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Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Drittes Vierteljahr.

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Carl Ionisch f

Artikeln der "Grenzboten" (siehe z. B. Heft 1 von 1915), der "Zukunft", und
1905 in einer Broschüre, die er 1915 erweitert unter dem Titel "Der Welt¬
krieg und die Zukunft des deutschen Volkes" herausgab.

Mit Erörterungen über Politik, Religion und Volkswirtschaft ist das von
Jentsch bearbeitete Stoffgebiet bei weitem nicht erschöpft. Die "Grenzboten"--
Leser werden sich gewiß erinnern, dem Namen Jentsch häufig begegnet zu sein
unter Essays über Kulturphilosophie und -geschichte, Kunst und Literatur,
Pädagogik und Psychologie oder als Rezensent. Jentsch las im Jahre durch¬
schnittlich hundert Bücher. Jede seiner Besprechungen war ein Kabinettstück
von Berichterstattung in kürzester, klarster Form und wissenschaftlicher Zuver¬
lässigkeit. Seine im besten Sinne volkstümliche Art hat ihn als Mitarbeiter
führender Zeitungen und Zeitschriften ("Frankfurter Zeitung", Wiener "Zeit",
"Grenzboten", "Die Zukunft", "Die Neue Rundschau", "März", "Kunstwart",
"Süddeutsche Monatshefte" u. a. in.) über Deutschlands Grenzen hinaus Ver¬
ehrer, Anhänger finden lassen, die fest zu ihm halten, trotz mancher Gegner¬
schaft im einzelnen, trotz mancher Absonderlichkeit, die eine durch und durch
originelle Persönlichkeit eben hat und haben muß. -- Friedrich Wilhelm
Grunow ist das Verdienst zuzurechnen, Carl Jentsch gewissermaßen 1889 ent¬
deckt zu haben, als dieser nach der kurzen Periode der Redakteurtätigkeit an der
"Reißer Presse" begann, freischriftstellerisch zu wirken. Der unbekannte Mit¬
arbeiter der Provinzpresse wurde nun einem weiteren und intellektuellen Leser¬
kreise, dem der "Grenzboten", vorgestellt. Jentsch gedenkt dessen in seinen
"Wandlungen" mit besonderem Dank.

Mit diesen vorstehenden kurzen Hinweisen ist das Lebenswerk von Carl
Jentsch nur oberflächlich gekennzeichnet; es ist so vielseitig, so umfangreich, daß
der Raum einer mehrhundertseitigen Buchmonvgraphie dazu gehört, um das
Wirken dieses unscheinbaren Pfarrers a. D. im kleinen oberschlestschen Städtchen
Reiße entsprechend zu würdigen. Und neben so hohem sachlichen Verdienst
steht das nicht minder hohe des Menschen, des Philanthropen in der Stille!
Die Welt hat an Carl Jentsch nicht nur einen Weisen verloren, sondern auch
einen Edlen.




Carl Ionisch f

Artikeln der „Grenzboten" (siehe z. B. Heft 1 von 1915), der „Zukunft", und
1905 in einer Broschüre, die er 1915 erweitert unter dem Titel „Der Welt¬
krieg und die Zukunft des deutschen Volkes" herausgab.

Mit Erörterungen über Politik, Religion und Volkswirtschaft ist das von
Jentsch bearbeitete Stoffgebiet bei weitem nicht erschöpft. Die „Grenzboten"--
Leser werden sich gewiß erinnern, dem Namen Jentsch häufig begegnet zu sein
unter Essays über Kulturphilosophie und -geschichte, Kunst und Literatur,
Pädagogik und Psychologie oder als Rezensent. Jentsch las im Jahre durch¬
schnittlich hundert Bücher. Jede seiner Besprechungen war ein Kabinettstück
von Berichterstattung in kürzester, klarster Form und wissenschaftlicher Zuver¬
lässigkeit. Seine im besten Sinne volkstümliche Art hat ihn als Mitarbeiter
führender Zeitungen und Zeitschriften („Frankfurter Zeitung", Wiener „Zeit",
„Grenzboten", „Die Zukunft", „Die Neue Rundschau", „März", „Kunstwart",
„Süddeutsche Monatshefte" u. a. in.) über Deutschlands Grenzen hinaus Ver¬
ehrer, Anhänger finden lassen, die fest zu ihm halten, trotz mancher Gegner¬
schaft im einzelnen, trotz mancher Absonderlichkeit, die eine durch und durch
originelle Persönlichkeit eben hat und haben muß. — Friedrich Wilhelm
Grunow ist das Verdienst zuzurechnen, Carl Jentsch gewissermaßen 1889 ent¬
deckt zu haben, als dieser nach der kurzen Periode der Redakteurtätigkeit an der
„Reißer Presse" begann, freischriftstellerisch zu wirken. Der unbekannte Mit¬
arbeiter der Provinzpresse wurde nun einem weiteren und intellektuellen Leser¬
kreise, dem der „Grenzboten", vorgestellt. Jentsch gedenkt dessen in seinen
„Wandlungen" mit besonderem Dank.

