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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Zweites Vierteljahr.

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Parlament und Regierung im neugesrdneten Deutschland

Vor dem Kriege hat ein französischer Schriftsteller den "preußischen
Egoismus, Lvntrs kennet les sutres IZtÄt8 ne cessent als protester, als Garantie
ihrer Unabhängigkeit" bezeichnet. Weber würde vermutlich diesen Satz unter¬
schreiben, als Träger der Unabhängigkeit hier, des Egoismus dort aber lediglich
die "Bureaukratie" einsetzen."

In Zukunft "geht dieses Stilleben zu Ende. An die Stelle des Pseudo¬
Föderalismuswird angesichts der bevorstehenden finanziellen und wirtschafts¬
politischen Fragen der Friedenszeit eine energische Willensbetütigung der Einzel¬
staaten im Bundesrat treten, ebenso wie das unkontrollierte Beamtenregiment von
der parlamentarischen Regierungsweise abgelöst oder durch sie ergänzt werden soll.
Das Problem besteht also darin, wie sich die Erben der Macht: "gesunder (echter,
aktiver) Föderalismus" und das Regime der "Politiker" miteinander vertragen
können.

Beiden muß dabei ihr Recht werden. Also ist auf der einen Seite die
Parlamentarisierung im Reich durchzuführen. In gediegener Form läßt sich das
nur durch die schon erwähnte Aufhebung des Art. 9 N. V. erreichen. Aber wird
dadurch nicht der andere Teil geschädigt? Nicht der "Bestand des Reiches" (als
"Bundes"-Staat nämlich) gefährdet, wie die "Bayerische Staatszeitung" sich im
Vorjahre äußert? Im Gegenteil, meint, Weber: Wenn durch Aufhebung der
Bestimmung z, B. Bayern in die Lage käme, "einflußreiche Abgeordnete zu Bundes-
ratsbevvllmächtigten zu ernennen"/sei das doch alles andere als eine Stärkung
des "Zentralismus".

Vielmehr droht gerade bei Aufrechterhaltung des Art. 9 diese Gefahr, nur
in viel "bedenklicherer" Form. Eine Parlamentarisierung des Bundesrates ist
nämlich durch das geltende Recht garnicht verhindert, vorausgesetzt, daß in den
Einzelstaaten das neue System durchgedrungen wäre! Denn in diesem Falle
könnten Reichskanzler und etwa im Bundesrat sitzende Staatssekretäre*) als
preußische Parteipolitiker, die Vertreter der anderen Bundesstaaten in entsprechender
Eigenschaft dorthin delegiert sein. Wir bekämen eine deutlich "Partikularistische"
Färbung dieser Behörde, die aber keineswegs "eine Stärkung des positiven Ein¬
flusses der Einzelstaaten im Bundesrat oder ihre Sicherung gegen Majorisierung
bedeuten" würde.

Denn zunächst bliebe der überragende Einfluß Preußens. Nur das Gegen¬
gewicht eines mächtigen Reichstags könne die Zwergstaaten vor dem Schicksal deS
"Stimmviehes" bewahren. Außerdem aber würden die dem Reichstage angehö¬
renden Staatssekretäre, denen also der Eintritt in den Bundesrat verwehrt sein
soll, stets den Einfluß jener parlamentarischen Körperschaft in die Negierungs-
verhältnisse des Reiches hineintragen, was der Kanzler berücksichtigen müßte. Beim
Fehlen eines kollegialen Neichsministeriums wäre aber die weitere Folge vermutlich
die Entwicklung eines selbständigen Regierungskvllegiums neben dem Bundesrat,
-- die am natürlichen Abströmen verhinderten politischen .Kräfte schaffen sich wo
anders eine Wirknngsstätte. Dieser wäre also einerseits durch die preußische
Majorität beyerscht, andererseits zur Bedeutungslosigkeit verurteilt. Der föde¬
ralistische Einfluß der nichtpreußischen Stellen wäre ausgeschaltet.

Fällt dagegen Art. 9, kommen also Vertreter der Reichstagsparteien in den
Bundesrat, so ermöglicht der Zusammenhalt der Parteien über das Reich hin eine
"weitgehende Ausgleichung" der regional-partikulariflischen Gegensätze und die
Gefahr einer "großpreußischen" Entwickelung wäre beschworen.

Diese Weberschen Ausführungen sind das genaue Gegenteil von dem, was
man in konservativen preußischen Kreisen, über den berühmten Art. 9 denkt.
Der Berliner Staatsrechtslehrer E. Kaufmann, z. B. glaubt bei Beseitigung
der "Jnkompatibilitätsnorm" für die "Neichssreudigkeit", ja für die "Existenz"
der Einzelstaaten bangen zu müssen, da ja Preußen dann in der Lage
sei, die übrigen Mitglieder des Bundes unter "parlamentarischen Hochdruck" zu



*) Tiefe müssen bekanntlich nicht dem B. N. "ng"hör"it.
Parlament und Regierung im neugesrdneten Deutschland

Vor dem Kriege hat ein französischer Schriftsteller den „preußischen
Egoismus, Lvntrs kennet les sutres IZtÄt8 ne cessent als protester, als Garantie
ihrer Unabhängigkeit" bezeichnet. Weber würde vermutlich diesen Satz unter¬
schreiben, als Träger der Unabhängigkeit hier, des Egoismus dort aber lediglich
die „Bureaukratie" einsetzen."

