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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Zweites Vierteljahr.

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Biegen oder brechen?

nehmbar erscheint, erzielt, oder ob die Dinge so weiter treiben wie bisher. Als¬
dann dürfte auch in dritter Lesung die Vorlage abgelehnt und ein Wahlkampf
heraufbeschworen werden, wie ihn Preußen noch nicht gesehen hat.

Das Zentrum selber werde, so heißt es weiter, auch bei den letzten Ab¬
stimmungen ziemlich geschlossen auftreten können. Man glaubt, daß die Regierung
sofort nach der zweiten Lesung die bisherige passive Haltung aufgeben und zu
vollbewußten klaren Verhandlungen mit den einzelnen Parteien schreiten werde.
Das Zentrum hat unzweideutig bekundet, welchen überragenden Wert die Partei
auf eine genügende kulturelle Sicherung in: Gesetz legt.

Die Negierung hat zwar keinen Zweifel darüber gelassen, daß sie sich mit
allen Mitteln für ihre Vorlage einsetzen werde, daneben doch aber auch auf das
Bedenkliche von Wahlen während des Krieges hingewiesen. Reichstagsabgeordneter
Stresemann meinte vor den Nationalliberalen von Minden-Ravensberg, eine
Auflösung des Landtages sei nicht zu verantworten, da sie nur Lloyd George
und Clemenceau die größten Dienste erwiese, und selbst der "Vorwärts" nutz
(allerdings aus anderen Gründen) die Schattenseiten eines solchen Verfahrens
zugeben.

Vom Zentrum aber argwohnt das gleiche Blatt, daß man hier eine Ab¬
lehnung der Wahlrechtsvorlage in zweiter Lesung "gar nicht ungern" sehen würde,
um vor der letzten Entscheidung "noch ein kleines Kuhhandelsgeschäft heraus¬
zuschinden". Nun redet zwar die "Kölnische Volkszeitung" von Verhandlungen
mit "den einzelnen Parteien", man dürfte aber wohl in der Annahme nicht fehl¬
gehen, daß hierdurch nur euphemistisch die eigenen Wünsche und Vereitwilligkeiten
umschrieben werden.

Die Frage d?r sogenannten kulturellen Sicherungen steht für das Zentrum
durchaus im Mittelpunkt des Interesses. Auch bei der zweiten Lesung versuchten
seine Vertreter ihren früher (Ur. 12 S. 338 f.) besprochenen Antrag auf verfassungs¬
mäßige Festlegung der Rechte zwischen Kirche und Staat durchzusetzen. In der
"Germania" wurde dieser Gedanke nach den entgegengesehen Richtungen hin
verteidigt. Den Konservativen gab man (in Beantwortung einer Zuschrift der
"Kreuzzeimng") zu bedenken, daß es "unbegreiflicher Optimismus" sei, eine Besse¬
rung des jetzt bestehenden Verhältnisses zwischen Staat und Kirche zu erhoffen
und infolgedessen sich gegen die vorn Zentruni vorgeschlagene Zweidrittelmajorität
zu sträuben, nur ans dem Grunde, weil man dann vielleicht bei eiuer Neuregelung
von der Gnade einer kirchenfeindlichen Drittelminderheit abhängig werden köunie.
Ganz im Gegenteil, meint die "Germania", sei etwas Besseres als der Status eine"
"für absehbare Zeiten gänzlich ausgeschlossen und weit Schlimmeres zu befürchten."
Die evangelische Landeskirche aber habe "an der verfassungsmäßigen Sicherung
der anerkannten kirchlichen Rechte und Freiheiten ein weit größeres Interesse"
als die katholische, weil der Protestantismus ohne Staatskirchentum der festen,
sicheren Grundlage im öffentlichen Leben' entbehre und dem Prinzip der freien
Forschung gemäß in allerlei Sekten aufgehen würde. Ob und wie dieser Satz zu
diskutieren ist, bleibe hier dahingestellt. Jedenfalls hat die katholische Kirche selbst
das größte Interesse an genannten "Sicherungen", das zeigt auch die Absage
nach links. Einen Aufsatz des Kölner Redakteurs Sollmcmn (in Ur. 2 der
"Glocke"), der sich gegen kirchliche "Autokratie" wendet, deutet die "Germania"
sofort als Angriff auf die "kirchliche Autorität", ins Kulturpolitische übertragen,
auf die konfessionelle Volksschule, um damit den "hohen Wert" ihrer Sicherungs¬
forderungen zu begründen.

Angesichts dieser Sachlage wird man sich nicht wunder" dürfen, daß, wie
wir hören, ein Zentrttmsabgeordneter in der Kommission erklärt hat, auch für
den Fall einer Annahme des Pluralwahlrechts werde seine Partei auf jene
Sicherungen nicht verzichten können! Man kann es dem Zentrum vou seinem
Standpunkte aus nicht verdenken. Eben deswegen aber liegen gewisse Folge¬
rungen im Bereiche der Möglichkeit für den Fall, daß sein Kulturprogramm
neben dem gleichen Wahlrecht nicht durchgedrückt werden sollte. Im Falle seiner


Biegen oder brechen?

nehmbar erscheint, erzielt, oder ob die Dinge so weiter treiben wie bisher. Als¬
dann dürfte auch in dritter Lesung die Vorlage abgelehnt und ein Wahlkampf
heraufbeschworen werden, wie ihn Preußen noch nicht gesehen hat.

