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Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Viertes Vierteljahr.

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Vom Argot Ooilu

jegliches Kriegsgerüt. So sind für Gewehr (5u8it) die Ausdrücke gebräuchlich:
lance-pierres (Schleuder), arbalete (Armbrust), serinZue (Spritze) und haupt¬
sächlich nouZat. jedenfalls wegen der neusilbernen Umhüllung der französischen
Gewehrkugeln so genannt, die an den Nußkuchen erinnert. Das Bajonett
trägt dieSpitznamen: cure-derw (Zahnstocher), wurcnette (Gabel), tue-donde
(Deutschentöter), aiAuille ä tricoter (Stricknadel), Kosalie, ^o8öpbine und
Victor. Jacqueline dagegen bedeutet den Kavalleriesäbel.

Die schwere Artillerie hat den Beinamen Zueularäe (Schreihals) erhalten,
für Kanonen im allgemeinen wird brutal gesagt, taire ton88er le brutal
(den Grobian husten lassen) bedeutet mit der Kanone schießen, während unter
canori selbst verre cle vin (Glas Wein) verstanden wird. Die furchtbare Wir¬
kung der Artillerie spiegelt sich in der Bezeichnung boucbers iroirZ (schwarze
Schlächter) für Artilleristen wieder, die eine schwarze Uniform tragen, sie werden
auch arrv8cur8 (arro3er, besprengen) genannt, und das 75 um Geschütz, das
bei den Kolonialtruppen petit krancai8 heißt, trägt den entsprechenden Namen
arro8vir (Gießkanne).

Das eigenartige regelmäßige Geräusch, das das Maschinengewehr verursacht,
hat zu den Bezeichnungen moulin ä cake (Kaffeemühle), moulin a poivre
(Pfeffermühle), maenine ä äecouäre (Nähmaschine) geführt. Sehr viele und
ausdrucksvolle Spitznamen finden sich sür die verschiedenen Arten von Ge¬
schossen. So wird für ohn8 (Granate) ciZare gesagt, womit auch die Zeppeline
bezeichnet werden, für die übrigens auch einfach ^ gesagt wird, während
Zigarre cibiclie heißt. Der Fesselballon wird nach seiner Form 8anni88e
(Wurst) genannt, denselben Namen tragen aber auch die länglichen von den
französischen Schützengrabenmörsern geschleuderten Geschosse. Nach der schwarzen
Rauchentwicklung beim Zerplatzen heißen die Granaten auch mscavoue (Kater),
wobei an die meist schwarze Farbe der Kater gedacht wird und Aw8 noir8
oder ebenfalls nach der Farbe des Rauches Zro3 verk. Der gebräuchlichste
Spitzname für Granate ist aber marmite. ein Wort, das eigentlich den Koch¬
topf des französischen Soldaten bezeichnet. Für Fliegerbomben wird nach dem
von ihnen verursachten Geräusch treffend coucou (Kuckuck) gesagt, womit auch
das bombenwerfende Flugzeug selbst benannt wird. Handgranaten heißen nach
ihrer eigenartigen Form tortue8 (Schildkröten). Für Kugeln und Granat¬
splitter finden sich die Ausdrücke: ckraZee (Zuckererbse). abeille8 (Bienen).
Praline (gebrannte Mandel), marron (Kastanie), pruneaux (Backpflaumen).

