Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite

5. Januar ist die Absicht der kaiserlich osmanischen Regierung begrüßt worden, die
aufblühende jüdische Siedlung in Palästina durch Gewährung von freier Ein¬
wanderung und Niederlassung, von örtlicher Selbstverwaltung und freier Entwicklung
ihrer kulturellen Eigenart zu fördern. Die "Jüdische Rundschau" bezeichnet diesen
Schritt als öffentliche Zustimmung der deutschen Regierung zu den zionistischen
Bestrebungen und ist überzeugt, das; diese Kundgebung in den weitesten jüdischen
Kreisen freudigen Widerhall erwecken wird. Im Zusammenhang alt den Aeuße¬
rungen des Grafen Czernin. daß die österreichische Regierung den zionistischen
Bestrebungen mit Wohlwollen gegenüberstehe und sie zu fördern beredt sei und
der amtlichen Auslassung des Großwesirs Talaat Pascha kann nunmehr von einer
einheitlichen Stellungnahme der Zentralmächte zugunsten der zionistischen Frage
gesprochen werden*). ^ ^ " ...^ ^. ^

Ist somit die Grundlage eines Zusammengehens aller jüdischen Richtungen
in den wesentlichsten Fragen gegeben, so erscheint umso gefährlicher eine seit längerer
Zeit von extrem-national-jüdischer Seite betriebene Agitation, welche in ihren
Forderungen weit über die Grenzen des Nützlichen und Möglichen hinausgeht;
ich denke hierbei insbesondere an die maßlosen und ungerechten Angriffe, welche
gegen die deutsche Regierung erhoben werden, weil diese sich nicht mit den lüdisch-
naüvnalen Bestrebungen in den besetzten Gebieten Rußlands und Polens identi-
Wert. Charakteristisch ist in dieser Hinsicht z. B. der programmatische Artikel, den
Theodor Behr über "Deutschlands Judenpolitik" veröffentlicht; diese Arbeit verdient
unsere besondere Beachtung, weil sie in Martin Bubers "Juden" (Dezember 1917)
an leitender Stelle erschienen ist -- einer Zeitschrift, die unbestritten das erste
Organ des deutschen Nationaljudentums ist, und die durch den hohen geistigen
Gehalt vieler ihrer Beiträge mit Recht eine geachtete Stellung in der indischen
Presse überhaupt einnimmt, ja von Außenstehenden sogar vielfach als "das" in-usche
Organ angesehen wird. Die Arbeit Behrs kann man beinahe als em Ultimatum
an die deutsche Regierung bezeichnen. Vehr führt aus;

"Der grundsätzliche Fehler der deutschen Judenpolitik liegt klar zutage; es
ist die Verkennung der Stärke der jüdischen Nation. Die Deutschen waren zu
sehr daran gewöhnt, jüdische Dinge ausschließlich unter dem Gesichtspunkt einer
konfessionellen Angelegenheit zu betrachten. . - - Es Ware em unverzeihlicher Fehler
der deutscheu Politik, wenn sie es endgültig unterließe, das Wenige zu erfüllen,
was die Juden von Deutschland erwarten. Das ist, um es noch einmal kurz
zusammenzufassen: die Anerkennung der jüdischen Nation als eines eigenen Volkes
mit nationalen Rechten in den Ländern des Ostens, wo die ^uden in Massen
gesiedelt sind, sowie die Anerkennung der jüdischen Forderung auf Schaffung eines
jüdisch-nationalen Zentrums in Palästina." ("Der Jude". "Seite 58b.)

Daß dieser letzteren auf Palästina bezüglichen und vom wohlverstandenen
Interesse des Zionismus allein wesentlichen Forderung die deutsche Regierung zu
allseitiger Zufriedenheit Rechnung getragen hat. ist oben dargelegt worden. Als
gänzlich abwegig müssen wir es aber auch von unserem gutnidischen und ziomsten-
freundlichen Standpunkt bezeichnen, wenn Behr es so darstellt, als hätte Deuisch-
land im Weltkriege nicht dringendere Aufgabe und Beruf, denn sich als Schildträger
des nationalen Judentums in die Angelegenheiten der anderen Staaten und
Nationen zu mischen und sich so den Kampf um die eigene nationale Existenz zur
Genugtuung aller Feinde noch selbst zu erschweren.
"

