Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Erstes Vierteljahr.Die Grientpolitik Friedrichs des Großen Mutter mit Nürnberger Spielsachen beschenkte, weil dies "den Damen viel Freilich Friedrichs Siege verfehlten nicht, in der Türkei Jubel und Be- Schließlich war aber alles, was Friedrich erreichte, nur der Abschluß War auch mit diesem Vertrage, der übrigens bis zu den Abschlüssen der Da stürzte der ganze mit so vieler Mühe und Kunst vollendete Bau jäh Die Grientpolitik Friedrichs des Großen Mutter mit Nürnberger Spielsachen beschenkte, weil dies „den Damen viel Freilich Friedrichs Siege verfehlten nicht, in der Türkei Jubel und Be- Schließlich war aber alles, was Friedrich erreichte, nur der Abschluß War auch mit diesem Vertrage, der übrigens bis zu den Abschlüssen der Da stürzte der ganze mit so vieler Mühe und Kunst vollendete Bau jäh <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0377" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/330045"/> <fw type="header" place="top"> Die Grientpolitik Friedrichs des Großen</fw><lb/> <p xml:id="ID_1272" prev="#ID_1271"> Mutter mit Nürnberger Spielsachen beschenkte, weil dies „den Damen viel<lb/> Pläsier mache".</p><lb/> <p xml:id="ID_1273"> Freilich Friedrichs Siege verfehlten nicht, in der Türkei Jubel und Be-<lb/> geisterung hervorzurufen. „Das Volk," so berichtete der Gesandte am 15. Juli<lb/> 1758 an Friedrich, erhebt den König bis an den Himmel mit seinen glor.<lb/> reichen Waffen. Man hört nichts in den Straßen und Kaffeehäusern als<lb/> „Brandenburg. Brandenburg!" Auch der Sultan, von der allgemeinen Be-<lb/> geisterung angesteckt, wollte eine Zeitlang die Gelegenheit zu einer Züchtigung<lb/> der Österreicher und Russen nicht vorübergehen lassen, so daß Rexin ernstlich<lb/> damit rechnete, daß die Türken „die Roßschweife aufsteckten." und Friedrich<lb/> jubelnd die „exzellenten Nachrichten aus Konstantinopel" begrüßte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1274"> Schließlich war aber alles, was Friedrich erreichte, nur der Abschluß<lb/> eines Freundschafts- und Handelsvertrages Ende 1760. Der König nahm<lb/> ihn an. in der Hoffnung, wie er sich äußerte, „daß er der erste Schritt zu<lb/> einem mehreren und reelleren sei". Zudem stellte dieser Vertrag zum ersten¬<lb/> mal den diplomatischen Verkehr zwischen Preußen und der Türkei auf eine<lb/> rechtliche Grundlage und gewährte dem deutschen Handel in der Levante den<lb/> notwendigen Schutz. Denn er bestimmte, „daß den preußischen Untertanen, bet<lb/> ihren Handelsunternehmungen im osmanischen Reiche dieselben Vorteile und Zoll-<lb/> erleichterungen zuteil werde sollen, wie den meistbegünstigten Nationen. Preußen<lb/> erwirbt die Vorteile der Kapitulation, wie Frankreich sie schon seit 1536<lb/> genießt. Dem preußischen Gesandten am Goldenen Horn werden dieselben<lb/> Rechte zugebilligt, wie den übrigen Gesandten, und Preußen erhält das Recht.<lb/> Konsulate in der Levante zu errichten."</p><lb/> <p xml:id="ID_1275"> War auch mit diesem Vertrage, der übrigens bis zu den Abschlüssen der<lb/> Türkei mit dem Deutschen Reiche Gültigkeit besaß, nicht allzuviel erreicht, so<lb/> war Friedrich dennoch voller Optimismus. Gerade damals hoffte er. die<lb/> Türken doch noch, und zwar mit Hilfe der Tataren, in den Krieg zu treiben.<lb/> Er hatte auf das Versprechen der Tatarengesandtschaft von 1750 bauend,<lb/> einen Holländer Boskamp nach Baktschiserei, der Hauptstadt des Tatarenkhans<lb/> Krim Gerad mit einem Geschenk von 500 000 Talern gesandt. Die Ver-<lb/> Handlungen ließen sich günstig an. denn der Khan versprach mit einem Korps<lb/> von 60000 bis 80000 Tataren den König „gegen seine Feinde zu sekondieren".<lb/> Friedrich arbeitete sogar damals voll frohen Mutes einen gemeinsamen Feld¬<lb/> zugsplan mit Türken und Tataren aus, nach dem eine osmanische Diversion<lb/> Ungarn bedrohen, während die Tataren mit einem Türkenkorps in die Ukraine<lb/> einfallen und eine preußische Abteilung mit 6000 Tataren von Schlesien aus<lb/> gegen Preßburg vorrücken sollte. Endlich schien sich alles zum Guten wenden<lb/> Zu wollen, denn die Türken, „durch die Schilderhebung der Tataren gegen<lb/> Rußland gedeckt", fingen wirklich an, sich zu rüsten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1276" next="#ID_1277"> Da stürzte der ganze mit so vieler Mühe und Kunst vollendete Bau jäh<lb/> wieder zusammen. Zwei unvorhergesehene Ereignisse brachten ihn plötzlich zu</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0377]
Die Grientpolitik Friedrichs des Großen
Mutter mit Nürnberger Spielsachen beschenkte, weil dies „den Damen viel
Pläsier mache".
