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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Drittes Vierteljahr.

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Dreihundert Jahre Preußen und Anrbrandenburg

ergriffen aber auch die Gesandten des Kurfürsten von Brandenburg einen Zipfel
der Lehnsfahne, und damit ging ein langjähriger Wunsch Joachims des Zweiten
in Erfüllung. Schon seit seiner Vermählung mit der polnischen Prinzessin
Hedwig hatte er nach dieser Mitbelehnung, deren große Bedeutung freilich erst
die Zukunft lehren sollte, gestrebt. Was Melauchthons Schwiegersohn,
Georg Scibinus, der frühere Rektor der Albertina, eingeleitet hatte, vollendete der
berühmte Kanzler Lampert Distelmeier. Daß ein Teil der polnischen Magnaten
durch Gold gewonnen wurde, versteht sich von selbst. Doch auch politische Gründe,
die Furcht, das eben erst gewonnene Livland wieder an den gewalttätiger Zaren
Iwan zu verlieren, die Hoffnung, gegen diese Gefahr bei den Fürsten Nord-
deutschlands Bundesgenossen zu finden, machte die Polen den brandenburgischen
Anträgen zugänglicher. Trotzdem konnte es sich ihr Hochmut nicht versagen, den
Huldigungseid, den die preußischen Stände schon nach den ersten Zusicherungen
des Königs den beiden Anwärtern geleistet hatten, feierlich für ungültig zu
erklären: beim Hennfull müsse zunächst ver ^roue ver Lehnseid ^eichmoren
werden und dann erst dürfe die Huldigung der Stände sich anschließen.
Joachim der Zweite aber freute sich seines Erfolges und sah über solche kleinen
Widerwärtigkeiten mit der ihm eigentümlichen Leichtherzigreit hinweg. Er liebte
es, Feste zu feiern, und so wurde denn der 28. August 1569 ein großer Tag für die
Lrcidte Berlin und Evlln. Nach der Art der früheren Fronleichnamsprozessionen
bewegte sich ein glänzender Zug durch die Straßen, und im Chor der Domkirche
nahm der Kurfürst, dem zum ersten Male die preußischen Fahnen Und Wappen
vorangetragen wurden, auf einem Thronsessel, das gezogene Kurschwert in der
Hand, Platz, während der Kanzler in mehr als einstündiger lateinischer Rede die
Bedeutung des Errungenen auseinandersetzte.

Kraft und Machtwillen der Hohenzollern waren aber damals nicht bei dem
zwar ehrgeizigen, aber weichlichen Joachim dem Zweiten, auch nicht bei seinem
engherzigen Nachfolger Johann Georg, fondern bei dem fränkischen Markgrafen
Georg Friedrich, der selbst kinderlos, doch die Interessen des Gesamthauses mit
Geschick und staatsmännischer Einsicht vertrat. Im Herzoginn: Preußen bemühte
er sich um die Vormundschaft für den jungen schon früh in Geistesschwache
versunkenen Herzog Albrecht Friedrich. Die' Oberräte, die höchsten Würdeträger
des Landes, die feit der Regimentsnvtel von 1542 die ganze Verwaltung an sich
gerissen hatten und nur dein Namen nach herzogliche' Beamte, in Wirklichkeit
Vertreter der Stände waren, fürchteten die feste Hand des Markgrafen und wiesen
ihn zurück. Aber einige Jahre später glückte es ihm mit Hilfe des Königs von
Polen, dem sie sich denn doch nicht zu widersetzen wagten, sein Ziel zu erreichen,
und nun kam für das arg verwahrloste Land eine bessere Zeit, eine kurze Vorblüte
jenes segensreichen fürstlichen Absolutismus, den im nächsten Jahrhundert der
Große Kurfürst begründete. Bemerkenswert ist, daß Markgraf Georg Friedrich
auch den hohenzollernschen Hausbesitz über die Meinet hinaus zu erweitern wußte.
Zu dem schon durch den ersten Herzog erworbenen kurländischen Amt Grobin mit
dem damals noch nicht sehr wichtigen Liban fügte er durch Pfandschaft das noch
weiter nordwärts gelegene Stift Pillen hinzu. Erst Johann Sigismund hat aus
diese vorgeschobenen Posten zugunsten der Herzöge von Kurland wieder verzichtet.

