstbewußtsein klar und deutlich seit Jahrzehnten geprägt hatte: Abtretung von Elsaß und Deutsch-Lothringen mit Metz. Nur dies Kriegsziel konnte und durfte eine Erörterung im Auslande finden, weil nur hier eine internationale Frage vorlag. Aber bezeichnend für die Wichtig¬ keit, die gerade Bismarck dem Verhältnis zu den übrigen Großmächten beilegte, ist doch die Tatsache, daß seine ersten Andeutungen über die Möglichkeit einer, deutschen Gebietserweiterung in diplomatischen Noten und Entwürfen erscheinen, die für das Ausland, nach Rußland und England, bestimmt waren. Am 11. August schon, fast unmittelbar also nach den ersten Siegen im Elsaß, diktierte der Bundeskanzler eine Depesche nach Petersburg, „man werde sich mit dem etwaigen Sturze Napoleons nicht begnügen können."' Vier Tage später folgte ein neues Telegramm, in welchem es offen hieß, „daß wir, ,wenn es Gottes Wille', das Elsaß behalten würden". Gleichzeitig begann ein vortrefflich geleiteter Feldzug in der ausländischen, vor allem in der englischen Presse. Zunächst nur in ganz allgemeinen Umrissen, dann sehr bald in festumrissener Forderung. nach¬ drücklich wiesen alle diese Artikel darauf hin, daß der Besitz von Elsaß und Deutsch-Lothringen die wichtigste Bürgschaft nicht nur Deutschlands, sondern ganz Europas gegen Frankreichs dauernde Friedensstörungen sei. „Daily News", das einflußreiche Organ der englischen Liberalen, betonte bereits am 20. August, daß die Bevölkerung des Elsaß nach Abstammung, Sprache und Lebensweise durch und durch deutsch sei. Die übrigen Zeitungen, deren Korrespondenten damals mehrfach von Bismarck selbst empfangen wurden, folgten eifrig ihrem Beispiel. Am 7. September verkündete sogar daS Orakel der öffentlichen Meinung Europas, die allmächiige „Times", daß die Abtretung von Deutsch-Lothringen mit Metz und des Elsaß zwischen Vogesen und Rhein „die geringsten und bescheidensten Bedingungen seien, welche die friedfertigen Deutschen als Grundlage zu Friedens- verhandlungen gelten lassen können." Ähnlich klingt in denselben Tagen der Widerhall, den Bismarcks Andeutungen in den führenden Zeitungen von Peters¬ burg und Washington, von Rom und Wien fanden. Zweifelsohne bedeutete diese Zustimmung der ausländischen Presse zu den deutschen Wünschen und Forderungen zugleich, daß auch die Mächte selbst der weiteren Entwicklung der Gebietsfrage wohlwollend zusehön wollten. Erst als der leitende Staatsmann des Norddeutschen Bundes darüber beruhigt sein konnte, trat sein Sprachrohr, die „norddeutsche Allgemeine Zeitung", am 31. August offen ans den Plan. In einem Aufsatz, den Bismarck selbst drei Tage zuvor durch¬ gesehen und gebilligt hatte, führte Moritz Busch aus, daß die ungeheuren Opfer an Geld und Blut, die das deutsche Volk in diesem Kriege gebracht, vergeblich gewesen wären, wenn Frankreichs Angriffskraft nicht geschwächt, Deutschlands Verteidigungskraft nicht gestärkt würde: „Das Mindeste also, was wir fordern müssen, das Mindeste, womit die deutsche Nation in allen ihren Teilen, vorzüg¬ lich aber unsere Stamm- und Kampfgenossen jenseits des Mains sich befriedigt erklären können, ist die Abtretung der Ausfallspfvrten Frankreichs nach der deutschen Seite hin, die Eroberung von Straßburg und Metz für Deutschland." Wenige Tage darauf begannen die Vorbesprechungen, diese Forderungen auch diplomatisch zur Geltung zu bringen. Der militärische Besitz von Straßburg und Metz galt auch hier als wichtigstes Ziel: „Nicht um Elsaß und Lothringen wieder an Deutsch¬ land zu bringen, sondern nur um den Franzosen einen neuen Angriffskrieg zu erschweren, müssen wir die beiden Festungen besitzen." Am 13. und 16. September ergingen an die auswärtigen Vertreter des Norddeutschen Bundes amtliche Mit¬ teilungen über die deutschen Bedingungen, die im wesentlichen dieselben Motive hervorheben, die in der neutralen und in der deutschen Presse bereits ausgiebig erörtert worden waren. Deutschland muß, so war ihr Sinn, in erster Reihe materielle Bürgschaften für seine Sicherheit gegen Frankreichs künftige Angriffe erstreben, Bürgschaften zugleich für den europäischen Frieden, der von Deuischlo.no keine Störung' zu befürchten hat. „Wir müssen daher Frankreich den nächsten Angriff auf die deutsche und namentlich auf die bisher ganz schutzlose süddeutsche

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333844
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333844/45
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333844/45>, abgerufen am 01.07.2024.