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Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Drittes Vierteljahr.

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Freimaurer-Jubiläum

an dem die Gesellschaft des /melen KeMmo litt, wieder aufzuhelfen. In den
Logen wurde die Encyklopaedie vorbereitet, jenes Wunderwerk, von dem der
revolutionäre Geist des achtzehnten Jahrhunderts ausging. Von der Arbeit der
Loge nahm die französische Revolution ihren Ausgang." Das sind Worte
eines maßgebenden französischen Freimaurers. Und in einer amtlichen Erklärung
des Ordensrates heißt es: "Die Freimaurerei war es, die unsere Revolution
vorbereitet hat. die größte von allen Volksheldengesängen, welche die Welt¬
geschichte in ihren Jahrbüchern verzeichnet hat, und der Freimaurerei kommt
die erhabene Ehre zu, diesem unvergleichlichen Ereignis die Formel geliefert zu
haben, in der ihre Grundsätze Fleisch geworden sind." Die Auswüchse des
Jakovinertumes fallen ihr aber nicht zur Last. Das Jakobinertum war der
schärfste Gegner der Freimaurerei, weil sie der Träger der Bewegung von 1789
war, mit der die Jakobiner nichts gemein hatten. Das Jakobinertum schloß
ja auch die Logen Frankreichs, verfolgte die Freimaurer und mordete sie hin.
Es war wohl die Frucht der Revolution, aber der Feind jener Strömung,
welche in der Freimaurerei ihre hervorragendsten Vertreter fand.

Nach der Revolution war der französische Großorient mit stets gleicher
Begeisterung der Reihe nach bonapartistisch, legitimistisch. philippistisch, repu¬
blikanisch und wieder bonapartistisch, wie es jeweilig zweckmäßig erschien. Seit
1870 hat er seinen ursprünglichen radikal-demokratischen Charakter wiederge¬
funden. Aizch die unerhörte Beschimpfung König Wilhelms und des Kronprinzen
von Preußen, welche zehn Pariser Logen nach dem Tage von Sedan verübten,
belastet das Schuldlonto des Großorients, und in der Geschichte Frankreichs ist
bis auf die jüngsten Tage kein politisches Ereignis von größerer Bedeutung
und kein politischer Skandal zu verzeichnen gewesen, bei dem der Großorient
nicht seine Hand im Spiele gehabt hätte. Jeder ehrgeizige Streber in Frank¬
reich wird Freimaurer, weil er weiß, daß er im Großorient die Stütze findet,
mit deren Hülfe er seinen politischen Ehrgeiz befriedigen kann, und die Geschichte
wird auch noch die Beweise dafür offen legen, daß die französischen Freimaurer es
waren, welche seit Jahren mit Eifer und Erfolg den Deutschenhaß und den
Neoanchegedanken schürten und damit das Netz spannen, in dem sich Deutschland
im Weltkriege verbluten sollte. Nicht dem einzelnen französischen Freimaurer
trifft die Schuld. Es ist der französische Geist, der sich im Großorient aus¬
wirkt. Ist die französische Freimaurerei bewußt französisch im Sinne der großen
Revolution, ist sie antiklerikal und demokratisch, so ist sie es, weil der französische
Geist so ist.

Die anderen lateinischen Länder sind in bezug auf die Freimaurerei Kolonial¬
gebiet Frankreichs. Die französische Freimaurerei ist für sie und darüber hinaus
für andere Länder, soweit sie nicht dem englischen Einflüsse folgen, vorbildlich.
Das gilt vor allem für Italien, während sich in Spanien und Portugal mit
ihren Kolonien der französische und der englische Einfluß den Rang streitig
machen. Nordamerika steht ganz unter englischem Einflüsse. Die Freimaurer


Freimaurer-Jubiläum

an dem die Gesellschaft des /melen KeMmo litt, wieder aufzuhelfen. In den
Logen wurde die Encyklopaedie vorbereitet, jenes Wunderwerk, von dem der
revolutionäre Geist des achtzehnten Jahrhunderts ausging. Von der Arbeit der
Loge nahm die französische Revolution ihren Ausgang." Das sind Worte
eines maßgebenden französischen Freimaurers. Und in einer amtlichen Erklärung
des Ordensrates heißt es: „Die Freimaurerei war es, die unsere Revolution
vorbereitet hat. die größte von allen Volksheldengesängen, welche die Welt¬
geschichte in ihren Jahrbüchern verzeichnet hat, und der Freimaurerei kommt
die erhabene Ehre zu, diesem unvergleichlichen Ereignis die Formel geliefert zu
haben, in der ihre Grundsätze Fleisch geworden sind." Die Auswüchse des
Jakovinertumes fallen ihr aber nicht zur Last. Das Jakobinertum war der
schärfste Gegner der Freimaurerei, weil sie der Träger der Bewegung von 1789
war, mit der die Jakobiner nichts gemein hatten. Das Jakobinertum schloß
ja auch die Logen Frankreichs, verfolgte die Freimaurer und mordete sie hin.
Es war wohl die Frucht der Revolution, aber der Feind jener Strömung,
welche in der Freimaurerei ihre hervorragendsten Vertreter fand.

Nach der Revolution war der französische Großorient mit stets gleicher
Begeisterung der Reihe nach bonapartistisch, legitimistisch. philippistisch, repu¬
blikanisch und wieder bonapartistisch, wie es jeweilig zweckmäßig erschien. Seit
1870 hat er seinen ursprünglichen radikal-demokratischen Charakter wiederge¬
funden. Aizch die unerhörte Beschimpfung König Wilhelms und des Kronprinzen
von Preußen, welche zehn Pariser Logen nach dem Tage von Sedan verübten,
belastet das Schuldlonto des Großorients, und in der Geschichte Frankreichs ist
bis auf die jüngsten Tage kein politisches Ereignis von größerer Bedeutung
und kein politischer Skandal zu verzeichnen gewesen, bei dem der Großorient
nicht seine Hand im Spiele gehabt hätte. Jeder ehrgeizige Streber in Frank¬
reich wird Freimaurer, weil er weiß, daß er im Großorient die Stütze findet,
mit deren Hülfe er seinen politischen Ehrgeiz befriedigen kann, und die Geschichte
wird auch noch die Beweise dafür offen legen, daß die französischen Freimaurer es
waren, welche seit Jahren mit Eifer und Erfolg den Deutschenhaß und den
Neoanchegedanken schürten und damit das Netz spannen, in dem sich Deutschland
im Weltkriege verbluten sollte. Nicht dem einzelnen französischen Freimaurer
trifft die Schuld. Es ist der französische Geist, der sich im Großorient aus¬
wirkt. Ist die französische Freimaurerei bewußt französisch im Sinne der großen
Revolution, ist sie antiklerikal und demokratisch, so ist sie es, weil der französische
Geist so ist.

Die anderen lateinischen Länder sind in bezug auf die Freimaurerei Kolonial¬
gebiet Frankreichs. Die französische Freimaurerei ist für sie und darüber hinaus
für andere Länder, soweit sie nicht dem englischen Einflüsse folgen, vorbildlich.
Das gilt vor allem für Italien, während sich in Spanien und Portugal mit
ihren Kolonien der französische und der englische Einfluß den Rang streitig
machen. Nordamerika steht ganz unter englischem Einflüsse. Die Freimaurer


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341905_332278/90>, abgerufen am 01.07.2024.