Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Einheit unserer Nationalbildmig

Die Einheit unserer Nationalbildung
Professor Paul sinket von

er Einheitsbegrist hat für die meisten Ohren etwas Bestrickendes,
haben es erfahren bei der monistischen Weltanschauung; wir
W^t^WA) "sehen es heute wieder bei dem Schlagwort der Einheitsschule, So
der Begriff erscheint, so unendlich verwickelt ist die Sachs,
zumal seitdem sich Standes- und Berufsinteressen, parteipolitische
und konfessionelle sont^rbestrehungen damit verquickt hsbdn. Der
Angelpunkt der ganzen Frage ist offenbar der soziale Ausgleich: es sollen jedem heran¬
wachsenden Deutschen die gleichen Bildungsmöglichkeiten und Vildungsmittel zur
Verfügung stehen; und dieser Anforderung ist durchaus Rechnung zu tragen, soweit
es ohne gewaltsame Umwälzung unseres Schulwesens möglich ist. Dagegen ist wohl
vorderhand keine Aussicht und auch nicht einmal wünschenswert, daß anstelle
der verschiedenen bestehenden Schulgattungen eine einzige, eben die Einheitsschule
tritt. Auch der eifrigste Verfechter dieser Idee muß sich sagen, daß die Ver¬
hältnisse heute dazu noch nicht reif sind. Stellen wir uns also auf deu Stand¬
punkt, daß es auch in Zukunft noch verschiedene Bildungswege gibt, die wenigstens
zum Teil auch auf verschiedene Ziele gerichtet sind, so fragt es sich, ob wir damit
zugleich aus eine einheitliche Nationalbildung verzichten, oder ob diese trotzdem
noch in irgendeinem Umfange möglich ist.

Bei dem Wort" Nationalbildung kann man zunächst an eine gewisse Bildungs¬
grundlage, ein Mindestmaß der Bildung denken, das ein Gemeingut der ganzen
Nation, d. h, schlechthin aller Staatsbürger, sein soll und durch die Volksschule
vermittelt wird. Weiterhin aber kann sich damit auch der Begriff eines im eigent¬
lichen Sinne nationalen Gepräges der gesamten, also auch der höheren Bildung
verbinden, wodurch sich unsere deutsch-nationale Bildung von derjenigen anderer
Nationen wesentlich unterschiede. Schließlich kann der Ausdruck "national" noch
in der engeren Bedeutung des Politischen gemeint sein, wie man denn ein poli¬
tisches Bildungsideal > anderen Begriffen der Bildung, etwa der humanistischen,
gegenübergestellt hat. Daß wahre Nationalbildung nicht denkbar ist ohne ein
starkes politisches Gemeinschaftsgefühl ist selbstverständlich. Aber es würde zu
einer Veräußerlichung der Bildung führen, wollte man in einseitiger Weise die
politischen Ideen in den Vordergrund der Volkserziehung stellen. Der Mensch ist
nicht nur Staatsbürger; sein Lebensgehalt kann und soll nicht im politischen
Wesen aufgehen. Damit ist aber keineswegs ausgeschlossen, daß die National-
bildung eine Bildung für die Nation und deren Bedürfnisse sei; im Gegenteil
fordern wir eine Volksbildung, die im Gegensatz zu dem früheren individualistischen
Lebensideal die Erziehung zur Gemeinschaft, also in erster Linie für den Staat
einschließt. Durch den Vergleich mit jener individualistischen Anschauung gewinnt
der Begriff der Nationalbildung erst seine volle Bestimmtheit. Früher glaubte
man, Bildung sei im wesentlichen nur eine Entfaltung der eigenen Individualität,
wodurch das Allgemein-Menschliche in jeder Persönlichkeit von selbst entwickelt
und die verschiedenen Individuen doch wieder zu einer geistigen Gemeinschaft ver¬
einigt würden. So spricht Wilhelm von Humboldt es in seinem Werke "Über die
Grenzen der Wirksamkeit des Staates" aus: "Das höchste Ideal des Zusmnmen-
existierens menschlicher Wesen wäre nur dasjenige, in dem jedes nur aus sich selbst
und um seiner selbst willen sich entwickelte. Psychische und moralische Natur
würden diese Menschen schon noch aneinander führen". Dieses Vertrauen haben
wir nicht mehr; denn wir haben erfahren, daß einseitiger Individualismus die
Menschen vereinzelt und einander entfremdet. Daher ist uns Bildung nicht mehr
bloße Formung des Menschen von innen heraus; sondern sie muß hervorgehen
aus der Wechselwirkung zwischen individueller Anlage des einzelnen und über¬
individueller Anforderung, wie sie das Leben der Gemeinschaft stellt. Das neue
Ideal der Nationalbildung steht daher nicht im schroffen, unvereinbarer Gegensatze


