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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Zweites Vierteljahr.

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Reform des lvcchlvcrfahrens

Die Vielheit der vorgeschlagenen AbHilfsmittel läßt schon vermuten, daß
keines wirklich gründlich hilft. In der Tat ist das Herumbessern des einzelnen
Wählers an der von der Parteileitung ausgegebenen Liste im allgemeinen
wirkungslos; denn nur wenn viele nach gemeinsamer Verabredung dieselben
Änderungen vornehmen, kann ein Einfluß auf das Wahlergebnis erzielt werden.
Diese Organisation aber ist es ja eben, welche die einzelnen Wähler nicht so zu
leisten vermögen, daß sie der offiziellen Parteiorganisation die Spitze bieten können.
Andererseits öffnet die Möglichkeit der Listenänderung allerhand unsauberen
Machenschaften Tür und Tor und gibt unter Umständen wenigen Parteiwählern
oder gar Angehörigen der Gegenpartei die Möglichkeit, die Führer der Partei zu
Fall zu bringen, die Liste zu "köpfen". Auch bleibt bei allen Verbesserungen der
große llbelstand bestehen, daß die Nennung desselben Kandidaten auf verschiedenen
Parteilisten verboten und dadurch jeder zwischen und über den Parteien Pehende
Kandidat ausgeschlossen wird.

Man hat nun die Lösung des Problems auf ganz anderem Wege versucht.
Dieser ist sogar der ältere und ursprünglichere, denn das erste hierhergehörige
Wahlsystem, das bereits im Jahre 1859 in England vorgeschlagen wurde, kennt
keine offiziellen Parteiliften, sondern überläßt es jedem einzelnen Wähler, seine
Liste sich selber zusammenzustellen. Das aber führt, wie leicht begreiflich, zu solch
unendlicher Zersplitterung der Meinungen, daß schon das Geschäft der Stimm-
znhlung und der Ermittelung des Wahlergebnisses auf technische Schwierigkeiten
stößt, die die Durchführung bei einer zahlreichen Wählerschaft unmöglich machen.

Also Organisation der Wählerschaft durch anerkannte Kandidatenlisten ist
notwendig. Aber wem ist ihre Aufstellung zu übertragen, wenn die Parteileitung
sie nicht aufstellen soll, der einzelne Wähler es nicht kann? Antwort: der Kandidat
selber soll die Liste machen, soll die "Nachmänner" bezeichnen, auf welche die ihm
zufallenden Stimmen übergehen, falls sie für ihn selber nicht verwendbar sind,
sei es, weil er schon eine genügende Anzahl besitzt, um gewählt zu sein, sei es.
weil er zu wenig hat, um selber für einen Sitz in Frage zu kommen. Die
Kandidaten selber, die ja, wenn zu Abgeordneten erwählt, die Führer ihres Volkes
sein sollen, sind auch die gegebenen Organisatoren der Wählerschaft. Diese aus
unserer Überlegung mit logischer Notwendigkeit hervorgehende, zuerst von Zeller
1913 ("Hirths Annalen des Deutschen Reiches", Seite 53 und 585) öffentlich aus-
gesprochene Lösung scheint mir alle llbelstände zu beseitigen oder doch auf ein
erträgliches Maß zurückzuführen.

Ohne im übrigen die Betätigung der Parteien bei den Wahlen, die ja
durchaus erwünscht und unentbehrlich ist, zu beschränken oder die Aufstellung von
Purleilisten zu hindern, nimmt diese Regelung doch der Parteilifle den offiziellen
Charakter und damit den Zwang, den sie auf Wähler und Kandidaten ausübt.
Offiziell existieren nur noch die von den einzelnen Kandidaten aufgestellten Nach-
Männerlisten. Jeder Kandidat ist in der Bezeichnung seiner Nachmänner ganz
frei und zugleich ganz verantwortlich. Dadurch, daß er dem Wähler gegenüber
moralisch für die Nachmänner haftet, die er empfiehlt, erhält dieser eine weil
bessere Bürgschaft für deren Gesinnung, als durch die Beschlüsse einer anonymen
Parteikomiteemajorität, für die niemand die volle Verantwortlichkeit übernimmt,
und bei denen oft alle möglichen ursachlichen Momente den Ausschlag geben.
Dadurch, daß er ganz frei ist in der Auswahl seiner Nachmänner. kann er die
von der Partei empfohlene Liste seiner persönlichen Überzeugung gemäß modeln;
es kommen auf den Listen Zusammenstellungen von Namen zustande, die sonst
unmöglich gewesen wären, Bewerber, welche zwischen und über den Parteien
stehen, erhalten günstige Aussichten, jeder bedeutende Staatsmann, jeder Politiker,
der einen Namen hat, darf auf einen Sitz im Parlament rechnen, auch wenn er
sich auf kein anerkanntes Parteiprogramm festlegt. Die Parteien selber werden vor
Abwegen behütet und durch einen wohltätigen Zwang bei ihrer hohen Aufgabe,
Helfer und Diener der politischen Gesamtheit zu sein, festgehalten und sich selbst
Sum Heil genötigt, von überall her die Tüchtigsten zu Wahlkandidaten und Partei-


