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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Drittes Vierteljahr.

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Der Völkerbund

Richtung in England, deren Sprechorgan die "Morning Post" ist, und die noch
an den Sieg Englands glaubt, will natürlich absolut nichts von den Greyschen
Weltbeglückungsideen wissen. England kämpfe für seinen Sieg, nicht aber um
anderer Ziele willen. Deutschland und Osterreich allein hätten den Krieg gewollt,
sie müßten dafür bestraft und eine nochmalige Wiederholung eines solchen Unter¬
nehmens unmöglich gemacht werden. Zeige Deutschland wirkliche Reue, was aber
wahrscheinlich bei der gegenwärtigen Generation unmöglich sei, so könne dann
vielleicht die Frage seiner Zulassung zu einer Alliance der freien Nationen dis¬
kutiert werden, vorläufig nicht. Es gibt sogar Äußerungen englischer Presseorgane
dieser Richtung, die die ganze Völkerbundsidee als heimliche deutsche Mache hin¬
stellen und dadurch in England zu diskreditieren suchen.

Eine zweite Kategorie sind diejenigen Kreise in England, welche finden, daß
die Greyschen Ideen zwar ein wundervolle" Propagandamittel sind, zu dem man
sich bekennen, das aber besser nicht in die Wirklichkeit überführt werden sollte.
Ich glaube, daß Lloyd George selbst auf diesem Standpunkt steht. Die Art und
Weise, wie sich Lord Curzon über den Völkerbund ausgesprochen hat, scheint mir
diese Annahme zu bestätigen. Lord Curzon hat vor allem auf die Schwierigkeiten
aufmerksam gemacht, die der Idee und ihrer Ausführung, vor allem auch der
etwaigen Beschränkung der Rüstungen, zugrunde liegen würden. Es sei sehr
fraglich, ob die Staaten diejenige Beeinträchtigung ihrer Souveränität dulden'
werden, die jede Oberaufsicht über ihr Benehmen mit sich bringen würde.

England fürchtet eine Kontrolle und Beschränkung seiner Rüstungen zur See
und seiner zukünftigen Politik.

Ferner hat Curzon auf die Schwierigkeiten hingewiesen, welche die Zu¬
lassung eines "triumplrmrt anni unrepentmrt (lermanv" zum Völkerbund mit sich
bringen müssen. England hoffe zwar nicht mit einem umgeschlagenen und nicht
reuigen Deutschland zu tun zu haben, aber, wenn es ein solches Deutschland in
der Hand habe, so käme doch Wohl eher als eine Liga der Nationen für die Auf¬
rechterhaltung des Friedens eine Liga der gegenwärtigen Alliierten für eine Auf¬
rechterhaltung ihrer Unabhängigkeit in Frage. Diese existiere ja schon jetzt und
mache zwei Fünftel der menschlichen Rassen aus.

Also Lord Curzon glaubt nicht an die politische Zweckmäszkeit der Greyschen
Idee eines Völkerbundes mit Deutschland, sondern möchte viel lieber die gegen¬
wärtige Koalition gegen Deutschland für die Ewigkeit aufrechterhalten.

Lloyd George selbst hat sich noch nicht ausführlich und eingehend zu der
Völkerbundsidee und ihren Einzelheiten geäußert. Wir wissen aus Parlaments¬
äußerungen anderer englischer Kabinettsmitglieder als Curzon und George nur,
daß die englische Negierung den Plan des Völkerbundes studieren läßt, die
Greysche Broschüre verbreitet und daß im übrigen in der englischen Presse die
Nachricht lanciert worden ist, Grey habe seine Broschüre im Auftrage der Re¬
gierung geschrieben; daß dies wirklich der Fall gewesen ist, darf nach der Äußerung
Lord Curzons füglich bezweifelt werden.

Schließlich möchte ich mit einem Worte nochmals auf die Haltung der
liberalen Kreise zu den Greyschen Ideen zu sprechen kommen. Qber Asquith habe
ich schon gesprochen. Die Kreise um die "Nation", um Wells, Dickinson und
Murray sind, wie ich schon andeutete, zweifellos überzeugte Anhänger der Idee,
Leute wie Wells und Arnold Bennett unbedingt aus der ehrlichen Überzeugung
heraus, es müsse ein Mittel gefunden werden, um der Menschheit die Wieder¬
holung ähnlicher Greuel zu ersparen, wie sie sie jetzt durchmacht. Ich erinnere
an das bekannte Buch von Wells "M. Kritling heff it tnrouZn" und die dort
von dem Helden des Buches erwogenen Pläne für ein "better Government o!
elle porta". Ich verweise auf das Buch von Wells "In etre tourtlr vear", wo
er ähnlich wie Grey, aber in anschaulicher Weise die Greuel eines etwaigen neuen
großen Weltkrieges schildert. Der Gedanke an eine "die Zivilisation selbst ver¬
nichtende Entwicklung der Kriegstechnik" und der Gedanke an die Unmöglichkeit
eines englisch.amerikanischen Sieges in diesem Kriege ist offenbar das Leitmotiv