Georg Friedrich starb im Jahre 1603. Da der preußische Herzog
regierungsunfähig blieb, bewarb sich Kurfürst Joachim Friedrich als nächst¬
berechtigter Lehnserbe um die Vormundschaft. Doch die märkischen Stände hatten
für alles, was jenseits der brandenburgischen Grenzen lag, kein Verständnis und
bewilligten ihm nicht die für Bestechungen in Warschau nötigen Gelder. So
waren die Bedingungen, unter denen er endlich die Verwaltung des Landes
erhielt, peinlich genug. Preußen wurde fortan fast wie eine Provinz des
Polnischen Reiches behandelt, zu jeder dort erhobenen Steuer mit einer
bestimmten Summe herangezogen, auch Kriegsschiffe sollten erbaut und dem
König für einen etwaigen Krieg gegen Schweden überlassen werden. Besonders
drückend aber war für die landesherrliche Gewalt eine neue Erweiterung des
Appelmtionörechtes und die Festsetzung eines freien Geleits und damit einer


Dreihundert Jahre Preußen und Anrbrandenburg

ergriffen aber auch die Gesandten des Kurfürsten von Brandenburg einen Zipfel
der Lehnsfahne, und damit ging ein langjähriger Wunsch Joachims des Zweiten
in Erfüllung. Schon seit seiner Vermählung mit der polnischen Prinzessin
Hedwig hatte er nach dieser Mitbelehnung, deren große Bedeutung freilich erst
die Zukunft lehren sollte, gestrebt. Was Melauchthons Schwiegersohn,
Georg Scibinus, der frühere Rektor der Albertina, eingeleitet hatte, vollendete der
berühmte Kanzler Lampert Distelmeier. Daß ein Teil der polnischen Magnaten
durch Gold gewonnen wurde, versteht sich von selbst. Doch auch politische Gründe,
die Furcht, das eben erst gewonnene Livland wieder an den gewalttätiger Zaren
Iwan zu verlieren, die Hoffnung, gegen diese Gefahr bei den Fürsten Nord-
deutschlands Bundesgenossen zu finden, machte die Polen den brandenburgischen
Anträgen zugänglicher. Trotzdem konnte es sich ihr Hochmut nicht versagen, den
Huldigungseid, den die preußischen Stände schon nach den ersten Zusicherungen
des Königs den beiden Anwärtern geleistet hatten, feierlich für ungültig zu
erklären: beim Hennfull müsse zunächst ver ^roue ver Lehnseid ^eichmoren
werden und dann erst dürfe die Huldigung der Stände sich anschließen.
Joachim der Zweite aber freute sich seines Erfolges und sah über solche kleinen
Widerwärtigkeiten mit der ihm eigentümlichen Leichtherzigreit hinweg. Er liebte
es, Feste zu feiern, und so wurde denn der 28. August 1569 ein großer Tag für die
Lrcidte Berlin und Evlln. Nach der Art der früheren Fronleichnamsprozessionen
bewegte sich ein glänzender Zug durch die Straßen, und im Chor der Domkirche
nahm der Kurfürst, dem zum ersten Male die preußischen Fahnen Und Wappen
vorangetragen wurden, auf einem Thronsessel, das gezogene Kurschwert in der
Hand, Platz, während der Kanzler in mehr als einstündiger lateinischer Rede die
Bedeutung des Errungenen auseinandersetzte.