"Es kann keinem Zweifel unterliegen -- bemerkt Behr. -- "daß die
jüdische Welt heute immer mehr dazu getrieben wird, an eine ganz andere Ent¬
wicklung zu glauben, die sie zwingen würde, ihren Dank nicht bei Deutschland
abzustatten. Neben der unbefriedigender Stellungnahme Deutschlands in der
palästinischen Frage trägt hierzu das absolute Stillschweigen der deutschen Re¬
gierung in der Frage der rumänischen Juden und in noch stärkerem Maße die



") Anm. Ich entnehme diese Mitteilung über die Stellungnahme der "Jüdischen
Rundschau" der "Breslauer Zeitung" (Ur. 2ö "om 26. Januar 1918).
16*

5. Januar ist die Absicht der kaiserlich osmanischen Regierung begrüßt worden, die
aufblühende jüdische Siedlung in Palästina durch Gewährung von freier Ein¬
wanderung und Niederlassung, von örtlicher Selbstverwaltung und freier Entwicklung
ihrer kulturellen Eigenart zu fördern. Die „Jüdische Rundschau" bezeichnet diesen
Schritt als öffentliche Zustimmung der deutschen Regierung zu den zionistischen
Bestrebungen und ist überzeugt, das; diese Kundgebung in den weitesten jüdischen
Kreisen freudigen Widerhall erwecken wird. Im Zusammenhang alt den Aeuße¬
rungen des Grafen Czernin. daß die österreichische Regierung den zionistischen
Bestrebungen mit Wohlwollen gegenüberstehe und sie zu fördern beredt sei und
der amtlichen Auslassung des Großwesirs Talaat Pascha kann nunmehr von einer
einheitlichen Stellungnahme der Zentralmächte zugunsten der zionistischen Frage
gesprochen werden*). ^ ^ „ ...^ ^. ^

Ist somit die Grundlage eines Zusammengehens aller jüdischen Richtungen
in den wesentlichsten Fragen gegeben, so erscheint umso gefährlicher eine seit längerer
Zeit von extrem-national-jüdischer Seite betriebene Agitation, welche in ihren
Forderungen weit über die Grenzen des Nützlichen und Möglichen hinausgeht;
ich denke hierbei insbesondere an die maßlosen und ungerechten Angriffe, welche
gegen die deutsche Regierung erhoben werden, weil diese sich nicht mit den lüdisch-
naüvnalen Bestrebungen in den besetzten Gebieten Rußlands und Polens identi-
Wert. Charakteristisch ist in dieser Hinsicht z. B. der programmatische Artikel, den
Theodor Behr über „Deutschlands Judenpolitik" veröffentlicht; diese Arbeit verdient
unsere besondere Beachtung, weil sie in Martin Bubers „Juden" (Dezember 1917)
an leitender Stelle erschienen ist — einer Zeitschrift, die unbestritten das erste
Organ des deutschen Nationaljudentums ist, und die durch den hohen geistigen
Gehalt vieler ihrer Beiträge mit Recht eine geachtete Stellung in der indischen
Presse überhaupt einnimmt, ja von Außenstehenden sogar vielfach als „das" in-usche
Organ angesehen wird. Die Arbeit Behrs kann man beinahe als em Ultimatum
an die deutsche Regierung bezeichnen. Vehr führt aus;

„Der grundsätzliche Fehler der deutschen Judenpolitik liegt klar zutage; es
ist die Verkennung der Stärke der jüdischen Nation. Die Deutschen waren zu
sehr daran gewöhnt, jüdische Dinge ausschließlich unter dem Gesichtspunkt einer
konfessionellen Angelegenheit zu betrachten. . - - Es Ware em unverzeihlicher Fehler
der deutscheu Politik, wenn sie es endgültig unterließe, das Wenige zu erfüllen,
was die Juden von Deutschland erwarten. Das ist, um es noch einmal kurz
zusammenzufassen: die Anerkennung der jüdischen Nation als eines eigenen Volkes
mit nationalen Rechten in den Ländern des Ostens, wo die ^uden in Massen
gesiedelt sind, sowie die Anerkennung der jüdischen Forderung auf Schaffung eines
jüdisch-nationalen Zentrums in Palästina." („Der Jude". «Seite 58b.)

