Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Drittes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Ist England stenermüde geworden?

die Steuer stark erhöht werden; und wenn jemand mehr als zwei Hunde zu
halten wünscht, so muß er für jedes Stück noch mehr zahlen. Eins verhältnis¬
mäßig sehr hohe Steuer aber wird derjenige 'zu entrichten haben, der jetzt
keinen Hund hält und einen solchen halten will, also einen neuen Hund (sich
verbessernd): d. h. der Hund ist nicht neu, aber es ist ein neuer Hunde¬
eigentümer da."

Die englischen Staatsausgaben werden für 1916/17 auf über 45 Milliarden
Mark veranschlagt; bei nicht ganz 13 Milliarden Mark Einnahmen zeigt die
Staatsrechnung einen Fehlbetrag von mehr als 32 Milliarden Mark. An¬
gesichts dieser Ziffern erörtert der Schatzkanzler die Möglichkeit, die Hunde¬
steuer, welche jetzt in Schottland jährlich 50000 Pfund Sterling und in
England 660000 Pfund Sterling bringt, "auszubauen". Und das Unterhaus
hört ihm zu, ohne ihn auszulachen. Man ist direkt versucht, zu glauben, daß
Don Quichote de la Mancha von Spanien nach England ausgewandert und
dort Schatzkanzler geworden ist.

Ein billiges Wortspiel liegt hier nahe: daß Englands Finanzen auf den
Hund gekommen sein müssen, wenn der Schatzkanzler der Hundesteuer im
Rahmen eines 45 Milliarden-Mark-Budgets ein solches Gewicht beilegt, wenn
er die Frage der Hundehaltung jetzt unter dem Gesichtspunkt der Steuererträge
des Langen und Breiten vor dem Parlament zu erörtern angezeigt findet.
'

Immerhin: "It i8 a que8lion ok Administration,-ok maKinA sure trat
stray 6oA8 are real!^ äealt xvitn ani trat ZoZ8 are not Kept lor xvlnen
g, Ijeen8e Käs not been talem."

Zu all dem braucht man aber doch Leute, welche den Dingen nachgehen
(zumal wenn die "Dinge" vier Beine haben, auf denen sie weglaufen können);
und die verlangen Gehalt. Ob nicht die Erhöhung der Einkommensteuer um
1/2 s mehr gebracht haben würde als die geplante Erhöhung der Hundesteuer?
Und dabei hätte man keine neuen Beamten anstellen brauchen (und welche
Rolle spielt jetzt die Frage des Stabes der Steuerbehörden bei allen Erörterungen
über neue Steuern!); denn die Arbeit des Steuerzettelausschreibens ist dieselbe,
ob bei der Berechnung der Einkommensteuer eine Rate von 5 8 oder 5 8 6 6
zugrunde gelegt wird. Die mit der Berechnung verbundene Mühe ist in beiden
Fällen die gleiche; ganz besonders dann, wenn der Clerk eine Tabelle vor sich
liegen hat, in der für alle Einkommen von 131 bis 50000 oder 100000 Pfund
Sterling der Steuerbetrag vermerkt ist. Verschieden ist nicht der Arbeits¬
aufwand, wohl aber der Arbeitsertrag".

Und was wird aus der ganzen englischen Hundesteuer-Gesetzgebung, wenn
der Nahrungsmittel-Kontrolleur seine Absicht ausführt, die Herstellung von Hunde¬
kuchen zu verbieten? Dann ist die ganze Denk- und Redearbeit des Schatz¬
kanzlers umsonst gewesen!

Man wird in der Annahme, daß jetzt einem Ritter von trauriger
Gestalt die englischen Finanzen anvertraut sind, bestärkt, wenn man hört, was


Ist England stenermüde geworden?

die Steuer stark erhöht werden; und wenn jemand mehr als zwei Hunde zu
halten wünscht, so muß er für jedes Stück noch mehr zahlen. Eins verhältnis¬
mäßig sehr hohe Steuer aber wird derjenige 'zu entrichten haben, der jetzt
keinen Hund hält und einen solchen halten will, also einen neuen Hund (sich
verbessernd): d. h. der Hund ist nicht neu, aber es ist ein neuer Hunde¬
eigentümer da."