Die Einheit unserer Nationalbildmig

Die Einheit unserer Nationalbildung
Professor Paul sinket von

er Einheitsbegrist hat für die meisten Ohren etwas Bestrickendes,
haben es erfahren bei der monistischen Weltanschauung; wir
W^t^WA) «sehen es heute wieder bei dem Schlagwort der Einheitsschule, So
der Begriff erscheint, so unendlich verwickelt ist die Sachs,
zumal seitdem sich Standes- und Berufsinteressen, parteipolitische
und konfessionelle sont^rbestrehungen damit verquickt hsbdn. Der
Angelpunkt der ganzen Frage ist offenbar der soziale Ausgleich: es sollen jedem heran¬
wachsenden Deutschen die gleichen Bildungsmöglichkeiten und Vildungsmittel zur
Verfügung stehen; und dieser Anforderung ist durchaus Rechnung zu tragen, soweit
es ohne gewaltsame Umwälzung unseres Schulwesens möglich ist. Dagegen ist wohl
vorderhand keine Aussicht und auch nicht einmal wünschenswert, daß anstelle
der verschiedenen bestehenden Schulgattungen eine einzige, eben die Einheitsschule
tritt. Auch der eifrigste Verfechter dieser Idee muß sich sagen, daß die Ver¬
hältnisse heute dazu noch nicht reif sind. Stellen wir uns also auf deu Stand¬
punkt, daß es auch in Zukunft noch verschiedene Bildungswege gibt, die wenigstens
zum Teil auch auf verschiedene Ziele gerichtet sind, so fragt es sich, ob wir damit
zugleich aus eine einheitliche Nationalbildung verzichten, oder ob diese trotzdem
noch in irgendeinem Umfange möglich ist.