Sehr witzig sind oft die Spitznamen, die sich die französischen Soldaten
untereinander geben und die aus eine bestimmte Tätigkeit oder auf das
menschliche Äußere abzielen. Die Scharfschützen der Senegalneger und Alpen¬
jäger, die gern von den Bäumen auf die Deutschen Herunterschossen, erhielten
den Beinamen permquet (Papagei), die bei den Verpflegungszentren, Stationen,
Magazinen, Bahnhöfen und Stäben verwendeten Leute heißen "draine-patte
(einer der den Fuß nachschleppt); Lra8 ca33ö werden die Fouriere, Köche und


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jegliches Kriegsgerüt. So sind für Gewehr (5u8it) die Ausdrücke gebräuchlich:
lance-pierres (Schleuder), arbalete (Armbrust), serinZue (Spritze) und haupt¬
sächlich nouZat. jedenfalls wegen der neusilbernen Umhüllung der französischen
Gewehrkugeln so genannt, die an den Nußkuchen erinnert. Das Bajonett
trägt dieSpitznamen: cure-derw (Zahnstocher), wurcnette (Gabel), tue-donde
(Deutschentöter), aiAuille ä tricoter (Stricknadel), Kosalie, ^o8öpbine und
Victor. Jacqueline dagegen bedeutet den Kavalleriesäbel.

Die schwere Artillerie hat den Beinamen Zueularäe (Schreihals) erhalten,
für Kanonen im allgemeinen wird brutal gesagt, taire ton88er le brutal
(den Grobian husten lassen) bedeutet mit der Kanone schießen, während unter
canori selbst verre cle vin (Glas Wein) verstanden wird. Die furchtbare Wir¬
kung der Artillerie spiegelt sich in der Bezeichnung boucbers iroirZ (schwarze
Schlächter) für Artilleristen wieder, die eine schwarze Uniform tragen, sie werden
auch arrv8cur8 (arro3er, besprengen) genannt, und das 75 um Geschütz, das
bei den Kolonialtruppen petit krancai8 heißt, trägt den entsprechenden Namen
arro8vir (Gießkanne).

Das eigenartige regelmäßige Geräusch, das das Maschinengewehr verursacht,
hat zu den Bezeichnungen moulin ä cake (Kaffeemühle), moulin a poivre
(Pfeffermühle), maenine ä äecouäre (Nähmaschine) geführt. Sehr viele und
ausdrucksvolle Spitznamen finden sich sür die verschiedenen Arten von Ge¬
schossen. So wird für ohn8 (Granate) ciZare gesagt, womit auch die Zeppeline
bezeichnet werden, für die übrigens auch einfach ^ gesagt wird, während
Zigarre cibiclie heißt. Der Fesselballon wird nach seiner Form 8anni88e
(Wurst) genannt, denselben Namen tragen aber auch die länglichen von den
französischen Schützengrabenmörsern geschleuderten Geschosse. Nach der schwarzen
Rauchentwicklung beim Zerplatzen heißen die Granaten auch mscavoue (Kater),
wobei an die meist schwarze Farbe der Kater gedacht wird und Aw8 noir8
oder ebenfalls nach der Farbe des Rauches Zro3 verk. Der gebräuchlichste
Spitzname für Granate ist aber marmite. ein Wort, das eigentlich den Koch¬
topf des französischen Soldaten bezeichnet. Für Fliegerbomben wird nach dem
von ihnen verursachten Geräusch treffend coucou (Kuckuck) gesagt, womit auch
das bombenwerfende Flugzeug selbst benannt wird. Handgranaten heißen nach
ihrer eigenartigen Form tortue8 (Schildkröten). Für Kugeln und Granat¬
splitter finden sich die Ausdrücke: ckraZee (Zuckererbse). abeille8 (Bienen).
Praline (gebrannte Mandel), marron (Kastanie), pruneaux (Backpflaumen).

Sehr witzig sind oft die Spitznamen, die sich die französischen Soldaten
untereinander geben und die aus eine bestimmte Tätigkeit oder auf das
menschliche Äußere abzielen. Die Scharfschützen der Senegalneger und Alpen¬
jäger, die gern von den Bäumen auf die Deutschen Herunterschossen, erhielten
den Beinamen permquet (Papagei), die bei den Verpflegungszentren, Stationen,
Magazinen, Bahnhöfen und Stäben verwendeten Leute heißen «draine-patte
(einer der den Fuß nachschleppt); Lra8 ca33ö werden die Fouriere, Köche und


