Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Erstes Vierteljahr.Der Wiederaufbau (Ostpreußens sowohl den häufigen Zwangsversteigerungen, als auch sonstigen Auswüchsen Um für den zu erwartenden ungeheuren Bedarf an Baustoffen eine Mittel¬ Das Hauptbauberatungsamt, also in diesem Zusammenhange gleichsam die Hier spielen sehr wichtige Fragen der Förderung des ostpreußischen Hand¬ Der Wiederaufbau (Ostpreußens sowohl den häufigen Zwangsversteigerungen, als auch sonstigen Auswüchsen Um für den zu erwartenden ungeheuren Bedarf an Baustoffen eine Mittel¬ Das Hauptbauberatungsamt, also in diesem Zusammenhange gleichsam die Hier spielen sehr wichtige Fragen der Förderung des ostpreußischen Hand¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0410" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/330078"/> <fw type="header" place="top"> Der Wiederaufbau (Ostpreußens</fw><lb/> <p xml:id="ID_1396" prev="#ID_1395"> sowohl den häufigen Zwangsversteigerungen, als auch sonstigen Auswüchsen<lb/> auf dem Gütermarkte vorgebeugt. Außerdem ist die Errichtung einer ost¬<lb/> preußischen Pfandbriefanstalt in Aussicht genommen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1397"> Um für den zu erwartenden ungeheuren Bedarf an Baustoffen eine Mittel¬<lb/> stelle zu schaffen, wurde mit der Gründung einer Baustoffgesellschaft (Gemein¬<lb/> nützige G. in. b. H.) eine besonders bemerkenswerte und neuzeitlich anmutende<lb/> wirtschaftspolitische Einrichtung getroffen. Es ist eine Art gemischt wirt¬<lb/> schaftliches Unternehmen mit einem Stammkapital von 1 600 000 Mark. Die<lb/> Leitung hat neben dem Vorstande des Hauptbauberatungsamtes ein Kaufmann.<lb/> Aufgabe der Gesellschaft ist, Rohstoffe (in der Hauptsache zunächst Holz, Ziegel-<lb/> und Dachsteine) durch Massenbestellung auszulaufen und die Verteilung und<lb/> Vermittlung zu übernehmen, um Preissteigerung und Ringbildung zu ver¬<lb/> meiden. Neben der Beschaffung der Rohstoffe wird die Gesellschaft durch<lb/> Großeinkauf auch den Bedarf an Türen. Fenstern, Glasscheiben, Drückern,<lb/> Beschlägen, Geländern, Öfen. Fußbodenplatten und sonstigen Bauteilen genügen.<lb/> Durch Aufstellung von Typen und Mustern sorgt sie für fabrikmäßige, aber<lb/> gediegene Herstellung und kann sich somit auch nach der Seite der Wertarbeit<lb/> hin einen bedeutenden Einfluß sichern. Um die Zufuhr im Lande und in der<lb/> Provinz fehlender Baustoffe zu erleichtern, sind für gewisse Baustoffe Fracht¬<lb/> ermäßigungen durch Ausnahmetarife eingeführt worden. Weiter sind in den<lb/> hauptsächlichsten Bauzentren große Baustofflager eingerichtet, um eine leichtere<lb/> Abfuhr ins Zerstörungsgcbiet zu ermöglichen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1398"> Das Hauptbauberatungsamt, also in diesem Zusammenhange gleichsam die<lb/> technische Ergänzung dieses kaufmännisch organisierten Unternehmens, das nicht<lb/> nur persönlich, sondern auch räumlich mit der Baustoffsgesellschaft verbunden<lb/> ist, läßt durch die Beratungsämter in der Provinz Fensternormaltypen usw.<lb/> ausarbeiten, die dann durch Massenbezug eine Niedrigstellung des Preises<lb/> ermöglichen. Es ist leicht einzusehen, welche ungeheure Ersparnis an Arbeit,<lb/> Zeit und Geld durch eine derartige Vereinheitlichung von Bauteilen für Haustypen,<lb/> die sich bei dem gleichen Wohnbedürfnis häufig wiederholen müssen, gemacht wird.</p><lb/> <p xml:id="ID_1399"> Hier spielen sehr wichtige Fragen der Förderung des ostpreußischen Hand¬<lb/> werks hinein. Bei einer so gewaltigen Bauaufgabe, wie es der Wiederaufbau einer<lb/> ganzen Provinz mit ihren gesteigerten Anforderungen an Arbeitskraft und Arbeits¬<lb/> leistung des einzelnen ist, liegt die Gefahr besonders nahe, daß der Kleinhandwerks¬<lb/> meister der stetig anschwellenden Nachfrage nicht genügen kann, daß daher die<lb/> bedeutenderen Aufträge auf Großbetriebe übergehen. Da ist es denn besonders<lb/> zu begrüßen, daß der Oberpräsident schon bei dem Beginn der Vorarbeiten<lb/> zum Wiederaufbau seine Fürsorge auch der Förderung des Handwerks geschenkt<lb/> hat. Er gab dem Handwerk den Rat, sich nach dem Vorbilde westdeutscher<lb/> Organisationen zusammenzuschließen, in der richtigen Erkenntnis, daß die<lb/> Stärkung des Handwerksstandes im Rahmen dieser ganzen Aufgabe ein sehr<lb/> wesentlicher Faktor bei der Lösung des Siedlungsproblems ist.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0410]
Der Wiederaufbau (Ostpreußens
sowohl den häufigen Zwangsversteigerungen, als auch sonstigen Auswüchsen
auf dem Gütermarkte vorgebeugt. Außerdem ist die Errichtung einer ost¬
preußischen Pfandbriefanstalt in Aussicht genommen.