Daß dieser letzteren auf Palästina bezüglichen und vom wohlverstandenen
Interesse des Zionismus allein wesentlichen Forderung die deutsche Regierung zu
allseitiger Zufriedenheit Rechnung getragen hat. ist oben dargelegt worden. Als
gänzlich abwegig müssen wir es aber auch von unserem gutnidischen und ziomsten-
freundlichen Standpunkt bezeichnen, wenn Behr es so darstellt, als hätte Deuisch-
land im Weltkriege nicht dringendere Aufgabe und Beruf, denn sich als Schildträger
des nationalen Judentums in die Angelegenheiten der anderen Staaten und
Nationen zu mischen und sich so den Kampf um die eigene nationale Existenz zur
Genugtuung aller Feinde noch selbst zu erschweren.
"

„Es kann keinem Zweifel unterliegen — bemerkt Behr. — „daß die
jüdische Welt heute immer mehr dazu getrieben wird, an eine ganz andere Ent¬
wicklung zu glauben, die sie zwingen würde, ihren Dank nicht bei Deutschland
abzustatten. Neben der unbefriedigender Stellungnahme Deutschlands in der
palästinischen Frage trägt hierzu das absolute Stillschweigen der deutschen Re¬
gierung in der Frage der rumänischen Juden und in noch stärkerem Maße die