Die englischen Staatsausgaben werden für 1916/17 auf über 45 Milliarden
Mark veranschlagt; bei nicht ganz 13 Milliarden Mark Einnahmen zeigt die
Staatsrechnung einen Fehlbetrag von mehr als 32 Milliarden Mark. An¬
gesichts dieser Ziffern erörtert der Schatzkanzler die Möglichkeit, die Hunde¬
steuer, welche jetzt in Schottland jährlich 50000 Pfund Sterling und in
England 660000 Pfund Sterling bringt, „auszubauen". Und das Unterhaus
hört ihm zu, ohne ihn auszulachen. Man ist direkt versucht, zu glauben, daß
Don Quichote de la Mancha von Spanien nach England ausgewandert und
dort Schatzkanzler geworden ist.

Ein billiges Wortspiel liegt hier nahe: daß Englands Finanzen auf den
Hund gekommen sein müssen, wenn der Schatzkanzler der Hundesteuer im
Rahmen eines 45 Milliarden-Mark-Budgets ein solches Gewicht beilegt, wenn
er die Frage der Hundehaltung jetzt unter dem Gesichtspunkt der Steuererträge
des Langen und Breiten vor dem Parlament zu erörtern angezeigt findet.
'

Immerhin: „It i8 a que8lion ok Administration,-ok maKinA sure trat
stray 6oA8 are real!^ äealt xvitn ani trat ZoZ8 are not Kept lor xvlnen
g, Ijeen8e Käs not been talem."

Zu all dem braucht man aber doch Leute, welche den Dingen nachgehen
(zumal wenn die „Dinge" vier Beine haben, auf denen sie weglaufen können);
und die verlangen Gehalt. Ob nicht die Erhöhung der Einkommensteuer um
1/2 s mehr gebracht haben würde als die geplante Erhöhung der Hundesteuer?
Und dabei hätte man keine neuen Beamten anstellen brauchen (und welche
Rolle spielt jetzt die Frage des Stabes der Steuerbehörden bei allen Erörterungen
über neue Steuern!); denn die Arbeit des Steuerzettelausschreibens ist dieselbe,
ob bei der Berechnung der Einkommensteuer eine Rate von 5 8 oder 5 8 6 6
zugrunde gelegt wird. Die mit der Berechnung verbundene Mühe ist in beiden
Fällen die gleiche; ganz besonders dann, wenn der Clerk eine Tabelle vor sich
liegen hat, in der für alle Einkommen von 131 bis 50000 oder 100000 Pfund
Sterling der Steuerbetrag vermerkt ist. Verschieden ist nicht der Arbeits¬
aufwand, wohl aber der Arbeitsertrag".

Und was wird aus der ganzen englischen Hundesteuer-Gesetzgebung, wenn
der Nahrungsmittel-Kontrolleur seine Absicht ausführt, die Herstellung von Hunde¬
kuchen zu verbieten? Dann ist die ganze Denk- und Redearbeit des Schatz¬
kanzlers umsonst gewesen!

Man wird in der Annahme, daß jetzt einem Ritter von trauriger
Gestalt die englischen Finanzen anvertraut sind, bestärkt, wenn man hört, was