Um für den zu erwartenden ungeheuren Bedarf an Baustoffen eine Mittel¬
stelle zu schaffen, wurde mit der Gründung einer Baustoffgesellschaft (Gemein¬
nützige G. in. b. H.) eine besonders bemerkenswerte und neuzeitlich anmutende
wirtschaftspolitische Einrichtung getroffen. Es ist eine Art gemischt wirt¬
schaftliches Unternehmen mit einem Stammkapital von 1 600 000 Mark. Die
Leitung hat neben dem Vorstande des Hauptbauberatungsamtes ein Kaufmann.
Aufgabe der Gesellschaft ist, Rohstoffe (in der Hauptsache zunächst Holz, Ziegel-
und Dachsteine) durch Massenbestellung auszulaufen und die Verteilung und
Vermittlung zu übernehmen, um Preissteigerung und Ringbildung zu ver¬
meiden. Neben der Beschaffung der Rohstoffe wird die Gesellschaft durch
Großeinkauf auch den Bedarf an Türen. Fenstern, Glasscheiben, Drückern,
Beschlägen, Geländern, Öfen. Fußbodenplatten und sonstigen Bauteilen genügen.
Durch Aufstellung von Typen und Mustern sorgt sie für fabrikmäßige, aber
gediegene Herstellung und kann sich somit auch nach der Seite der Wertarbeit
hin einen bedeutenden Einfluß sichern. Um die Zufuhr im Lande und in der
Provinz fehlender Baustoffe zu erleichtern, sind für gewisse Baustoffe Fracht¬
ermäßigungen durch Ausnahmetarife eingeführt worden. Weiter sind in den
hauptsächlichsten Bauzentren große Baustofflager eingerichtet, um eine leichtere
Abfuhr ins Zerstörungsgcbiet zu ermöglichen.
Das Hauptbauberatungsamt, also in diesem Zusammenhange gleichsam die
technische Ergänzung dieses kaufmännisch organisierten Unternehmens, das nicht
nur persönlich, sondern auch räumlich mit der Baustoffsgesellschaft verbunden
ist, läßt durch die Beratungsämter in der Provinz Fensternormaltypen usw.
ausarbeiten, die dann durch Massenbezug eine Niedrigstellung des Preises
ermöglichen. Es ist leicht einzusehen, welche ungeheure Ersparnis an Arbeit,
Zeit und Geld durch eine derartige Vereinheitlichung von Bauteilen für Haustypen,
die sich bei dem gleichen Wohnbedürfnis häufig wiederholen müssen, gemacht wird.
Hier spielen sehr wichtige Fragen der Förderung des ostpreußischen Hand¬
werks hinein. Bei einer so gewaltigen Bauaufgabe, wie es der Wiederaufbau einer
ganzen Provinz mit ihren gesteigerten Anforderungen an Arbeitskraft und Arbeits¬
leistung des einzelnen ist, liegt die Gefahr besonders nahe, daß der Kleinhandwerks¬
meister der stetig anschwellenden Nachfrage nicht genügen kann, daß daher die
bedeutenderen Aufträge auf Großbetriebe übergehen. Da ist es denn besonders
zu begrüßen, daß der Oberpräsident schon bei dem Beginn der Vorarbeiten
zum Wiederaufbau seine Fürsorge auch der Förderung des Handwerks geschenkt
hat. Er gab dem Handwerk den Rat, sich nach dem Vorbilde westdeutscher
Organisationen zusammenzuschließen, in der richtigen Erkenntnis, daß die
Stärkung des Handwerksstandes im Rahmen dieser ganzen Aufgabe ein sehr
wesentlicher Faktor bei der Lösung des Siedlungsproblems ist.
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