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Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Zweites Vierteljahr.

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sie Ordnung und sachgemäße Verteilung und durch gründliche und zuverlässige
Auskunftserteilung Stärkung und Förderung. In ihr tritt das Inland in
innigste Berührung mit dem Weltmarkt.

Die Herbeischaffung wichtiger Handelsnachrichten wurde in fast allen
exporttreibenden Ländern zunächst von den interessierten Privatkreisen selbständig
unternommen. Das heimische Handelsstammhaus sandte seine tüchtigsten An¬
gestellten in die von ihm bearbeiteten Absatzgebiete, und diese versuchten in das
sich ihnen darbietende Wirtschaftsleben der fremden Völker einzudringen, die
herrschenden Bedürfnisse und Gepflogenheiten kennen zu lernen und mit ein¬
flußreichen Stellen und maßgebenden Persönlichkeiten in Fühlung zu treten.
Die Heimberichte dieser Vertreter gaben die Grundlage zu eigenen Wirtschafts¬
archiven, die sich zu wichtigen Instrumenten für die weitere Bembeitung der
interessierenden Absatzgebiete aufbauten. Indessen genügten diese Einrichtungen
den Ansprüchen und Bedürfnissen des Außenhandels nicht mehr, als er jenes
Tempo anschlug, das zu selner heutigen Ausdehnung führte. Hinzu kam, daß
es früher der Exportkaufmann allein war, der die Geschäfte der heimischen
Industrie mit dem Auslande vermittelte. Mit der Vervollkommnung der
Gütererzeugung stellte sich beim Erzeuger das Bedürfnis ein, mit seinem aus¬
ländischen Abnehmer in direkte Fühlung zu kommen. Er sandte seine eigenen
Vertreter aus und knüpfte unter Umgehung des Exportkaufmannes eigene Be¬
ziehungen an und baute sie zu seinem Nutzen aus. Während sich nnn die
Erzeuger genötigt sahen, sich zu Interessengruppen zusammenzuschließen, um
ihren Außenhandel gemeinsam und wirkungsvoll zu betreiben und diese Be¬
strebungen durch einen dahwzielenden gemeinsamen Nachrichtendienst zu fördern,
sah sich der Exvorlkaufmann in seinen Interessen bedroht, und es erwuchs jene'
Rivalität zwischen beiden Gruppen, die gerade für Deutschland verhängnisvoll
und eine ver Ursachen wurde, daß bei uns eine großzügige, nationale Welt-
Handelsförderung, wie wir sie in allen anderen mit uns im Wettbewerb
stehenden Ländern in Tätigkeit sehen, noch zu Anfang des Weltkrieges nicht
erschaffen werden konnte. Dieser Widerspruch einerseits, andererseits das jeder
Einheitlichkeit in Zielen und Bestrebungen ermangelnde und in viele Sonvrr-
gruppen aufgelöste deutsche Wirtschaftsleben, dem es in Ermangelung einer
Willensstärken Geschlossenheit versagt war, beeinflussend auf die in Frage
kommenden staatlichen Stellen einzuwirken, rechtfertigen einigermaßen das geringe
Entgegenkommen, welches die Regierung für eine amtliche Welthandelsförderung
zeigte. Noch im Jahre 1908, als sich infolge des immer mächtiger entfaltenden
deutschen Außenhandels in weiten Kreisen die Erkenntnis Bahn brach, daß die
wirkungsvolle Förderung und Unterstützung des Welthandels eine der vor¬
nehmsten Aufgaben des modernen Staates sei, erhielt der Zentralverband
deutscher Industrieller auf eine dcchmzielende Eingabe ein den StaatssekretHr
des Innern den Bescheid: "Eine zentrale Außeuhandelsstelle wird nur dann
den ihr zuzuweisenden Aufgaben gerecht werden und den erstrebten und ge".


welthandelsfördcrnng

sie Ordnung und sachgemäße Verteilung und durch gründliche und zuverlässige
Auskunftserteilung Stärkung und Förderung. In ihr tritt das Inland in
innigste Berührung mit dem Weltmarkt.