") Anm. Ich entnehme diese Mitteilung über die Stellungnahme der „Jüdischen
Rundschau" der „Breslauer Zeitung" (Ur. 2ö »om 26. Januar 1918).
16*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0223" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/333320"/>
          <fw type="header" place="top"/><lb/>
          <p xml:id="ID_797" prev="#ID_796"> 5. Januar ist die Absicht der kaiserlich osmanischen Regierung begrüßt worden, die<lb/>
aufblühende jüdische Siedlung in Palästina durch Gewährung von freier Ein¬<lb/>
wanderung und Niederlassung, von örtlicher Selbstverwaltung und freier Entwicklung<lb/>
ihrer kulturellen Eigenart zu fördern. Die &#x201E;Jüdische Rundschau" bezeichnet diesen<lb/>
Schritt als öffentliche Zustimmung der deutschen Regierung zu den zionistischen<lb/>
Bestrebungen und ist überzeugt, das; diese Kundgebung in den weitesten jüdischen<lb/>
Kreisen freudigen Widerhall erwecken wird. Im Zusammenhang alt den Aeuße¬<lb/>
rungen des Grafen Czernin. daß die österreichische Regierung den zionistischen<lb/>
Bestrebungen mit Wohlwollen gegenüberstehe und sie zu fördern beredt sei und<lb/>
der amtlichen Auslassung des Großwesirs Talaat Pascha kann nunmehr von einer<lb/>
einheitlichen Stellungnahme der Zentralmächte zugunsten der zionistischen Frage<lb/>
gesprochen werden*). ^ ^  &#x201E;  ...^  ^. ^</p><lb/>
          <p xml:id="ID_798"> Ist somit die Grundlage eines Zusammengehens aller jüdischen Richtungen<lb/>
in den wesentlichsten Fragen gegeben, so erscheint umso gefährlicher eine seit längerer<lb/>
Zeit von extrem-national-jüdischer Seite betriebene Agitation, welche in ihren<lb/>
Forderungen weit über die Grenzen des Nützlichen und Möglichen hinausgeht;<lb/>
ich denke hierbei insbesondere an die maßlosen und ungerechten Angriffe, welche<lb/>
gegen die deutsche Regierung erhoben werden, weil diese sich nicht mit den lüdisch-<lb/>
naüvnalen Bestrebungen in den besetzten Gebieten Rußlands und Polens identi-<lb/>
Wert. Charakteristisch ist in dieser Hinsicht z. B. der programmatische Artikel, den<lb/>
Theodor Behr über &#x201E;Deutschlands Judenpolitik" veröffentlicht; diese Arbeit verdient<lb/>
unsere besondere Beachtung, weil sie in Martin Bubers &#x201E;Juden" (Dezember 1917)<lb/>
an leitender Stelle erschienen ist &#x2014; einer Zeitschrift, die unbestritten das erste<lb/>
Organ des deutschen Nationaljudentums ist, und die durch den hohen geistigen<lb/>
Gehalt vieler ihrer Beiträge mit Recht eine geachtete Stellung in der indischen<lb/>
Presse überhaupt einnimmt, ja von Außenstehenden sogar vielfach als &#x201E;das" in-usche<lb/>
Organ angesehen wird. Die Arbeit Behrs kann man beinahe als em Ultimatum<lb/>
an die deutsche Regierung bezeichnen. Vehr führt aus;</p><lb/>
          <p xml:id="ID_799"> &#x201E;Der grundsätzliche Fehler der deutschen Judenpolitik liegt klar zutage; es<lb/>
ist die Verkennung der Stärke der jüdischen Nation. Die Deutschen waren zu<lb/>
sehr daran gewöhnt, jüdische Dinge ausschließlich unter dem Gesichtspunkt einer<lb/>
konfessionellen Angelegenheit zu betrachten. . - - Es Ware em unverzeihlicher Fehler<lb/>
der deutscheu Politik, wenn sie es endgültig unterließe, das Wenige zu erfüllen,<lb/>
was die Juden von Deutschland erwarten. Das ist, um es noch einmal kurz<lb/>
zusammenzufassen: die Anerkennung der jüdischen Nation als eines eigenen Volkes<lb/>
mit nationalen Rechten in den Ländern des Ostens, wo die ^uden in Massen<lb/>
gesiedelt sind, sowie die Anerkennung der jüdischen Forderung auf Schaffung eines<lb/>
jüdisch-nationalen Zentrums in Palästina." (&#x201E;Der Jude". «Seite 58b.)</p><lb/>
          <p xml:id="ID_800"> Daß dieser letzteren auf Palästina bezüglichen und vom wohlverstandenen<lb/>
Interesse des Zionismus allein wesentlichen Forderung die deutsche Regierung zu<lb/>
allseitiger Zufriedenheit Rechnung getragen hat. ist oben dargelegt worden. Als<lb/>
gänzlich abwegig müssen wir es aber auch von unserem gutnidischen und ziomsten-<lb/>
freundlichen Standpunkt bezeichnen, wenn Behr es so darstellt, als hätte Deuisch-<lb/>
land im Weltkriege nicht dringendere Aufgabe und Beruf, denn sich als Schildträger<lb/>
des nationalen Judentums in die Angelegenheiten der anderen Staaten und<lb/>
Nationen zu mischen und sich so den Kampf um die eigene nationale Existenz zur<lb/>
Genugtuung aller Feinde noch selbst zu erschweren.<lb/>
"</p><lb/>
          <p xml:id="ID_801" next="#ID_802"> &#x201E;Es kann keinem Zweifel unterliegen &#x2014; bemerkt Behr. &#x2014; &#x201E;daß die<lb/>
jüdische Welt heute immer mehr dazu getrieben wird, an eine ganz andere Ent¬<lb/>
wicklung zu glauben, die sie zwingen würde, ihren Dank nicht bei Deutschland<lb/>
abzustatten. Neben der unbefriedigender Stellungnahme Deutschlands in der<lb/>
palästinischen Frage trägt hierzu das absolute Stillschweigen der deutschen Re¬<lb/>