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0034" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/332313"/>
            <fw type="header" place="top"> Ist England stenermüde geworden?</fw><lb/>
            <p xml:id="ID_82" prev="#ID_81"> die Steuer stark erhöht werden; und wenn jemand mehr als zwei Hunde zu<lb/>
halten wünscht, so muß er für jedes Stück noch mehr zahlen. Eins verhältnis¬<lb/>
mäßig sehr hohe Steuer aber wird derjenige 'zu entrichten haben, der jetzt<lb/>
keinen Hund hält und einen solchen halten will, also einen neuen Hund (sich<lb/>
verbessernd): d. h. der Hund ist nicht neu, aber es ist ein neuer Hunde¬<lb/>
eigentümer da."</p><lb/>
            <p xml:id="ID_83"> Die englischen Staatsausgaben werden für 1916/17 auf über 45 Milliarden<lb/>
Mark veranschlagt; bei nicht ganz 13 Milliarden Mark Einnahmen zeigt die<lb/>
Staatsrechnung einen Fehlbetrag von mehr als 32 Milliarden Mark. An¬<lb/>
gesichts dieser Ziffern erörtert der Schatzkanzler die Möglichkeit, die Hunde¬<lb/>
steuer, welche jetzt in Schottland jährlich 50000 Pfund Sterling und in<lb/>
England 660000 Pfund Sterling bringt, &#x201E;auszubauen". Und das Unterhaus<lb/>
hört ihm zu, ohne ihn auszulachen. Man ist direkt versucht, zu glauben, daß<lb/>
Don Quichote de la Mancha von Spanien nach England ausgewandert und<lb/>
dort Schatzkanzler geworden ist.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_84"> Ein billiges Wortspiel liegt hier nahe: daß Englands Finanzen auf den<lb/>
Hund gekommen sein müssen, wenn der Schatzkanzler der Hundesteuer im<lb/>
Rahmen eines 45 Milliarden-Mark-Budgets ein solches Gewicht beilegt, wenn<lb/>
er die Frage der Hundehaltung jetzt unter dem Gesichtspunkt der Steuererträge<lb/>
des Langen und Breiten vor dem Parlament zu erörtern angezeigt findet.<lb/>
'</p><lb/>
            <p xml:id="ID_85"> Immerhin: &#x201E;It i8 a que8lion ok Administration,-ok maKinA sure trat<lb/>
stray 6oA8 are real!^ äealt xvitn ani trat ZoZ8 are not Kept lor xvlnen<lb/>
g, Ijeen8e Käs not been talem."</p><lb/>
            <p xml:id="ID_86"> Zu all dem braucht man aber doch Leute, welche den Dingen nachgehen<lb/>
(zumal wenn die &#x201E;Dinge" vier Beine haben, auf denen sie weglaufen können);<lb/>
und die verlangen Gehalt. Ob nicht die Erhöhung der Einkommensteuer um<lb/>
1/2 s mehr gebracht haben würde als die geplante Erhöhung der Hundesteuer?<lb/>
Und dabei hätte man keine neuen Beamten anstellen brauchen (und welche<lb/>
Rolle spielt jetzt die Frage des Stabes der Steuerbehörden bei allen Erörterungen<lb/>
über neue Steuern!); denn die Arbeit des Steuerzettelausschreibens ist dieselbe,<lb/>
ob bei der Berechnung der Einkommensteuer eine Rate von 5 8 oder 5 8 6 6<lb/>
zugrunde gelegt wird. Die mit der Berechnung verbundene Mühe ist in beiden<lb/>
Fällen die gleiche; ganz besonders dann, wenn der Clerk eine Tabelle vor sich<lb/>
liegen hat, in der für alle Einkommen von 131 bis 50000 oder 100000 Pfund<lb/>
Sterling der Steuerbetrag vermerkt ist. Verschieden ist nicht der Arbeits¬<lb/>
aufwand, wohl aber der Arbeitsertrag".</p><lb/>
            <p xml:id="ID_87"> Und was wird aus der ganzen englischen Hundesteuer-Gesetzgebung, wenn<lb/>
der Nahrungsmittel-Kontrolleur seine Absicht ausführt, die Herstellung von Hunde¬<lb/>
kuchen zu verbieten? Dann ist die ganze Denk- und Redearbeit des Schatz¬<lb/>
kanzlers umsonst gewesen!</p><lb/>