Die Herbeischaffung wichtiger Handelsnachrichten wurde in fast allen
exporttreibenden Ländern zunächst von den interessierten Privatkreisen selbständig
unternommen. Das heimische Handelsstammhaus sandte seine tüchtigsten An¬
gestellten in die von ihm bearbeiteten Absatzgebiete, und diese versuchten in das
sich ihnen darbietende Wirtschaftsleben der fremden Völker einzudringen, die
herrschenden Bedürfnisse und Gepflogenheiten kennen zu lernen und mit ein¬
flußreichen Stellen und maßgebenden Persönlichkeiten in Fühlung zu treten.
Die Heimberichte dieser Vertreter gaben die Grundlage zu eigenen Wirtschafts¬
archiven, die sich zu wichtigen Instrumenten für die weitere Bembeitung der
interessierenden Absatzgebiete aufbauten. Indessen genügten diese Einrichtungen
den Ansprüchen und Bedürfnissen des Außenhandels nicht mehr, als er jenes
Tempo anschlug, das zu selner heutigen Ausdehnung führte. Hinzu kam, daß
es früher der Exportkaufmann allein war, der die Geschäfte der heimischen
Industrie mit dem Auslande vermittelte. Mit der Vervollkommnung der
Gütererzeugung stellte sich beim Erzeuger das Bedürfnis ein, mit seinem aus¬
ländischen Abnehmer in direkte Fühlung zu kommen. Er sandte seine eigenen
Vertreter aus und knüpfte unter Umgehung des Exportkaufmannes eigene Be¬
ziehungen an und baute sie zu seinem Nutzen aus. Während sich nnn die
Erzeuger genötigt sahen, sich zu Interessengruppen zusammenzuschließen, um
ihren Außenhandel gemeinsam und wirkungsvoll zu betreiben und diese Be¬
strebungen durch einen dahwzielenden gemeinsamen Nachrichtendienst zu fördern,
sah sich der Exvorlkaufmann in seinen Interessen bedroht, und es erwuchs jene'
Rivalität zwischen beiden Gruppen, die gerade für Deutschland verhängnisvoll
und eine ver Ursachen wurde, daß bei uns eine großzügige, nationale Welt-
Handelsförderung, wie wir sie in allen anderen mit uns im Wettbewerb
stehenden Ländern in Tätigkeit sehen, noch zu Anfang des Weltkrieges nicht
erschaffen werden konnte. Dieser Widerspruch einerseits, andererseits das jeder
Einheitlichkeit in Zielen und Bestrebungen ermangelnde und in viele Sonvrr-
gruppen aufgelöste deutsche Wirtschaftsleben, dem es in Ermangelung einer
Willensstärken Geschlossenheit versagt war, beeinflussend auf die in Frage
kommenden staatlichen Stellen einzuwirken, rechtfertigen einigermaßen das geringe
Entgegenkommen, welches die Regierung für eine amtliche Welthandelsförderung
zeigte. Noch im Jahre 1908, als sich infolge des immer mächtiger entfaltenden
deutschen Außenhandels in weiten Kreisen die Erkenntnis Bahn brach, daß die
wirkungsvolle Förderung und Unterstützung des Welthandels eine der vor¬
nehmsten Aufgaben des modernen Staates sei, erhielt der Zentralverband
deutscher Industrieller auf eine dcchmzielende Eingabe ein den StaatssekretHr
des Innern den Bescheid: „Eine zentrale Außeuhandelsstelle wird nur dann
den ihr zuzuweisenden Aufgaben gerecht werden und den erstrebten und ge».


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[0081] welthandelsfördcrnng sie Ordnung und sachgemäße Verteilung und durch gründliche und zuverlässige Auskunftserteilung Stärkung und Förderung. In ihr tritt das Inland in innigste Berührung mit dem Weltmarkt. Die Herbeischaffung wichtiger Handelsnachrichten wurde in fast allen exporttreibenden Ländern zunächst von den interessierten Privatkreisen selbständig unternommen. Das heimische Handelsstammhaus sandte seine tüchtigsten An¬ gestellten in die von ihm bearbeiteten Absatzgebiete, und diese versuchten in das sich ihnen darbietende Wirtschaftsleben der fremden Völker einzudringen, die herrschenden Bedürfnisse und Gepflogenheiten kennen zu lernen und mit ein¬ flußreichen Stellen und maßgebenden Persönlichkeiten in Fühlung zu treten. Die Heimberichte dieser Vertreter gaben die Grundlage zu eigenen Wirtschafts¬ archiven, die sich zu wichtigen Instrumenten für die weitere Bembeitung der interessierenden Absatzgebiete aufbauten. Indessen genügten diese Einrichtungen den Ansprüchen und Bedürfnissen des Außenhandels nicht mehr, als er jenes Tempo anschlug, das zu selner heutigen Ausdehnung führte. Hinzu kam, daß es früher der Exportkaufmann allein war, der die Geschäfte der heimischen Industrie mit dem Auslande vermittelte. Mit der Vervollkommnung der Gütererzeugung stellte sich beim Erzeuger das Bedürfnis ein, mit seinem aus¬ ländischen Abnehmer in direkte Fühlung zu kommen. Er sandte seine eigenen Vertreter aus und knüpfte unter Umgehung des Exportkaufmannes eigene Be¬ ziehungen an und baute sie zu seinem Nutzen aus. Während sich nnn die Erzeuger genötigt sahen, sich zu Interessengruppen zusammenzuschließen, um ihren Außenhandel gemeinsam und wirkungsvoll zu betreiben und diese Be¬ strebungen durch einen dahwzielenden gemeinsamen Nachrichtendienst zu fördern, sah sich der Exvorlkaufmann in seinen Interessen bedroht, und es erwuchs jene' Rivalität zwischen beiden Gruppen, die gerade für Deutschland verhängnisvoll und eine ver Ursachen wurde, daß bei uns eine großzügige, nationale Welt- Handelsförderung, wie wir sie in allen anderen mit uns im Wettbewerb stehenden Ländern in Tätigkeit sehen, noch zu Anfang des Weltkrieges nicht erschaffen werden konnte. Dieser Widerspruch einerseits, andererseits das jeder Einheitlichkeit in Zielen und Bestrebungen ermangelnde und in viele Sonvrr- gruppen aufgelöste deutsche Wirtschaftsleben, dem es in Ermangelung einer Willensstärken Geschlossenheit versagt war, beeinflussend auf die in Frage kommenden staatlichen Stellen einzuwirken, rechtfertigen einigermaßen das geringe Entgegenkommen, welches die Regierung für eine amtliche Welthandelsförderung zeigte. Noch im Jahre 1908, als sich infolge des immer mächtiger entfaltenden deutschen Außenhandels in weiten Kreisen die Erkenntnis Bahn brach, daß die wirkungsvolle Förderung und Unterstützung des Welthandels eine der vor¬ nehmsten Aufgaben des modernen Staates sei, erhielt der Zentralverband deutscher Industrieller auf eine dcchmzielende Eingabe ein den StaatssekretHr des Innern den Bescheid: „Eine zentrale Außeuhandelsstelle wird nur dann den ihr zuzuweisenden Aufgaben gerecht werden und den erstrebten und ge».

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341905_331841/81>, abgerufen am 14.01.2025.