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[0267] Vom Argot Ooilu jegliches Kriegsgerüt. So sind für Gewehr (5u8it) die Ausdrücke gebräuchlich: lance-pierres (Schleuder), arbalete (Armbrust), serinZue (Spritze) und haupt¬ sächlich nouZat. jedenfalls wegen der neusilbernen Umhüllung der französischen Gewehrkugeln so genannt, die an den Nußkuchen erinnert. Das Bajonett trägt dieSpitznamen: cure-derw (Zahnstocher), wurcnette (Gabel), tue-donde (Deutschentöter), aiAuille ä tricoter (Stricknadel), Kosalie, ^o8öpbine und Victor. Jacqueline dagegen bedeutet den Kavalleriesäbel. Die schwere Artillerie hat den Beinamen Zueularäe (Schreihals) erhalten, für Kanonen im allgemeinen wird brutal gesagt, taire ton88er le brutal (den Grobian husten lassen) bedeutet mit der Kanone schießen, während unter canori selbst verre cle vin (Glas Wein) verstanden wird. Die furchtbare Wir¬ kung der Artillerie spiegelt sich in der Bezeichnung boucbers iroirZ (schwarze Schlächter) für Artilleristen wieder, die eine schwarze Uniform tragen, sie werden auch arrv8cur8 (arro3er, besprengen) genannt, und das 75 um Geschütz, das bei den Kolonialtruppen petit krancai8 heißt, trägt den entsprechenden Namen arro8vir (Gießkanne). Das eigenartige regelmäßige Geräusch, das das Maschinengewehr verursacht, hat zu den Bezeichnungen moulin ä cake (Kaffeemühle), moulin a poivre (Pfeffermühle), maenine ä äecouäre (Nähmaschine) geführt. Sehr viele und ausdrucksvolle Spitznamen finden sich sür die verschiedenen Arten von Ge¬ schossen. So wird für ohn8 (Granate) ciZare gesagt, womit auch die Zeppeline bezeichnet werden, für die übrigens auch einfach ^ gesagt wird, während Zigarre cibiclie heißt. Der Fesselballon wird nach seiner Form 8anni88e (Wurst) genannt, denselben Namen tragen aber auch die länglichen von den französischen Schützengrabenmörsern geschleuderten Geschosse. Nach der schwarzen Rauchentwicklung beim Zerplatzen heißen die Granaten auch mscavoue (Kater), wobei an die meist schwarze Farbe der Kater gedacht wird und Aw8 noir8 oder ebenfalls nach der Farbe des Rauches Zro3 verk. Der gebräuchlichste Spitzname für Granate ist aber marmite. ein Wort, das eigentlich den Koch¬ topf des französischen Soldaten bezeichnet. Für Fliegerbomben wird nach dem von ihnen verursachten Geräusch treffend coucou (Kuckuck) gesagt, womit auch das bombenwerfende Flugzeug selbst benannt wird. Handgranaten heißen nach ihrer eigenartigen Form tortue8 (Schildkröten). Für Kugeln und Granat¬ splitter finden sich die Ausdrücke: ckraZee (Zuckererbse). abeille8 (Bienen). Praline (gebrannte Mandel), marron (Kastanie), pruneaux (Backpflaumen). Sehr witzig sind oft die Spitznamen, die sich die französischen Soldaten untereinander geben und die aus eine bestimmte Tätigkeit oder auf das menschliche Äußere abzielen. Die Scharfschützen der Senegalneger und Alpen¬ jäger, die gern von den Bäumen auf die Deutschen Herunterschossen, erhielten den Beinamen permquet (Papagei), die bei den Verpflegungszentren, Stationen, Magazinen, Bahnhöfen und Stäben verwendeten Leute heißen «draine-patte (einer der den Fuß nachschleppt); Lra8 ca33ö werden die Fouriere, Köche und

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341903_330971/267>, abgerufen am 23.07.2024.