Bei dem Wort« Nationalbildung kann man zunächst an eine gewisse Bildungs¬
grundlage, ein Mindestmaß der Bildung denken, das ein Gemeingut der ganzen
Nation, d. h, schlechthin aller Staatsbürger, sein soll und durch die Volksschule
vermittelt wird. Weiterhin aber kann sich damit auch der Begriff eines im eigent¬
lichen Sinne nationalen Gepräges der gesamten, also auch der höheren Bildung
verbinden, wodurch sich unsere deutsch-nationale Bildung von derjenigen anderer
Nationen wesentlich unterschiede. Schließlich kann der Ausdruck „national" noch
in der engeren Bedeutung des Politischen gemeint sein, wie man denn ein poli¬
tisches Bildungsideal > anderen Begriffen der Bildung, etwa der humanistischen,
gegenübergestellt hat. Daß wahre Nationalbildung nicht denkbar ist ohne ein
starkes politisches Gemeinschaftsgefühl ist selbstverständlich. Aber es würde zu
einer Veräußerlichung der Bildung führen, wollte man in einseitiger Weise die
politischen Ideen in den Vordergrund der Volkserziehung stellen. Der Mensch ist
nicht nur Staatsbürger; sein Lebensgehalt kann und soll nicht im politischen
Wesen aufgehen. Damit ist aber keineswegs ausgeschlossen, daß die National-
bildung eine Bildung für die Nation und deren Bedürfnisse sei; im Gegenteil
fordern wir eine Volksbildung, die im Gegensatz zu dem früheren individualistischen
Lebensideal die Erziehung zur Gemeinschaft, also in erster Linie für den Staat
einschließt. Durch den Vergleich mit jener individualistischen Anschauung gewinnt
der Begriff der Nationalbildung erst seine volle Bestimmtheit. Früher glaubte
man, Bildung sei im wesentlichen nur eine Entfaltung der eigenen Individualität,
wodurch das Allgemein-Menschliche in jeder Persönlichkeit von selbst entwickelt
und die verschiedenen Individuen doch wieder zu einer geistigen Gemeinschaft ver¬
einigt würden. So spricht Wilhelm von Humboldt es in seinem Werke „Über die
Grenzen der Wirksamkeit des Staates" aus: „Das höchste Ideal des Zusmnmen-
existierens menschlicher Wesen wäre nur dasjenige, in dem jedes nur aus sich selbst
und um seiner selbst willen sich entwickelte. Psychische und moralische Natur
würden diese Menschen schon noch aneinander führen". Dieses Vertrauen haben
wir nicht mehr; denn wir haben erfahren, daß einseitiger Individualismus die
Menschen vereinzelt und einander entfremdet. Daher ist uns Bildung nicht mehr
bloße Formung des Menschen von innen heraus; sondern sie muß hervorgehen
aus der Wechselwirkung zwischen individueller Anlage des einzelnen und über¬
individueller Anforderung, wie sie das Leben der Gemeinschaft stellt. Das neue
Ideal der Nationalbildung steht daher nicht im schroffen, unvereinbarer Gegensatze


