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Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Drittes Vierteljahr.

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Erweitertes Erbrecht des Reiches

dann bedeutete das -- ganz abgesehen von der Schädigung der Miterben --
eine wirtschaftlich verfehlte Maßnahme. Aber das ist keineswegs nötig. Es
ist schon von anderer Seite darauf hingewiesen worden, daß uns im Falle
einer größeren Reichsvermögenssteuer nach dem Kriege gar nichts anderes übrig
bleiben wird, als auch Werte als Steuer anzunehmen. Und das gilt erst recht
für das Miterbrecht des Reiches.

Am einfachsten wird sich ja die Abwicklung gestalten, soweit es sich um
Grundbesitz handelt, denn dann genügt die hypothekarische Eintragung eines
Fehlerbenanspruchs, der in einer bestimmten Zeit getilgt werden muß. Erweisen
sich die anderen Erben dazu außerstande, dann ist immer noch Zeit zur Ver¬
steigerung. Schwieriger wird die Frage schon bei Übernahme von Geschäften.
Da wird dem Staat nichts anderes übrig bleiben, als seinen Anteil gegen
mäßigen Zins im Geschäfte stehen zu lassen. Bleibt den Miterben das Recht,
ihn innerhalb einer gewissen Anzahl von Jahren herauszulaufen zu einem
Preis, der dem Wert bei Erbübernahme entspricht, dann wissen sie, daß ihre
Arbeit zur Ausdehnung des Betriebes ihnen selbst und nicht dem Staate
zugute kommt.

Findet der Herauskauf bis zu jenem Zeitpunkt nicht statt, dann muß
allerdings die Behörde entscheiden, ob sie an dem Geschäft beteiligt bleiben
oder ihren Anspruch zwangsweise geltend machen will.

Das setzt allerdings eine Beamtenschaft voraus, die den Forderungen und
Möglichkeiten des Wirtschaftslebens Verständnis entgegenbringt, Beamte von
kaufmännischer Vorbildung, wie wir sie heute noch kaum besitzen. Aber warum
soll es dem Reich nicht ebensogut möglich sein, sich einen Beamtenkörper zu
derartiger Wirtschaftstätigkeit zu schaffen, wie Preußen es mit seinen Eisen¬
bahnen und Bergwerken getan. Warum soll das Reich nicht ebensogut Aktien
irgendeiner kleineren Gesellschaft verwalten (und bei Gelegenheit abstoßen),
die es durch irgendeinen Erbgang erhielt, als Preußen seine Hiberniaaktien
und andere Staaten ihren Besitz an Kalikuxen. Auch im Falle eines Krieges
ist eine derartige Beamtenschaft, die durch gemischt wirtschaftliche Betriebe hin¬
durchgegangen, für den Staat von hohem Wert. Sie hätte uns manche Er¬
fahrung sparen können, die wir während des Krieges gemacht.

Ein Umstand wird noch die Einführung des Fehlerbenrechtes erleichtern
Es handelt sich um keine Steuer, und damit fallen all die Einwände weg, die
gegen Einführung direkter Reichssteuern erhoben werden. Gerade jetzt, wo sich
das Schwergewicht so sehr zugunsten des Reiches verschoben hat, werden die
Bundesstaaten noch weniger geneigt sein, auf die ihnen verbliebenen Rechte zu
verzichten. Durch die Fehlerbenabgabe wird es möglich, unter Vermeidung
derartiger Zuständigkeitsfragen dem Reich eine Einkommenquelle von größter
Ergiebigkeit zu schaffen, die vom sozialen wie vom wirtschaftlichen Standpunkt
aus betrachtet von keiner anderen an Zweckmäßigkeit übertroffen wird. Und
wenn ihr Ertrag gar mit der Zeit abnimmt, dann ist das gerade ein Zeichen,


Erweitertes Erbrecht des Reiches

dann bedeutete das — ganz abgesehen von der Schädigung der Miterben —
eine wirtschaftlich verfehlte Maßnahme. Aber das ist keineswegs nötig. Es
ist schon von anderer Seite darauf hingewiesen worden, daß uns im Falle
einer größeren Reichsvermögenssteuer nach dem Kriege gar nichts anderes übrig
bleiben wird, als auch Werte als Steuer anzunehmen. Und das gilt erst recht
für das Miterbrecht des Reiches.

Am einfachsten wird sich ja die Abwicklung gestalten, soweit es sich um
Grundbesitz handelt, denn dann genügt die hypothekarische Eintragung eines
Fehlerbenanspruchs, der in einer bestimmten Zeit getilgt werden muß. Erweisen
sich die anderen Erben dazu außerstande, dann ist immer noch Zeit zur Ver¬
steigerung. Schwieriger wird die Frage schon bei Übernahme von Geschäften.
Da wird dem Staat nichts anderes übrig bleiben, als seinen Anteil gegen
mäßigen Zins im Geschäfte stehen zu lassen. Bleibt den Miterben das Recht,
ihn innerhalb einer gewissen Anzahl von Jahren herauszulaufen zu einem
Preis, der dem Wert bei Erbübernahme entspricht, dann wissen sie, daß ihre
Arbeit zur Ausdehnung des Betriebes ihnen selbst und nicht dem Staate
zugute kommt.

Findet der Herauskauf bis zu jenem Zeitpunkt nicht statt, dann muß
allerdings die Behörde entscheiden, ob sie an dem Geschäft beteiligt bleiben
oder ihren Anspruch zwangsweise geltend machen will.

Das setzt allerdings eine Beamtenschaft voraus, die den Forderungen und
Möglichkeiten des Wirtschaftslebens Verständnis entgegenbringt, Beamte von
kaufmännischer Vorbildung, wie wir sie heute noch kaum besitzen. Aber warum
soll es dem Reich nicht ebensogut möglich sein, sich einen Beamtenkörper zu
derartiger Wirtschaftstätigkeit zu schaffen, wie Preußen es mit seinen Eisen¬
bahnen und Bergwerken getan. Warum soll das Reich nicht ebensogut Aktien
irgendeiner kleineren Gesellschaft verwalten (und bei Gelegenheit abstoßen),
die es durch irgendeinen Erbgang erhielt, als Preußen seine Hiberniaaktien
und andere Staaten ihren Besitz an Kalikuxen. Auch im Falle eines Krieges
ist eine derartige Beamtenschaft, die durch gemischt wirtschaftliche Betriebe hin¬
durchgegangen, für den Staat von hohem Wert. Sie hätte uns manche Er¬
fahrung sparen können, die wir während des Krieges gemacht.

Ein Umstand wird noch die Einführung des Fehlerbenrechtes erleichtern
Es handelt sich um keine Steuer, und damit fallen all die Einwände weg, die
gegen Einführung direkter Reichssteuern erhoben werden. Gerade jetzt, wo sich
das Schwergewicht so sehr zugunsten des Reiches verschoben hat, werden die
Bundesstaaten noch weniger geneigt sein, auf die ihnen verbliebenen Rechte zu
verzichten. Durch die Fehlerbenabgabe wird es möglich, unter Vermeidung
derartiger Zuständigkeitsfragen dem Reich eine Einkommenquelle von größter
Ergiebigkeit zu schaffen, die vom sozialen wie vom wirtschaftlichen Standpunkt
aus betrachtet von keiner anderen an Zweckmäßigkeit übertroffen wird. Und
wenn ihr Ertrag gar mit der Zeit abnimmt, dann ist das gerade ein Zeichen,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341905_332278/312>, abgerufen am 01.07.2024.