Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Auf dem Wege zum Frieden

Materials in Amiens, Bedrohung von Paris! Der politische Nutzen muß sich von
selbst ergeben und -- er könnte ausbleiben, wie gesagt, trotz der größten mili¬
tärischen Erfolge.

Es wird hier an diesen Zusammenhang wieder wie aus Anlaß der Offen¬
sive gegen Italien im letzten Herbst erinnert, weil so unendlich viel auch politisch
tätige Menschen glauben, die großen Siege im Westen müßten unbedingt den
Frieden nach sich ziehen, wie nach der Jsonzo-Offensive auf einen Frieden mit
Italien gerechnet wurde. Wer so urteilt, hat keine genügende Übersicht über die
Weltzusammenhänge und die Stärke der englischen Stellung in ihnen. Man
Schelte mich nicht einen Pessimisten; ich bin es nie gewesen; ich glaube an einen
gewaltigen durchschlagenden Sieg unserer Waffen, und zwar nicht nur an einen
militärischen, sondern seit GrafHertlings erfahrene Ruhe die deutschen Bi lange
vertritt, auch an einen politischen- Noch dazu jetzt, wo der Angriff in einem so
überaus glücklichen psychologischen Moment, gewissermaßen als Antwort aus den
Schiffsraub in Holland erfolgtel Doch ein politischer Sieg wird voraussicht¬
lich auch nach dem gelungenen Angriff auf Amiens nicht greifbar sein, weil Eng¬
land selbst nach der Abtrennung seiner kontinentalen Front von der der Franzosen
nicht an seinem Lebensnerv getroffen wird. An den Frieden dürfen wir erst
denken, wenn wir die Engländer, das sind die Erzeuger des Krieges, seine Träger
und noch unversiegte Kraftquelle, zum Frieden gezwungen haben. Das Erhebende
und stärkende der gegenwärtigen Offensive liegt in der Tatsache, daß sie auf dem
Wege zu diesem Ziel liegt. Der Weg selbst ist aber noch lang, und mir will es
scheinen, daß noch eine zweite, an die erste dicht anschließende Waffentat erforder¬
lich sein wird, um einen politischen Erfolg aufzulösen.

Nach den bisherigen Erfahrungen dürfen wir in unseren politischen Hoff¬
nungen nicht zu kühn zu sein. Die Sprengung der Entente, die manch einer er¬
hofft, ist einfach deshalb nicht als politisches Ergebnis der Kaiserschlacht zu er¬
warten, weil ihr Bestand nicht begründet ist auf der Dauerhaftigkeit der französisch¬
englischen Nahtstelle an der Westfront, sondern in tief verstrickten Verhältnissen
der Weltwictschaftspolitik. Zudem ist der Geistes- und Nervenzustand der Fran¬
zosen ein solcher, auch das Eingreifen der Zivilbevölkerung von Albert in den
Kampf spricht dafür, daß in Frankreich eher Revolution als Unterwerfung zu er¬
warten ist. Die jetzige Regierung und ihre Hintermänner können keinen Frieden
schließen, ohne den eignen Kopf zu riskieren. Eine weiter links stehende Regierung
könnte nur Trägerin der Anarchie sein, ähnlich wie in Rußland. Daß ein Usur¬
pator sich an die Spitze der Armee stellen könnte? ... es sind nirgends Anzeichen
dafür vorhanden, daß eine entsprechende Persönlichkeit vorhanden wäre. Soll
aber der Zersetzungsprozeß in Frankreich militärpolitisch wirksam werden, so müßte
es von Italien abgeschnitten und seine Mittelmeerhäfen müßten geschlossen werden.
Dann könnte erst mit einem Ausscheiden Frankreichs aus der Reihe der Kämpfenden
in absehbarer Zeit gerechnet werden. Das Ende des Krieges bedeutete aber auch
diese militärische Tatsache noch nicht.

