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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Drittes Vierteljahr.

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Der neue tschechische Kurs

Die Einheitspartei einerseits, die Gruppenbildung KlosÄc andererseits sind die
beiden gegenwärtig deutlich sichtbaren Kristallisationspunkte des tschechischen
Parteilebens.

Die zentralistischen SozialdemokratM haben sich gegen Fusionen mit
nationalistischen bürgerlichen Parteien in der richtigen Einsicht gewehrt, daß bei
aller Wahrung des Selbstbestimmungsrechtes und der daraus erfließenden tschechischen
Forderungen die tschechische Sozialdemokratie sich nur unter Preisgabe sehr prin¬
zipieller Parteipflichten vor den Wagen des bürgerlichen nationalen Imperialismus
spannen lassen kann."

Der herrschende Konzern der "Närodni Listy baut systematisch eine auf das
Volksganze in allen Schichten gehende Organisation der staatsrechtlichen Demokratie
aus und bereitet den souveränen Staat durch Erörterung aller seiner Grundlagen
vor. Geschichte, Staatsrecht, Wirtschaft und Autarkie, soziale, nationale und
finanzielle Verhältnisse, die Minderheitenfrage, die Aufteilung von Grund und
Boden und andere Probleme werden allzu hastig, um einwandfrei zu sein, und
einzig vom völkisch-imperialistischen Standpunkt behandelt. Konsequent werden
alle Vorteile ausgenutzt, die den Tschechen durch den Besitz der "inneren"
geographischen Linie und durch ihre kompakte Siedlung gegen die deutsche Rand-
sässigkeit und Zersplitterung erwachsen. Eine eindeutige Präzision der den Deutschen
im künftigen tschechischen Staate zu gewährenden politischen Rechte wird nirgends
gegeben. '

Die letzten Ziel.e dieser Politik sind sehr realpolitisch erfaßt. Schon der in
der Maideklaration geforderte Bundesstaat von österreichischen Völkern, diese
minimalistische, den Einheitsstaat in ein Kleinstaatengefüge auflösende Forderung,
ist bestimmt, den Plan eines wirtschaftlichen und politischen Mitteleuropa zunichte
zu machen. Getrieben von einer panischen Angst vor der mitteleuropäischen Idee,
die auch die Prager Handelskammer zur schärfsten Abweisung jeder Zollunion mit
Deutschland führte, erstrebt die staatsrechtlich-demokratische Politik die Lahmlegung
des sudetenländischen Deutschtums und des mitteleuropäischen überhaupt, Schaffung
eines selbständigen tschechischen und eines südslawischen Staates als Querriegel,
die die wirtschaftliche deutsche Ausdehnung nach dem Balkan und den Weg zur
Adria absperren sollen. Das sind Probleme, die nur gegen den erbittertsten
deutschen und magyarischen Widerstand zu verwirklichen sind. Diese Ziele werden
gar nicht bestritten und sind nicht neu, wie die Verhandlungen der neoslawischen
Konferenzen und die Verbindung mit dem französischen und englischen Geldmarkt
gezeigt haben. Die Tschechen, auch wirtschaftlich das selbständigste und fort¬
geschrittenste slawische Volk, waren zur Zeit des Neoslawismus (Projekt der
slawischen Bank) die treibende Kraft der Expansion des slawischen Kapitals. Das
tschechische Geld- und Wirtschaftswesen, das heute völlig auf eigenen Füßen steht,
national organisiert ist (Verbände der tschechischen Banken, Versicherungsgesell¬
schaften und der Industrie) und durch den Krieg eine ungeheure Stärkung erfahren
hat, wird auch nach dem Kriege Organisator und Führer der übrigen Slawen
sein -- der kulturelle und politische Panslaroismus des neunzehnten Jahrhunderts
wird durch den wirtschaftlichen des zwanzigsten Jahrhunderts nachhaltig ergänzt
werden.

Der neue politische Kurs hat auch eine ganz neue kulturelle Denkrichtung
gezeitigt: völlige Abkehr von allen deutschen Beziehungen. Radikaler als aus den
Tageszeitungen tönt, angewendet auf die verschiedensten Wissenschaftsgebiete, aus
den staatsrechtlichen Revuen die Idee der vollständigen Separation von der deutsch¬
tschechischen kulturellen Wechselseitigkeit entgegen. Hier liegt ein sehr bedauerlicher,
die realen Grundlagen der tschechischen Existenz absichtlich mißachtender Rückfall
in jenen nationalistischen Romantismus vor, der bis in die achtziger Jahre des
neunzehnten Jahrhunderts die innere Entwicklung des Tschechentums gelähmt hat.
Böhmen, Germaniens "Herzland", das durch die Urtatsachen der Natur un¬
entrinnbar an Mitteleuropa gekettet ist, hat stets in den deutschen Kulturkreis
gehört. Die Entwicklung des geographisch und ethnographisch exponiertesten, zur


Der neue tschechische Kurs

Die Einheitspartei einerseits, die Gruppenbildung KlosÄc andererseits sind die
beiden gegenwärtig deutlich sichtbaren Kristallisationspunkte des tschechischen
Parteilebens.