Reform des lvcchlvcrfahrens

Die Vielheit der vorgeschlagenen AbHilfsmittel läßt schon vermuten, daß
keines wirklich gründlich hilft. In der Tat ist das Herumbessern des einzelnen
Wählers an der von der Parteileitung ausgegebenen Liste im allgemeinen
wirkungslos; denn nur wenn viele nach gemeinsamer Verabredung dieselben
Änderungen vornehmen, kann ein Einfluß auf das Wahlergebnis erzielt werden.
Diese Organisation aber ist es ja eben, welche die einzelnen Wähler nicht so zu
leisten vermögen, daß sie der offiziellen Parteiorganisation die Spitze bieten können.
Andererseits öffnet die Möglichkeit der Listenänderung allerhand unsauberen
Machenschaften Tür und Tor und gibt unter Umständen wenigen Parteiwählern
oder gar Angehörigen der Gegenpartei die Möglichkeit, die Führer der Partei zu
Fall zu bringen, die Liste zu „köpfen". Auch bleibt bei allen Verbesserungen der
große llbelstand bestehen, daß die Nennung desselben Kandidaten auf verschiedenen
Parteilisten verboten und dadurch jeder zwischen und über den Parteien Pehende
Kandidat ausgeschlossen wird.

Man hat nun die Lösung des Problems auf ganz anderem Wege versucht.
Dieser ist sogar der ältere und ursprünglichere, denn das erste hierhergehörige
Wahlsystem, das bereits im Jahre 1859 in England vorgeschlagen wurde, kennt
keine offiziellen Parteiliften, sondern überläßt es jedem einzelnen Wähler, seine
Liste sich selber zusammenzustellen. Das aber führt, wie leicht begreiflich, zu solch
unendlicher Zersplitterung der Meinungen, daß schon das Geschäft der Stimm-
znhlung und der Ermittelung des Wahlergebnisses auf technische Schwierigkeiten
stößt, die die Durchführung bei einer zahlreichen Wählerschaft unmöglich machen.

Also Organisation der Wählerschaft durch anerkannte Kandidatenlisten ist
notwendig. Aber wem ist ihre Aufstellung zu übertragen, wenn die Parteileitung
sie nicht aufstellen soll, der einzelne Wähler es nicht kann? Antwort: der Kandidat
selber soll die Liste machen, soll die „Nachmänner" bezeichnen, auf welche die ihm
zufallenden Stimmen übergehen, falls sie für ihn selber nicht verwendbar sind,
sei es, weil er schon eine genügende Anzahl besitzt, um gewählt zu sein, sei es.
weil er zu wenig hat, um selber für einen Sitz in Frage zu kommen. Die
Kandidaten selber, die ja, wenn zu Abgeordneten erwählt, die Führer ihres Volkes
sein sollen, sind auch die gegebenen Organisatoren der Wählerschaft. Diese aus
unserer Überlegung mit logischer Notwendigkeit hervorgehende, zuerst von Zeller
1913 („Hirths Annalen des Deutschen Reiches", Seite 53 und 585) öffentlich aus-
gesprochene Lösung scheint mir alle llbelstände zu beseitigen oder doch auf ein
erträgliches Maß zurückzuführen.

Ohne im übrigen die Betätigung der Parteien bei den Wahlen, die ja
durchaus erwünscht und unentbehrlich ist, zu beschränken oder die Aufstellung von
Purleilisten zu hindern, nimmt diese Regelung doch der Parteilifle den offiziellen
Charakter und damit den Zwang, den sie auf Wähler und Kandidaten ausübt.
Offiziell existieren nur noch die von den einzelnen Kandidaten aufgestellten Nach-
Männerlisten. Jeder Kandidat ist in der Bezeichnung seiner Nachmänner ganz
frei und zugleich ganz verantwortlich. Dadurch, daß er dem Wähler gegenüber
moralisch für die Nachmänner haftet, die er empfiehlt, erhält dieser eine weil
bessere Bürgschaft für deren Gesinnung, als durch die Beschlüsse einer anonymen
Parteikomiteemajorität, für die niemand die volle Verantwortlichkeit übernimmt,
und bei denen oft alle möglichen ursachlichen Momente den Ausschlag geben.
Dadurch, daß er ganz frei ist in der Auswahl seiner Nachmänner. kann er die
von der Partei empfohlene Liste seiner persönlichen Überzeugung gemäß modeln;
es kommen auf den Listen Zusammenstellungen von Namen zustande, die sonst
unmöglich gewesen wären, Bewerber, welche zwischen und über den Parteien
stehen, erhalten günstige Aussichten, jeder bedeutende Staatsmann, jeder Politiker,
der einen Namen hat, darf auf einen Sitz im Parlament rechnen, auch wenn er
sich auf kein anerkanntes Parteiprogramm festlegt. Die Parteien selber werden vor
Abwegen behütet und durch einen wohltätigen Zwang bei ihrer hohen Aufgabe,
Helfer und Diener der politischen Gesamtheit zu sein, festgehalten und sich selbst
Sum Heil genötigt, von überall her die Tüchtigsten zu Wahlkandidaten und Partei-


