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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Drittes Vierteljahr.

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noch geschrieben werden "B. N." (Bitte wenden"). Daraufhin setzte sich unser
Kanzlist hin und schrieb sein Penfionsgesnch, das er mit der Begründung versah,
seine Gesundheit sei den plötzlich an ihn herantretenden neuen geistigen An¬
forderungen nicht gewachsen. Das gibt's nicht mehr. Auch der Bureaukrat muß
täglich umlernen. Ein Virtuose des Umlernens, ein Verwandlungskünstler der
Verordnungen, ein Mann, der den rechten Aktenbogen nicht wissen läßt, was auf
dem linken geschrieben steht, ist der Leiter der Neichsbekleidungsstelle, der in diesen
Wochen täglich in einer neuen Verkleidung vor dein Publikum erschien. Zuerst
gab er sich als finsterer Verkünder der Bestandsaufnahme mit ihren ungewissen,
aber furchtbaren Folgen, die eifrige Landräte bereits in bestimmte Drohform
fassen. Dann erschien er auf einmal als harmlos lächelnder Prophet einer
Freiheit, die alles auf das liebenswürdige Entgegenkommen der bessergekleideten
Herrschaften abstellte. . Das Symbol der Neichsbekleidungsstelle war der Hund,
der vorn knurrt und hinten mit dem "schwang wedelt.

Während, zwischen Lächeln und Stirnrunzeln, die Kleiderbehörde uns zur
ganz freiwilligen Entsagung heranzieht, bringt der Eifer der Einbrecher an den
Tag, wie vergeblich Herr Havenstein an die Staatsgesinnung derer appelliert, die
alle Ursache hätten, für Staat und Gemeinschaft etwas zu tun, die ihren Besitz
vor dem Feind beschützen. Eine händeringend" Verlustanzeige zählt auf, was
einer Dame am Kurfürstendamm in den Tagen der Goldsammlung an Goldsachen
alles gestohlen werden konnte. Das Verzeichnis ist ein Kulturdokument, darum
sei es hier wiedergegeben:

Eine feingcgliederte Goldtasche. Brillantenbügel mit goldener Kette, Verschluß
zwei Saphirknopfchen; kleine Platintasche, Bügel, Brillanten, zwei Perlen zur
Öffnung', kleine Geldbörse Mettengewebe), zwei kleine Saphire zum Öffnen; Gold¬
stück, 100 Frank, genannt Plague; goldene Münze mit goldener Kette (Größe
Fünfmarkstück); goldene Münze (wahrscheinlich Se. Georgstaler); vier goldene
Münzen (Größe Markstück); kleines goldenes Messer, gezeichnet eVi 3; goldene, zu"
sammenlegbare Schere, gezeichnet N 3; goldener, gerippter Streichholzbehälter mit
Saphirknöpf; goldene, glatte Streichholzdose, gezeichnet tVi 3; kleine, glatte goldene
Streichholzdose; goldene gerippte Streichholzdose mit Lunte; hellgraues Zigaretten¬
etui auch Bergachat, Verzierung aus Brillanten und Smaragden, Verschluß großer
Smaragd und Brillant; dreiteiliges goldenes Etui mit Spiegel, gezeichnet N3
aus Brillanten, Verzierung zweiseitig Rubinen und Brillanten, Verschluß Rubinen¬
knopf; glattes goldenes Zigarettenetui, gezeichnet tVi 3 mit rundem Kranz aus
Brillanten, Verschluß Saphir; goldenes Zigarettenetui, gemustert, mit Zahl 13 aus
Brillanten; glattes goldenes Zigarettenetui, Snphirschrist mit Inschrift und Saphir¬
knopf; goldenes viereckiges, in sich gemustertes Zigarettenetui, Saphirknopf; goldene
glatte Visitenkartentasche, Monogramm3; viereckiges goldenes Zigarettenetui
mit aufgelegten weißen Emaillekcnos, Suphirknopf; goldenes Herrenzigarettenetui
mit ausgelegter Perle, Rudo, Smaragd, Brillanten usw.