Wer die Bedeutung einer der auf dem Kontinent geschlagenen Schlachten
ermessen will, darf sich nicht darauf beschränken, die Karte von Frankreich, Ru߬
land oder Vorderasien dabei zu Rate zu ziehen, er muß schon die Weltkarte vor¬
nehmen. Dann erst bekommt er den richtigen Maßstab für die Tragweite des
gewaltigen Geschehens. ES sind nicht mehr europäische Kontinentalkräfte, die gegen¬
einander wirken, sondern Weltkräfte! In diesem Zusammenhange haben unsere
Gegner durchaus recht, wenn sie von dem voraussichtlichen Sieg unserer Truppen
im Westen schon jetzt als von einem taktischen Erfolg, nicht aber von einem strate¬
gischen sprechen. Die Leistung an sich wird dadurch nicht verkleinert, vielmehr
werden die gewaltigen gegeneinander strebenden" Kräfte dargelegt und wir
erhalten erst einen Begriff von dem, was ein innerlich geeintes und gut ge¬
führtes Volk, was unsere Armeen und auch die Bevölkerung daheim schon
geleistet haben und was sie noch werden leisten müssen, um den Endsieg erringen
zu können.


Auf dem Wege zum Frieden

Materials in Amiens, Bedrohung von Paris! Der politische Nutzen muß sich von
selbst ergeben und — er könnte ausbleiben, wie gesagt, trotz der größten mili¬
tärischen Erfolge.

Es wird hier an diesen Zusammenhang wieder wie aus Anlaß der Offen¬
sive gegen Italien im letzten Herbst erinnert, weil so unendlich viel auch politisch
tätige Menschen glauben, die großen Siege im Westen müßten unbedingt den
Frieden nach sich ziehen, wie nach der Jsonzo-Offensive auf einen Frieden mit
Italien gerechnet wurde. Wer so urteilt, hat keine genügende Übersicht über die
Weltzusammenhänge und die Stärke der englischen Stellung in ihnen. Man
Schelte mich nicht einen Pessimisten; ich bin es nie gewesen; ich glaube an einen
gewaltigen durchschlagenden Sieg unserer Waffen, und zwar nicht nur an einen
militärischen, sondern seit GrafHertlings erfahrene Ruhe die deutschen Bi lange
vertritt, auch an einen politischen- Noch dazu jetzt, wo der Angriff in einem so
überaus glücklichen psychologischen Moment, gewissermaßen als Antwort aus den
Schiffsraub in Holland erfolgtel Doch ein politischer Sieg wird voraussicht¬
lich auch nach dem gelungenen Angriff auf Amiens nicht greifbar sein, weil Eng¬
land selbst nach der Abtrennung seiner kontinentalen Front von der der Franzosen
nicht an seinem Lebensnerv getroffen wird. An den Frieden dürfen wir erst
denken, wenn wir die Engländer, das sind die Erzeuger des Krieges, seine Träger
und noch unversiegte Kraftquelle, zum Frieden gezwungen haben. Das Erhebende
und stärkende der gegenwärtigen Offensive liegt in der Tatsache, daß sie auf dem
Wege zu diesem Ziel liegt. Der Weg selbst ist aber noch lang, und mir will es
scheinen, daß noch eine zweite, an die erste dicht anschließende Waffentat erforder¬
lich sein wird, um einen politischen Erfolg aufzulösen.

Nach den bisherigen Erfahrungen dürfen wir in unseren politischen Hoff¬
nungen nicht zu kühn zu sein. Die Sprengung der Entente, die manch einer er¬
hofft, ist einfach deshalb nicht als politisches Ergebnis der Kaiserschlacht zu er¬
warten, weil ihr Bestand nicht begründet ist auf der Dauerhaftigkeit der französisch¬
englischen Nahtstelle an der Westfront, sondern in tief verstrickten Verhältnissen
der Weltwictschaftspolitik. Zudem ist der Geistes- und Nervenzustand der Fran¬
zosen ein solcher, auch das Eingreifen der Zivilbevölkerung von Albert in den
Kampf spricht dafür, daß in Frankreich eher Revolution als Unterwerfung zu er¬
warten ist. Die jetzige Regierung und ihre Hintermänner können keinen Frieden
schließen, ohne den eignen Kopf zu riskieren. Eine weiter links stehende Regierung
könnte nur Trägerin der Anarchie sein, ähnlich wie in Rußland. Daß ein Usur¬
pator sich an die Spitze der Armee stellen könnte? ... es sind nirgends Anzeichen
dafür vorhanden, daß eine entsprechende Persönlichkeit vorhanden wäre. Soll
aber der Zersetzungsprozeß in Frankreich militärpolitisch wirksam werden, so müßte
es von Italien abgeschnitten und seine Mittelmeerhäfen müßten geschlossen werden.
Dann könnte erst mit einem Ausscheiden Frankreichs aus der Reihe der Kämpfenden
in absehbarer Zeit gerechnet werden. Das Ende des Krieges bedeutete aber auch
diese militärische Tatsache noch nicht.

