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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Zweites Vierteljahr.

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9er deutsch-russische RückVersicherungsvertrag
L. Rcischdau von

Auf S, S6 seiner "Erinnerungen" erwähnte Exzellenz Hammann
als einen der vortragenden Räte der politischen Abteilung des Aus¬
wärtigen Amtes zur Zeit des Überganges vom bismarckischen zum so¬
genannten neuen Kurse den Geheimen Legationsrat, nachmaligen Ge¬
sandten und bevollmächtigten Minister Raschdau, Exzellenz Rcischdau
ist es, der uns auf besonderes Bitten die folgenden Ausführungen
zum Buche von Hammann geschrieben hat. Wir glauben kaum, daß
eS viele Kritiker gibt, die gerade Nile E^ellWz R.'Sabaa>i, ein in^er
Mitarbeiter des 'Fürsten Bismarck. berufen sind, die Vorgeschichte des
"Msch-nissischen RiickversicheruitgSvertrngeS klarzustellen. der vor-
liegeichen allseitigen.Meuchtun", .ist der Vorgang noch nirgends politisch
Die SchrW^'ing behandU'wordeii. . .. -

MAMd^ZU meer 'den diplomatischen Akten, die dem ersten Kanzler des Deutschen
werden, ist w.ihl keiner, der die öffentliche
MWMK Meinung so stark beschäftigt hat. als jenes Abkommen zwischen
WMMW Deutschland und dem Russischen Reich, dem man den Namen des
RückversicherungsvertraqeS gegeben hat. Von dem Augenblicke ab,
wo die "Hamburger Nachrichten" im Herbst 1896 von seinem Dasein
der Welt Kenntnis gegeben haben, ist er nicht mehr ans der öffentlichen Erörterung
gewichen. Seinen Inhalt kennen auch heute nur sehr wenige, und eben dieser
Umstand ist es. daß Historiker und Politiker sich in allerlei bald scharfsinnige, bald
Phantastische Betrachtungen versenkt haben über die Tragweite jenes Vertrages'
und die Folgen seines plötzlichen Endes. Darüber hinaus hat so ziemlich alles,
was in Deutschland politisch denkt oder interessiert ist, Stellung zu diesem Ab-
kommen in dein Sinne genommen, daß jeder Bewunderer des großen Staats¬
mannes -- und das ist natürlich die übergroße Mehrzahl der Nation -- sich ver¬
pflichtet sah, das Abkommen als ein Meisterstück seiner staatsmännischen Tätigkeit
und die Auflösung als ein vaterländisches Unglück anzusehen, daß dagegen solche,
die mit ihrer Kritik auch jener großen historischen Persönlichkeit gegenüber nicht
zurückhielten, auch jenen Akt mit skeptischen Augen ansahen Die Beurteilung
seines Wertes wurde gewissermaßen eine Frage der Pietät.' Ein sachliches un¬
befangenes Urteil aber war um so schwieriger als, wie gesagt, der Inhalt des
Abkominens bis heut geheim geblieben ist und die Umstände, unter denen es ge¬
schlossen war und schließlich fallen gelassen wurde, nicht weniger verborgen sind.

Nun hat sich ein Mitglied des auswärtigen Dienstes, der einstige Leiter der
Presseabteilung, Dr. Hammann, in einem eben erschienenen Buche, betitelt "Der
neue Kurs", eingehender über den RückVersicherungsvertrag geäußert. Er hat dem
betreffenden Kapitel die Überschrift gegeben: "Der abgerissene Draht nach Ruß-


Grenzboten II ISIS ^ 3


9er deutsch-russische RückVersicherungsvertrag
L. Rcischdau von

Auf S, S6 seiner „Erinnerungen" erwähnte Exzellenz Hammann
als einen der vortragenden Räte der politischen Abteilung des Aus¬
wärtigen Amtes zur Zeit des Überganges vom bismarckischen zum so¬
genannten neuen Kurse den Geheimen Legationsrat, nachmaligen Ge¬
sandten und bevollmächtigten Minister Raschdau, Exzellenz Rcischdau
ist es, der uns auf besonderes Bitten die folgenden Ausführungen
zum Buche von Hammann geschrieben hat. Wir glauben kaum, daß
eS viele Kritiker gibt, die gerade Nile E^ellWz R.'Sabaa>i, ein in^er
Mitarbeiter des 'Fürsten Bismarck. berufen sind, die Vorgeschichte des
»Msch-nissischen RiickversicheruitgSvertrngeS klarzustellen. der vor-
liegeichen allseitigen.Meuchtun«, .ist der Vorgang noch nirgends politisch
Die SchrW^'ing behandU'wordeii. . .. -

MAMd^ZU meer 'den diplomatischen Akten, die dem ersten Kanzler des Deutschen
werden, ist w.ihl keiner, der die öffentliche
MWMK Meinung so stark beschäftigt hat. als jenes Abkommen zwischen
WMMW Deutschland und dem Russischen Reich, dem man den Namen des
RückversicherungsvertraqeS gegeben hat. Von dem Augenblicke ab,
wo die „Hamburger Nachrichten" im Herbst 1896 von seinem Dasein
der Welt Kenntnis gegeben haben, ist er nicht mehr ans der öffentlichen Erörterung
gewichen. Seinen Inhalt kennen auch heute nur sehr wenige, und eben dieser
Umstand ist es. daß Historiker und Politiker sich in allerlei bald scharfsinnige, bald
Phantastische Betrachtungen versenkt haben über die Tragweite jenes Vertrages'
und die Folgen seines plötzlichen Endes. Darüber hinaus hat so ziemlich alles,
was in Deutschland politisch denkt oder interessiert ist, Stellung zu diesem Ab-
kommen in dein Sinne genommen, daß jeder Bewunderer des großen Staats¬
mannes — und das ist natürlich die übergroße Mehrzahl der Nation — sich ver¬
pflichtet sah, das Abkommen als ein Meisterstück seiner staatsmännischen Tätigkeit
und die Auflösung als ein vaterländisches Unglück anzusehen, daß dagegen solche,
die mit ihrer Kritik auch jener großen historischen Persönlichkeit gegenüber nicht
zurückhielten, auch jenen Akt mit skeptischen Augen ansahen Die Beurteilung
seines Wertes wurde gewissermaßen eine Frage der Pietät.' Ein sachliches un¬
befangenes Urteil aber war um so schwieriger als, wie gesagt, der Inhalt des
Abkominens bis heut geheim geblieben ist und die Umstände, unter denen es ge¬
schlossen war und schließlich fallen gelassen wurde, nicht weniger verborgen sind.

Nun hat sich ein Mitglied des auswärtigen Dienstes, der einstige Leiter der
Presseabteilung, Dr. Hammann, in einem eben erschienenen Buche, betitelt „Der
neue Kurs", eingehender über den RückVersicherungsvertrag geäußert. Er hat dem
betreffenden Kapitel die Überschrift gegeben: „Der abgerissene Draht nach Ruß-


Grenzboten II ISIS ^ 3
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333482/37>, abgerufen am 22.07.2024.