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0026" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/333509"/>
            <fw type="header" place="top"> Die Einheit unserer Nationalbildmig</fw><lb/>
          </div>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Die Einheit unserer Nationalbildung<lb/><note type="byline"> Professor Paul sinket</note> von </head><lb/>
          <p xml:id="ID_46"> er Einheitsbegrist hat für die meisten Ohren etwas Bestrickendes,<lb/>
haben es erfahren bei der monistischen Weltanschauung; wir<lb/>
W^t^WA) «sehen es heute wieder bei dem Schlagwort der Einheitsschule, So<lb/>
der Begriff erscheint, so unendlich verwickelt ist die Sachs,<lb/>
zumal seitdem sich Standes- und Berufsinteressen, parteipolitische<lb/>
und konfessionelle sont^rbestrehungen damit verquickt hsbdn. Der<lb/>
Angelpunkt der ganzen Frage ist offenbar der soziale Ausgleich: es sollen jedem heran¬<lb/>
wachsenden Deutschen die gleichen Bildungsmöglichkeiten und Vildungsmittel zur<lb/>
Verfügung stehen; und dieser Anforderung ist durchaus Rechnung zu tragen, soweit<lb/>
es ohne gewaltsame Umwälzung unseres Schulwesens möglich ist. Dagegen ist wohl<lb/>
vorderhand keine Aussicht und auch nicht einmal wünschenswert, daß anstelle<lb/>
der verschiedenen bestehenden Schulgattungen eine einzige, eben die Einheitsschule<lb/>
tritt. Auch der eifrigste Verfechter dieser Idee muß sich sagen, daß die Ver¬<lb/>
hältnisse heute dazu noch nicht reif sind.  Stellen wir uns also auf deu Stand¬<lb/>
punkt, daß es auch in Zukunft noch verschiedene Bildungswege gibt, die wenigstens<lb/>
zum Teil auch auf verschiedene Ziele gerichtet sind, so fragt es sich, ob wir damit<lb/>
zugleich aus eine einheitliche Nationalbildung verzichten, oder ob diese trotzdem<lb/>
noch in irgendeinem Umfange möglich ist.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_47" next="#ID_48"> Bei dem Wort« Nationalbildung kann man zunächst an eine gewisse Bildungs¬<lb/>
grundlage, ein Mindestmaß der Bildung denken, das ein Gemeingut der ganzen<lb/>
Nation, d. h, schlechthin aller Staatsbürger, sein soll und durch die Volksschule<lb/>
vermittelt wird. Weiterhin aber kann sich damit auch der Begriff eines im eigent¬<lb/>
lichen Sinne nationalen Gepräges der gesamten, also auch der höheren Bildung<lb/>
verbinden, wodurch sich unsere deutsch-nationale Bildung von derjenigen anderer<lb/>
Nationen wesentlich unterschiede. Schließlich kann der Ausdruck &#x201E;national" noch<lb/>
in der engeren Bedeutung des Politischen gemeint sein, wie man denn ein poli¬<lb/>
tisches Bildungsideal &gt; anderen Begriffen der Bildung, etwa der humanistischen,<lb/>
gegenübergestellt hat. Daß wahre Nationalbildung nicht denkbar ist ohne ein<lb/>
starkes politisches Gemeinschaftsgefühl ist selbstverständlich. Aber es würde zu<lb/>
einer Veräußerlichung der Bildung führen, wollte man in einseitiger Weise die<lb/>
politischen Ideen in den Vordergrund der Volkserziehung stellen. Der Mensch ist<lb/>
nicht nur Staatsbürger; sein Lebensgehalt kann und soll nicht im politischen<lb/>
Wesen aufgehen. Damit ist aber keineswegs ausgeschlossen, daß die National-<lb/>
bildung eine Bildung für die Nation und deren Bedürfnisse sei; im Gegenteil<lb/>
fordern wir eine Volksbildung, die im Gegensatz zu dem früheren individualistischen<lb/>
Lebensideal die Erziehung zur Gemeinschaft, also in erster Linie für den Staat<lb/>
einschließt. Durch den Vergleich mit jener individualistischen Anschauung gewinnt<lb/>
der Begriff der Nationalbildung erst seine volle Bestimmtheit. Früher glaubte<lb/>
man, Bildung sei im wesentlichen nur eine Entfaltung der eigenen Individualität,<lb/>
wodurch das Allgemein-Menschliche in jeder Persönlichkeit von selbst entwickelt<lb/>
und die verschiedenen Individuen doch wieder zu einer geistigen Gemeinschaft ver¬<lb/>
einigt würden. So spricht Wilhelm von Humboldt es in seinem Werke &#x201E;Über die<lb/>
Grenzen der Wirksamkeit des Staates" aus: &#x201E;Das höchste Ideal des Zusmnmen-<lb/>
existierens menschlicher Wesen wäre nur dasjenige, in dem jedes nur aus sich selbst<lb/>
und um seiner selbst willen sich entwickelte. Psychische und moralische Natur<lb/>
würden diese Menschen schon noch aneinander führen". Dieses Vertrauen haben<lb/>
wir nicht mehr; denn wir haben erfahren, daß einseitiger Individualismus die<lb/>
Menschen vereinzelt und einander entfremdet. Daher ist uns Bildung nicht mehr<lb/>
bloße Formung des Menschen von innen heraus; sondern sie muß hervorgehen<lb/>
aus der Wechselwirkung zwischen individueller Anlage des einzelnen und über¬<lb/>