            <p xml:id="ID_88" next="#ID_89"> Man wird in der Annahme, daß jetzt einem Ritter von trauriger<lb/>
Gestalt die englischen Finanzen anvertraut sind, bestärkt, wenn man hört, was</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0034] Ist England stenermüde geworden? die Steuer stark erhöht werden; und wenn jemand mehr als zwei Hunde zu halten wünscht, so muß er für jedes Stück noch mehr zahlen. Eins verhältnis¬ mäßig sehr hohe Steuer aber wird derjenige 'zu entrichten haben, der jetzt keinen Hund hält und einen solchen halten will, also einen neuen Hund (sich verbessernd): d. h. der Hund ist nicht neu, aber es ist ein neuer Hunde¬ eigentümer da." Die englischen Staatsausgaben werden für 1916/17 auf über 45 Milliarden Mark veranschlagt; bei nicht ganz 13 Milliarden Mark Einnahmen zeigt die Staatsrechnung einen Fehlbetrag von mehr als 32 Milliarden Mark. An¬ gesichts dieser Ziffern erörtert der Schatzkanzler die Möglichkeit, die Hunde¬ steuer, welche jetzt in Schottland jährlich 50000 Pfund Sterling und in England 660000 Pfund Sterling bringt, „auszubauen". Und das Unterhaus hört ihm zu, ohne ihn auszulachen. Man ist direkt versucht, zu glauben, daß Don Quichote de la Mancha von Spanien nach England ausgewandert und dort Schatzkanzler geworden ist. Ein billiges Wortspiel liegt hier nahe: daß Englands Finanzen auf den Hund gekommen sein müssen, wenn der Schatzkanzler der Hundesteuer im Rahmen eines 45 Milliarden-Mark-Budgets ein solches Gewicht beilegt, wenn er die Frage der Hundehaltung jetzt unter dem Gesichtspunkt der Steuererträge des Langen und Breiten vor dem Parlament zu erörtern angezeigt findet. ' Immerhin: „It i8 a que8lion ok Administration,-ok maKinA sure trat stray 6oA8 are real!^ äealt xvitn ani trat ZoZ8 are not Kept lor xvlnen g, Ijeen8e Käs not been talem." Zu all dem braucht man aber doch Leute, welche den Dingen nachgehen (zumal wenn die „Dinge" vier Beine haben, auf denen sie weglaufen können); und die verlangen Gehalt. Ob nicht die Erhöhung der Einkommensteuer um 1/2 s mehr gebracht haben würde als die geplante Erhöhung der Hundesteuer? Und dabei hätte man keine neuen Beamten anstellen brauchen (und welche Rolle spielt jetzt die Frage des Stabes der Steuerbehörden bei allen Erörterungen über neue Steuern!); denn die Arbeit des Steuerzettelausschreibens ist dieselbe, ob bei der Berechnung der Einkommensteuer eine Rate von 5 8 oder 5 8 6 6 zugrunde gelegt wird. Die mit der Berechnung verbundene Mühe ist in beiden Fällen die gleiche; ganz besonders dann, wenn der Clerk eine Tabelle vor sich liegen hat, in der für alle Einkommen von 131 bis 50000 oder 100000 Pfund Sterling der Steuerbetrag vermerkt ist. Verschieden ist nicht der Arbeits¬ aufwand, wohl aber der Arbeitsertrag". Und was wird aus der ganzen englischen Hundesteuer-Gesetzgebung, wenn der Nahrungsmittel-Kontrolleur seine Absicht ausführt, die Herstellung von Hunde¬ kuchen zu verbieten? Dann ist die ganze Denk- und Redearbeit des Schatz¬ kanzlers umsonst gewesen! Man wird in der Annahme, daß jetzt einem Ritter von trauriger Gestalt die englischen Finanzen anvertraut sind, bestärkt, wenn man hört, was

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341905_332278
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341905_332278/34
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341905_332278/34>, abgerufen am 29.06.2024.