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[0241] Reform des lvcchlvcrfahrens Die Vielheit der vorgeschlagenen AbHilfsmittel läßt schon vermuten, daß keines wirklich gründlich hilft. In der Tat ist das Herumbessern des einzelnen Wählers an der von der Parteileitung ausgegebenen Liste im allgemeinen wirkungslos; denn nur wenn viele nach gemeinsamer Verabredung dieselben Änderungen vornehmen, kann ein Einfluß auf das Wahlergebnis erzielt werden. Diese Organisation aber ist es ja eben, welche die einzelnen Wähler nicht so zu leisten vermögen, daß sie der offiziellen Parteiorganisation die Spitze bieten können. Andererseits öffnet die Möglichkeit der Listenänderung allerhand unsauberen Machenschaften Tür und Tor und gibt unter Umständen wenigen Parteiwählern oder gar Angehörigen der Gegenpartei die Möglichkeit, die Führer der Partei zu Fall zu bringen, die Liste zu „köpfen". Auch bleibt bei allen Verbesserungen der große llbelstand bestehen, daß die Nennung desselben Kandidaten auf verschiedenen Parteilisten verboten und dadurch jeder zwischen und über den Parteien Pehende Kandidat ausgeschlossen wird. Man hat nun die Lösung des Problems auf ganz anderem Wege versucht. Dieser ist sogar der ältere und ursprünglichere, denn das erste hierhergehörige Wahlsystem, das bereits im Jahre 1859 in England vorgeschlagen wurde, kennt keine offiziellen Parteiliften, sondern überläßt es jedem einzelnen Wähler, seine Liste sich selber zusammenzustellen. Das aber führt, wie leicht begreiflich, zu solch unendlicher Zersplitterung der Meinungen, daß schon das Geschäft der Stimm- znhlung und der Ermittelung des Wahlergebnisses auf technische Schwierigkeiten stößt, die die Durchführung bei einer zahlreichen Wählerschaft unmöglich machen. Also Organisation der Wählerschaft durch anerkannte Kandidatenlisten ist notwendig. Aber wem ist ihre Aufstellung zu übertragen, wenn die Parteileitung sie nicht aufstellen soll, der einzelne Wähler es nicht kann? Antwort: der Kandidat selber soll die Liste machen, soll die „Nachmänner" bezeichnen, auf welche die ihm zufallenden Stimmen übergehen, falls sie für ihn selber nicht verwendbar sind, sei es, weil er schon eine genügende Anzahl besitzt, um gewählt zu sein, sei es. weil er zu wenig hat, um selber für einen Sitz in Frage zu kommen. Die Kandidaten selber, die ja, wenn zu Abgeordneten erwählt, die Führer ihres Volkes sein sollen, sind auch die gegebenen Organisatoren der Wählerschaft. Diese aus unserer Überlegung mit logischer Notwendigkeit hervorgehende, zuerst von Zeller 1913 („Hirths Annalen des Deutschen Reiches", Seite 53 und 585) öffentlich aus- gesprochene Lösung scheint mir alle llbelstände zu beseitigen oder doch auf ein erträgliches Maß zurückzuführen. Ohne im übrigen die Betätigung der Parteien bei den Wahlen, die ja durchaus erwünscht und unentbehrlich ist, zu beschränken oder die Aufstellung von Purleilisten zu hindern, nimmt diese Regelung doch der Parteilifle den offiziellen Charakter und damit den Zwang, den sie auf Wähler und Kandidaten ausübt. Offiziell existieren nur noch die von den einzelnen Kandidaten aufgestellten Nach- Männerlisten. Jeder Kandidat ist in der Bezeichnung seiner Nachmänner ganz frei und zugleich ganz verantwortlich. Dadurch, daß er dem Wähler gegenüber moralisch für die Nachmänner haftet, die er empfiehlt, erhält dieser eine weil bessere Bürgschaft für deren Gesinnung, als durch die Beschlüsse einer anonymen Parteikomiteemajorität, für die niemand die volle Verantwortlichkeit übernimmt, und bei denen oft alle möglichen ursachlichen Momente den Ausschlag geben. Dadurch, daß er ganz frei ist in der Auswahl seiner Nachmänner. kann er die von der Partei empfohlene Liste seiner persönlichen Überzeugung gemäß modeln; es kommen auf den Listen Zusammenstellungen von Namen zustande, die sonst unmöglich gewesen wären, Bewerber, welche zwischen und über den Parteien stehen, erhalten günstige Aussichten, jeder bedeutende Staatsmann, jeder Politiker, der einen Namen hat, darf auf einen Sitz im Parlament rechnen, auch wenn er sich auf kein anerkanntes Parteiprogramm festlegt. Die Parteien selber werden vor Abwegen behütet und durch einen wohltätigen Zwang bei ihrer hohen Aufgabe, Helfer und Diener der politischen Gesamtheit zu sein, festgehalten und sich selbst Sum Heil genötigt, von überall her die Tüchtigsten zu Wahlkandidaten und Partei-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333482/241>, abgerufen am 03.07.2024.