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Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Zweites Vierteljahr.

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Welthandelsförderung

achten und zu studieren, die auf die heimische Ausfuhr irgendwie von Einfluß
sein können. Hierher gehören vor allem die Beobachtung der wirtschaftlichen
Entwicklung, der Markt-, Geld- und Verkehrsverhältnisse und das Studium
der wirtschaftlichen Notwendigkeiten und Entwicklungsmöglichkeiten jener Länder,
nach denen eine verstärkte Ausfuhr erstrebenswert erscheint. Mit ebenso
großem Eifer ist die Ausdehnung des statthabenden Wettbewerbes anderer
Handelsoölker zu verfolgen und die Vorbedingungen seiner Ausbreitung und
seines Wachstums zu studieren. Wenn Lord Cecil, der englische Blockade¬
minister, vor kurzem im englischen Unterhaus in seinem Bericht über die Tätig¬
keit der Abteilung für Außenhandel im Auswärtigen Amte die Aufstellung der
Schwarzen Listen als eine Untersuchung bezeichnen konnte, welche den gewaltigen
Umfang der Organisation des deutschen Handels in der gründlichsten Weise
dartut, so ist damit nichts anderes gesagt, als daß England nunmehr über
eine scharfe Waffe verfügt, die, rücksichtslos gebraucht, in dem Wirtschaftskrieg,
der die Jahre nach dem Kriege ausfüllen wird, dem englischen Außenhandel
unübersehbare Vorteile bieten muß.

Des weiteren obliegt dem Nachrichtendienst die Durchsicht und Prüfung
der ausländischen Presse nach Nachrichten und Informationen, deren Kenntnis
dem heimischen Handel und der heimischen Industrie von Interesse sein können.
Darüber hinaus aber soll sich dieser Dienst auch eines gewissen Einflusses auf
diese Presse versichert halten, um rechtzeitig und entscheidend irgendwelchen
feindseligen Treibereien entgegentreten zu können. Die in diesem Dienst ge¬
sammelten Nachrichten gelangen möglichst schnell und ausführlich an eine Zentral¬
stelle, welche sie nach sachgemäßer Prüfung dem heimischen Wirtschaftsleben
zwecks Anbahnung oder Auswertung bereits vorhandener Handelsbeziehungen
zur Verfügung stellt. Im Laufe der Zeit wird diese Sammelstelle sich zu einem
Weltwirtschaftsarchiv entwickeln, dessen Material in umfassendster Weise alle
tur den Außenhandel wichtigen Daten zusammenstellt, und dem Kaufmann
und Fabrikanten, der mit dem Ausland in Handelsverbindung zu treten sucht,
als zuverlässiger Führer in das Wirtschaftsleben des gewählten Absatzgebietes
dienen kann. Die Aufgabe des Nachrichtendienstes ist indessen hiermit nicht
erfüllt. Ebenso wie er bemüht sein muß. allen wichtigen Handelsnachrichten
und Informationen den Weg von außen nach innen offen zu halten, hat er
sich aller vorhandenen Einrichtungen, wie Presse, Telegraphenbureau, Zeitungs-
Nachrichtenzentralen usw. zu bedienen, um dem Auslande Auskunft und Auf¬
schlüsse über die Leistungsfähigkeit der nationalen Industrie, über Preise und
Bezugsmöglichkeiten zukommen zu lassen und für deren Verbreitung zwecks
Anknüpfung von Handelsbeziehungen Sorge zu tragen.

Für jede Welthandelsförderung erscheint die Schaffung einer wohlorgani-
sierten, schnell und zuverlässig arbeitenden Nachrichtenzentralstelle als die wichtigste
Grundlage. In ihr lausen die Fäden zusammen, die das Wirtschaftsleben
ausländischer Völker an das heimische Wirtschaftsleben knüpfen, hier erfahren


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Welthandelsförderung

achten und zu studieren, die auf die heimische Ausfuhr irgendwie von Einfluß
sein können. Hierher gehören vor allem die Beobachtung der wirtschaftlichen
Entwicklung, der Markt-, Geld- und Verkehrsverhältnisse und das Studium
der wirtschaftlichen Notwendigkeiten und Entwicklungsmöglichkeiten jener Länder,
nach denen eine verstärkte Ausfuhr erstrebenswert erscheint. Mit ebenso
großem Eifer ist die Ausdehnung des statthabenden Wettbewerbes anderer
Handelsoölker zu verfolgen und die Vorbedingungen seiner Ausbreitung und
seines Wachstums zu studieren. Wenn Lord Cecil, der englische Blockade¬
minister, vor kurzem im englischen Unterhaus in seinem Bericht über die Tätig¬
keit der Abteilung für Außenhandel im Auswärtigen Amte die Aufstellung der
Schwarzen Listen als eine Untersuchung bezeichnen konnte, welche den gewaltigen
Umfang der Organisation des deutschen Handels in der gründlichsten Weise
dartut, so ist damit nichts anderes gesagt, als daß England nunmehr über
eine scharfe Waffe verfügt, die, rücksichtslos gebraucht, in dem Wirtschaftskrieg,
der die Jahre nach dem Kriege ausfüllen wird, dem englischen Außenhandel
unübersehbare Vorteile bieten muß.

Des weiteren obliegt dem Nachrichtendienst die Durchsicht und Prüfung
der ausländischen Presse nach Nachrichten und Informationen, deren Kenntnis
dem heimischen Handel und der heimischen Industrie von Interesse sein können.
Darüber hinaus aber soll sich dieser Dienst auch eines gewissen Einflusses auf
diese Presse versichert halten, um rechtzeitig und entscheidend irgendwelchen
feindseligen Treibereien entgegentreten zu können. Die in diesem Dienst ge¬
sammelten Nachrichten gelangen möglichst schnell und ausführlich an eine Zentral¬
stelle, welche sie nach sachgemäßer Prüfung dem heimischen Wirtschaftsleben
zwecks Anbahnung oder Auswertung bereits vorhandener Handelsbeziehungen
zur Verfügung stellt. Im Laufe der Zeit wird diese Sammelstelle sich zu einem
Weltwirtschaftsarchiv entwickeln, dessen Material in umfassendster Weise alle
tur den Außenhandel wichtigen Daten zusammenstellt, und dem Kaufmann
und Fabrikanten, der mit dem Ausland in Handelsverbindung zu treten sucht,
als zuverlässiger Führer in das Wirtschaftsleben des gewählten Absatzgebietes
dienen kann. Die Aufgabe des Nachrichtendienstes ist indessen hiermit nicht
erfüllt. Ebenso wie er bemüht sein muß. allen wichtigen Handelsnachrichten
und Informationen den Weg von außen nach innen offen zu halten, hat er
sich aller vorhandenen Einrichtungen, wie Presse, Telegraphenbureau, Zeitungs-
Nachrichtenzentralen usw. zu bedienen, um dem Auslande Auskunft und Auf¬
schlüsse über die Leistungsfähigkeit der nationalen Industrie, über Preise und
Bezugsmöglichkeiten zukommen zu lassen und für deren Verbreitung zwecks
Anknüpfung von Handelsbeziehungen Sorge zu tragen.

Für jede Welthandelsförderung erscheint die Schaffung einer wohlorgani-
sierten, schnell und zuverlässig arbeitenden Nachrichtenzentralstelle als die wichtigste
Grundlage. In ihr lausen die Fäden zusammen, die das Wirtschaftsleben
ausländischer Völker an das heimische Wirtschaftsleben knüpfen, hier erfahren


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341905_331841/80>, abgerufen am 14.01.2025.