gierung in der Frage der rumänischen Juden und in noch stärkerem Maße die</p><lb/>
          <note xml:id="FID_93" place="foot"> ") Anm. Ich entnehme diese Mitteilung über die Stellungnahme der &#x201E;Jüdischen<lb/>
Rundschau" der &#x201E;Breslauer Zeitung" (Ur. 2ö »om 26. Januar 1918).</note><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> 16*</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0223] 5. Januar ist die Absicht der kaiserlich osmanischen Regierung begrüßt worden, die aufblühende jüdische Siedlung in Palästina durch Gewährung von freier Ein¬ wanderung und Niederlassung, von örtlicher Selbstverwaltung und freier Entwicklung ihrer kulturellen Eigenart zu fördern. Die „Jüdische Rundschau" bezeichnet diesen Schritt als öffentliche Zustimmung der deutschen Regierung zu den zionistischen Bestrebungen und ist überzeugt, das; diese Kundgebung in den weitesten jüdischen Kreisen freudigen Widerhall erwecken wird. Im Zusammenhang alt den Aeuße¬ rungen des Grafen Czernin. daß die österreichische Regierung den zionistischen Bestrebungen mit Wohlwollen gegenüberstehe und sie zu fördern beredt sei und der amtlichen Auslassung des Großwesirs Talaat Pascha kann nunmehr von einer einheitlichen Stellungnahme der Zentralmächte zugunsten der zionistischen Frage gesprochen werden*). ^ ^ „ ...^ ^. ^ Ist somit die Grundlage eines Zusammengehens aller jüdischen Richtungen in den wesentlichsten Fragen gegeben, so erscheint umso gefährlicher eine seit längerer Zeit von extrem-national-jüdischer Seite betriebene Agitation, welche in ihren Forderungen weit über die Grenzen des Nützlichen und Möglichen hinausgeht; ich denke hierbei insbesondere an die maßlosen und ungerechten Angriffe, welche gegen die deutsche Regierung erhoben werden, weil diese sich nicht mit den lüdisch- naüvnalen Bestrebungen in den besetzten Gebieten Rußlands und Polens identi- Wert. Charakteristisch ist in dieser Hinsicht z. B. der programmatische Artikel, den Theodor Behr über „Deutschlands Judenpolitik" veröffentlicht; diese Arbeit verdient unsere besondere Beachtung, weil sie in Martin Bubers „Juden" (Dezember 1917) an leitender Stelle erschienen ist — einer Zeitschrift, die unbestritten das erste Organ des deutschen Nationaljudentums ist, und die durch den hohen geistigen Gehalt vieler ihrer Beiträge mit Recht eine geachtete Stellung in der indischen Presse überhaupt einnimmt, ja von Außenstehenden sogar vielfach als „das" in-usche Organ angesehen wird. Die Arbeit Behrs kann man beinahe als em Ultimatum an die deutsche Regierung bezeichnen. Vehr führt aus; „Der grundsätzliche Fehler der deutschen Judenpolitik liegt klar zutage; es ist die Verkennung der Stärke der jüdischen Nation. Die Deutschen waren zu sehr daran gewöhnt, jüdische Dinge ausschließlich unter dem Gesichtspunkt einer konfessionellen Angelegenheit zu betrachten. . - - Es Ware em unverzeihlicher Fehler der deutscheu Politik, wenn sie es endgültig unterließe, das Wenige zu erfüllen, was die Juden von Deutschland erwarten. Das ist, um es noch einmal kurz zusammenzufassen: die Anerkennung der jüdischen Nation als eines eigenen Volkes mit nationalen Rechten in den Ländern des Ostens, wo die ^uden in Massen gesiedelt sind, sowie die Anerkennung der jüdischen Forderung auf Schaffung eines jüdisch-nationalen Zentrums in Palästina." („Der Jude". «Seite 58b.) Daß dieser letzteren auf Palästina bezüglichen und vom wohlverstandenen Interesse des Zionismus allein wesentlichen Forderung die deutsche Regierung zu allseitiger Zufriedenheit Rechnung getragen hat. ist oben dargelegt worden. Als gänzlich abwegig müssen wir es aber auch von unserem gutnidischen und ziomsten- freundlichen Standpunkt bezeichnen, wenn Behr es so darstellt, als hätte Deuisch- land im Weltkriege nicht dringendere Aufgabe und Beruf, denn sich als Schildträger des nationalen Judentums in die Angelegenheiten der anderen Staaten und Nationen zu mischen und sich so den Kampf um die eigene nationale Existenz zur Genugtuung aller Feinde noch selbst zu erschweren. " „Es kann keinem Zweifel unterliegen — bemerkt Behr. — „daß die jüdische Welt heute immer mehr dazu getrieben wird, an eine ganz andere Ent¬ wicklung zu glauben, die sie zwingen würde, ihren Dank nicht bei Deutschland abzustatten. Neben der unbefriedigender Stellungnahme Deutschlands in der palästinischen Frage trägt hierzu das absolute Stillschweigen der deutschen Re¬ gierung in der Frage der rumänischen Juden und in noch stärkerem Maße die ") Anm. Ich entnehme diese Mitteilung über die Stellungnahme der „Jüdischen Rundschau" der „Breslauer Zeitung" (Ur. 2ö »om 26. Januar 1918). 16*

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333095
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333095/223
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333095/223>, abgerufen am 22.07.2024.