Wer die Bedeutung einer der auf dem Kontinent geschlagenen Schlachten
ermessen will, darf sich nicht darauf beschränken, die Karte von Frankreich, Ru߬
land oder Vorderasien dabei zu Rate zu ziehen, er muß schon die Weltkarte vor¬
nehmen. Dann erst bekommt er den richtigen Maßstab für die Tragweite des
gewaltigen Geschehens. ES sind nicht mehr europäische Kontinentalkräfte, die gegen¬
einander wirken, sondern Weltkräfte! In diesem Zusammenhange haben unsere
Gegner durchaus recht, wenn sie von dem voraussichtlichen Sieg unserer Truppen
im Westen schon jetzt als von einem taktischen Erfolg, nicht aber von einem strate¬
gischen sprechen. Die Leistung an sich wird dadurch nicht verkleinert, vielmehr
werden die gewaltigen gegeneinander strebenden» Kräfte dargelegt und wir
erhalten erst einen Begriff von dem, was ein innerlich geeintes und gut ge¬
führtes Volk, was unsere Armeen und auch die Bevölkerung daheim schon
geleistet haben und was sie noch werden leisten müssen, um den Endsieg erringen
zu können.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0014" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/333497"/>
          <fw type="header" place="top"> Auf dem Wege zum Frieden</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_5" prev="#ID_4"> Materials in Amiens, Bedrohung von Paris! Der politische Nutzen muß sich von<lb/>
selbst ergeben und &#x2014; er könnte ausbleiben, wie gesagt, trotz der größten mili¬<lb/>
tärischen Erfolge.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_6"> Es wird hier an diesen Zusammenhang wieder wie aus Anlaß der Offen¬<lb/>
sive gegen Italien im letzten Herbst erinnert, weil so unendlich viel auch politisch<lb/>
tätige Menschen glauben, die großen Siege im Westen müßten unbedingt den<lb/>
Frieden nach sich ziehen, wie nach der Jsonzo-Offensive auf einen Frieden mit<lb/>
Italien gerechnet wurde. Wer so urteilt, hat keine genügende Übersicht über die<lb/>
Weltzusammenhänge und die Stärke der englischen Stellung in ihnen. Man<lb/>
Schelte mich nicht einen Pessimisten; ich bin es nie gewesen; ich glaube an einen<lb/>
gewaltigen durchschlagenden Sieg unserer Waffen, und zwar nicht nur an einen<lb/>
militärischen, sondern seit GrafHertlings erfahrene Ruhe die deutschen Bi lange<lb/>
vertritt, auch an einen politischen- Noch dazu jetzt, wo der Angriff in einem so<lb/>
überaus glücklichen psychologischen Moment, gewissermaßen als Antwort aus den<lb/>
Schiffsraub in Holland erfolgtel Doch ein politischer Sieg wird voraussicht¬<lb/>
lich auch nach dem gelungenen Angriff auf Amiens nicht greifbar sein, weil Eng¬<lb/>
land selbst nach der Abtrennung seiner kontinentalen Front von der der Franzosen<lb/>
nicht an seinem Lebensnerv getroffen wird. An den Frieden dürfen wir erst<lb/>
denken, wenn wir die Engländer, das sind die Erzeuger des Krieges, seine Träger<lb/>
und noch unversiegte Kraftquelle, zum Frieden gezwungen haben. Das Erhebende<lb/>
und stärkende der gegenwärtigen Offensive liegt in der Tatsache, daß sie auf dem<lb/>
Wege zu diesem Ziel liegt. Der Weg selbst ist aber noch lang, und mir will es<lb/>
scheinen, daß noch eine zweite, an die erste dicht anschließende Waffentat erforder¬<lb/>
lich sein wird, um einen politischen Erfolg aufzulösen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_7"> Nach den bisherigen Erfahrungen dürfen wir in unseren politischen Hoff¬<lb/>
nungen nicht zu kühn zu sein. Die Sprengung der Entente, die manch einer er¬<lb/>