Das Zentrum selber werde, so heißt es weiter, auch bei den letzten Ab¬
stimmungen ziemlich geschlossen auftreten können. Man glaubt, daß die Regierung
sofort nach der zweiten Lesung die bisherige passive Haltung aufgeben und zu
vollbewußten klaren Verhandlungen mit den einzelnen Parteien schreiten werde.
Das Zentrum hat unzweideutig bekundet, welchen überragenden Wert die Partei
auf eine genügende kulturelle Sicherung in: Gesetz legt.

Die Negierung hat zwar keinen Zweifel darüber gelassen, daß sie sich mit
allen Mitteln für ihre Vorlage einsetzen werde, daneben doch aber auch auf das
Bedenkliche von Wahlen während des Krieges hingewiesen. Reichstagsabgeordneter
Stresemann meinte vor den Nationalliberalen von Minden-Ravensberg, eine
Auflösung des Landtages sei nicht zu verantworten, da sie nur Lloyd George
und Clemenceau die größten Dienste erwiese, und selbst der „Vorwärts" nutz
(allerdings aus anderen Gründen) die Schattenseiten eines solchen Verfahrens
zugeben.

Vom Zentrum aber argwohnt das gleiche Blatt, daß man hier eine Ab¬
lehnung der Wahlrechtsvorlage in zweiter Lesung „gar nicht ungern" sehen würde,
um vor der letzten Entscheidung „noch ein kleines Kuhhandelsgeschäft heraus¬
zuschinden". Nun redet zwar die „Kölnische Volkszeitung" von Verhandlungen
mit „den einzelnen Parteien", man dürfte aber wohl in der Annahme nicht fehl¬
gehen, daß hierdurch nur euphemistisch die eigenen Wünsche und Vereitwilligkeiten
umschrieben werden.

Die Frage d?r sogenannten kulturellen Sicherungen steht für das Zentrum
durchaus im Mittelpunkt des Interesses. Auch bei der zweiten Lesung versuchten
seine Vertreter ihren früher (Ur. 12 S. 338 f.) besprochenen Antrag auf verfassungs¬
mäßige Festlegung der Rechte zwischen Kirche und Staat durchzusetzen. In der
„Germania" wurde dieser Gedanke nach den entgegengesehen Richtungen hin
verteidigt. Den Konservativen gab man (in Beantwortung einer Zuschrift der
„Kreuzzeimng") zu bedenken, daß es „unbegreiflicher Optimismus" sei, eine Besse¬
rung des jetzt bestehenden Verhältnisses zwischen Staat und Kirche zu erhoffen
und infolgedessen sich gegen die vorn Zentruni vorgeschlagene Zweidrittelmajorität
zu sträuben, nur ans dem Grunde, weil man dann vielleicht bei eiuer Neuregelung
von der Gnade einer kirchenfeindlichen Drittelminderheit abhängig werden köunie.
Ganz im Gegenteil, meint die „Germania", sei etwas Besseres als der Status eine»
„für absehbare Zeiten gänzlich ausgeschlossen und weit Schlimmeres zu befürchten."
Die evangelische Landeskirche aber habe „an der verfassungsmäßigen Sicherung
der anerkannten kirchlichen Rechte und Freiheiten ein weit größeres Interesse"
als die katholische, weil der Protestantismus ohne Staatskirchentum der festen,
sicheren Grundlage im öffentlichen Leben' entbehre und dem Prinzip der freien
Forschung gemäß in allerlei Sekten aufgehen würde. Ob und wie dieser Satz zu
diskutieren ist, bleibe hier dahingestellt. Jedenfalls hat die katholische Kirche selbst
das größte Interesse an genannten „Sicherungen", das zeigt auch die Absage
nach links. Einen Aufsatz des Kölner Redakteurs Sollmcmn (in Ur. 2 der
„Glocke"), der sich gegen kirchliche „Autokratie" wendet, deutet die „Germania"
sofort als Angriff auf die „kirchliche Autorität", ins Kulturpolitische übertragen,
auf die konfessionelle Volksschule, um damit den „hohen Wert" ihrer Sicherungs¬
forderungen zu begründen.