Mit diesen vorstehenden kurzen Hinweisen ist das Lebenswerk von Carl
Jentsch nur oberflächlich gekennzeichnet; es ist so vielseitig, so umfangreich, daß
der Raum einer mehrhundertseitigen Buchmonvgraphie dazu gehört, um das
Wirken dieses unscheinbaren Pfarrers a. D. im kleinen oberschlestschen Städtchen
Reiße entsprechend zu würdigen. Und neben so hohem sachlichen Verdienst
steht das nicht minder hohe des Menschen, des Philanthropen in der Stille!
Die Welt hat an Carl Jentsch nicht nur einen Weisen verloren, sondern auch
einen Edlen.




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[0176] Carl Ionisch f Artikeln der „Grenzboten" (siehe z. B. Heft 1 von 1915), der „Zukunft", und 1905 in einer Broschüre, die er 1915 erweitert unter dem Titel „Der Welt¬ krieg und die Zukunft des deutschen Volkes" herausgab. Mit Erörterungen über Politik, Religion und Volkswirtschaft ist das von Jentsch bearbeitete Stoffgebiet bei weitem nicht erschöpft. Die „Grenzboten"-- Leser werden sich gewiß erinnern, dem Namen Jentsch häufig begegnet zu sein unter Essays über Kulturphilosophie und -geschichte, Kunst und Literatur, Pädagogik und Psychologie oder als Rezensent. Jentsch las im Jahre durch¬ schnittlich hundert Bücher. Jede seiner Besprechungen war ein Kabinettstück von Berichterstattung in kürzester, klarster Form und wissenschaftlicher Zuver¬ lässigkeit. Seine im besten Sinne volkstümliche Art hat ihn als Mitarbeiter führender Zeitungen und Zeitschriften („Frankfurter Zeitung", Wiener „Zeit", „Grenzboten", „Die Zukunft", „Die Neue Rundschau", „März", „Kunstwart", „Süddeutsche Monatshefte" u. a. in.) über Deutschlands Grenzen hinaus Ver¬ ehrer, Anhänger finden lassen, die fest zu ihm halten, trotz mancher Gegner¬ schaft im einzelnen, trotz mancher Absonderlichkeit, die eine durch und durch originelle Persönlichkeit eben hat und haben muß. — Friedrich Wilhelm Grunow ist das Verdienst zuzurechnen, Carl Jentsch gewissermaßen 1889 ent¬ deckt zu haben, als dieser nach der kurzen Periode der Redakteurtätigkeit an der „Reißer Presse" begann, freischriftstellerisch zu wirken. Der unbekannte Mit¬ arbeiter der Provinzpresse wurde nun einem weiteren und intellektuellen Leser¬ kreise, dem der „Grenzboten", vorgestellt. Jentsch gedenkt dessen in seinen „Wandlungen" mit besonderem Dank. Mit diesen vorstehenden kurzen Hinweisen ist das Lebenswerk von Carl Jentsch nur oberflächlich gekennzeichnet; es ist so vielseitig, so umfangreich, daß der Raum einer mehrhundertseitigen Buchmonvgraphie dazu gehört, um das Wirken dieses unscheinbaren Pfarrers a. D. im kleinen oberschlestschen Städtchen Reiße entsprechend zu würdigen. Und neben so hohem sachlichen Verdienst steht das nicht minder hohe des Menschen, des Philanthropen in der Stille! Die Welt hat an Carl Jentsch nicht nur einen Weisen verloren, sondern auch einen Edlen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341905_332278/176>, abgerufen am 01.07.2024.