Die zentralistischen SozialdemokratM haben sich gegen Fusionen mit
nationalistischen bürgerlichen Parteien in der richtigen Einsicht gewehrt, daß bei
aller Wahrung des Selbstbestimmungsrechtes und der daraus erfließenden tschechischen
Forderungen die tschechische Sozialdemokratie sich nur unter Preisgabe sehr prin¬
zipieller Parteipflichten vor den Wagen des bürgerlichen nationalen Imperialismus
spannen lassen kann."

Der herrschende Konzern der „Närodni Listy baut systematisch eine auf das
Volksganze in allen Schichten gehende Organisation der staatsrechtlichen Demokratie
aus und bereitet den souveränen Staat durch Erörterung aller seiner Grundlagen
vor. Geschichte, Staatsrecht, Wirtschaft und Autarkie, soziale, nationale und
finanzielle Verhältnisse, die Minderheitenfrage, die Aufteilung von Grund und
Boden und andere Probleme werden allzu hastig, um einwandfrei zu sein, und
einzig vom völkisch-imperialistischen Standpunkt behandelt. Konsequent werden
alle Vorteile ausgenutzt, die den Tschechen durch den Besitz der „inneren"
geographischen Linie und durch ihre kompakte Siedlung gegen die deutsche Rand-
sässigkeit und Zersplitterung erwachsen. Eine eindeutige Präzision der den Deutschen
im künftigen tschechischen Staate zu gewährenden politischen Rechte wird nirgends
gegeben. '

Die letzten Ziel.e dieser Politik sind sehr realpolitisch erfaßt. Schon der in
der Maideklaration geforderte Bundesstaat von österreichischen Völkern, diese
minimalistische, den Einheitsstaat in ein Kleinstaatengefüge auflösende Forderung,
ist bestimmt, den Plan eines wirtschaftlichen und politischen Mitteleuropa zunichte
zu machen. Getrieben von einer panischen Angst vor der mitteleuropäischen Idee,
die auch die Prager Handelskammer zur schärfsten Abweisung jeder Zollunion mit
Deutschland führte, erstrebt die staatsrechtlich-demokratische Politik die Lahmlegung
des sudetenländischen Deutschtums und des mitteleuropäischen überhaupt, Schaffung
eines selbständigen tschechischen und eines südslawischen Staates als Querriegel,
die die wirtschaftliche deutsche Ausdehnung nach dem Balkan und den Weg zur
Adria absperren sollen. Das sind Probleme, die nur gegen den erbittertsten
deutschen und magyarischen Widerstand zu verwirklichen sind. Diese Ziele werden
gar nicht bestritten und sind nicht neu, wie die Verhandlungen der neoslawischen
Konferenzen und die Verbindung mit dem französischen und englischen Geldmarkt
gezeigt haben. Die Tschechen, auch wirtschaftlich das selbständigste und fort¬
geschrittenste slawische Volk, waren zur Zeit des Neoslawismus (Projekt der
slawischen Bank) die treibende Kraft der Expansion des slawischen Kapitals. Das
tschechische Geld- und Wirtschaftswesen, das heute völlig auf eigenen Füßen steht,
national organisiert ist (Verbände der tschechischen Banken, Versicherungsgesell¬
schaften und der Industrie) und durch den Krieg eine ungeheure Stärkung erfahren
hat, wird auch nach dem Kriege Organisator und Führer der übrigen Slawen
sein — der kulturelle und politische Panslaroismus des neunzehnten Jahrhunderts
wird durch den wirtschaftlichen des zwanzigsten Jahrhunderts nachhaltig ergänzt
werden.

Der neue politische Kurs hat auch eine ganz neue kulturelle Denkrichtung
gezeitigt: völlige Abkehr von allen deutschen Beziehungen. Radikaler als aus den
Tageszeitungen tönt, angewendet auf die verschiedensten Wissenschaftsgebiete, aus
den staatsrechtlichen Revuen die Idee der vollständigen Separation von der deutsch¬
tschechischen kulturellen Wechselseitigkeit entgegen. Hier liegt ein sehr bedauerlicher,
die realen Grundlagen der tschechischen Existenz absichtlich mißachtender Rückfall
in jenen nationalistischen Romantismus vor, der bis in die achtziger Jahre des
neunzehnten Jahrhunderts die innere Entwicklung des Tschechentums gelähmt hat.
Böhmen, Germaniens „Herzland", das durch die Urtatsachen der Natur un¬
entrinnbar an Mitteleuropa gekettet ist, hat stets in den deutschen Kulturkreis
gehört. Die Entwicklung des geographisch und ethnographisch exponiertesten, zur