Angesichts dieser Sachlage wird man sich nicht wunder" dürfen, daß, wie
wir hören, ein Zentrttmsabgeordneter in der Kommission erklärt hat, auch für
den Fall einer Annahme des Pluralwahlrechts werde seine Partei auf jene
Sicherungen nicht verzichten können! Man kann es dem Zentrum vou seinem
Standpunkte aus nicht verdenken. Eben deswegen aber liegen gewisse Folge¬
rungen im Bereiche der Möglichkeit für den Fall, daß sein Kulturprogramm
neben dem gleichen Wahlrecht nicht durchgedrückt werden sollte. Im Falle seiner


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[0112] Biegen oder brechen? nehmbar erscheint, erzielt, oder ob die Dinge so weiter treiben wie bisher. Als¬ dann dürfte auch in dritter Lesung die Vorlage abgelehnt und ein Wahlkampf heraufbeschworen werden, wie ihn Preußen noch nicht gesehen hat. Das Zentrum selber werde, so heißt es weiter, auch bei den letzten Ab¬ stimmungen ziemlich geschlossen auftreten können. Man glaubt, daß die Regierung sofort nach der zweiten Lesung die bisherige passive Haltung aufgeben und zu vollbewußten klaren Verhandlungen mit den einzelnen Parteien schreiten werde. Das Zentrum hat unzweideutig bekundet, welchen überragenden Wert die Partei auf eine genügende kulturelle Sicherung in: Gesetz legt. Die Negierung hat zwar keinen Zweifel darüber gelassen, daß sie sich mit allen Mitteln für ihre Vorlage einsetzen werde, daneben doch aber auch auf das Bedenkliche von Wahlen während des Krieges hingewiesen. Reichstagsabgeordneter Stresemann meinte vor den Nationalliberalen von Minden-Ravensberg, eine Auflösung des Landtages sei nicht zu verantworten, da sie nur Lloyd George und Clemenceau die größten Dienste erwiese, und selbst der „Vorwärts" nutz (allerdings aus anderen Gründen) die Schattenseiten eines solchen Verfahrens zugeben. Vom Zentrum aber argwohnt das gleiche Blatt, daß man hier eine Ab¬ lehnung der Wahlrechtsvorlage in zweiter Lesung „gar nicht ungern" sehen würde, um vor der letzten Entscheidung „noch ein kleines Kuhhandelsgeschäft heraus¬ zuschinden". Nun redet zwar die „Kölnische Volkszeitung" von Verhandlungen mit „den einzelnen Parteien", man dürfte aber wohl in der Annahme nicht fehl¬ gehen, daß hierdurch nur euphemistisch die eigenen Wünsche und Vereitwilligkeiten umschrieben werden. Die Frage d?r sogenannten kulturellen Sicherungen steht für das Zentrum durchaus im Mittelpunkt des Interesses. Auch bei der zweiten Lesung versuchten seine Vertreter ihren früher (Ur. 12 S. 338 f.) besprochenen Antrag auf verfassungs¬ mäßige Festlegung der Rechte zwischen Kirche und Staat durchzusetzen. In der „Germania" wurde dieser Gedanke nach den entgegengesehen Richtungen hin verteidigt. Den Konservativen gab man (in Beantwortung einer Zuschrift der „Kreuzzeimng") zu bedenken, daß es „unbegreiflicher Optimismus" sei, eine Besse¬ rung des jetzt bestehenden Verhältnisses zwischen Staat und Kirche zu erhoffen und infolgedessen sich gegen die vorn Zentruni vorgeschlagene Zweidrittelmajorität zu sträuben, nur ans dem Grunde, weil man dann vielleicht bei eiuer Neuregelung von der Gnade einer kirchenfeindlichen Drittelminderheit abhängig werden köunie. Ganz im Gegenteil, meint die „Germania", sei etwas Besseres als der Status eine» „für absehbare Zeiten gänzlich ausgeschlossen und weit Schlimmeres zu befürchten." Die evangelische Landeskirche aber habe „an der verfassungsmäßigen Sicherung der anerkannten kirchlichen Rechte und Freiheiten ein weit größeres Interesse" als die katholische, weil der Protestantismus ohne Staatskirchentum der festen, sicheren Grundlage im öffentlichen Leben' entbehre und dem Prinzip der freien Forschung gemäß in allerlei Sekten aufgehen würde. Ob und wie dieser Satz zu diskutieren ist, bleibe hier dahingestellt. Jedenfalls hat die katholische Kirche selbst das größte Interesse an genannten „Sicherungen", das zeigt auch die Absage nach links. Einen Aufsatz des Kölner Redakteurs Sollmcmn (in Ur. 2 der „Glocke"), der sich gegen kirchliche „Autokratie" wendet, deutet die „Germania" sofort als Angriff auf die „kirchliche Autorität", ins Kulturpolitische übertragen, auf die konfessionelle Volksschule, um damit den „hohen Wert" ihrer Sicherungs¬ forderungen zu begründen. Angesichts dieser Sachlage wird man sich nicht wunder" dürfen, daß, wie wir hören, ein Zentrttmsabgeordneter in der Kommission erklärt hat, auch für den Fall einer Annahme des Pluralwahlrechts werde seine Partei auf jene Sicherungen nicht verzichten können! Man kann es dem Zentrum vou seinem Standpunkte aus nicht verdenken. Eben deswegen aber liegen gewisse Folge¬ rungen im Bereiche der Möglichkeit für den Fall, daß sein Kulturprogramm neben dem gleichen Wahlrecht nicht durchgedrückt werden sollte. Im Falle seiner

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333482/112>, abgerufen am 23.07.2024.