hofft, ist einfach deshalb nicht als politisches Ergebnis der Kaiserschlacht zu er¬<lb/>
warten, weil ihr Bestand nicht begründet ist auf der Dauerhaftigkeit der französisch¬<lb/>
englischen Nahtstelle an der Westfront, sondern in tief verstrickten Verhältnissen<lb/>
der Weltwictschaftspolitik. Zudem ist der Geistes- und Nervenzustand der Fran¬<lb/>
zosen ein solcher, auch das Eingreifen der Zivilbevölkerung von Albert in den<lb/>
Kampf spricht dafür, daß in Frankreich eher Revolution als Unterwerfung zu er¬<lb/>
warten ist. Die jetzige Regierung und ihre Hintermänner können keinen Frieden<lb/>
schließen, ohne den eignen Kopf zu riskieren. Eine weiter links stehende Regierung<lb/>
könnte nur Trägerin der Anarchie sein, ähnlich wie in Rußland. Daß ein Usur¬<lb/>
pator sich an die Spitze der Armee stellen könnte? ... es sind nirgends Anzeichen<lb/>
dafür vorhanden, daß eine entsprechende Persönlichkeit vorhanden wäre. Soll<lb/>
aber der Zersetzungsprozeß in Frankreich militärpolitisch wirksam werden, so müßte<lb/>
es von Italien abgeschnitten und seine Mittelmeerhäfen müßten geschlossen werden.<lb/>
Dann könnte erst mit einem Ausscheiden Frankreichs aus der Reihe der Kämpfenden<lb/>
in absehbarer Zeit gerechnet werden. Das Ende des Krieges bedeutete aber auch<lb/>
diese militärische Tatsache noch nicht.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_8"> Wer die Bedeutung einer der auf dem Kontinent geschlagenen Schlachten<lb/>
ermessen will, darf sich nicht darauf beschränken, die Karte von Frankreich, Ru߬<lb/>
land oder Vorderasien dabei zu Rate zu ziehen, er muß schon die Weltkarte vor¬<lb/>
nehmen. Dann erst bekommt er den richtigen Maßstab für die Tragweite des<lb/>
gewaltigen Geschehens. ES sind nicht mehr europäische Kontinentalkräfte, die gegen¬<lb/>
einander wirken, sondern Weltkräfte! In diesem Zusammenhange haben unsere<lb/>
Gegner durchaus recht, wenn sie von dem voraussichtlichen Sieg unserer Truppen<lb/>
im Westen schon jetzt als von einem taktischen Erfolg, nicht aber von einem strate¬<lb/>
gischen sprechen. Die Leistung an sich wird dadurch nicht verkleinert, vielmehr<lb/>
werden die gewaltigen gegeneinander strebenden» Kräfte dargelegt und wir<lb/>
erhalten erst einen Begriff von dem, was ein innerlich geeintes und gut ge¬<lb/>
führtes Volk, was unsere Armeen und auch die Bevölkerung daheim schon<lb/>
geleistet haben und was sie noch werden leisten müssen, um den Endsieg erringen<lb/>
zu können.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0014] Auf dem Wege zum Frieden Materials in Amiens, Bedrohung von Paris! Der politische Nutzen muß sich von selbst ergeben und — er könnte ausbleiben, wie gesagt, trotz der größten mili¬ tärischen Erfolge. Es wird hier an diesen Zusammenhang wieder wie aus Anlaß der Offen¬ sive gegen Italien im letzten Herbst erinnert, weil so unendlich viel auch politisch tätige Menschen glauben, die großen Siege im Westen müßten unbedingt den Frieden nach sich ziehen, wie nach der Jsonzo-Offensive auf einen Frieden mit Italien gerechnet wurde. Wer so urteilt, hat keine genügende Übersicht über die Weltzusammenhänge und die Stärke der englischen Stellung in ihnen. Man Schelte mich nicht einen Pessimisten; ich bin es nie gewesen; ich glaube an einen gewaltigen durchschlagenden Sieg unserer Waffen, und zwar nicht nur an einen militärischen, sondern seit GrafHertlings erfahrene Ruhe die deutschen Bi lange vertritt, auch an einen politischen- Noch dazu jetzt, wo der Angriff in einem