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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Drittes Vierteljahr.

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Dreihundert Jahre Preußen und Knrbrandenburg

Preußen schlössen sich Ritterschaft und Städte zu einem förmlichen Bund gegen
ihre Oberherren zusammen und suchten und fanden, was das Schlimmste war,
bald ihren Rückhalt bei Polen. Der zweite Thorner Friede von 1466 nahm dem
Orden Weftpreuszen mit Ermelcmd und stellte Ostpreußen unter die Oberhoheit
des Polenkönigs. Ein Glück noch, daß Kurfürst Friedrich der Zweite in letzter
Stunde die' einst von Sigismund an die Deutschritter verpfändete Neumark
wieder einlöste und sie so vor slawischen Eroberungsgelüsten sicherte. Es "deuchte"
dem wackeren Fürsten, "göttlich, ehrlich und rechtlich, daß solch Land bei deutschen
Landen und dem würdigen Kurfürstentum der Mark zu Brandenburg bleibe und
nicht zu undeutsch Gezunge gebracht werde". Das Deutsche Reich, selbst hilf- und
machtlos und von inneren Kämpfen zerrissen, überließ die ferne Grenzmark ihrem
Schicksal. Fünfzig Jahre später nahm Maximilian der Erste wohl einen Anlauf,
um den jungen Hochmeister Albrecht aus der fränkischen Linie der Hohenzollern,
der dem polnischen Könige den Lehnseid verweigerte, in seinem Widerstand zu
unterstützen. Aber bald schwenkte der Nielgeschäftige, dem die besonderen
Angelegenheiten seines Hauses doch immer am wichtigsten waren, wieder auf die
Seite der Jagcllonen hinüber, schloß mit dem Herrscher von UUgaru und Böhmen,
einem Bruder des Polenkönigs, einen Familien- und Erbvertrag und opferte
dieser damals noch sehr flüchtigen Hoffnung, seinen Enkeln zwei neue Kronen zu
verschaffen, schonungslos den" Deutschen Ritterorden. Auf seine flehentlichen
Bitten um Hilfe bekam Albrecht den unwirscher Bescheid: "Es täte ihm leid, daß
,der löbliche Orden zu seiner Zeit unterdrückt würde, aber er sei mit Geschäften
allzusehr überladen." Zuletzt hat der Hohenzoller dem polnischen König doch noch
den verhaßten Lehnseid geschworen. Aber, nicht mehr als Hochmeister, sondern
als Herzog von Preußen. Schon längst im Herzen der neuen Lehre zugewandt,
tat er auf Luthers Rat im Jahre den entscheidenden Schritt und warf die
"törichte und verkehrte Ordensregel" beiseite. Auch im Lande selbst hatte die
Mönchsherrschaft keinen Boden mehr. Schon eilte das Evangelium, wie der
Reformator frohlockte, "in schnellem Lauf, mit vollen Segeln" nach Preußen, und
nicht umsonst klang seine Mahnung an "die Herren deutschen Ordens", die
falsche Keuschheit zu meiden und zur rechten ehelichen .Keuschheit zu greisem
Gewiß kam es dem neuen Herzog hart an, sich unter das polnische Lehnsjoch zu
beugen. Doch unter einer anderen Bedingung hätte der König niemals Frieden
gemacht und in Ostpreußen wäre das Slawentum ebenso siegreich eingedrungen
wie in dem Lande links von der Weichsel. Nur unter dem Schutze eines'deutschen,
durch das Erbrecht gesicherten Fürstenhauses konnte deutsche Art und Sitte in
dieser gefährdeten Grenzmark kräftig weiter gedeihen. Es bleibt Herzog Albrecht
unverges'en, daß er in der Universität Königsberg der deutschen Wissenschaft eine
Freistätte gründete. Im übrigen war seine mehr als vierzigjährige Regierung
wenig erfolgreich. Er geriet, zum Teil auch durch seinen Mangel an Sparsam¬
keit, in eine noch schlimmere Abhängigkeit von den Ständen als sein branden-
burgischcr Vetter Joachim der Zweite und mußte sich, besonders in seinen letzten
Lebensjahren, die sthimpflichsten Demütigungen gefallen lassen.^) > Die polnische
Libertät übte auf den an sich schon unbändigen Junkertrotz der Preußen ihren
verführerischen Zauber aus, und wie gern benutzte der Warschauer Hof jede
Gelegenheit, um sich der widerspenstigen Untertanen gegen ihren Herrn
anzunehmen.

