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Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Drittes Vierteljahr.

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' schärfere Augen den Neid auf den Größeren, dem Dichter über die Schulter
wgen zu sehen glauben); wenn aber ein Triennium nach dem Kriege Dumas fils.
Bacharachs Faust-Übersetzung beoorwortend. Goethe die Fähigkeit einer würdigen
Behandlung der alten Legende abspricht, so kann man nur noch eme durch
die deutschen Siege hervorgerufene bedauerliche Urteilstrübung Mstellen

Hier wird durchgehend keine Kritik mehr geübt, keine iteransche Ein-
stellung angestrebt, sondern ohnmächtige Wut. die sich mit der erüttenen Schmach
nicht anders abzufinden weiß, macht sich in dieser Weise Luft. Dre temperament¬
volle Offenherzigkeit unserer Nachbarn hat uns diese Erkennens acht eben
schwer gemacht. Verkündete doch Edmond Scherer wenig mchverstandkch, die
Deutschen hätten sich mit dem ihrerseits zur Geltung gebrachten äroit as la
conquötL auf immer den ..Sturms vers ^IlsnmZns" verachtet. Mit diesem
ekarme fiel auch Goethe. Wie majestätisch einsam steht da Renan, der srer-
lich°). griechische Weisheit umkehrend, nur soviel hassen wollte. w,e er vereinst
werde lieben müssen, mit seinem stolzen Bekenntnis: .Mu8 n'avons pa8 cKmiZs
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kühlende wie erkältende Höhenluft umstrich. wenn er sich ..un psu äöp^ö
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"s die Revancheidee. die. je länger je üppiger ins Kraut schoß'und sogar Me
Wsame Verbindung zwischen Goethe und Sedan kupplensch zuwege brachte
Man mußte es unbedingt als Schmeichelei auffassen, wenn em Franzose)
^klärte, daß sich über Goethe oder Heine Bismarck oder Moltke vergessen lasse.
Dabei sprach hier de Regniers gewiß nur für seine Person und konnte von
Glück sagen, in seiner Heimat ungerügt geblieben zu sein Denn Haltaus
Formel. Goethes Eklekticismus stelle ihn an den Anfang der Weilt^nahm Ubbo Delfours scharf unter die Lupe und klopfte den glücklichen Finder
streng auf die Finger: seinen Patriotismus wollte er zwar ausdrücklich acht
anzweifeln; sein Gefallen aber an so unleugbaren "G-ethisieren' trug ihm den
Stempel deutschen Gepräges ein. Damals waren dreißig Jahre se.t dem Kriege
verflossen. Ähnliche Gesinnungen sind auch im vierten Jahrzehnt nicht verstummt,
so daß Grand-Carterets Wunsch'), die Lateiner möchten dem großen Germanen
co würdiges Denkmal errichten, noch am Vorabend des neuen Kneges acht
w Erfüllung gegangen war; nicht in Erfüllung hat gehen können, well noch
die Vorbedingung nicht erreicht war: Mr on Is8 Was8 as r.es8 -mront
6isparu as la 8ur!ane an Zlobs." .

.^.Nach solchen Präludien wird auf diesem Sondergebiet kein Einsichtiger einen
Kurswechsel während des Krieges erwarten wollen. Er ist denn in der Tat





°) Renan "Vi8cours et conkerences". Paris 1887, S. 120 f.
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) Baldensperger "Bibliographie", S. 232f.
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^ °) I. Grand-Carteret I"ran--e jugee p.r Paris 13W. S. 233. DerVerfasser sieht in Goethe einen "LallopKile convaincu".
<Noetbe-.5orschunq in Frankreich

' schärfere Augen den Neid auf den Größeren, dem Dichter über die Schulter
wgen zu sehen glauben); wenn aber ein Triennium nach dem Kriege Dumas fils.
Bacharachs Faust-Übersetzung beoorwortend. Goethe die Fähigkeit einer würdigen
Behandlung der alten Legende abspricht, so kann man nur noch eme durch
die deutschen Siege hervorgerufene bedauerliche Urteilstrübung Mstellen

Hier wird durchgehend keine Kritik mehr geübt, keine iteransche Ein-
stellung angestrebt, sondern ohnmächtige Wut. die sich mit der erüttenen Schmach
nicht anders abzufinden weiß, macht sich in dieser Weise Luft. Dre temperament¬
volle Offenherzigkeit unserer Nachbarn hat uns diese Erkennens acht eben
schwer gemacht. Verkündete doch Edmond Scherer wenig mchverstandkch, die
Deutschen hätten sich mit dem ihrerseits zur Geltung gebrachten äroit as la
conquötL auf immer den ..Sturms vers ^IlsnmZns« verachtet. Mit diesem
ekarme fiel auch Goethe. Wie majestätisch einsam steht da Renan, der srer-
lich°). griechische Weisheit umkehrend, nur soviel hassen wollte. w,e er vereinst
werde lieben müssen, mit seinem stolzen Bekenntnis: .Mu8 n'avons pa8 cKmiZs
n°s juZemsnt8 8ur Qoewe.» Aber fühlte er nicht auch, ore ehr d:e so
kühlende wie erkältende Höhenluft umstrich. wenn er sich ..un psu äöp^ö
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icleal«? Dies neue Ideal war. mit wahrem Namen benannt, nchts anderes
"s die Revancheidee. die. je länger je üppiger ins Kraut schoß'und sogar Me
Wsame Verbindung zwischen Goethe und Sedan kupplensch zuwege brachte
Man mußte es unbedingt als Schmeichelei auffassen, wenn em Franzose)
^klärte, daß sich über Goethe oder Heine Bismarck oder Moltke vergessen lasse.
Dabei sprach hier de Regniers gewiß nur für seine Person und konnte von
Glück sagen, in seiner Heimat ungerügt geblieben zu sein Denn Haltaus
Formel. Goethes Eklekticismus stelle ihn an den Anfang der Weilt^nahm Ubbo Delfours scharf unter die Lupe und klopfte den glücklichen Finder
streng auf die Finger: seinen Patriotismus wollte er zwar ausdrücklich acht
anzweifeln; sein Gefallen aber an so unleugbaren „G-ethisieren' trug ihm den
Stempel deutschen Gepräges ein. Damals waren dreißig Jahre se.t dem Kriege
verflossen. Ähnliche Gesinnungen sind auch im vierten Jahrzehnt nicht verstummt,
so daß Grand-Carterets Wunsch'), die Lateiner möchten dem großen Germanen
co würdiges Denkmal errichten, noch am Vorabend des neuen Kneges acht
w Erfüllung gegangen war; nicht in Erfüllung hat gehen können, well noch
die Vorbedingung nicht erreicht war: Mr on Is8 Was8 as r.es8 -mront
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.^.Nach solchen Präludien wird auf diesem Sondergebiet kein Einsichtiger einen
Kurswechsel während des Krieges erwarten wollen. Er ist denn in der Tat