In Zukunft „geht dieses Stilleben zu Ende. An die Stelle des Pseudo¬
Föderalismuswird angesichts der bevorstehenden finanziellen und wirtschafts¬
politischen Fragen der Friedenszeit eine energische Willensbetütigung der Einzel¬
staaten im Bundesrat treten, ebenso wie das unkontrollierte Beamtenregiment von
der parlamentarischen Regierungsweise abgelöst oder durch sie ergänzt werden soll.
Das Problem besteht also darin, wie sich die Erben der Macht: „gesunder (echter,
aktiver) Föderalismus" und das Regime der „Politiker" miteinander vertragen
können.

Beiden muß dabei ihr Recht werden. Also ist auf der einen Seite die
Parlamentarisierung im Reich durchzuführen. In gediegener Form läßt sich das
nur durch die schon erwähnte Aufhebung des Art. 9 N. V. erreichen. Aber wird
dadurch nicht der andere Teil geschädigt? Nicht der „Bestand des Reiches" (als
„Bundes"-Staat nämlich) gefährdet, wie die „Bayerische Staatszeitung" sich im
Vorjahre äußert? Im Gegenteil, meint, Weber: Wenn durch Aufhebung der
Bestimmung z, B. Bayern in die Lage käme, „einflußreiche Abgeordnete zu Bundes-
ratsbevvllmächtigten zu ernennen"/sei das doch alles andere als eine Stärkung
des „Zentralismus".

Vielmehr droht gerade bei Aufrechterhaltung des Art. 9 diese Gefahr, nur
in viel „bedenklicherer" Form. Eine Parlamentarisierung des Bundesrates ist
nämlich durch das geltende Recht garnicht verhindert, vorausgesetzt, daß in den
Einzelstaaten das neue System durchgedrungen wäre! Denn in diesem Falle
könnten Reichskanzler und etwa im Bundesrat sitzende Staatssekretäre*) als
preußische Parteipolitiker, die Vertreter der anderen Bundesstaaten in entsprechender
Eigenschaft dorthin delegiert sein. Wir bekämen eine deutlich „Partikularistische"
Färbung dieser Behörde, die aber keineswegs „eine Stärkung des positiven Ein¬
flusses der Einzelstaaten im Bundesrat oder ihre Sicherung gegen Majorisierung
bedeuten" würde.

Denn zunächst bliebe der überragende Einfluß Preußens. Nur das Gegen¬
gewicht eines mächtigen Reichstags könne die Zwergstaaten vor dem Schicksal deS
„Stimmviehes" bewahren. Außerdem aber würden die dem Reichstage angehö¬
renden Staatssekretäre, denen also der Eintritt in den Bundesrat verwehrt sein
soll, stets den Einfluß jener parlamentarischen Körperschaft in die Negierungs-
verhältnisse des Reiches hineintragen, was der Kanzler berücksichtigen müßte. Beim
Fehlen eines kollegialen Neichsministeriums wäre aber die weitere Folge vermutlich
die Entwicklung eines selbständigen Regierungskvllegiums neben dem Bundesrat,
— die am natürlichen Abströmen verhinderten politischen .Kräfte schaffen sich wo
anders eine Wirknngsstätte. Dieser wäre also einerseits durch die preußische
Majorität beyerscht, andererseits zur Bedeutungslosigkeit verurteilt. Der föde¬
ralistische Einfluß der nichtpreußischen Stellen wäre ausgeschaltet.

Fällt dagegen Art. 9, kommen also Vertreter der Reichstagsparteien in den
Bundesrat, so ermöglicht der Zusammenhalt der Parteien über das Reich hin eine
„weitgehende Ausgleichung" der regional-partikulariflischen Gegensätze und die
Gefahr einer „großpreußischen" Entwickelung wäre beschworen.