Kraft und Machtwillen der Hohenzollern waren aber damals nicht bei dem
zwar ehrgeizigen, aber weichlichen Joachim dem Zweiten, auch nicht bei seinem
engherzigen Nachfolger Johann Georg, fondern bei dem fränkischen Markgrafen
Georg Friedrich, der selbst kinderlos, doch die Interessen des Gesamthauses mit
Geschick und staatsmännischer Einsicht vertrat. Im Herzoginn: Preußen bemühte
er sich um die Vormundschaft für den jungen schon früh in Geistesschwache
versunkenen Herzog Albrecht Friedrich. Die' Oberräte, die höchsten Würdeträger
des Landes, die feit der Regimentsnvtel von 1542 die ganze Verwaltung an sich
gerissen hatten und nur dein Namen nach herzogliche' Beamte, in Wirklichkeit
Vertreter der Stände waren, fürchteten die feste Hand des Markgrafen und wiesen
ihn zurück. Aber einige Jahre später glückte es ihm mit Hilfe des Königs von
Polen, dem sie sich denn doch nicht zu widersetzen wagten, sein Ziel zu erreichen,
und nun kam für das arg verwahrloste Land eine bessere Zeit, eine kurze Vorblüte
jenes segensreichen fürstlichen Absolutismus, den im nächsten Jahrhundert der
Große Kurfürst begründete. Bemerkenswert ist, daß Markgraf Georg Friedrich
auch den hohenzollernschen Hausbesitz über die Meinet hinaus zu erweitern wußte.
Zu dem schon durch den ersten Herzog erworbenen kurländischen Amt Grobin mit
dem damals noch nicht sehr wichtigen Liban fügte er durch Pfandschaft das noch
weiter nordwärts gelegene Stift Pillen hinzu. Erst Johann Sigismund hat aus
diese vorgeschobenen Posten zugunsten der Herzöge von Kurland wieder verzichtet.

Georg Friedrich starb im Jahre 1603. Da der preußische Herzog
regierungsunfähig blieb, bewarb sich Kurfürst Joachim Friedrich als nächst¬
berechtigter Lehnserbe um die Vormundschaft. Doch die märkischen Stände hatten
für alles, was jenseits der brandenburgischen Grenzen lag, kein Verständnis und
bewilligten ihm nicht die für Bestechungen in Warschau nötigen Gelder. So
waren die Bedingungen, unter denen er endlich die Verwaltung des Landes
erhielt, peinlich genug. Preußen wurde fortan fast wie eine Provinz des
Polnischen Reiches behandelt, zu jeder dort erhobenen Steuer mit einer
bestimmten Summe herangezogen, auch Kriegsschiffe sollten erbaut und dem
König für einen etwaigen Krieg gegen Schweden überlassen werden. Besonders
drückend aber war für die landesherrliche Gewalt eine neue Erweiterung des
Appelmtionörechtes und die Festsetzung eines freien Geleits und damit einer