Freilich Friedrichs Siege verfehlten nicht, in der Türkei Jubel und Be-
geisterung hervorzurufen. „Das Volk," so berichtete der Gesandte am 15. Juli
1758 an Friedrich, erhebt den König bis an den Himmel mit seinen glor.
reichen Waffen. Man hört nichts in den Straßen und Kaffeehäusern als
„Brandenburg. Brandenburg!" Auch der Sultan, von der allgemeinen Be-
geisterung angesteckt, wollte eine Zeitlang die Gelegenheit zu einer Züchtigung
der Österreicher und Russen nicht vorübergehen lassen, so daß Rexin ernstlich
damit rechnete, daß die Türken „die Roßschweife aufsteckten." und Friedrich
jubelnd die „exzellenten Nachrichten aus Konstantinopel" begrüßte.
Schließlich war aber alles, was Friedrich erreichte, nur der Abschluß
eines Freundschafts- und Handelsvertrages Ende 1760. Der König nahm
ihn an. in der Hoffnung, wie er sich äußerte, „daß er der erste Schritt zu
einem mehreren und reelleren sei". Zudem stellte dieser Vertrag zum ersten¬
mal den diplomatischen Verkehr zwischen Preußen und der Türkei auf eine
rechtliche Grundlage und gewährte dem deutschen Handel in der Levante den
notwendigen Schutz. Denn er bestimmte, „daß den preußischen Untertanen, bet
ihren Handelsunternehmungen im osmanischen Reiche dieselben Vorteile und Zoll-
erleichterungen zuteil werde sollen, wie den meistbegünstigten Nationen. Preußen
erwirbt die Vorteile der Kapitulation, wie Frankreich sie schon seit 1536
genießt. Dem preußischen Gesandten am Goldenen Horn werden dieselben
Rechte zugebilligt, wie den übrigen Gesandten, und Preußen erhält das Recht.
Konsulate in der Levante zu errichten."
War auch mit diesem Vertrage, der übrigens bis zu den Abschlüssen der
Türkei mit dem Deutschen Reiche Gültigkeit besaß, nicht allzuviel erreicht, so
war Friedrich dennoch voller Optimismus. Gerade damals hoffte er. die
Türken doch noch, und zwar mit Hilfe der Tataren, in den Krieg zu treiben.
Er hatte auf das Versprechen der Tatarengesandtschaft von 1750 bauend,
einen Holländer Boskamp nach Baktschiserei, der Hauptstadt des Tatarenkhans
Krim Gerad mit einem Geschenk von 500 000 Talern gesandt. Die Ver-
Handlungen ließen sich günstig an. denn der Khan versprach mit einem Korps
von 60000 bis 80000 Tataren den König „gegen seine Feinde zu sekondieren".
Friedrich arbeitete sogar damals voll frohen Mutes einen gemeinsamen Feld¬
zugsplan mit Türken und Tataren aus, nach dem eine osmanische Diversion
Ungarn bedrohen, während die Tataren mit einem Türkenkorps in die Ukraine
einfallen und eine preußische Abteilung mit 6000 Tataren von Schlesien aus
gegen Preßburg vorrücken sollte. Endlich schien sich alles zum Guten wenden
Zu wollen, denn die Türken, „durch die Schilderhebung der Tataren gegen
Rußland gedeckt", fingen wirklich an, sich zu rüsten.
Da stürzte der ganze mit so vieler Mühe und Kunst vollendete Bau jäh
wieder zusammen. Zwei unvorhergesehene Ereignisse brachten ihn plötzlich zu
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