Der Völkerbund

Richtung in England, deren Sprechorgan die „Morning Post" ist, und die noch
an den Sieg Englands glaubt, will natürlich absolut nichts von den Greyschen
Weltbeglückungsideen wissen. England kämpfe für seinen Sieg, nicht aber um
anderer Ziele willen. Deutschland und Osterreich allein hätten den Krieg gewollt,
sie müßten dafür bestraft und eine nochmalige Wiederholung eines solchen Unter¬
nehmens unmöglich gemacht werden. Zeige Deutschland wirkliche Reue, was aber
wahrscheinlich bei der gegenwärtigen Generation unmöglich sei, so könne dann
vielleicht die Frage seiner Zulassung zu einer Alliance der freien Nationen dis¬
kutiert werden, vorläufig nicht. Es gibt sogar Äußerungen englischer Presseorgane
dieser Richtung, die die ganze Völkerbundsidee als heimliche deutsche Mache hin¬
stellen und dadurch in England zu diskreditieren suchen.

Eine zweite Kategorie sind diejenigen Kreise in England, welche finden, daß
die Greyschen Ideen zwar ein wundervolle» Propagandamittel sind, zu dem man
sich bekennen, das aber besser nicht in die Wirklichkeit überführt werden sollte.
Ich glaube, daß Lloyd George selbst auf diesem Standpunkt steht. Die Art und
Weise, wie sich Lord Curzon über den Völkerbund ausgesprochen hat, scheint mir
diese Annahme zu bestätigen. Lord Curzon hat vor allem auf die Schwierigkeiten
aufmerksam gemacht, die der Idee und ihrer Ausführung, vor allem auch der
etwaigen Beschränkung der Rüstungen, zugrunde liegen würden. Es sei sehr
fraglich, ob die Staaten diejenige Beeinträchtigung ihrer Souveränität dulden'
werden, die jede Oberaufsicht über ihr Benehmen mit sich bringen würde.

England fürchtet eine Kontrolle und Beschränkung seiner Rüstungen zur See
und seiner zukünftigen Politik.

Ferner hat Curzon auf die Schwierigkeiten hingewiesen, welche die Zu¬
lassung eines „triumplrmrt anni unrepentmrt (lermanv" zum Völkerbund mit sich
bringen müssen. England hoffe zwar nicht mit einem umgeschlagenen und nicht
reuigen Deutschland zu tun zu haben, aber, wenn es ein solches Deutschland in
der Hand habe, so käme doch Wohl eher als eine Liga der Nationen für die Auf¬
rechterhaltung des Friedens eine Liga der gegenwärtigen Alliierten für eine Auf¬
rechterhaltung ihrer Unabhängigkeit in Frage. Diese existiere ja schon jetzt und
mache zwei Fünftel der menschlichen Rassen aus.

Also Lord Curzon glaubt nicht an die politische Zweckmäszkeit der Greyschen
Idee eines Völkerbundes mit Deutschland, sondern möchte viel lieber die gegen¬
wärtige Koalition gegen Deutschland für die Ewigkeit aufrechterhalten.

Lloyd George selbst hat sich noch nicht ausführlich und eingehend zu der
Völkerbundsidee und ihren Einzelheiten geäußert. Wir wissen aus Parlaments¬
äußerungen anderer englischer Kabinettsmitglieder als Curzon und George nur,
daß die englische Negierung den Plan des Völkerbundes studieren läßt, die
Greysche Broschüre verbreitet und daß im übrigen in der englischen Presse die
Nachricht lanciert worden ist, Grey habe seine Broschüre im Auftrage der Re¬
gierung geschrieben; daß dies wirklich der Fall gewesen ist, darf nach der Äußerung
Lord Curzons füglich bezweifelt werden.

Schließlich möchte ich mit einem Worte nochmals auf die Haltung der
liberalen Kreise zu den Greyschen Ideen zu sprechen kommen. Qber Asquith habe
ich schon gesprochen. Die Kreise um die „Nation", um Wells, Dickinson und
Murray sind, wie ich schon andeutete, zweifellos überzeugte Anhänger der Idee,
Leute wie Wells und Arnold Bennett unbedingt aus der ehrlichen Überzeugung
heraus, es müsse ein Mittel gefunden werden, um der Menschheit die Wieder¬
holung ähnlicher Greuel zu ersparen, wie sie sie jetzt durchmacht. Ich erinnere
an das bekannte Buch von Wells „M. Kritling heff it tnrouZn" und die dort
von dem Helden des Buches erwogenen Pläne für ein „better Government o!
elle porta". Ich verweise auf das Buch von Wells „In etre tourtlr vear", wo
er ähnlich wie Grey, aber in anschaulicher Weise die Greuel eines etwaigen neuen
großen Weltkrieges schildert. Der Gedanke an eine „die Zivilisation selbst ver¬
nichtende Entwicklung der Kriegstechnik" und der Gedanke an die Unmöglichkeit
eines englisch.amerikanischen Sieges in diesem Kriege ist offenbar das Leitmotiv


