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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Drittes Vierteljahr.

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Ungarn und Bosnien

eine feste Stellung und sehr bestimmte Aufgaben zuweisen. Das Land hat aus¬
giebigen Raum für Kolonisation, und wenn die magyarische Auswanderung von
Amerika ab und hierher gelenkt oder wenn die Ausbreitung der kinderreichen
Schwaben über Bosnien begünstigt wird (diese Absicht schrieb man 1914/15 dem
Grafen Tisza zu), so bedarf es nicht einmal einer scharfen Magyarisierungspolitik,
um das heute rein slawische Land mehr und mehr zu einem, sprachlichen Misch¬
gebiet zu machen. Ethnographisch bunte Gebiete in erstaunlich kurzer Zeit unter
ihre nationale Herrschaft zu bringen, verstehen aber die Magyaren trefflich. So
mag ihr Gedanke auch dahin zielen, die jugoslawische Gefahr dadurch zu bannen,
daß zwischen das autonome Gebiet Kroatiens und Dalmatiens im Westen und
den serbischen Staat im Osten ein magyarisch verwaltetes Bosnien als trennender
Riegel gelegt werde. Es mag aber auch sein, dasz man das neuangestrebte Nebcn-
land dem alten nur deshalb nicht angliedern will, um dieses nicht zu einer Aus¬
dehnung und Volkszahl gelangen zu lassen, die seine subdualistische Unterordnung
gefährden könnte.

Die Widerstände, die sich gegen die ungarischen Pläne und die damit etwa
verbundenen weiteren Absichten geltend machen, sind schwer zu beurteilen. Von
den äußeren, soweit sie von Österreich ausgehen können, haben wir das bereits
erkannt. Ob von reichsdeutscher Seite solche zu erwarten sind, kann ich nicht
beurteilen, möchte aber bezweifeln, daß die Ausbreitung magyarischen Machtbereichs
von dort aus auf ernste Hindernisse stoßen würde. Wie stark sich die inneren
Widerstände innerhalb des Südslawentums erweisen werden, läßt sich um so schwerer
sagen, als wir die Politik, die Ungarn im Banat Bosnien gegen die drei Volks¬
teile einzuschlagen gedenkt, nicht voraussagen können. Bisher hat die wesentlich
von Ungarn her bestimmte Regierungspolitik dort das naheliegende "viviäe et
impera" immer mehr aufgegeben und. so wie in Kroatien, die Serben oder doch
die vornehmlich von diesen beeinflußten serbisch-kroatischen Koalitionen begünstigt.
Man hat diese Politik zumeist als kurzsichtig und selbstmörderisch, als eine Für"
derung des versteckten Jugoslawentums beurteilt, das äußerlich den magyarischen
Forderungen Rechnung trage, aber nach der Zurückdrängung des monarchietreuen
Kroatentums sein wahres Antlitz enthüllen werde. Daran ist viel Wahres. Aber
trotz der Kriegserfahrungen scheint man in Budapest nicht geneigt, die Bundes¬
genossenschaft der "reinen Kroaten" zu suchen. Und man mag wohlerwogene
Gründe dafür und verborgene Absichten dabei haben. Jedenfalls vermag die
Forderung, die Ungarn heute erhebt, die Großkroaten und Großserben aller
Richtungen zu gemeinsamer Abwehr, sür den Augenblick wenigstens, zu vereinigen
und solcherart Zusammenschlüsse kommen immer den entschiedeneren Richtungen
zugute. So mag Ol ins Feuer des Jugoslawismus gegossen werden. Wenn
aber Ungarn erst seine Forderung durchgesetzt hat, läßt sich sehr wohl denken,
daß seine Politik in Bosnien und Kroatien die inneren Gegensätze im Südslawentum
zu immer stärkerer Entfaltung zu bringen vermag. Sie muß ja auch keineswegs
in beiden Ländern die gleichen Wege einschlagen.- Wir wollen indes von Ver¬
mutungen um so mehr absehen, als ja eben die geringere oder größere Kraft der
südslawischen Gegenwehr selbst zur Entscheidung über die Verwirklichung oder
NichtVerwirklichung der besprochenen Pläne wesentlich beitragen muß.

Nicht unerwähnt lassen darf ich aber die Folgerungen, die sich aus der
geographischen Zwischenlage Kroatiens und Slavoniens zwischen dem eigentlichen
Ungarn und Bosnien ergeben. Diese beiden grenzen nirgends aneinander und
würden eine territoriale Verbindung erst durch denjenigen Streifen serbischen
Gebiets erhalten, den Ungarn zweifellos zur Sicherung der save-Donaugrenze
verlangen wird. Das Urteil über die notwendige Breite dieses Verbindungs¬
gürtels kann auch das Urteil über die Ausdehnung der notwendigen Grenzver¬
besserung beeinflussen. Jedenfalls gehört in diesen Zusammenhang die hohe
Wichtigkeit, die man in Ungarn der Nordwestecke Serbiens, der Macva, zuerkennt
und der Nachdruck, mit dem bei ihrer Eroberung historische Rechte Ungarns auf
dieses Banat geltend gemacht wurden. Der Streifen mag aber breiter oder