Albrechts Nachfolger wurde fein einziger, erst fünfzehnjähriger Sohn
Albrecht Friedrich. Und wie schon im Jahre 1525 sich die Velehnuug auch auf
Albrechts Brüder und deren Nachkommenschaft erstreckt hatte, so wurde auch jetzt,
im Jahre 1S69, mit dem jungen Herzog zugleich Markgraf Georg Friedrich, der
einzige noch Überlebende von der vor kurzem noch so blühenden fränkischen Linie
des Hauses Hohenzollern, mitbelehut. Hinter dem Gesandten des Markgrafen



*) Ueber die Entwicklung des preußischen Stcindetums vergl. bes. Kurt Breysig
"Urkunden und Aktenstücke zur Geschichte des Kurfürsten Friedrich Wilhelm von
Brandenburg" XV. (Einleitung).
Dreihundert Jahre Preußen und Knrbrandenburg

Preußen schlössen sich Ritterschaft und Städte zu einem förmlichen Bund gegen
ihre Oberherren zusammen und suchten und fanden, was das Schlimmste war,
bald ihren Rückhalt bei Polen. Der zweite Thorner Friede von 1466 nahm dem
Orden Weftpreuszen mit Ermelcmd und stellte Ostpreußen unter die Oberhoheit
des Polenkönigs. Ein Glück noch, daß Kurfürst Friedrich der Zweite in letzter
Stunde die' einst von Sigismund an die Deutschritter verpfändete Neumark
wieder einlöste und sie so vor slawischen Eroberungsgelüsten sicherte. Es „deuchte"
dem wackeren Fürsten, „göttlich, ehrlich und rechtlich, daß solch Land bei deutschen
Landen und dem würdigen Kurfürstentum der Mark zu Brandenburg bleibe und
nicht zu undeutsch Gezunge gebracht werde". Das Deutsche Reich, selbst hilf- und
machtlos und von inneren Kämpfen zerrissen, überließ die ferne Grenzmark ihrem
Schicksal. Fünfzig Jahre später nahm Maximilian der Erste wohl einen Anlauf,
um den jungen Hochmeister Albrecht aus der fränkischen Linie der Hohenzollern,
der dem polnischen Könige den Lehnseid verweigerte, in seinem Widerstand zu
unterstützen. Aber bald schwenkte der Nielgeschäftige, dem die besonderen
Angelegenheiten seines Hauses doch immer am wichtigsten waren, wieder auf die
Seite der Jagcllonen hinüber, schloß mit dem Herrscher von UUgaru und Böhmen,
einem Bruder des Polenkönigs, einen Familien- und Erbvertrag und opferte
dieser damals noch sehr flüchtigen Hoffnung, seinen Enkeln zwei neue Kronen zu
verschaffen, schonungslos den" Deutschen Ritterorden. Auf seine flehentlichen
Bitten um Hilfe bekam Albrecht den unwirscher Bescheid: „Es täte ihm leid, daß
,der löbliche Orden zu seiner Zeit unterdrückt würde, aber er sei mit Geschäften
allzusehr überladen." Zuletzt hat der Hohenzoller dem polnischen König doch noch
den verhaßten Lehnseid geschworen. Aber, nicht mehr als Hochmeister, sondern
als Herzog von Preußen. Schon längst im Herzen der neuen Lehre zugewandt,
tat er auf Luthers Rat im Jahre den entscheidenden Schritt und warf die
„törichte und verkehrte Ordensregel" beiseite. Auch im Lande selbst hatte die
Mönchsherrschaft keinen Boden mehr. Schon eilte das Evangelium, wie der
Reformator frohlockte, „in schnellem Lauf, mit vollen Segeln" nach Preußen, und
nicht umsonst klang seine Mahnung an „die Herren deutschen Ordens", die
falsche Keuschheit zu meiden und zur rechten ehelichen .Keuschheit zu greisem
Gewiß kam es dem neuen Herzog hart an, sich unter das polnische Lehnsjoch zu
beugen. Doch unter einer anderen Bedingung hätte der König niemals Frieden
gemacht und in Ostpreußen wäre das Slawentum ebenso siegreich eingedrungen
wie in dem Lande links von der Weichsel. Nur unter dem Schutze eines'deutschen,
durch das Erbrecht gesicherten Fürstenhauses konnte deutsche Art und Sitte in
dieser gefährdeten Grenzmark kräftig weiter gedeihen. Es bleibt Herzog Albrecht
unverges'en, daß er in der Universität Königsberg der deutschen Wissenschaft eine
Freistätte gründete. Im übrigen war seine mehr als vierzigjährige Regierung
wenig erfolgreich. Er geriet, zum Teil auch durch seinen Mangel an Sparsam¬
keit, in eine noch schlimmere Abhängigkeit von den Ständen als sein branden-
burgischcr Vetter Joachim der Zweite und mußte sich, besonders in seinen letzten
Lebensjahren, die sthimpflichsten Demütigungen gefallen lassen.^) > Die polnische
Libertät übte auf den an sich schon unbändigen Junkertrotz der Preußen ihren
verführerischen Zauber aus, und wie gern benutzte der Warschauer Hof jede
Gelegenheit, um sich der widerspenstigen Untertanen gegen ihren Herrn
anzunehmen.

