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Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Drittes Vierteljahr.

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Die Wehrerziehung in Frankreich

Was in der emsigen Tätigkeit der Vereinigungen aller Art in den sehr
methodisch aufgebauten Lehrgängen erreicht wird, tritt alljährlich bei der Ab¬
nahme des brevet et'aptitucie militaiie vor den Augen der maßgebenden
Faktoren in die Erscheinung. In der Tat ist der Besitz dieses Prüfungs¬
zeugnisses für die Armee und den jungen Franzosen von erheblichem Nutzen.
Es setzt ihn in den Stand, ein "Zevancement d'appel" einzugehen und läßt
ihn auch bei normalem Eintritt innerhalb seiner Jahresklasse einen Truppenteil
Auswählen. Im Truppenverbande selbst haben alle Träger des brevet
6'aptltuäe das Anrecht auf eine Beförderung zum Korporal oder Brigadier
schon nach 4 Monaten. Auch bei besonderen Verwendungen als Musiker oder
Radfahrer erhalten die Geprüften das Vorrecht. Die Prüfungskommissionen
bilden sich bei den einzelnen Truppenteilen, sie bestehen aus aktiven Offizieren,
z. B. aus einem Major, einem Hauptmann und einem Leutnant. Die Prü¬
fung kann auch nach dem Eintritt ins Heer, in den ersten zehn Tagen nach
der Einstellung abgelegt werden. Die Mehrzahl der Kandidaten melden sich
jedoch schon vor dem 1. Juni ihres Einstellungsjahres. Zwischen dem 1. und
31. Juli finden dann die Prüfungen statt. Die verlangten Leistungen dieses
Examens sind wohl zu beachten. Die Notengebung als Urteilsmaß ist in der
folgenden Stufenleiter festgelegt:

0Null
1bis3Sehr schlecht
56Schlecht
78Mittelmäßig
910Hinreichend
1112Ziemlich gut
1315Gut
16"19Sehr gut
20Vorzüglich.

Das Zeugnis wird nur denjenigen ausgehändigt, die keine Zensur unter
7 erhalten und mindestens die Punktzahl 700 erreichen. Jede Note wird mit
einem dem Dienstzweig eigenen Koeffizienten multipliziert. Die Summe aller
dieser Teilprodukte ergibt die Punktzahl. Die meisten Übungen werden von
allen Prüfungen gleichmäßig gewünscht. In einzelnen Zweigen tritt schon
eine Teilung ein zwischen den Anwärtern für die Fußtruppen und denjenigen
jungen Leuten, die ein Examen für den Dienst bei berittenen Formationen
abzulegen gedenken. Die späteren Jnfanteristen müssen zwei Märsche von je
24 Kilometern, ohne Waffe und Belastung in weniger als sechs Stunden --
den zweiten vierundzwanzig Stunden nach dem ersten --, ausführen. Die der
Marschleistung entsprechende Punktzahl kann von zehn auf zwanzig erhöht
werden, je nachdem der Prüfung imstande ist, fünfzehn Minuten nach dem
Ende des zweiten Marsches eine Reihe von Hindernissen zu nehmen, deren
Zahl und Beschaffenheit neben der allgemeinen Verfassung des Körpers nach


Die Wehrerziehung in Frankreich

Was in der emsigen Tätigkeit der Vereinigungen aller Art in den sehr
methodisch aufgebauten Lehrgängen erreicht wird, tritt alljährlich bei der Ab¬
nahme des brevet et'aptitucie militaiie vor den Augen der maßgebenden
Faktoren in die Erscheinung. In der Tat ist der Besitz dieses Prüfungs¬
zeugnisses für die Armee und den jungen Franzosen von erheblichem Nutzen.
Es setzt ihn in den Stand, ein „Zevancement d'appel" einzugehen und läßt
ihn auch bei normalem Eintritt innerhalb seiner Jahresklasse einen Truppenteil
Auswählen. Im Truppenverbande selbst haben alle Träger des brevet
6'aptltuäe das Anrecht auf eine Beförderung zum Korporal oder Brigadier
schon nach 4 Monaten. Auch bei besonderen Verwendungen als Musiker oder
Radfahrer erhalten die Geprüften das Vorrecht. Die Prüfungskommissionen
bilden sich bei den einzelnen Truppenteilen, sie bestehen aus aktiven Offizieren,
z. B. aus einem Major, einem Hauptmann und einem Leutnant. Die Prü¬
fung kann auch nach dem Eintritt ins Heer, in den ersten zehn Tagen nach
der Einstellung abgelegt werden. Die Mehrzahl der Kandidaten melden sich
jedoch schon vor dem 1. Juni ihres Einstellungsjahres. Zwischen dem 1. und
31. Juli finden dann die Prüfungen statt. Die verlangten Leistungen dieses
Examens sind wohl zu beachten. Die Notengebung als Urteilsmaß ist in der
folgenden Stufenleiter festgelegt:

0Null
1bis3Sehr schlecht
56Schlecht
78Mittelmäßig
910Hinreichend
1112Ziemlich gut
1315Gut
16»19Sehr gut
20Vorzüglich.

