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Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Drittes Vierteljahr.

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Englands Ariegserfolge
von Professor Dr. Lonrad Bornhak

icht von den militärischen Erfolgen Englands im Weltkriege soll
hier die Rede sein. Denn diese sind bisher im wesentlichen negativ.
Die englische Stellung im nördlichen Frankreich hat allerdings die
deutschen Heere bisher an einem weiteren Vordringen in Frank¬
reich verhindert. Dagegen ist es allen englischen Anstrengungen
u^ehe gelungen, die deutschen Reihen zu durchbrechen oder gar Frankreich und
^lgien wieder zu befreien. Ebenso ist England mit seinen Verbündeten bei
aloniki festgenagelt, ohne einen Schritt weiterzukommen. Das Gallipoliunter-
eWen endete gar mit einem kläglichen Mißerfolge. Nur mit der Besetzung
von Bagdad errang England einen nennenswerten Erfolg, der mehr moralisch
s Militärisch ins Gewicht fällt, um nunmehr auch dort festzusitzen. Aber
wahrend England militärisch nicht einen Schritt weiterkommt, erringt es politisch
Zur Abrundung und Befestigung seiner Weltmachtstellung Erfolg auf Erfolg, so
daß es sich auch ohne Sieg seinen Zielen immer mehr nähert. Hat man doch
schon die trübe Weissagung ausgesprochen: Deutschland wird siegen, aber Eng¬
land den Krieg gewinnen.

Den Ausbruch des Krieges mit der Türkei begleitete England mit einer
Erklärung, durch die es Cupern und Ägypten von demi türkischen Reiche losriß.
Gewiß gehörten beide Gebiete bisher schon nur noch rein äußerlich zur Türkei.
In Cypern hatte England nach dem Vertrage von 1878 das Recht der Be¬
setzung und Verwaltung, um die Türkei in der Behauptung ihres kleinasiatischen
Besitzes besser schützen zu können. Und in Ägypten hatte England überhaupt
keinerlei Recht, das Land war nur seit 1882 tatsächlich von England militärisch
besetzt gegen das oft wiederholte Versprechen späterer Räumung. Nunmehr
wurde Cypern schlechthin englische Kolonie. Ägypten wurde für unabhängig
erklärt unter einem eigenen Sultan, aber unter englischem Protektorate. Da->
mit gewann England gleichzeitig die ausschließliche Herrschaft über den Völker-


Grenzboten III 19t? g


Englands Ariegserfolge
von Professor Dr. Lonrad Bornhak

icht von den militärischen Erfolgen Englands im Weltkriege soll
hier die Rede sein. Denn diese sind bisher im wesentlichen negativ.
Die englische Stellung im nördlichen Frankreich hat allerdings die
deutschen Heere bisher an einem weiteren Vordringen in Frank¬
reich verhindert. Dagegen ist es allen englischen Anstrengungen
u^ehe gelungen, die deutschen Reihen zu durchbrechen oder gar Frankreich und
^lgien wieder zu befreien. Ebenso ist England mit seinen Verbündeten bei
aloniki festgenagelt, ohne einen Schritt weiterzukommen. Das Gallipoliunter-
eWen endete gar mit einem kläglichen Mißerfolge. Nur mit der Besetzung
von Bagdad errang England einen nennenswerten Erfolg, der mehr moralisch
s Militärisch ins Gewicht fällt, um nunmehr auch dort festzusitzen. Aber
wahrend England militärisch nicht einen Schritt weiterkommt, erringt es politisch
Zur Abrundung und Befestigung seiner Weltmachtstellung Erfolg auf Erfolg, so
daß es sich auch ohne Sieg seinen Zielen immer mehr nähert. Hat man doch
schon die trübe Weissagung ausgesprochen: Deutschland wird siegen, aber Eng¬
land den Krieg gewinnen.

Den Ausbruch des Krieges mit der Türkei begleitete England mit einer
Erklärung, durch die es Cupern und Ägypten von demi türkischen Reiche losriß.
Gewiß gehörten beide Gebiete bisher schon nur noch rein äußerlich zur Türkei.
In Cypern hatte England nach dem Vertrage von 1878 das Recht der Be¬
setzung und Verwaltung, um die Türkei in der Behauptung ihres kleinasiatischen
Besitzes besser schützen zu können. Und in Ägypten hatte England überhaupt
keinerlei Recht, das Land war nur seit 1882 tatsächlich von England militärisch
besetzt gegen das oft wiederholte Versprechen späterer Räumung. Nunmehr
wurde Cypern schlechthin englische Kolonie. Ägypten wurde für unabhängig
erklärt unter einem eigenen Sultan, aber unter englischem Protektorate. Da->
mit gewann England gleichzeitig die ausschließliche Herrschaft über den Völker-


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[0077] [Abbildung] Englands Ariegserfolge von Professor Dr. Lonrad Bornhak icht von den militärischen Erfolgen Englands im Weltkriege soll hier die Rede sein. Denn diese sind bisher im wesentlichen negativ. Die englische Stellung im nördlichen Frankreich hat allerdings die deutschen Heere bisher an einem weiteren Vordringen in Frank¬ reich verhindert. Dagegen ist es allen englischen Anstrengungen u^ehe gelungen, die deutschen Reihen zu durchbrechen oder gar Frankreich und ^lgien wieder zu befreien. Ebenso ist England mit seinen Verbündeten bei aloniki festgenagelt, ohne einen Schritt weiterzukommen. Das Gallipoliunter- eWen endete gar mit einem kläglichen Mißerfolge. Nur mit der Besetzung von Bagdad errang England einen nennenswerten Erfolg, der mehr moralisch s Militärisch ins Gewicht fällt, um nunmehr auch dort festzusitzen. Aber wahrend England militärisch nicht einen Schritt weiterkommt, erringt es politisch Zur Abrundung und Befestigung seiner Weltmachtstellung Erfolg auf Erfolg, so daß es sich auch ohne Sieg seinen Zielen immer mehr nähert. Hat man doch schon die trübe Weissagung ausgesprochen: Deutschland wird siegen, aber Eng¬ land den Krieg gewinnen. Den Ausbruch des Krieges mit der Türkei begleitete England mit einer Erklärung, durch die es Cupern und Ägypten von demi türkischen Reiche losriß. Gewiß gehörten beide Gebiete bisher schon nur noch rein äußerlich zur Türkei. In Cypern hatte England nach dem Vertrage von 1878 das Recht der Be¬ setzung und Verwaltung, um die Türkei in der Behauptung ihres kleinasiatischen Besitzes besser schützen zu können. Und in Ägypten hatte England überhaupt keinerlei Recht, das Land war nur seit 1882 tatsächlich von England militärisch besetzt gegen das oft wiederholte Versprechen späterer Räumung. Nunmehr wurde Cypern schlechthin englische Kolonie. Ägypten wurde für unabhängig erklärt unter einem eigenen Sultan, aber unter englischem Protektorate. Da-> mit gewann England gleichzeitig die ausschließliche Herrschaft über den Völker- Grenzboten III 19t? g

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341905_332278/77>, abgerufen am 01.07.2024.