Albrechts Nachfolger wurde fein einziger, erst fünfzehnjähriger Sohn
Albrecht Friedrich. Und wie schon im Jahre 1525 sich die Velehnuug auch auf
Albrechts Brüder und deren Nachkommenschaft erstreckt hatte, so wurde auch jetzt,
im Jahre 1S69, mit dem jungen Herzog zugleich Markgraf Georg Friedrich, der
einzige noch Überlebende von der vor kurzem noch so blühenden fränkischen Linie
des Hauses Hohenzollern, mitbelehut. Hinter dem Gesandten des Markgrafen



*) Ueber die Entwicklung des preußischen Stcindetums vergl. bes. Kurt Breysig
„Urkunden und Aktenstücke zur Geschichte des Kurfürsten Friedrich Wilhelm von
Brandenburg" XV. (Einleitung).
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[0198] Dreihundert Jahre Preußen und Knrbrandenburg Preußen schlössen sich Ritterschaft und Städte zu einem förmlichen Bund gegen ihre Oberherren zusammen und suchten und fanden, was das Schlimmste war, bald ihren Rückhalt bei Polen. Der zweite Thorner Friede von 1466 nahm dem Orden Weftpreuszen mit Ermelcmd und stellte Ostpreußen unter die Oberhoheit des Polenkönigs. Ein Glück noch, daß Kurfürst Friedrich der Zweite in letzter Stunde die' einst von Sigismund an die Deutschritter verpfändete Neumark wieder einlöste und sie so vor slawischen Eroberungsgelüsten sicherte. Es „deuchte" dem wackeren Fürsten, „göttlich, ehrlich und rechtlich, daß solch Land bei deutschen Landen und dem würdigen Kurfürstentum der Mark zu Brandenburg bleibe und nicht zu undeutsch Gezunge gebracht werde". Das Deutsche Reich, selbst hilf- und machtlos und von inneren Kämpfen zerrissen, überließ die ferne Grenzmark ihrem Schicksal. Fünfzig Jahre später nahm Maximilian der Erste wohl einen Anlauf, um den jungen Hochmeister Albrecht aus der fränkischen Linie der Hohenzollern, der dem polnischen Könige den Lehnseid verweigerte, in seinem Widerstand zu unterstützen. Aber bald schwenkte der Nielgeschäftige, dem die besonderen Angelegenheiten seines Hauses doch immer am wichtigsten waren, wieder auf die Seite der Jagcllonen hinüber, schloß mit dem Herrscher von UUgaru und Böhmen, einem Bruder des Polenkönigs, einen Familien- und Erbvertrag und opferte dieser damals noch sehr flüchtigen Hoffnung, seinen Enkeln zwei neue Kronen zu verschaffen, schonungslos den" Deutschen Ritterorden. Auf seine flehentlichen Bitten um Hilfe bekam Albrecht den unwirscher Bescheid: „Es täte ihm leid, daß ,der löbliche Orden zu seiner Zeit unterdrückt würde, aber er sei mit Geschäften allzusehr überladen." Zuletzt hat der Hohenzoller dem polnischen König