Diese Weberschen Ausführungen sind das genaue Gegenteil von dem, was
man in konservativen preußischen Kreisen, über den berühmten Art. 9 denkt.
Der Berliner Staatsrechtslehrer E. Kaufmann, z. B. glaubt bei Beseitigung
der „Jnkompatibilitätsnorm" für die „Neichssreudigkeit", ja für die „Existenz"
der Einzelstaaten bangen zu müssen, da ja Preußen dann in der Lage
sei, die übrigen Mitglieder des Bundes unter „parlamentarischen Hochdruck" zu



*) Tiefe müssen bekanntlich nicht dem B. N. «ng»hör«it.
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[0272] Parlament und Regierung im neugesrdneten Deutschland Vor dem Kriege hat ein französischer Schriftsteller den „preußischen Egoismus, Lvntrs kennet les sutres IZtÄt8 ne cessent als protester, als Garantie ihrer Unabhängigkeit" bezeichnet. Weber würde vermutlich diesen Satz unter¬ schreiben, als Träger der Unabhängigkeit hier, des Egoismus dort aber lediglich die „Bureaukratie" einsetzen." In Zukunft „geht dieses Stilleben zu Ende. An die Stelle des Pseudo¬ Föderalismuswird angesichts der bevorstehenden finanziellen und wirtschafts¬ politischen Fragen der Friedenszeit eine energische Willensbetütigung der Einzel¬ staaten im Bundesrat treten, ebenso wie das unkontrollierte Beamtenregiment von der parlamentarischen Regierungsweise abgelöst oder durch sie ergänzt werden soll. Das Problem besteht also darin, wie sich die Erben der Macht: „gesunder (echter, aktiver) Föderalismus" und das Regime der „Politiker" miteinander vertragen können. Beiden muß dabei ihr Recht werden. Also ist auf der einen Seite die Parlamentarisierung im Reich durchzuführen. In gediegener Form läßt sich das nur durch die schon erwähnte Aufhebung des Art. 9 N. V. erreichen. Aber wird dadurch nicht der andere Teil geschädigt? Nicht der „Bestand des Reiches" (als „Bundes"-Staat nämlich) gefährdet, wie die „Bayerische Staatszeitung" sich im Vorjahre äußert? Im Gegenteil, meint, Weber: Wenn durch Aufhebung der Bestimmung z, B. Bayern in die Lage käme, „einflußreiche Abgeordnete zu Bundes- ratsbevvllmächtigten zu ernennen"/sei das doch alles andere als eine Stärkung des „Zentralismus". Vielmehr droht gerade bei Aufrechterhaltung des Art. 9 diese Gefahr, nur in viel „bedenklicherer" Form. Eine Parlamentarisierung des Bundesrates ist nämlich durch das geltende Recht garnicht verhindert, vorausgesetzt, daß in den Einzelstaaten das neue System durchgedrungen wäre! Denn in diesem Falle könnten Reichskanzler und etwa im Bundesrat sitzende Staatssekretäre*) als preußische Parteipolitiker, die Vertreter der anderen Bundesstaaten in entsprechender Eigenschaft dorthin delegiert sein. Wir bekämen eine deutlich „Partikularistische" Färbung dieser Behörde, die aber keineswegs „eine Stärkung des positiven Ein¬ flusses der Einzelstaaten im Bundesrat oder ihre Sicherung gegen Majorisierung bedeuten" würde. Denn zunächst bliebe der überragende Einfluß Preußens. Nur das Gegen¬ gewicht eines mächtigen Reichstags könne die Zwergstaaten vor dem Schicksal deS „Stimmviehes" bewahren. Außerdem aber würden die dem Reichstage angehö¬ renden Staatssekretäre, denen also der Eintritt in den Bundesrat verwehrt sein soll, stets den Einfluß jener parlamentarischen Körperschaft in die Negierungs- verhältnisse des Reiches hineintragen, was der Kanzler berücksichtigen müßte. Beim Fehlen eines kollegialen Neichsministeriums wäre aber die weitere Folge vermutlich die Entwicklung eines selbständigen Regierungskvllegiums neben dem Bundesrat, — die am natürlichen Abströmen verhinderten politischen .Kräfte schaffen sich wo anders eine Wirknngsstätte. Dieser wäre also einerseits durch die preußische Majorität beyerscht, andererseits zur Bedeutungslosigkeit verurteilt. Der föde¬ ralistische Einfluß der nichtpreußischen Stellen wäre ausgeschaltet. Fällt dagegen Art. 9, kommen also Vertreter der Reichstagsparteien in den Bundesrat, so ermöglicht der Zusammenhalt der Parteien über das Reich hin eine „weitgehende Ausgleichung" der regional-partikulariflischen Gegensätze und die Gefahr einer „großpreußischen" Entwickelung wäre beschworen. Diese Weberschen Ausführungen sind das genaue Gegenteil von dem, was man in konservativen preußischen Kreisen, über den berühmten Art. 9 denkt. Der Berliner Staatsrechtslehrer E. Kaufmann, z. B. glaubt bei Beseitigung der „Jnkompatibilitätsnorm" für die „Neichssreudigkeit", ja für die „Existenz" der Einzelstaaten bangen zu müssen, da ja Preußen dann in der Lage sei, die übrigen Mitglieder des Bundes unter „parlamentarischen Hochdruck" zu *) Tiefe müssen bekanntlich nicht dem B. N. «ng»hör«it.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333482/272>, abgerufen am 26.08.2024.