Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Drittes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Zur neuen Erhöhung der Suezkanal-Gebühren
seit 1. Januar 1885 . . . 9,5 Franken
" 1. " 1893 ... 9
" 1. " 1903 ... 8.5 "
" 1. " 1906 . . . 7.75 "
" 1. " 1911 ... 7.25 "
" 1. " 1912 . . . 6.75 "
" 1. " 1913 . . . 6.25 "

Diese im Laufe der Zeit recht beträchtliche Herabsetzung der Gebühren hatte
keineswegs etwa ihren Ursprung in einer allgemeinen Menschenfreundlichkeit und
in einem Bestreben, dem Handel und Wandel der Kulturmenschheit nach Mög¬
lichkeit die Wege zu ebnen. Die Suezkanal-Gesellschaft war vielmehr, auch
nachdem die Mehrzahl der Aktien 1875 in den Besitz der englischen Regierung
übergegangen war, eine ausgesprochene Erwerbsgesellschaft und ist es bis auf
den heutigen Tag geblieben. Wäre die Verwaltung jemals vom allgemeinen
Nützlichkeitsstandpunkt ausgegangen und lediglich darauf bedacht gewesen, die
eigenen Unkosten zu decken und daneben eine angemessene Verzinsung des An¬
lagekapitals herauszuwirtschaften, so hätten die Gebühren seit langer Zeit sehr
viel mehr herabgesetzt werden können, als es jemals geschehen ist, bis auf die
Hälfte und zum Teil selbst auf fast ein Drittel ihrer wirklichen Höhe. Wie
die Dinge aber lagen, war die Gesellschaft bestrebt, die Tarife stets so hoch zu
halten, wie es ohne abschreckende Wirkung auf die Schiffahrt jeweilig nur
möglich war. Daher war es im besten Geschäftsjahr der Gesellschaft, 1912,
möglich, bei einer Gesamteinnahme von 136 Millionen Franken einen.Rein¬
gewinn von nicht weniger als 92 Millionen Franken zu erzielen und eine
Dividende von 33 Prozent auszuschütten, trotz sehr reichlicher Rückstellungen.
Die ausgesprochen fiskalischen Interessen der Kanalgesellschaft haben daher in
den Tarifsätzen keine Ermäßigung vorgenommen, die nicht unbedingt erforderlich
für ein möglichst gutes Gedeihen des Unternehmens war. Nicht ein Entgegen¬
kommen gegen die Reedereien und die allgemeinen Handelsinteressen bewirkte
jemals eine Herabsetzung der Taxen, sondern stets nur das Bestreben, der
Schiffahrt die Fahrt durch den Kanal gerade noch eben etwas vorteilhafter und
billiger erscheinen zu lassen als auf irgendeinem längeren, jedoch abgabenfreien
Konkurrenzweg.

In erster Linie war es stets der Weg ums Kap der Guten Hoffnung, der
als Konknrrenzweg weit mehr, als man es im großen Publikum glaubt, auch
heute noch in Betracht kommt. Insbesondere die Schiffahrt zwischen Europa
und Australien nimmt ihren Weg schon in Friedenszeiten zum nicht geringen
Teil über Kapstadt, da diese Fahrt nur um wenige Dutzend Kilometer länger
ist als über Suez, während die Wegdifferenz nach allen asiatischen Häfen sich
auf mehrere tausend Seemeilen beläuft. Daß immerhin auch im Asien-Europa-
Verkehr die Fahrt ums Kap die gewöhnliche Reise über Suez zur Not ersetzen
kann, zeigte sich, als seit Dezember 1915 einige Monate lang der Kanal für


Zur neuen Erhöhung der Suezkanal-Gebühren
seit 1. Januar 1885 . . . 9,5 Franken
„ 1. „ 1893 ... 9
„ 1. „ 1903 ... 8.5 „
„ 1. „ 1906 . . . 7.75 „
„ 1. „ 1911 ... 7.25 „
„ 1. „ 1912 . . . 6.75 „
„ 1. „ 1913 . . . 6.25 „

