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Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Drittes Vierteljahr.

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Friedrich Gskar v. Schwarze

kommissionen, denen die Beratung von Rechtsmaterien oblag, und seit der
Gründung des Norddeutschen Bundes gibt es kein Justizgesetz, auf dessen In¬
halt er nicht den tiefstgehenden Einfluß ausgeübt hätte. Insbesondere war er
Vorsitzender der Kommisston zur Beratung des Entwurfs des Strasgesetzbuches.
nachdem er schon als stellvertretender Vorsitzender an der Bundesratskommission
zur Beratung des Entwurfs teilgenommen und gemeinsam mit dem nach¬
maligen preußischen Justizminister Friedberg deren Beschlüsse redigiert und die
Motive bearbeitet hatte. Er war serner Referent über das Reichspreßgesetz,
Mitglied und Referent der Kommisston für den Wuchergesetzentwurf und der
Kommisston für den Gesetzentwurf betreffend die Entschädigung für unschuldig
erlittene Untersuchungs- und Strafhaft. Vor allem aber war er stellvertretender
Vorsitzender der Kommission zur Beratung der am 1. Oktober 1879 in Kraft
getretenen Reichsjustizgesetze (Zivilprozeßordnung, Strafprozeßordnung, Konkurs¬
ordnung. Rechtsanwaltsordnung, Gerichtsverfassungsgesetz). Hierbei war er im
Plenum des Reichstags selbst Referent für die Strafprozeßordnung, bei der er
auf die Beteiligung des Laienelements auch in einzelrichterlichen Strafsachen --
Schöffengerichte -- das Hauptgewicht legte.

Mit dem allen ist die Wirksamkeit dieses bedeutenden Lebens aber nicht
erschöpft: eine umfassende literarische Tätigkeit ging mit all dieser Arbeit Hand
in Hand. Von seinen zahlreichen wissenschaftlichen Arbeiten gehören die weitaus
meisten dem Strafrecht an; diese sind es, die seinen Namen weit über des
Deutschen Reiches Grenzen hinausgetragen haben. Als seine bedeutendsten Werke
seien hier nur genannt der "Kommentar zur Strafprozeßordnung für das
Königreich Sachsen", die "Grundsätze des Sächsischen Strafprozeßrechts", die
"Lehre von dem fortgesetzten Verbrechen", "Die zweite Instanz im mündlichen
Strafverfahren", "Das Schwurgericht und dessen Reform", die "Bemerkungen
zur Lehre von der Verjährung im Strafrecht", "Das Schöffengericht", der
"Kommentar zum Reichspreßgesetz", die "Erörterungen praktisch wichtiger Materien
aus dem Deutschen Strafprozeßrechte", der "Kommentar zur Deutschen Straf¬
prozeßordnung" und vor allem der in vielen Auflagen erschienene "Kommentar
zum Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich". Daneben erschienen in den
verschiedensten Zeitschriften eine große Zahl von Abhandlungen von ihm und
er widmete sich auch noch der Schriftleitung von Fachzeitschriften, so der "Neuen
Jahrbücher für sächsisches Strafrecht" und der "Sächsischen Gerichtszeitung".
Seit 1854 gab er den "Gerichtssaal" heraus und war auch an der Schriftleitung
der "Allgemeinen Deutschen Strafrechtszeitung" beteiligt. Besonders lebhaft
trat er noch in seinen letzten Lebensjahren für die Gewährung einer Ent¬
schädigung für unschuldig erlittene Haft und für die Abschaffung der Todes¬
strafe ("Aphorismen über die Todesstrafe") ein. Mehrfach gab er im Auftrage
auswärtiger Regierungen Gutachten über Gesetzentwürfe ab. Genannt sei hier
nur sein Gutachten über das österreichische Strafrecht. Im Deutschen Jmisten-
wg. dessen Tätigkeit die Vereinheitlichung der deutschen Gesetzgebung in hervor-


Friedrich Gskar v. Schwarze

kommissionen, denen die Beratung von Rechtsmaterien oblag, und seit der
Gründung des Norddeutschen Bundes gibt es kein Justizgesetz, auf dessen In¬
halt er nicht den tiefstgehenden Einfluß ausgeübt hätte. Insbesondere war er
Vorsitzender der Kommisston zur Beratung des Entwurfs des Strasgesetzbuches.
nachdem er schon als stellvertretender Vorsitzender an der Bundesratskommission
zur Beratung des Entwurfs teilgenommen und gemeinsam mit dem nach¬
maligen preußischen Justizminister Friedberg deren Beschlüsse redigiert und die
Motive bearbeitet hatte. Er war serner Referent über das Reichspreßgesetz,
Mitglied und Referent der Kommisston für den Wuchergesetzentwurf und der
Kommisston für den Gesetzentwurf betreffend die Entschädigung für unschuldig
erlittene Untersuchungs- und Strafhaft. Vor allem aber war er stellvertretender
Vorsitzender der Kommission zur Beratung der am 1. Oktober 1879 in Kraft
getretenen Reichsjustizgesetze (Zivilprozeßordnung, Strafprozeßordnung, Konkurs¬
ordnung. Rechtsanwaltsordnung, Gerichtsverfassungsgesetz). Hierbei war er im
Plenum des Reichstags selbst Referent für die Strafprozeßordnung, bei der er
auf die Beteiligung des Laienelements auch in einzelrichterlichen Strafsachen —
Schöffengerichte — das Hauptgewicht legte.