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[0199] Dreihundert Jahre Preußen und Anrbrandenburg ergriffen aber auch die Gesandten des Kurfürsten von Brandenburg einen Zipfel der Lehnsfahne, und damit ging ein langjähriger Wunsch Joachims des Zweiten in Erfüllung. Schon seit seiner Vermählung mit der polnischen Prinzessin Hedwig hatte er nach dieser Mitbelehnung, deren große Bedeutung freilich erst die Zukunft lehren sollte, gestrebt. Was Melauchthons Schwiegersohn, Georg Scibinus, der frühere Rektor der Albertina, eingeleitet hatte, vollendete der berühmte Kanzler Lampert Distelmeier. Daß ein Teil der polnischen Magnaten durch Gold gewonnen wurde, versteht sich von selbst. Doch auch politische Gründe, die Furcht, das eben erst gewonnene Livland wieder an den gewalttätiger Zaren Iwan zu verlieren, die Hoffnung, gegen diese Gefahr bei den Fürsten Nord- deutschlands Bundesgenossen zu finden, machte die Polen den brandenburgischen Anträgen zugänglicher. Trotzdem konnte es sich ihr Hochmut nicht versagen, den Huldigungseid, den die preußischen Stände schon nach den ersten Zusicherungen des Königs den beiden Anwärtern geleistet hatten, feierlich für ungültig zu erklären: beim Hennfull müsse zunächst ver ^roue ver Lehnseid ^eichmoren werden und dann erst dürfe die Huldigung der Stände sich anschließen. Joachim der Zweite aber freute sich seines Erfolges und sah über solche kleinen Widerwärtigkeiten mit der ihm eigentümlichen Leichtherzigreit hinweg. Er liebte es, Feste zu feiern, und so wurde denn der 28. August 1569 ein großer Tag für die Lrcidte Berlin und Evlln. Nach der Art der früheren Fronleichnamsprozessionen bewegte sich ein glänzender Zug durch die Straßen, und im Chor der Domkirche nahm der Kurfürst, dem zum ersten Male die preußischen Fahnen Und Wappen vorangetragen wurden, auf einem Thronsessel, das gezogene Kurschwert in der Hand, Platz, während der Kanzler in mehr als einstündiger lateinischer Rede die Bedeutung des Errungenen auseinandersetzte. Kraft und Machtwillen der Hohenzollern waren aber damals nicht bei dem zwar ehrgeizigen, aber weichlichen Joachim dem Zweiten, auch nicht bei seinem engherzigen Nachfolger Johann Georg, fondern bei dem fränkischen Markgrafen Georg Friedrich, der selbst kinderlos, doch die Interessen des Gesamthauses mit Geschick und staatsmännischer Einsicht vertrat. Im Herzoginn: Preußen bemühte er sich um die Vormundschaft für den jungen schon früh in Geistesschwache versunkenen Herzog Albrecht Friedrich. Die' Oberräte, die höchsten Würdeträger des Landes, die feit der Regimentsnvtel von 1542 die ganze Verwaltung an sich gerissen hatten und nur dein Namen nach herzogliche' Beamte, in Wirklichkeit Vertreter der Stände waren, fürchteten die feste Hand des Markgrafen und wiesen ihn zurück. Aber einige Jahre später glückte es ihm mit Hilfe des Königs von Polen, dem sie sich denn doch nicht zu widersetzen wagten, sein Ziel zu erreichen, und nun kam für das arg verwahrloste Land eine bessere Zeit, eine kurze Vorblüte jenes segensreichen fürstlichen Absolutismus, den im nächsten Jahrhundert der Große Kurfürst begründete. Bemerkenswert ist, daß Markgraf Georg Friedrich auch den hohenzollernschen Hausbesitz über die Meinet hinaus zu erweitern wußte. Zu dem schon durch den ersten Herzog erworbenen kurländischen Amt Grobin mit dem damals noch nicht sehr wichtigen Liban fügte er durch Pfandschaft das noch weiter nordwärts gelegene Stift Pillen hinzu. Erst Johann Sigismund hat aus diese vorgeschobenen Posten zugunsten der Herzöge von Kurland wieder verzichtet. Georg Friedrich starb im Jahre 1603. Da der preußische Herzog regierungsunfähig blieb, bewarb sich Kurfürst Joachim Friedrich als nächst¬ berechtigter Lehnserbe um die Vormundschaft. Doch die märkischen Stände hatten für alles, was jenseits der brandenburgischen Grenzen lag, kein Verständnis und bewilligten ihm nicht die für Bestechungen in Warschau nötigen Gelder. So waren die Bedingungen, unter denen er endlich die Verwaltung des Landes erhielt, peinlich genug. Preußen wurde fortan fast wie eine Provinz des Polnischen Reiches behandelt, zu jeder dort erhobenen Steuer mit einer bestimmten Summe herangezogen, auch Kriegsschiffe sollten erbaut und dem König für einen etwaigen Krieg gegen Schweden überlassen werden. Besonders drückend aber war für die landesherrliche Gewalt eine neue Erweiterung des Appelmtionörechtes und die Festsetzung eines freien Geleits und damit einer

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333844/199>, abgerufen am 01.07.2024.