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[0194] Der Völkerbund Richtung in England, deren Sprechorgan die „Morning Post" ist, und die noch an den Sieg Englands glaubt, will natürlich absolut nichts von den Greyschen Weltbeglückungsideen wissen. England kämpfe für seinen Sieg, nicht aber um anderer Ziele willen. Deutschland und Osterreich allein hätten den Krieg gewollt, sie müßten dafür bestraft und eine nochmalige Wiederholung eines solchen Unter¬ nehmens unmöglich gemacht werden. Zeige Deutschland wirkliche Reue, was aber wahrscheinlich bei der gegenwärtigen Generation unmöglich sei, so könne dann vielleicht die Frage seiner Zulassung zu einer Alliance der freien Nationen dis¬ kutiert werden, vorläufig nicht. Es gibt sogar Äußerungen englischer Presseorgane dieser Richtung, die die ganze Völkerbundsidee als heimliche deutsche Mache hin¬ stellen und dadurch in England zu diskreditieren suchen. Eine zweite Kategorie sind diejenigen Kreise in England, welche finden, daß die Greyschen Ideen zwar ein wundervolle» Propagandamittel sind, zu dem man sich bekennen, das aber besser nicht in die Wirklichkeit überführt werden sollte. Ich glaube, daß Lloyd George selbst auf diesem Standpunkt steht. Die Art und Weise, wie sich Lord Curzon über den Völkerbund ausgesprochen hat, scheint mir diese Annahme zu bestätigen. Lord Curzon hat vor allem auf die Schwierigkeiten aufmerksam gemacht, die der Idee und ihrer Ausführung, vor allem auch der etwaigen Beschränkung der Rüstungen, zugrunde liegen würden. Es sei sehr fraglich, ob die Staaten diejenige Beeinträchtigung ihrer Souveränität dulden' werden, die jede Oberaufsicht über ihr Benehmen mit sich bringen würde. England fürchtet eine Kontrolle und Beschränkung seiner Rüstungen zur See und seiner zukünftigen Politik. Ferner hat Curzon auf die Schwierigkeiten hingewiesen, welche die Zu¬ lassung eines „triumplrmrt anni unrepentmrt (lermanv" zum Völkerbund mit sich bringen müssen. England hoffe zwar nicht mit einem umgeschlagenen und nicht reuigen Deutschland zu tun zu haben, aber, wenn es ein solches Deutschland in der Hand habe, so käme doch Wohl eher als eine Liga der Nationen für die Auf¬ rechterhaltung des Friedens eine Liga der gegenwärtigen Alliierten für eine Auf¬ rechterhaltung ihrer Unabhängigkeit in Frage. Diese existiere ja schon jetzt und mache zwei Fünftel der menschlichen Rassen aus. Also Lord Curzon glaubt nicht an die politische Zweckmäszkeit der Greyschen Idee eines Völkerbundes mit Deutschland, sondern möchte viel lieber die gegen¬ wärtige Koalition gegen Deutschland für die Ewigkeit aufrechterhalten. Lloyd George selbst hat sich noch nicht ausführlich und eingehend zu der Völkerbundsidee und ihren Einzelheiten geäußert. Wir wissen aus Parlaments¬ äußerungen anderer englischer Kabinettsmitglieder als Curzon und George nur, daß die englische Negierung den Plan des Völkerbundes studieren läßt, die Greysche Broschüre verbreitet und daß im übrigen in der englischen Presse die Nachricht lanciert worden ist, Grey habe seine Broschüre im Auftrage der Re¬ gierung geschrieben; daß dies wirklich der Fall gewesen ist, darf nach der Äußerung Lord Curzons füglich bezweifelt werden. Schließlich möchte ich mit einem Worte nochmals auf die Haltung der liberalen Kreise zu den Greyschen Ideen zu sprechen kommen. Qber Asquith habe ich schon gesprochen. Die Kreise um die „Nation", um Wells, Dickinson und Murray sind, wie ich schon andeutete, zweifellos überzeugte Anhänger der Idee, Leute wie Wells und Arnold Bennett unbedingt aus der ehrlichen Überzeugung heraus, es müsse ein Mittel gefunden werden, um der Menschheit die Wieder¬ holung ähnlicher Greuel zu ersparen, wie sie sie jetzt durchmacht. Ich erinnere an das bekannte Buch von Wells „M. Kritling heff it tnrouZn" und die dort von dem Helden des Buches erwogenen Pläne für ein „better Government o! elle porta". Ich verweise auf das Buch von Wells „In etre tourtlr vear", wo er ähnlich wie Grey, aber in anschaulicher Weise die Greuel eines etwaigen neuen großen Weltkrieges schildert. Der Gedanke an eine „die Zivilisation selbst ver¬ nichtende Entwicklung der Kriegstechnik" und der Gedanke an die Unmöglichkeit eines englisch.amerikanischen Sieges in diesem Kriege ist offenbar das Leitmotiv

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333844/194>, abgerufen am 04.07.2024.