so überaus glücklichen psychologischen Moment, gewissermaßen als Antwort aus den Schiffsraub in Holland erfolgtel Doch ein politischer Sieg wird voraussicht¬ lich auch nach dem gelungenen Angriff auf Amiens nicht greifbar sein, weil Eng¬ land selbst nach der Abtrennung seiner kontinentalen Front von der der Franzosen nicht an seinem Lebensnerv getroffen wird. An den Frieden dürfen wir erst denken, wenn wir die Engländer, das sind die Erzeuger des Krieges, seine Träger und noch unversiegte Kraftquelle, zum Frieden gezwungen haben. Das Erhebende und stärkende der gegenwärtigen Offensive liegt in der Tatsache, daß sie auf dem Wege zu diesem Ziel liegt. Der Weg selbst ist aber noch lang, und mir will es scheinen, daß noch eine zweite, an die erste dicht anschließende Waffentat erforder¬ lich sein wird, um einen politischen Erfolg aufzulösen. Nach den bisherigen Erfahrungen dürfen wir in unseren politischen Hoff¬ nungen nicht zu kühn zu sein. Die Sprengung der Entente, die manch einer er¬ hofft, ist einfach deshalb nicht als politisches Ergebnis der Kaiserschlacht zu er¬ warten, weil ihr Bestand nicht begründet ist auf der Dauerhaftigkeit der französisch¬ englischen Nahtstelle an der Westfront, sondern in tief verstrickten Verhältnissen der Weltwictschaftspolitik. Zudem ist der Geistes- und Nervenzustand der Fran¬ zosen ein solcher, auch das Eingreifen der Zivilbevölkerung von Albert in den Kampf spricht dafür, daß in Frankreich eher Revolution als Unterwerfung zu er¬ warten ist. Die jetzige Regierung und ihre Hintermänner können keinen Frieden schließen, ohne den eignen Kopf zu riskieren. Eine weiter links stehende Regierung könnte nur Trägerin der Anarchie sein, ähnlich wie in Rußland. Daß ein Usur¬ pator sich an die Spitze der Armee stellen könnte? ... es sind nirgends Anzeichen dafür vorhanden, daß eine entsprechende Persönlichkeit vorhanden wäre. Soll aber der Zersetzungsprozeß in Frankreich militärpolitisch wirksam werden, so müßte es von Italien abgeschnitten und seine Mittelmeerhäfen müßten geschlossen werden. Dann könnte erst mit einem Ausscheiden Frankreichs aus der Reihe der Kämpfenden in absehbarer Zeit gerechnet werden. Das Ende des Krieges bedeutete aber auch diese militärische Tatsache noch nicht. Wer die Bedeutung einer der auf dem Kontinent geschlagenen Schlachten ermessen will, darf sich nicht darauf beschränken, die Karte von Frankreich, Ru߬ land oder Vorderasien dabei zu Rate zu ziehen, er muß schon die Weltkarte vor¬ nehmen. Dann erst bekommt er den richtigen Maßstab für die Tragweite des gewaltigen Geschehens. ES sind nicht mehr europäische Kontinentalkräfte, die gegen¬ einander wirken, sondern Weltkräfte! In diesem Zusammenhange haben unsere Gegner durchaus recht, wenn sie von dem voraussichtlichen Sieg unserer Truppen im Westen schon jetzt als von einem taktischen Erfolg, nicht aber von einem strate¬ gischen sprechen. Die Leistung an sich wird dadurch nicht verkleinert, vielmehr werden die gewaltigen gegeneinander strebenden» Kräfte dargelegt und wir erhalten erst einen Begriff von dem, was ein innerlich geeintes und gut ge¬ führtes Volk, was unsere Armeen und auch die Bevölkerung daheim schon geleistet haben und was sie noch werden leisten müssen, um den Endsieg erringen zu können.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333482
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333482/14
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333482/14>, abgerufen am 03.07.2024.