individueller Anforderung, wie sie das Leben der Gemeinschaft stellt. Das neue<lb/>
Ideal der Nationalbildung steht daher nicht im schroffen, unvereinbarer Gegensatze</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0026] Die Einheit unserer Nationalbildmig Die Einheit unserer Nationalbildung Professor Paul sinket von er Einheitsbegrist hat für die meisten Ohren etwas Bestrickendes, haben es erfahren bei der monistischen Weltanschauung; wir W^t^WA) «sehen es heute wieder bei dem Schlagwort der Einheitsschule, So der Begriff erscheint, so unendlich verwickelt ist die Sachs, zumal seitdem sich Standes- und Berufsinteressen, parteipolitische und konfessionelle sont^rbestrehungen damit verquickt hsbdn. Der Angelpunkt der ganzen Frage ist offenbar der soziale Ausgleich: es sollen jedem heran¬ wachsenden Deutschen die gleichen Bildungsmöglichkeiten und Vildungsmittel zur Verfügung stehen; und dieser Anforderung ist durchaus Rechnung zu tragen, soweit es ohne gewaltsame Umwälzung unseres Schulwesens möglich ist. Dagegen ist wohl vorderhand keine Aussicht und auch nicht einmal wünschenswert, daß anstelle der verschiedenen bestehenden Schulgattungen eine einzige, eben die Einheitsschule tritt. Auch der eifrigste Verfechter dieser Idee muß sich sagen, daß die Ver¬ hältnisse heute dazu noch nicht reif sind. Stellen wir uns also auf deu Stand¬ punkt, daß es auch in Zukunft noch verschiedene Bildungswege gibt, die wenigstens zum Teil auch auf verschiedene Ziele gerichtet sind, so fragt es sich, ob wir damit zugleich aus eine einheitliche Nationalbildung verzichten, oder ob diese trotzdem noch in irgendeinem Umfange möglich ist. Bei dem Wort« Nationalbildung kann man zunächst an eine gewisse Bildungs¬ grundlage, ein Mindestmaß der Bildung denken, das ein Gemeingut der ganzen Nation, d. h, schlechthin aller Staatsbürger, sein soll und durch die Volksschule vermittelt wird. Weiterhin aber kann sich damit auch der Begriff eines im eigent¬ lichen Sinne nationalen Gepräges der gesamten, also auch der höheren Bildung verbinden, wodurch sich unsere deutsch-nationale Bildung von derjenigen anderer Nationen wesentlich unterschiede. Schließlich kann der Ausdruck „national" noch in der engeren Bedeutung des Politischen gemeint sein, wie man denn ein poli¬ tisches Bildungsideal > anderen Begriffen der Bildung, etwa der humanistischen, gegenübergestellt hat. Daß wahre Nationalbildung nicht denkbar ist ohne ein starkes politisches Gemeinschaftsgefühl ist selbstverständlich. Aber es würde zu einer Veräußerlichung der Bildung führen, wollte man in einseitiger Weise die politischen Ideen in den Vordergrund der Volkserziehung stellen. Der Mensch ist nicht nur Staatsbürger; sein Lebensgehalt kann und soll nicht im politischen Wesen aufgehen. Damit ist aber keineswegs ausgeschlossen, daß die National- bildung eine Bildung für die Nation und deren Bedürfnisse sei; im Gegenteil fordern wir eine Volksbildung, die im Gegensatz zu dem früheren individualistischen Lebensideal die Erziehung zur Gemeinschaft, also in erster Linie für den Staat einschließt. Durch den Vergleich mit jener individualistischen Anschauung gewinnt der Begriff der Nationalbildung erst seine volle Bestimmtheit. Früher glaubte man, Bildung sei im wesentlichen nur eine Entfaltung der eigenen Individualität, wodurch das Allgemein-Menschliche in jeder Persönlichkeit von selbst entwickelt und die verschiedenen Individuen doch wieder zu einer geistigen Gemeinschaft ver¬ einigt würden. So spricht Wilhelm von Humboldt es in seinem Werke „Über die Grenzen der Wirksamkeit des Staates" aus: „Das höchste Ideal des Zusmnmen- existierens menschlicher Wesen wäre nur dasjenige, in dem jedes nur aus sich selbst und um seiner selbst willen sich entwickelte. Psychische und moralische Natur würden diese Menschen schon noch aneinander führen". Dieses Vertrauen haben wir nicht mehr; denn wir haben erfahren, daß einseitiger Individualismus die Menschen vereinzelt und einander entfremdet. Daher ist uns Bildung nicht mehr bloße Formung des Menschen von innen heraus; sondern sie muß hervorgehen aus der Wechselwirkung zwischen individueller Anlage des einzelnen und über¬ individueller Anforderung, wie sie das Leben der Gemeinschaft stellt. Das neue Ideal der Nationalbildung steht daher nicht im schroffen, unvereinbarer Gegensatze

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333482
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333482/26
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333482/26>, abgerufen am 01.07.2024.