Mit dem allen ist die Wirksamkeit dieses bedeutenden Lebens aber nicht
erschöpft: eine umfassende literarische Tätigkeit ging mit all dieser Arbeit Hand
in Hand. Von seinen zahlreichen wissenschaftlichen Arbeiten gehören die weitaus
meisten dem Strafrecht an; diese sind es, die seinen Namen weit über des
Deutschen Reiches Grenzen hinausgetragen haben. Als seine bedeutendsten Werke
seien hier nur genannt der „Kommentar zur Strafprozeßordnung für das
Königreich Sachsen", die „Grundsätze des Sächsischen Strafprozeßrechts", die
„Lehre von dem fortgesetzten Verbrechen", „Die zweite Instanz im mündlichen
Strafverfahren", „Das Schwurgericht und dessen Reform", die „Bemerkungen
zur Lehre von der Verjährung im Strafrecht", „Das Schöffengericht", der
„Kommentar zum Reichspreßgesetz", die „Erörterungen praktisch wichtiger Materien
aus dem Deutschen Strafprozeßrechte", der „Kommentar zur Deutschen Straf¬
prozeßordnung" und vor allem der in vielen Auflagen erschienene „Kommentar
zum Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich". Daneben erschienen in den
verschiedensten Zeitschriften eine große Zahl von Abhandlungen von ihm und
er widmete sich auch noch der Schriftleitung von Fachzeitschriften, so der „Neuen
Jahrbücher für sächsisches Strafrecht" und der „Sächsischen Gerichtszeitung".
Seit 1854 gab er den „Gerichtssaal" heraus und war auch an der Schriftleitung
der „Allgemeinen Deutschen Strafrechtszeitung" beteiligt. Besonders lebhaft
trat er noch in seinen letzten Lebensjahren für die Gewährung einer Ent¬
schädigung für unschuldig erlittene Haft und für die Abschaffung der Todes¬
strafe („Aphorismen über die Todesstrafe") ein. Mehrfach gab er im Auftrage
auswärtiger Regierungen Gutachten über Gesetzentwürfe ab. Genannt sei hier
nur sein Gutachten über das österreichische Strafrecht. Im Deutschen Jmisten-
wg. dessen Tätigkeit die Vereinheitlichung der deutschen Gesetzgebung in hervor-


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[0425] Friedrich Gskar v. Schwarze kommissionen, denen die Beratung von Rechtsmaterien oblag, und seit der Gründung des Norddeutschen Bundes gibt es kein Justizgesetz, auf dessen In¬ halt er nicht den tiefstgehenden Einfluß ausgeübt hätte. Insbesondere war er Vorsitzender der Kommisston zur Beratung des Entwurfs des Strasgesetzbuches. nachdem er schon als stellvertretender Vorsitzender an der Bundesratskommission zur Beratung des Entwurfs teilgenommen und gemeinsam mit dem nach¬ maligen preußischen Justizminister Friedberg deren Beschlüsse redigiert und die Motive bearbeitet hatte. Er war serner Referent über das Reichspreßgesetz, Mitglied und Referent der Kommisston für den Wuchergesetzentwurf und der Kommisston für den Gesetzentwurf betreffend die Entschädigung für unschuldig erlittene Untersuchungs- und Strafhaft. Vor allem aber war er stellvertretender Vorsitzender der Kommission zur Beratung der am 1. Oktober 1879 in Kraft getretenen Reichsjustizgesetze (Zivilprozeßordnung, Strafprozeßordnung, Konkurs¬ ordnung. Rechtsanwaltsordnung, Gerichtsverfassungsgesetz). Hierbei war er im Plenum des Reichstags selbst Referent für die Strafprozeßordnung, bei der er auf die Beteiligung des Laienelements auch in einzelrichterlichen Strafsachen — Schöffengerichte — das Hauptgewicht legte. Mit dem allen ist die Wirksamkeit dieses bedeutenden Lebens aber nicht erschöpft: eine umfassende literarische Tätigkeit ging mit all dieser Arbeit Hand in Hand. Von seinen zahlreichen wissenschaftlichen Arbeiten gehören die weitaus meisten dem Strafrecht an; diese sind es, die seinen Namen weit über des Deutschen Reiches Grenzen hinausgetragen haben. Als seine bedeutendsten Werke seien hier nur genannt der „Kommentar zur Strafprozeßordnung für das Königreich Sachsen", die „Grundsätze des Sächsischen Strafprozeßrechts", die „Lehre von dem fortgesetzten Verbrechen", „Die zweite Instanz im mündlichen Strafverfahren", „Das Schwurgericht und dessen Reform", die „Bemerkungen zur Lehre von der Verjährung im Strafrecht", „Das Schöffengericht", der „Kommentar zum Reichspreßgesetz", die „Erörterungen praktisch wichtiger Materien aus dem Deutschen Strafprozeßrechte", der „Kommentar zur Deutschen Straf¬ prozeßordnung" und vor allem der in vielen Auflagen erschienene „Kommentar zum Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich". Daneben erschienen in den verschiedensten Zeitschriften eine große Zahl von Abhandlungen von ihm und er widmete sich auch noch der Schriftleitung von Fachzeitschriften, so der „Neuen Jahrbücher für sächsisches Strafrecht" und der „Sächsischen Gerichtszeitung". Seit 1854 gab er den „Gerichtssaal" heraus und war auch an der Schriftleitung der „Allgemeinen Deutschen Strafrechtszeitung" beteiligt. Besonders lebhaft trat er noch in seinen letzten Lebensjahren für die Gewährung einer Ent¬ schädigung für unschuldig erlittene Haft und für die Abschaffung der Todes¬ strafe („Aphorismen über die Todesstrafe") ein. Mehrfach gab er im Auftrage auswärtiger Regierungen Gutachten über Gesetzentwürfe ab. Genannt sei hier nur sein Gutachten über das österreichische Strafrecht. Im Deutschen Jmisten- wg. dessen Tätigkeit die Vereinheitlichung der deutschen Gesetzgebung in hervor-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341903_330533/425>, abgerufen am 23.07.2024.