doch noch den verhaßten Lehnseid geschworen. Aber, nicht mehr als Hochmeister, sondern als Herzog von Preußen. Schon längst im Herzen der neuen Lehre zugewandt, tat er auf Luthers Rat im Jahre den entscheidenden Schritt und warf die „törichte und verkehrte Ordensregel" beiseite. Auch im Lande selbst hatte die Mönchsherrschaft keinen Boden mehr. Schon eilte das Evangelium, wie der Reformator frohlockte, „in schnellem Lauf, mit vollen Segeln" nach Preußen, und nicht umsonst klang seine Mahnung an „die Herren deutschen Ordens", die falsche Keuschheit zu meiden und zur rechten ehelichen .Keuschheit zu greisem Gewiß kam es dem neuen Herzog hart an, sich unter das polnische Lehnsjoch zu beugen. Doch unter einer anderen Bedingung hätte der König niemals Frieden gemacht und in Ostpreußen wäre das Slawentum ebenso siegreich eingedrungen wie in dem Lande links von der Weichsel. Nur unter dem Schutze eines'deutschen, durch das Erbrecht gesicherten Fürstenhauses konnte deutsche Art und Sitte in dieser gefährdeten Grenzmark kräftig weiter gedeihen. Es bleibt Herzog Albrecht unverges'en, daß er in der Universität Königsberg der deutschen Wissenschaft eine Freistätte gründete. Im übrigen war seine mehr als vierzigjährige Regierung wenig erfolgreich. Er geriet, zum Teil auch durch seinen Mangel an Sparsam¬ keit, in eine noch schlimmere Abhängigkeit von den Ständen als sein branden- burgischcr Vetter Joachim der Zweite und mußte sich, besonders in seinen letzten Lebensjahren, die sthimpflichsten Demütigungen gefallen lassen.^) > Die polnische Libertät übte auf den an sich schon unbändigen Junkertrotz der Preußen ihren verführerischen Zauber aus, und wie gern benutzte der Warschauer Hof jede Gelegenheit, um sich der widerspenstigen Untertanen gegen ihren Herrn anzunehmen. Albrechts Nachfolger wurde fein einziger, erst fünfzehnjähriger Sohn Albrecht Friedrich. Und wie schon im Jahre 1525 sich die Velehnuug auch auf Albrechts Brüder und deren Nachkommenschaft erstreckt hatte, so wurde auch jetzt, im Jahre 1S69, mit dem jungen Herzog zugleich Markgraf Georg Friedrich, der einzige noch Überlebende von der vor kurzem noch so blühenden fränkischen Linie des Hauses Hohenzollern, mitbelehut. Hinter dem Gesandten des Markgrafen *) Ueber die Entwicklung des preußischen Stcindetums vergl. bes. Kurt Breysig „Urkunden und Aktenstücke zur Geschichte des Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg" XV. (Einleitung).

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333844/198>, abgerufen am 29.06.2024.