Das Zeugnis wird nur denjenigen ausgehändigt, die keine Zensur unter
7 erhalten und mindestens die Punktzahl 700 erreichen. Jede Note wird mit
einem dem Dienstzweig eigenen Koeffizienten multipliziert. Die Summe aller
dieser Teilprodukte ergibt die Punktzahl. Die meisten Übungen werden von
allen Prüfungen gleichmäßig gewünscht. In einzelnen Zweigen tritt schon
eine Teilung ein zwischen den Anwärtern für die Fußtruppen und denjenigen
jungen Leuten, die ein Examen für den Dienst bei berittenen Formationen
abzulegen gedenken. Die späteren Jnfanteristen müssen zwei Märsche von je
24 Kilometern, ohne Waffe und Belastung in weniger als sechs Stunden —
den zweiten vierundzwanzig Stunden nach dem ersten —, ausführen. Die der
Marschleistung entsprechende Punktzahl kann von zehn auf zwanzig erhöht
werden, je nachdem der Prüfung imstande ist, fünfzehn Minuten nach dem
Ende des zweiten Marsches eine Reihe von Hindernissen zu nehmen, deren
Zahl und Beschaffenheit neben der allgemeinen Verfassung des Körpers nach


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[0354] Die Wehrerziehung in Frankreich Was in der emsigen Tätigkeit der Vereinigungen aller Art in den sehr methodisch aufgebauten Lehrgängen erreicht wird, tritt alljährlich bei der Ab¬ nahme des brevet et'aptitucie militaiie vor den Augen der maßgebenden Faktoren in die Erscheinung. In der Tat ist der Besitz dieses Prüfungs¬ zeugnisses für die Armee und den jungen Franzosen von erheblichem Nutzen. Es setzt ihn in den Stand, ein „Zevancement d'appel" einzugehen und läßt ihn auch bei normalem Eintritt innerhalb seiner Jahresklasse einen Truppenteil Auswählen. Im Truppenverbande selbst haben alle Träger des brevet 6'aptltuäe das Anrecht auf eine Beförderung zum Korporal oder Brigadier schon nach 4 Monaten. Auch bei besonderen Verwendungen als Musiker oder Radfahrer erhalten die Geprüften das Vorrecht. Die Prüfungskommissionen bilden sich bei den einzelnen Truppenteilen, sie bestehen aus aktiven Offizieren, z. B. aus einem Major, einem Hauptmann und einem Leutnant. Die Prü¬ fung kann auch nach dem Eintritt ins Heer, in den ersten zehn Tagen nach der Einstellung abgelegt werden. Die Mehrzahl der Kandidaten melden sich jedoch schon vor dem 1. Juni ihres Einstellungsjahres. Zwischen dem 1. und 31. Juli finden dann die Prüfungen statt. Die verlangten Leistungen dieses Examens sind wohl zu beachten. Die Notengebung als Urteilsmaß ist in der folgenden Stufenleiter festgelegt: 0Null 1bis3Sehr schlecht 56Schlecht 78Mittelmäßig 910Hinreichend 1112Ziemlich gut 1315Gut 16»19Sehr gut 20Vorzüglich. Das Zeugnis wird nur denjenigen ausgehändigt, die keine Zensur unter 7 erhalten und mindestens die Punktzahl 700 erreichen. Jede Note wird mit einem dem Dienstzweig eigenen Koeffizienten multipliziert. Die Summe aller dieser Teilprodukte ergibt die Punktzahl. Die meisten Übungen werden von allen Prüfungen gleichmäßig gewünscht. In einzelnen Zweigen tritt schon eine Teilung ein zwischen den Anwärtern für die Fußtruppen und denjenigen jungen Leuten, die ein Examen für den Dienst bei berittenen Formationen abzulegen gedenken. Die späteren Jnfanteristen müssen zwei Märsche von je 24 Kilometern, ohne Waffe und Belastung in weniger als sechs Stunden — den zweiten vierundzwanzig Stunden nach dem ersten —, ausführen. Die der Marschleistung entsprechende Punktzahl kann von zehn auf zwanzig erhöht werden, je nachdem der Prüfung imstande ist, fünfzehn Minuten nach dem Ende des zweiten Marsches eine Reihe von Hindernissen zu nehmen, deren Zahl und Beschaffenheit neben der allgemeinen Verfassung des Körpers nach

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341903_330533/354>, abgerufen am 01.07.2024.