°) Renan „Vi8cours et conkerences". Paris 1887, S. 120 f.
7
) Baldensperger „Bibliographie", S. 232f.
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^ °) I. Grand-Carteret I"ran--e jugee p.r Paris 13W. S. 233. DerVerfasser sieht in Goethe einen „LallopKile convaincu".
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[0129] <Noetbe-.5orschunq in Frankreich ' schärfere Augen den Neid auf den Größeren, dem Dichter über die Schulter wgen zu sehen glauben); wenn aber ein Triennium nach dem Kriege Dumas fils. Bacharachs Faust-Übersetzung beoorwortend. Goethe die Fähigkeit einer würdigen Behandlung der alten Legende abspricht, so kann man nur noch eme durch die deutschen Siege hervorgerufene bedauerliche Urteilstrübung Mstellen Hier wird durchgehend keine Kritik mehr geübt, keine iteransche Ein- stellung angestrebt, sondern ohnmächtige Wut. die sich mit der erüttenen Schmach nicht anders abzufinden weiß, macht sich in dieser Weise Luft. Dre temperament¬ volle Offenherzigkeit unserer Nachbarn hat uns diese Erkennens acht eben schwer gemacht. Verkündete doch Edmond Scherer wenig mchverstandkch, die Deutschen hätten sich mit dem ihrerseits zur Geltung gebrachten äroit as la conquötL auf immer den ..Sturms vers ^IlsnmZns« verachtet. Mit diesem ekarme fiel auch Goethe. Wie majestätisch einsam steht da Renan, der srer- lich°). griechische Weisheit umkehrend, nur soviel hassen wollte. w,e er vereinst werde lieben müssen, mit seinem stolzen Bekenntnis: .Mu8 n'avons pa8 cKmiZs n°s juZemsnt8 8ur Qoewe.» Aber fühlte er nicht auch, ore ehr d:e so kühlende wie erkältende Höhenluft umstrich. wenn er sich ..un psu äöp^ö erfand ..su prs8enss as es qu'on procl.ins in.mehrere c«uns un nouvsl icleal«? Dies neue Ideal war. mit wahrem Namen benannt, nchts anderes "s die Revancheidee. die. je länger je üppiger ins Kraut schoß'und sogar Me Wsame Verbindung zwischen Goethe und Sedan kupplensch zuwege brachte Man mußte es unbedingt als Schmeichelei auffassen, wenn em Franzose) ^klärte, daß sich über Goethe oder Heine Bismarck oder Moltke vergessen lasse. Dabei sprach hier de Regniers gewiß nur für seine Person und konnte von Glück sagen, in seiner Heimat ungerügt geblieben zu sein Denn Haltaus Formel. Goethes Eklekticismus stelle ihn an den Anfang der Weilt^nahm Ubbo Delfours scharf unter die Lupe und klopfte den glücklichen Finder streng auf die Finger: seinen Patriotismus wollte er zwar ausdrücklich acht anzweifeln; sein Gefallen aber an so unleugbaren „G-ethisieren' trug ihm den Stempel deutschen Gepräges ein. Damals waren dreißig Jahre se.t dem Kriege verflossen. Ähnliche Gesinnungen sind auch im vierten Jahrzehnt nicht verstummt, so daß Grand-Carterets Wunsch'), die Lateiner möchten dem großen Germanen co würdiges Denkmal errichten, noch am Vorabend des neuen Kneges acht w Erfüllung gegangen war; nicht in Erfüllung hat gehen können, well noch die Vorbedingung nicht erreicht war: Mr on Is8 Was8 as r.es8 -mront 6isparu as la 8ur!ane an Zlobs.« . .^.Nach solchen Präludien wird auf diesem Sondergebiet kein Einsichtiger einen Kurswechsel während des Krieges erwarten wollen. Er ist denn in der Tat °) Renan „Vi8cours et conkerences". Paris 1887, S. 120 f. 7 ) Baldensperger „Bibliographie", S. 232f. ^.^„^ ^ °) I. Grand-Carteret I"ran--e jugee p.r Paris 13W. S. 233. DerVerfasser sieht in Goethe einen „LallopKile convaincu".

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341905_332278/129>, abgerufen am 01.07.2024.