Diese im Laufe der Zeit recht beträchtliche Herabsetzung der Gebühren hatte
keineswegs etwa ihren Ursprung in einer allgemeinen Menschenfreundlichkeit und
in einem Bestreben, dem Handel und Wandel der Kulturmenschheit nach Mög¬
lichkeit die Wege zu ebnen. Die Suezkanal-Gesellschaft war vielmehr, auch
nachdem die Mehrzahl der Aktien 1875 in den Besitz der englischen Regierung
übergegangen war, eine ausgesprochene Erwerbsgesellschaft und ist es bis auf
den heutigen Tag geblieben. Wäre die Verwaltung jemals vom allgemeinen
Nützlichkeitsstandpunkt ausgegangen und lediglich darauf bedacht gewesen, die
eigenen Unkosten zu decken und daneben eine angemessene Verzinsung des An¬
lagekapitals herauszuwirtschaften, so hätten die Gebühren seit langer Zeit sehr
viel mehr herabgesetzt werden können, als es jemals geschehen ist, bis auf die
Hälfte und zum Teil selbst auf fast ein Drittel ihrer wirklichen Höhe. Wie
die Dinge aber lagen, war die Gesellschaft bestrebt, die Tarife stets so hoch zu
halten, wie es ohne abschreckende Wirkung auf die Schiffahrt jeweilig nur
möglich war. Daher war es im besten Geschäftsjahr der Gesellschaft, 1912,
möglich, bei einer Gesamteinnahme von 136 Millionen Franken einen.Rein¬
gewinn von nicht weniger als 92 Millionen Franken zu erzielen und eine
Dividende von 33 Prozent auszuschütten, trotz sehr reichlicher Rückstellungen.
Die ausgesprochen fiskalischen Interessen der Kanalgesellschaft haben daher in
den Tarifsätzen keine Ermäßigung vorgenommen, die nicht unbedingt erforderlich
für ein möglichst gutes Gedeihen des Unternehmens war. Nicht ein Entgegen¬
kommen gegen die Reedereien und die allgemeinen Handelsinteressen bewirkte
jemals eine Herabsetzung der Taxen, sondern stets nur das Bestreben, der
Schiffahrt die Fahrt durch den Kanal gerade noch eben etwas vorteilhafter und
billiger erscheinen zu lassen als auf irgendeinem längeren, jedoch abgabenfreien
Konkurrenzweg.

In erster Linie war es stets der Weg ums Kap der Guten Hoffnung, der
als Konknrrenzweg weit mehr, als man es im großen Publikum glaubt, auch
heute noch in Betracht kommt. Insbesondere die Schiffahrt zwischen Europa
und Australien nimmt ihren Weg schon in Friedenszeiten zum nicht geringen
Teil über Kapstadt, da diese Fahrt nur um wenige Dutzend Kilometer länger
ist als über Suez, während die Wegdifferenz nach allen asiatischen Häfen sich
auf mehrere tausend Seemeilen beläuft. Daß immerhin auch im Asien-Europa-
Verkehr die Fahrt ums Kap die gewöhnliche Reise über Suez zur Not ersetzen
kann, zeigte sich, als seit Dezember 1915 einige Monate lang der Kanal für


