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Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Drittes Vierteljahr.

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Ist England steuermnde geworden?

werden; eher zum Gegenteil. Am 9. Mai legte der Schatzkcmzler dem Unter¬
haus einen neuen Kredit vor und mußte zu seinem Schreck gestehen, daß das
am 12. Februar für 1917/18 bewilligte Bote of Credit von 350 Millionen,
das bis Ende Mai reichen sollte, schon um die Mitte des Monats erschöpft
sein würde. Der Tag erfordere jetzt eine Gesamtaufwendung von 7^ Millionen
Pfund Sterling. 2 Millionen mehr als erwartet.

Er legte die Fehlerquellen für seinen Irrtum dar und glaubte, daß es
in der nächsten Zeit besser würde. Die fünf Wochen vom 1. April bis 3. Mai
seien viel zu kurz, als daß man den für diese Zeitspanne errechneten Durch¬
schnitt der Ausgaben als Norm für das ganze Jahr annehmen könne.

Bisher hat aber die Hoffnung des Schatzkanzlers auf Minderung der Aus¬
gaben getrogen. Am 11. Juni 1917 mußte er im Unterhaus zugeben, daß
die durchschnittliche Tagesausgabe für die ersten 9 Wochen des Finanzjahres
7^/g Mill. Pfd. betragen haben. Nach den Gründen gefragt, meinte er, es
gäbe deren eine ganze Anzahl, die aber zu verwickelt wären, um darauf im
Wege von Rede und Antwort Auskunft geben zu können.

V.

Aber was nicht ist, das kann noch werden. Für alle Fälle hat der eng¬
lische Schatzkanzler noch eine Steuer in petto; nämlich die -- Hundesteuer!

Man lache nicht! Es ist dem englischen Schatzkanzler damit Ernst. In
wohlgesetzter Rede hat er dem Unterhaus (3. Mai 1917) dargelegt, daß er
da zwei Fliegen mit einem Schlag zu erwischen gedenke.

"Die Hundcfrage ist von Bedeutung (is imporwnt) ... In dem Gefühl,
daß sie von allen Seiten erwogen werden müßte, sagte ich mir, als ich mich
an das Studium des Budgets machte, daß die Frage auch vom Gesichtspunkt
der Ernährung aus zu betrachten sei, also unter dem Gesichtspunkt, ob man
die Steuer nicht in den Dienst des allgemeinen Ernährungsproblems stellen könnte.
Ich sprach darüber mit dem Nahrungsmittel-Kontrolleur und wir beschlossen die
Einsetzung eines Komitee, in dem die sämtlichen in Betracht kommenden Regierungs¬
stellen vertreten sein sollten, um die Angelegenheit gründlich zu erörtern. Es handelt
sich keineswegs nur um eine Frage der Besteuerung oder Ernährung; auch die
allgemeine Verwaltung kommt in Betracht; die Sorge dafür, daß man den
herumirrenden Hunden nachgeht, und daß keine Hunde gehalten werden, für
welche keine Steuer bezahlt wird. Wie zu erwarten, entschied sich die Kommission
dafür, daß man der Frage im Steuerwege zu Leibe zu gehen habe.

Ich halte es für richtig, das Haus vorweg zu unterrichten, wie sich die
Regierung die Regelung der Frage unter dem Gesichtspunkt der Steuer denkt.
Ich möchte da zwar noch keine Zahlen geben; immerhin aber glaube ich, soll
das Haus erfahren, was mir als bester Weg vorschwebt.

Wer gegenwärtig schon Hundesteuer bezahlt und sich einen Hund hält,
wird etwas mehr als bisher bezahlen müssen. Für den zweiten Hund wird


Ist England steuermnde geworden?

werden; eher zum Gegenteil. Am 9. Mai legte der Schatzkcmzler dem Unter¬
haus einen neuen Kredit vor und mußte zu seinem Schreck gestehen, daß das
am 12. Februar für 1917/18 bewilligte Bote of Credit von 350 Millionen,
das bis Ende Mai reichen sollte, schon um die Mitte des Monats erschöpft
sein würde. Der Tag erfordere jetzt eine Gesamtaufwendung von 7^ Millionen
Pfund Sterling. 2 Millionen mehr als erwartet.

Er legte die Fehlerquellen für seinen Irrtum dar und glaubte, daß es
in der nächsten Zeit besser würde. Die fünf Wochen vom 1. April bis 3. Mai
seien viel zu kurz, als daß man den für diese Zeitspanne errechneten Durch¬
schnitt der Ausgaben als Norm für das ganze Jahr annehmen könne.

Bisher hat aber die Hoffnung des Schatzkanzlers auf Minderung der Aus¬
gaben getrogen. Am 11. Juni 1917 mußte er im Unterhaus zugeben, daß
die durchschnittliche Tagesausgabe für die ersten 9 Wochen des Finanzjahres
7^/g Mill. Pfd. betragen haben. Nach den Gründen gefragt, meinte er, es
gäbe deren eine ganze Anzahl, die aber zu verwickelt wären, um darauf im
Wege von Rede und Antwort Auskunft geben zu können.

V.

Aber was nicht ist, das kann noch werden. Für alle Fälle hat der eng¬
lische Schatzkanzler noch eine Steuer in petto; nämlich die — Hundesteuer!