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[0018] Der neue tschechische Kurs Die Einheitspartei einerseits, die Gruppenbildung KlosÄc andererseits sind die beiden gegenwärtig deutlich sichtbaren Kristallisationspunkte des tschechischen Parteilebens. Die zentralistischen SozialdemokratM haben sich gegen Fusionen mit nationalistischen bürgerlichen Parteien in der richtigen Einsicht gewehrt, daß bei aller Wahrung des Selbstbestimmungsrechtes und der daraus erfließenden tschechischen Forderungen die tschechische Sozialdemokratie sich nur unter Preisgabe sehr prin¬ zipieller Parteipflichten vor den Wagen des bürgerlichen nationalen Imperialismus spannen lassen kann." Der herrschende Konzern der „Närodni Listy baut systematisch eine auf das Volksganze in allen Schichten gehende Organisation der staatsrechtlichen Demokratie aus und bereitet den souveränen Staat durch Erörterung aller seiner Grundlagen vor. Geschichte, Staatsrecht, Wirtschaft und Autarkie, soziale, nationale und finanzielle Verhältnisse, die Minderheitenfrage, die Aufteilung von Grund und Boden und andere Probleme werden allzu hastig, um einwandfrei zu sein, und einzig vom völkisch-imperialistischen Standpunkt behandelt. Konsequent werden alle Vorteile ausgenutzt, die den Tschechen durch den Besitz der „inneren" geographischen Linie und durch ihre kompakte Siedlung gegen die deutsche Rand- sässigkeit und Zersplitterung erwachsen. Eine eindeutige Präzision der den Deutschen im künftigen tschechischen Staate zu gewährenden politischen Rechte wird nirgends gegeben. ' Die letzten Ziel.e dieser Politik sind sehr realpolitisch erfaßt. Schon der in der Maideklaration geforderte Bundesstaat von österreichischen Völkern, diese minimalistische, den Einheitsstaat in ein Kleinstaatengefüge auflösende Forderung, ist bestimmt, den Plan eines wirtschaftlichen und politischen Mitteleuropa zunichte zu machen. Getrieben von einer panischen Angst vor der mitteleuropäischen Idee, die auch die Prager Handelskammer zur schärfsten Abweisung jeder Zollunion mit Deutschland führte, erstrebt die staatsrechtlich-demokratische Politik die Lahmlegung des sudetenländischen Deutschtums und des mitteleuropäischen überhaupt, Schaffung eines selbständigen tschechischen und eines südslawischen Staates als Querriegel, die die wirtschaftliche deutsche Ausdehnung nach dem Balkan und den Weg zur Adria absperren sollen. Das sind Probleme, die nur gegen den erbittertsten deutschen und magyarischen Widerstand zu verwirklichen sind. Diese Ziele werden gar nicht bestritten und sind nicht neu, wie die Verhandlungen der neoslawischen Konferenzen und die Verbindung mit dem französischen und englischen Geldmarkt gezeigt haben. Die Tschechen, auch wirtschaftlich das selbständigste und fort¬ geschrittenste slawische Volk, waren zur Zeit des Neoslawismus (Projekt der slawischen Bank) die treibende Kraft der Expansion des slawischen Kapitals. Das tschechische Geld- und Wirtschaftswesen, das heute völlig auf eigenen Füßen steht, national organisiert ist (Verbände der tschechischen Banken, Versicherungsgesell¬ schaften und der Industrie) und durch den Krieg eine ungeheure Stärkung erfahren hat, wird auch nach dem Kriege Organisator und Führer der übrigen Slawen sein — der kulturelle und politische Panslaroismus des neunzehnten Jahrhunderts wird durch den wirtschaftlichen des zwanzigsten Jahrhunderts nachhaltig ergänzt werden. Der neue politische Kurs hat auch eine ganz neue kulturelle Denkrichtung gezeitigt: völlige Abkehr von allen deutschen Beziehungen. Radikaler als aus den Tageszeitungen tönt, angewendet auf die verschiedensten Wissenschaftsgebiete, aus den staatsrechtlichen Revuen die Idee der vollständigen Separation von der deutsch¬ tschechischen kulturellen Wechselseitigkeit entgegen. Hier liegt ein sehr bedauerlicher, die realen Grundlagen der tschechischen Existenz absichtlich mißachtender Rückfall in jenen nationalistischen Romantismus vor, der bis in die achtziger Jahre des neunzehnten Jahrhunderts die innere Entwicklung des Tschechentums gelähmt hat. Böhmen, Germaniens „Herzland", das durch die Urtatsachen der Natur un¬ entrinnbar an Mitteleuropa gekettet ist, hat stets in den deutschen Kulturkreis gehört. Die Entwicklung des geographisch und ethnographisch exponiertesten, zur

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333844/18>, abgerufen am 01.07.2024.