Man sieht, -- ist eine Dame von Kultur. Was der Mensch, je nachdem
er ist, braucht, muß er haben, Goldsachen muß er haben und Slaatsgesinnung
muß er nicht haben. Daß es auch anderswo an anderen nützlichen Gegenständen
auch in dieser Zeit der Stoffnot nicht fehlt, lehrt das Verzeichnis der aus einem
Herrschaftshaus in.Köln gestohlenen Gegenstände:

14 Dutzend Bettücher, 10 Dutzend Servietten, 26 Dutzend Damastserviettcn,
15 Dutzend Gerstenkorn-Handtücher, 8 Dutzend Kifsenbezüge, 3 Dutzend bunte
Kissenbezüge, 2 Dutzend Bettdecken, IVs Dutzend Qberbettbezüge, 42 Herrenhemden,
33 leichte und schwere Unterhosen. 12 Dutzend Herrentaschentücher, 3 Dutzend
Paar Herrenstrümpfe, 30 Nachthemden. 6 Dutzend Damenhosen, 3 Dutzend Paar
schwarze Damenstrümpfe, 9 Dutzend Tischtücher, 3 Dutzend Kaffeedecken usw.

Der Schluß ist gewiß zulässig, daß auch der größte Fleiß der Einbrecher
es nicht schaffen ton", ans Licht zu bringen, waS bei gewissen wohlhabenden
Leuten noch alles in Abwesenheit des Gemeinsinns da ist. Auch die Steuer¬
behörde kann es nicht. Das lehrt uns unter anderem Herr Generaldirektor Adels


Randglossen zum Tage

noch geschrieben werden „B. N." (Bitte wenden"). Daraufhin setzte sich unser
Kanzlist hin und schrieb sein Penfionsgesnch, das er mit der Begründung versah,
seine Gesundheit sei den plötzlich an ihn herantretenden neuen geistigen An¬
forderungen nicht gewachsen. Das gibt's nicht mehr. Auch der Bureaukrat muß
täglich umlernen. Ein Virtuose des Umlernens, ein Verwandlungskünstler der
Verordnungen, ein Mann, der den rechten Aktenbogen nicht wissen läßt, was auf
dem linken geschrieben steht, ist der Leiter der Neichsbekleidungsstelle, der in diesen
Wochen täglich in einer neuen Verkleidung vor dein Publikum erschien. Zuerst
gab er sich als finsterer Verkünder der Bestandsaufnahme mit ihren ungewissen,
aber furchtbaren Folgen, die eifrige Landräte bereits in bestimmte Drohform
fassen. Dann erschien er auf einmal als harmlos lächelnder Prophet einer
Freiheit, die alles auf das liebenswürdige Entgegenkommen der bessergekleideten
Herrschaften abstellte. . Das Symbol der Neichsbekleidungsstelle war der Hund,
der vorn knurrt und hinten mit dem «schwang wedelt.

Während, zwischen Lächeln und Stirnrunzeln, die Kleiderbehörde uns zur
ganz freiwilligen Entsagung heranzieht, bringt der Eifer der Einbrecher an den
Tag, wie vergeblich Herr Havenstein an die Staatsgesinnung derer appelliert, die
alle Ursache hätten, für Staat und Gemeinschaft etwas zu tun, die ihren Besitz
vor dem Feind beschützen. Eine händeringend« Verlustanzeige zählt auf, was
einer Dame am Kurfürstendamm in den Tagen der Goldsammlung an Goldsachen
alles gestohlen werden konnte. Das Verzeichnis ist ein Kulturdokument, darum
sei es hier wiedergegeben:

Eine feingcgliederte Goldtasche. Brillantenbügel mit goldener Kette, Verschluß
zwei Saphirknopfchen; kleine Platintasche, Bügel, Brillanten, zwei Perlen zur
Öffnung', kleine Geldbörse Mettengewebe), zwei kleine Saphire zum Öffnen; Gold¬
stück, 100 Frank, genannt Plague; goldene Münze mit goldener Kette (Größe
Fünfmarkstück); goldene Münze (wahrscheinlich Se. Georgstaler); vier goldene
Münzen (Größe Markstück); kleines goldenes Messer, gezeichnet eVi 3; goldene, zu»
sammenlegbare Schere, gezeichnet N 3; goldener, gerippter Streichholzbehälter mit
Saphirknöpf; goldene, glatte Streichholzdose, gezeichnet tVi 3; kleine, glatte goldene
Streichholzdose; goldene gerippte Streichholzdose mit Lunte; hellgraues Zigaretten¬
etui auch Bergachat, Verzierung aus Brillanten und Smaragden, Verschluß großer
Smaragd und Brillant; dreiteiliges goldenes Etui mit Spiegel, gezeichnet N3
aus Brillanten, Verzierung zweiseitig Rubinen und Brillanten, Verschluß Rubinen¬
knopf; glattes goldenes Zigarettenetui, gezeichnet tVi 3 mit rundem Kranz aus
Brillanten, Verschluß Saphir; goldenes Zigarettenetui, gemustert, mit Zahl 13 aus
Brillanten; glattes goldenes Zigarettenetui, Snphirschrist mit Inschrift und Saphir¬
knopf; goldenes viereckiges, in sich gemustertes Zigarettenetui, Saphirknopf; goldene
glatte Visitenkartentasche, Monogramm3; viereckiges goldenes Zigarettenetui
mit aufgelegten weißen Emaillekcnos, Suphirknopf; goldenes Herrenzigarettenetui
mit ausgelegter Perle, Rudo, Smaragd, Brillanten usw.

Man sieht, — ist eine Dame von Kultur. Was der Mensch, je nachdem
er ist, braucht, muß er haben, Goldsachen muß er haben und Slaatsgesinnung
muß er nicht haben. Daß es auch anderswo an anderen nützlichen Gegenständen
auch in dieser Zeit der Stoffnot nicht fehlt, lehrt das Verzeichnis der aus einem
Herrschaftshaus in.Köln gestohlenen Gegenstände:

14 Dutzend Bettücher, 10 Dutzend Servietten, 26 Dutzend Damastserviettcn,
15 Dutzend Gerstenkorn-Handtücher, 8 Dutzend Kifsenbezüge, 3 Dutzend bunte
Kissenbezüge, 2 Dutzend Bettdecken, IVs Dutzend Qberbettbezüge, 42 Herrenhemden,
33 leichte und schwere Unterhosen. 12 Dutzend Herrentaschentücher, 3 Dutzend
Paar Herrenstrümpfe, 30 Nachthemden. 6 Dutzend Damenhosen, 3 Dutzend Paar
schwarze Damenstrümpfe, 9 Dutzend Tischtücher, 3 Dutzend Kaffeedecken usw.

Der Schluß ist gewiß zulässig, daß auch der größte Fleiß der Einbrecher
es nicht schaffen ton», ans Licht zu bringen, waS bei gewissen wohlhabenden
Leuten noch alles in Abwesenheit des Gemeinsinns da ist. Auch die Steuer¬
behörde kann es nicht. Das lehrt uns unter anderem Herr Generaldirektor Adels