Man lache nicht! Es ist dem englischen Schatzkanzler damit Ernst. In
wohlgesetzter Rede hat er dem Unterhaus (3. Mai 1917) dargelegt, daß er
da zwei Fliegen mit einem Schlag zu erwischen gedenke.

„Die Hundcfrage ist von Bedeutung (is imporwnt) ... In dem Gefühl,
daß sie von allen Seiten erwogen werden müßte, sagte ich mir, als ich mich
an das Studium des Budgets machte, daß die Frage auch vom Gesichtspunkt
der Ernährung aus zu betrachten sei, also unter dem Gesichtspunkt, ob man
die Steuer nicht in den Dienst des allgemeinen Ernährungsproblems stellen könnte.
Ich sprach darüber mit dem Nahrungsmittel-Kontrolleur und wir beschlossen die
Einsetzung eines Komitee, in dem die sämtlichen in Betracht kommenden Regierungs¬
stellen vertreten sein sollten, um die Angelegenheit gründlich zu erörtern. Es handelt
sich keineswegs nur um eine Frage der Besteuerung oder Ernährung; auch die
allgemeine Verwaltung kommt in Betracht; die Sorge dafür, daß man den
herumirrenden Hunden nachgeht, und daß keine Hunde gehalten werden, für
welche keine Steuer bezahlt wird. Wie zu erwarten, entschied sich die Kommission
dafür, daß man der Frage im Steuerwege zu Leibe zu gehen habe.

Ich halte es für richtig, das Haus vorweg zu unterrichten, wie sich die
Regierung die Regelung der Frage unter dem Gesichtspunkt der Steuer denkt.
Ich möchte da zwar noch keine Zahlen geben; immerhin aber glaube ich, soll
das Haus erfahren, was mir als bester Weg vorschwebt.

Wer gegenwärtig schon Hundesteuer bezahlt und sich einen Hund hält,
wird etwas mehr als bisher bezahlen müssen. Für den zweiten Hund wird


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[0033] Ist England steuermnde geworden? werden; eher zum Gegenteil. Am 9. Mai legte der Schatzkcmzler dem Unter¬ haus einen neuen Kredit vor und mußte zu seinem Schreck gestehen, daß das am 12. Februar für 1917/18 bewilligte Bote of Credit von 350 Millionen, das bis Ende Mai reichen sollte, schon um die Mitte des Monats erschöpft sein würde. Der Tag erfordere jetzt eine Gesamtaufwendung von 7^ Millionen Pfund Sterling. 2 Millionen mehr als erwartet. Er legte die Fehlerquellen für seinen Irrtum dar und glaubte, daß es in der nächsten Zeit besser würde. Die fünf Wochen vom 1. April bis 3. Mai seien viel zu kurz, als daß man den für diese Zeitspanne errechneten Durch¬ schnitt der Ausgaben als Norm für das ganze Jahr annehmen könne. Bisher hat aber die Hoffnung des Schatzkanzlers auf Minderung der Aus¬ gaben getrogen. Am 11. Juni 1917 mußte er im Unterhaus zugeben, daß die durchschnittliche Tagesausgabe für die ersten 9 Wochen des Finanzjahres 7^/g Mill. Pfd. betragen haben. Nach den Gründen gefragt, meinte er, es gäbe deren eine ganze Anzahl, die aber zu verwickelt wären, um darauf im Wege von Rede und Antwort Auskunft geben zu können. V. Aber was nicht ist, das kann noch werden. Für alle Fälle hat der eng¬ lische Schatzkanzler noch eine Steuer in petto; nämlich die — Hundesteuer! Man lache nicht! Es ist dem englischen Schatzkanzler damit Ernst. In wohlgesetzter Rede hat er dem Unterhaus (3. Mai 1917) dargelegt, daß er da zwei Fliegen mit einem Schlag zu erwischen gedenke. „Die Hundcfrage ist von Bedeutung (is imporwnt) ... In dem Gefühl, daß sie von allen Seiten erwogen werden müßte, sagte ich mir, als ich mich an das Studium des Budgets machte, daß die Frage auch vom Gesichtspunkt der Ernährung aus zu betrachten sei, also unter dem Gesichtspunkt, ob man die Steuer nicht in den Dienst des allgemeinen Ernährungsproblems stellen könnte. Ich sprach darüber mit dem Nahrungsmittel-Kontrolleur und wir beschlossen die Einsetzung eines Komitee, in dem die sämtlichen in Betracht kommenden Regierungs¬ stellen vertreten sein sollten, um die Angelegenheit gründlich zu erörtern. Es handelt sich keineswegs nur um eine Frage der Besteuerung oder Ernährung; auch die allgemeine Verwaltung kommt in Betracht; die Sorge dafür, daß man den herumirrenden Hunden nachgeht, und daß keine Hunde gehalten werden, für welche keine Steuer bezahlt wird. Wie zu erwarten, entschied sich die Kommission dafür, daß man der Frage im Steuerwege zu Leibe zu gehen habe. Ich halte es für richtig, das Haus vorweg zu unterrichten, wie sich die Regierung die Regelung der Frage unter dem Gesichtspunkt der Steuer denkt. Ich möchte da zwar noch keine Zahlen geben; immerhin aber glaube ich, soll das Haus erfahren, was mir als bester Weg vorschwebt. Wer gegenwärtig schon Hundesteuer bezahlt und sich einen Hund hält, wird etwas mehr als bisher bezahlen müssen. Für den zweiten Hund wird

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341905_332278/33>, abgerufen am 29.06.2024.