Ungarn und Bosnien

eine feste Stellung und sehr bestimmte Aufgaben zuweisen. Das Land hat aus¬
giebigen Raum für Kolonisation, und wenn die magyarische Auswanderung von
Amerika ab und hierher gelenkt oder wenn die Ausbreitung der kinderreichen
Schwaben über Bosnien begünstigt wird (diese Absicht schrieb man 1914/15 dem
Grafen Tisza zu), so bedarf es nicht einmal einer scharfen Magyarisierungspolitik,
um das heute rein slawische Land mehr und mehr zu einem, sprachlichen Misch¬
gebiet zu machen. Ethnographisch bunte Gebiete in erstaunlich kurzer Zeit unter
ihre nationale Herrschaft zu bringen, verstehen aber die Magyaren trefflich. So
mag ihr Gedanke auch dahin zielen, die jugoslawische Gefahr dadurch zu bannen,
daß zwischen das autonome Gebiet Kroatiens und Dalmatiens im Westen und
den serbischen Staat im Osten ein magyarisch verwaltetes Bosnien als trennender
Riegel gelegt werde. Es mag aber auch sein, dasz man das neuangestrebte Nebcn-
land dem alten nur deshalb nicht angliedern will, um dieses nicht zu einer Aus¬
dehnung und Volkszahl gelangen zu lassen, die seine subdualistische Unterordnung
gefährden könnte.

Die Widerstände, die sich gegen die ungarischen Pläne und die damit etwa
verbundenen weiteren Absichten geltend machen, sind schwer zu beurteilen. Von
den äußeren, soweit sie von Österreich ausgehen können, haben wir das bereits
erkannt. Ob von reichsdeutscher Seite solche zu erwarten sind, kann ich nicht
beurteilen, möchte aber bezweifeln, daß die Ausbreitung magyarischen Machtbereichs
von dort aus auf ernste Hindernisse stoßen würde. Wie stark sich die inneren
Widerstände innerhalb des Südslawentums erweisen werden, läßt sich um so schwerer
sagen, als wir die Politik, die Ungarn im Banat Bosnien gegen die drei Volks¬
teile einzuschlagen gedenkt, nicht voraussagen können. Bisher hat die wesentlich
von Ungarn her bestimmte Regierungspolitik dort das naheliegende „viviäe et
impera" immer mehr aufgegeben und. so wie in Kroatien, die Serben oder doch
die vornehmlich von diesen beeinflußten serbisch-kroatischen Koalitionen begünstigt.
Man hat diese Politik zumeist als kurzsichtig und selbstmörderisch, als eine Für»
derung des versteckten Jugoslawentums beurteilt, das äußerlich den magyarischen
Forderungen Rechnung trage, aber nach der Zurückdrängung des monarchietreuen
Kroatentums sein wahres Antlitz enthüllen werde. Daran ist viel Wahres. Aber
trotz der Kriegserfahrungen scheint man in Budapest nicht geneigt, die Bundes¬
genossenschaft der „reinen Kroaten" zu suchen. Und man mag wohlerwogene
Gründe dafür und verborgene Absichten dabei haben. Jedenfalls vermag die
Forderung, die Ungarn heute erhebt, die Großkroaten und Großserben aller
Richtungen zu gemeinsamer Abwehr, sür den Augenblick wenigstens, zu vereinigen
und solcherart Zusammenschlüsse kommen immer den entschiedeneren Richtungen
zugute. So mag Ol ins Feuer des Jugoslawismus gegossen werden. Wenn
aber Ungarn erst seine Forderung durchgesetzt hat, läßt sich sehr wohl denken,
daß seine Politik in Bosnien und Kroatien die inneren Gegensätze im Südslawentum
zu immer stärkerer Entfaltung zu bringen vermag. Sie muß ja auch keineswegs
in beiden Ländern die gleichen Wege einschlagen.- Wir wollen indes von Ver¬
mutungen um so mehr absehen, als ja eben die geringere oder größere Kraft der
südslawischen Gegenwehr selbst zur Entscheidung über die Verwirklichung oder
NichtVerwirklichung der besprochenen Pläne wesentlich beitragen muß.

Nicht unerwähnt lassen darf ich aber die Folgerungen, die sich aus der
geographischen Zwischenlage Kroatiens und Slavoniens zwischen dem eigentlichen
Ungarn und Bosnien ergeben. Diese beiden grenzen nirgends aneinander und
würden eine territoriale Verbindung erst durch denjenigen Streifen serbischen
Gebiets erhalten, den Ungarn zweifellos zur Sicherung der save-Donaugrenze
verlangen wird. Das Urteil über die notwendige Breite dieses Verbindungs¬
gürtels kann auch das Urteil über die Ausdehnung der notwendigen Grenzver¬
besserung beeinflussen. Jedenfalls gehört in diesen Zusammenhang die hohe
Wichtigkeit, die man in Ungarn der Nordwestecke Serbiens, der Macva, zuerkennt
und der Nachdruck, mit dem bei ihrer Eroberung historische Rechte Ungarns auf
dieses Banat geltend gemacht wurden. Der Streifen mag aber breiter oder