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[0238] Randglossen zum Tage noch geschrieben werden „B. N." (Bitte wenden"). Daraufhin setzte sich unser Kanzlist hin und schrieb sein Penfionsgesnch, das er mit der Begründung versah, seine Gesundheit sei den plötzlich an ihn herantretenden neuen geistigen An¬ forderungen nicht gewachsen. Das gibt's nicht mehr. Auch der Bureaukrat muß täglich umlernen. Ein Virtuose des Umlernens, ein Verwandlungskünstler der Verordnungen, ein Mann, der den rechten Aktenbogen nicht wissen läßt, was auf dem linken geschrieben steht, ist der Leiter der Neichsbekleidungsstelle, der in diesen Wochen täglich in einer neuen Verkleidung vor dein Publikum erschien. Zuerst gab er sich als finsterer Verkünder der Bestandsaufnahme mit ihren ungewissen, aber furchtbaren Folgen, die eifrige Landräte bereits in bestimmte Drohform fassen. Dann erschien er auf einmal als harmlos lächelnder Prophet einer Freiheit, die alles auf das liebenswürdige Entgegenkommen der bessergekleideten Herrschaften abstellte. . Das Symbol der Neichsbekleidungsstelle war der Hund, der vorn knurrt und hinten mit dem «schwang wedelt. Während, zwischen Lächeln und Stirnrunzeln, die Kleiderbehörde uns zur ganz freiwilligen Entsagung heranzieht, bringt der Eifer der Einbrecher an den Tag, wie vergeblich Herr Havenstein an die Staatsgesinnung derer appelliert, die alle Ursache hätten, für Staat und Gemeinschaft etwas zu tun, die ihren Besitz vor dem Feind beschützen. Eine händeringend« Verlustanzeige zählt auf, was einer Dame am Kurfürstendamm in den Tagen der Goldsammlung an Goldsachen alles gestohlen werden konnte. Das Verzeichnis ist ein Kulturdokument, darum sei es hier wiedergegeben: Eine feingcgliederte Goldtasche. Brillantenbügel mit goldener Kette, Verschluß zwei Saphirknopfchen; kleine Platintasche, Bügel, Brillanten, zwei Perlen zur Öffnung', kleine Geldbörse Mettengewebe), zwei kleine Saphire zum Öffnen; Gold¬ stück, 100 Frank, genannt Plague; goldene Münze mit goldener Kette (Größe Fünfmarkstück); goldene Münze (wahrscheinlich Se. Georgstaler); vier goldene Münzen (Größe Markstück); kleines goldenes Messer, gezeichnet eVi 3; goldene, zu» sammenlegbare Schere, gezeichnet N 3; goldener, gerippter Streichholzbehälter mit Saphirknöpf; goldene, glatte Streichholzdose, gezeichnet tVi 3; kleine, glatte goldene Streichholzdose; goldene gerippte Streichholzdose mit Lunte; hellgraues Zigaretten¬ etui auch Bergachat, Verzierung aus Brillanten und Smaragden, Verschluß großer Smaragd und Brillant; dreiteiliges goldenes Etui mit Spiegel, gezeichnet N3 aus Brillanten, Verzierung zweiseitig Rubinen und Brillanten, Verschluß Rubinen¬ knopf; glattes goldenes Zigarettenetui, gezeichnet tVi 3 mit rundem Kranz aus Brillanten, Verschluß Saphir; goldenes Zigarettenetui, gemustert, mit Zahl 13 aus Brillanten; glattes goldenes Zigarettenetui, Snphirschrist mit Inschrift und Saphir¬ knopf; goldenes viereckiges, in sich gemustertes Zigarettenetui, Saphirknopf; goldene glatte Visitenkartentasche, Monogramm3; viereckiges goldenes Zigarettenetui mit aufgelegten weißen Emaillekcnos, Suphirknopf; goldenes Herrenzigarettenetui mit ausgelegter Perle, Rudo, Smaragd, Brillanten usw. Man sieht, — ist eine Dame von Kultur. Was der Mensch, je nachdem er ist, braucht, muß er haben, Goldsachen muß er haben und Slaatsgesinnung muß er nicht haben. Daß es auch anderswo an anderen nützlichen Gegenständen auch in dieser Zeit der Stoffnot nicht fehlt, lehrt das Verzeichnis der aus einem Herrschaftshaus in.Köln gestohlenen Gegenstände: 14 Dutzend Bettücher, 10 Dutzend Servietten, 26 Dutzend Damastserviettcn, 15 Dutzend Gerstenkorn-Handtücher, 8 Dutzend Kifsenbezüge, 3 Dutzend bunte Kissenbezüge, 2 Dutzend Bettdecken, IVs Dutzend Qberbettbezüge, 42 Herrenhemden, 33 leichte und schwere Unterhosen. 12 Dutzend Herrentaschentücher, 3 Dutzend Paar Herrenstrümpfe, 30 Nachthemden. 6 Dutzend Damenhosen, 3 Dutzend Paar schwarze Damenstrümpfe, 9 Dutzend Tischtücher, 3 Dutzend Kaffeedecken usw. Der Schluß ist gewiß zulässig, daß auch der größte Fleiß der Einbrecher es nicht schaffen ton», ans Licht zu bringen, waS bei gewissen wohlhabenden Leuten noch alles in Abwesenheit des Gemeinsinns da ist. Auch die Steuer¬ behörde kann es nicht. Das lehrt uns unter anderem Herr Generaldirektor Adels

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Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333844/238>, abgerufen am 01.07.2024.