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0136" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/332415"/>
          <fw type="header" place="top"> Zur neuen Erhöhung der Suezkanal-Gebühren</fw><lb/>
          <list>
            <item> seit  1. Januar  1885  .  .  .  9,5 Franken</item>
            <item> &#x201E;  1.  &#x201E;    1893  ... 9</item>
            <item> &#x201E;  1.   &#x201E;    1903  ...  8.5 &#x201E;</item>
            <item> &#x201E;  1.   &#x201E;    1906  .  .  .   7.75 &#x201E;</item>
            <item> &#x201E;  1.   &#x201E;    1911  ...  7.25 &#x201E;</item>
            <item> &#x201E;  1.   &#x201E;    1912  .  .  .  6.75 &#x201E;</item>
            <item> &#x201E;  1.   &#x201E;    1913  .  .  .   6.25 &#x201E;</item>
          </list><lb/>
          <p xml:id="ID_426"> Diese im Laufe der Zeit recht beträchtliche Herabsetzung der Gebühren hatte<lb/>
keineswegs etwa ihren Ursprung in einer allgemeinen Menschenfreundlichkeit und<lb/>
in einem Bestreben, dem Handel und Wandel der Kulturmenschheit nach Mög¬<lb/>
lichkeit die Wege zu ebnen. Die Suezkanal-Gesellschaft war vielmehr, auch<lb/>
nachdem die Mehrzahl der Aktien 1875 in den Besitz der englischen Regierung<lb/>
übergegangen war, eine ausgesprochene Erwerbsgesellschaft und ist es bis auf<lb/>
den heutigen Tag geblieben.  Wäre die Verwaltung jemals vom allgemeinen<lb/>
Nützlichkeitsstandpunkt ausgegangen und lediglich darauf bedacht gewesen, die<lb/>
eigenen Unkosten zu decken und daneben eine angemessene Verzinsung des An¬<lb/>
lagekapitals herauszuwirtschaften, so hätten die Gebühren seit langer Zeit sehr<lb/>
viel mehr herabgesetzt werden können, als es jemals geschehen ist, bis auf die<lb/>
Hälfte und zum Teil selbst auf fast ein Drittel ihrer wirklichen Höhe. Wie<lb/>
die Dinge aber lagen, war die Gesellschaft bestrebt, die Tarife stets so hoch zu<lb/>
halten, wie es ohne abschreckende Wirkung auf die Schiffahrt jeweilig nur<lb/>
möglich war. Daher war es im besten Geschäftsjahr der Gesellschaft, 1912,<lb/>
möglich, bei einer Gesamteinnahme von 136 Millionen Franken einen.Rein¬<lb/>
gewinn von nicht weniger als 92 Millionen Franken zu erzielen und eine<lb/>
Dividende von 33 Prozent auszuschütten, trotz sehr reichlicher Rückstellungen.<lb/>
Die ausgesprochen fiskalischen Interessen der Kanalgesellschaft haben daher in<lb/>
den Tarifsätzen keine Ermäßigung vorgenommen, die nicht unbedingt erforderlich<lb/>
für ein möglichst gutes Gedeihen des Unternehmens war. Nicht ein Entgegen¬<lb/>
kommen gegen die Reedereien und die allgemeinen Handelsinteressen bewirkte<lb/>
jemals eine Herabsetzung der Taxen, sondern stets nur das Bestreben, der<lb/>
Schiffahrt die Fahrt durch den Kanal gerade noch eben etwas vorteilhafter und<lb/>
billiger erscheinen zu lassen als auf irgendeinem längeren, jedoch abgabenfreien<lb/>
Konkurrenzweg.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_427" next="#ID_428"> In erster Linie war es stets der Weg ums Kap der Guten Hoffnung, der<lb/>
als Konknrrenzweg weit mehr, als man es im großen Publikum glaubt, auch<lb/>
heute noch in Betracht kommt. Insbesondere die Schiffahrt zwischen Europa<lb/>
und Australien nimmt ihren Weg schon in Friedenszeiten zum nicht geringen<lb/>
Teil über Kapstadt, da diese Fahrt nur um wenige Dutzend Kilometer länger<lb/>
ist als über Suez, während die Wegdifferenz nach allen asiatischen Häfen sich<lb/>
auf mehrere tausend Seemeilen beläuft. Daß immerhin auch im Asien-Europa-<lb/>
Verkehr die Fahrt ums Kap die gewöhnliche Reise über Suez zur Not ersetzen<lb/>
kann, zeigte sich, als seit Dezember 1915 einige Monate lang der Kanal für</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0136] Zur neuen Erhöhung der Suezkanal-Gebühren seit 1. Januar 1885 . . . 9,5 Franken „ 1. „ 1893 ... 9 „ 1. „ 1903 ... 8.5 „ „ 1. „ 1906 . . . 7.75 „ „ 1. „ 1911 ... 7.25 „ „ 1. „ 1912 . . . 6.75 „ „ 1. „ 1913 . . . 6.25 „ Diese im Laufe der Zeit recht beträchtliche Herabsetzung der Gebühren hatte keineswegs etwa ihren Ursprung in einer allgemeinen Menschenfreundlichkeit und in einem Bestreben, dem Handel und Wandel der Kulturmenschheit nach Mög¬ lichkeit die Wege zu ebnen. Die Suezkanal-Gesellschaft war vielmehr, auch nachdem die Mehrzahl der Aktien 1875 in den Besitz der englischen Regierung übergegangen war, eine ausgesprochene Erwerbsgesellschaft und ist es bis auf den heutigen Tag geblieben. Wäre die Verwaltung jemals vom allgemeinen Nützlichkeitsstandpunkt ausgegangen und lediglich darauf bedacht gewesen, die eigenen Unkosten zu decken und daneben eine angemessene Verzinsung des An¬ lagekapitals herauszuwirtschaften, so hätten die Gebühren seit langer Zeit sehr viel mehr herabgesetzt werden können, als es jemals geschehen ist, bis auf die Hälfte und zum Teil selbst auf fast ein Drittel ihrer wirklichen Höhe. Wie die Dinge aber lagen, war die Gesellschaft bestrebt, die Tarife stets so hoch zu halten, wie es ohne abschreckende Wirkung auf die Schiffahrt jeweilig nur möglich war. Daher war es im besten Geschäftsjahr der Gesellschaft, 1912, möglich, bei einer Gesamteinnahme von 136 Millionen Franken einen.Rein¬ gewinn von nicht weniger als 92 Millionen Franken zu erzielen und eine Dividende von 33 Prozent auszuschütten, trotz sehr reichlicher Rückstellungen. Die ausgesprochen fiskalischen Interessen der Kanalgesellschaft haben daher in den Tarifsätzen keine Ermäßigung vorgenommen, die nicht unbedingt erforderlich für ein möglichst gutes Gedeihen des Unternehmens war. Nicht ein Entgegen¬ kommen gegen die Reedereien und die allgemeinen Handelsinteressen bewirkte jemals eine Herabsetzung der Taxen, sondern stets nur das Bestreben, der Schiffahrt die Fahrt durch den Kanal gerade noch eben etwas vorteilhafter und billiger erscheinen zu lassen als auf irgendeinem längeren, jedoch abgabenfreien Konkurrenzweg. In erster Linie war es stets der Weg ums Kap der Guten Hoffnung, der als Konknrrenzweg weit mehr, als man es im großen Publikum glaubt, auch heute noch in Betracht kommt. Insbesondere die Schiffahrt zwischen Europa und Australien nimmt ihren Weg schon in Friedenszeiten zum nicht geringen Teil über Kapstadt, da diese Fahrt nur um wenige Dutzend Kilometer länger ist als über Suez, während die Wegdifferenz nach allen asiatischen Häfen sich auf mehrere tausend Seemeilen beläuft. Daß immerhin auch im Asien-Europa- Verkehr die Fahrt ums Kap die gewöhnliche Reise über Suez zur Not ersetzen kann, zeigte sich, als seit Dezember 1915 einige Monate lang der Kanal für

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341905_332278
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341905_332278/136
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341905_332278/136>, abgerufen am 01.07.2024.