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[0106] Ungarn und Bosnien eine feste Stellung und sehr bestimmte Aufgaben zuweisen. Das Land hat aus¬ giebigen Raum für Kolonisation, und wenn die magyarische Auswanderung von Amerika ab und hierher gelenkt oder wenn die Ausbreitung der kinderreichen Schwaben über Bosnien begünstigt wird (diese Absicht schrieb man 1914/15 dem Grafen Tisza zu), so bedarf es nicht einmal einer scharfen Magyarisierungspolitik, um das heute rein slawische Land mehr und mehr zu einem, sprachlichen Misch¬ gebiet zu machen. Ethnographisch bunte Gebiete in erstaunlich kurzer Zeit unter ihre nationale Herrschaft zu bringen, verstehen aber die Magyaren trefflich. So mag ihr Gedanke auch dahin zielen, die jugoslawische Gefahr dadurch zu bannen, daß zwischen das autonome Gebiet Kroatiens und Dalmatiens im Westen und den serbischen Staat im Osten ein magyarisch verwaltetes Bosnien als trennender Riegel gelegt werde. Es mag aber auch sein, dasz man das neuangestrebte Nebcn- land dem alten nur deshalb nicht angliedern will, um dieses nicht zu einer Aus¬ dehnung und Volkszahl gelangen zu lassen, die seine subdualistische Unterordnung gefährden könnte. Die Widerstände, die sich gegen die ungarischen Pläne und die damit etwa verbundenen weiteren Absichten geltend machen, sind schwer zu beurteilen. Von den äußeren, soweit sie von Österreich ausgehen können, haben wir das bereits erkannt. Ob von reichsdeutscher Seite solche zu erwarten sind, kann ich nicht beurteilen, möchte aber bezweifeln, daß die Ausbreitung magyarischen Machtbereichs von dort aus auf ernste Hindernisse stoßen würde. Wie stark sich die inneren Widerstände innerhalb des Südslawentums erweisen werden, läßt sich um so schwerer sagen, als wir die Politik, die Ungarn im Banat Bosnien gegen die drei Volks¬ teile einzuschlagen gedenkt, nicht voraussagen können. Bisher hat die wesentlich von Ungarn her bestimmte Regierungspolitik dort das naheliegende „viviäe et impera" immer mehr aufgegeben und. so wie in Kroatien, die Serben oder doch die vornehmlich von diesen beeinflußten serbisch-kroatischen Koalitionen begünstigt. Man hat diese Politik zumeist als kurzsichtig und selbstmörderisch, als eine Für» derung des versteckten Jugoslawentums beurteilt, das äußerlich den magyarischen Forderungen Rechnung trage, aber nach der Zurückdrängung des monarchietreuen Kroatentums sein wahres Antlitz enthüllen werde. Daran ist viel Wahres. Aber trotz der Kriegserfahrungen scheint man in Budapest nicht geneigt, die Bundes¬ genossenschaft der „reinen Kroaten" zu suchen. Und man mag wohlerwogene Gründe dafür und verborgene Absichten dabei haben. Jedenfalls vermag die Forderung, die Ungarn heute erhebt, die Großkroaten und Großserben aller Richtungen zu gemeinsamer Abwehr, sür den Augenblick wenigstens, zu vereinigen und solcherart Zusammenschlüsse kommen immer den entschiedeneren Richtungen zugute. So mag Ol ins Feuer des Jugoslawismus gegossen werden. Wenn aber Ungarn erst seine Forderung durchgesetzt hat, läßt sich sehr wohl denken, daß seine Politik in Bosnien und Kroatien die inneren Gegensätze im Südslawentum zu immer stärkerer Entfaltung zu bringen vermag. Sie muß ja auch keineswegs in beiden Ländern die gleichen Wege einschlagen.- Wir wollen indes von Ver¬ mutungen um so mehr absehen, als ja eben die geringere oder größere Kraft der südslawischen Gegenwehr selbst zur Entscheidung über die Verwirklichung oder NichtVerwirklichung der besprochenen Pläne wesentlich beitragen muß. Nicht unerwähnt lassen darf ich aber die Folgerungen, die sich aus der geographischen Zwischenlage Kroatiens und Slavoniens zwischen dem eigentlichen Ungarn und Bosnien ergeben. Diese beiden grenzen nirgends aneinander und würden eine territoriale Verbindung erst durch denjenigen Streifen serbischen Gebiets erhalten, den Ungarn zweifellos zur Sicherung der save-Donaugrenze verlangen wird. Das Urteil über die notwendige Breite dieses Verbindungs¬ gürtels kann auch das Urteil über die Ausdehnung der notwendigen Grenzver¬ besserung beeinflussen. Jedenfalls gehört in diesen Zusammenhang die hohe Wichtigkeit, die man in Ungarn der Nordwestecke Serbiens, der Macva, zuerkennt und der Nachdruck, mit dem bei ihrer Eroberung historische Rechte Ungarns auf dieses Banat geltend gemacht wurden. Der Streifen mag aber breiter oder

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333844/106>, abgerufen am 01.07.2024.