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Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Drittes Vierteljahr.

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Jas Deutschtum im Auslande

Hältnisse, so daß er vorzieht, in der Fremde zu bleiben, wo er sich häufig eine
Stellung geschaffen hat, die ihm ein ganz anderes Ansehen verleiht, als er in
der Heimat finden würde.

Aber wenn so auch zuzugeben ist, daß viele nicht wiederkehren, die es
ursprünglich beabsichtigt hatten, viele andere aber von vornherein dauernd im
Auslande zu bleiben planen und sich das dortige Bürgerrecht erwerben, so
bleibt doch die Anhänglichkeit an die alte Heimat erhalten und neben den
Pflichten gegen das neue Vaterland werden die persönlichen und wirtschaft¬
lichen Beziehungen zum alten meist treulich weiter gepflegt.

Mit dem Ausbruch des Krieges namentlich ist allenthalben das deutsche
Blut wieder zur Geltung gelangt und hat das Zusammengehörigkeitsgefühl mit
der alten Heimat mit elementarer Gewalt in Wort und Tat zum Ausdruck
gebracht. Dies treue und feste Stehen zum alten Vaterland hat viele in
schwierige Lagen versetzt, ihre gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse
oft schwer geschädigt, zahlreichen sogar den Verlust ihres gesamten bisherigen
Besitzes oder ihrer Stellung gebracht und im selben Maß. wie immer mehr
Länder, neuerdings auch aus amerikanischem Boden, sich der Entente anschlössen,
wuchs auch die Zahl der geschädigten Auslandsdeutschen mehr und mehr an,
und wo kein offener diplomatischer Bruch stattfand, da leiden sie doch vielfach
schwer unter der feindseligen Stimmung der Umwelt. Stellenweise, wie in
Rußland, sind Unzählige von ihren Höfen oder Pachtstellen vertrieben worden,
anderwärts, wie in so manchen Fremdländern, sind die deutschen Unternehmungen
zur Versteigerung gebracht und damit völlig vernichtet worden, während die
Besitzer interniert wurden u. tgi. in. Unter solchen Umständen müssen wir
erwarten, daß nach Friedensschluß eine sehr große Zahl von Auslandsdeutschen
nach der deutschen Heimat zurückzukehren wünschen wird und es erhebt sich die
Frage, wie wir uns dieser heimflutenden Welle gegenüber zu verhalten haben.

Zunächst ist hervorzuheben, daß die stark überwiegende Zahl der aus¬
landsdeutschen Dauersiedelungm auf die beiden gemäßigten und kalten Zonen
beschränkt ist, während in den Tropen fast nur auf einigen Hochländern
generationenweise Ansiedelung deutscher Familien stattgefunden hat, indes im
tropischen Tiefland mit ganz vereinzelten Ausnahmen Deutsche nur mehr oder
weniger vorübergehenden Aufenthalt genommen haben. Daraus dürfen wir
entnehmen, daß aus klimatischen Gründen der Rückwanderung der Auslands¬
deutschen im allgemeinen nichts im Wege stehen würde.

Aber wenn wir die große Zahl der Auslandsdeutschen betrachten, so wird
uns klar, daß es uns auch bei wesentlicher Erweiterung unserer Bodenfläche
nicht möglich wäre, mehr als einen Teil derselben aufzunehmen, wenn wir der
anwachsenden eigenen Bevölkerung noch genügenden Spielraum lassen wollen.
Es ergibt sich daraus der Schluß, daß wir suchen müssen, die Zahl der Rück¬
wanderer nach Möglichkeit einzudämmen. Und zu gleichem Schluß führen uns
auch andere Überlegungen: die Auslandsdeutschen haben sich in ihrer Adoptiv-


Jas Deutschtum im Auslande

Hältnisse, so daß er vorzieht, in der Fremde zu bleiben, wo er sich häufig eine
Stellung geschaffen hat, die ihm ein ganz anderes Ansehen verleiht, als er in
der Heimat finden würde.

Aber wenn so auch zuzugeben ist, daß viele nicht wiederkehren, die es
ursprünglich beabsichtigt hatten, viele andere aber von vornherein dauernd im
Auslande zu bleiben planen und sich das dortige Bürgerrecht erwerben, so
bleibt doch die Anhänglichkeit an die alte Heimat erhalten und neben den
Pflichten gegen das neue Vaterland werden die persönlichen und wirtschaft¬
lichen Beziehungen zum alten meist treulich weiter gepflegt.

Mit dem Ausbruch des Krieges namentlich ist allenthalben das deutsche
Blut wieder zur Geltung gelangt und hat das Zusammengehörigkeitsgefühl mit
der alten Heimat mit elementarer Gewalt in Wort und Tat zum Ausdruck
gebracht. Dies treue und feste Stehen zum alten Vaterland hat viele in
schwierige Lagen versetzt, ihre gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse
oft schwer geschädigt, zahlreichen sogar den Verlust ihres gesamten bisherigen
Besitzes oder ihrer Stellung gebracht und im selben Maß. wie immer mehr
Länder, neuerdings auch aus amerikanischem Boden, sich der Entente anschlössen,
wuchs auch die Zahl der geschädigten Auslandsdeutschen mehr und mehr an,
und wo kein offener diplomatischer Bruch stattfand, da leiden sie doch vielfach
schwer unter der feindseligen Stimmung der Umwelt. Stellenweise, wie in
Rußland, sind Unzählige von ihren Höfen oder Pachtstellen vertrieben worden,
anderwärts, wie in so manchen Fremdländern, sind die deutschen Unternehmungen
zur Versteigerung gebracht und damit völlig vernichtet worden, während die
Besitzer interniert wurden u. tgi. in. Unter solchen Umständen müssen wir
erwarten, daß nach Friedensschluß eine sehr große Zahl von Auslandsdeutschen
nach der deutschen Heimat zurückzukehren wünschen wird und es erhebt sich die
Frage, wie wir uns dieser heimflutenden Welle gegenüber zu verhalten haben.

Zunächst ist hervorzuheben, daß die stark überwiegende Zahl der aus¬
landsdeutschen Dauersiedelungm auf die beiden gemäßigten und kalten Zonen
beschränkt ist, während in den Tropen fast nur auf einigen Hochländern
generationenweise Ansiedelung deutscher Familien stattgefunden hat, indes im
tropischen Tiefland mit ganz vereinzelten Ausnahmen Deutsche nur mehr oder
weniger vorübergehenden Aufenthalt genommen haben. Daraus dürfen wir
entnehmen, daß aus klimatischen Gründen der Rückwanderung der Auslands¬
deutschen im allgemeinen nichts im Wege stehen würde.

Aber wenn wir die große Zahl der Auslandsdeutschen betrachten, so wird
uns klar, daß es uns auch bei wesentlicher Erweiterung unserer Bodenfläche
nicht möglich wäre, mehr als einen Teil derselben aufzunehmen, wenn wir der
anwachsenden eigenen Bevölkerung noch genügenden Spielraum lassen wollen.
Es ergibt sich daraus der Schluß, daß wir suchen müssen, die Zahl der Rück¬
wanderer nach Möglichkeit einzudämmen. Und zu gleichem Schluß führen uns
auch andere Überlegungen: die Auslandsdeutschen haben sich in ihrer Adoptiv-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341905_332278/122>, abgerufen am 01.07.2024.