Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Erstes Vierteljahr.Das Ncitionalitätsprinzip und der Krieg den Ostprovinzen Preußens auch noch Millionen von Deutschen wohnten, tat Im Süden sollte Österreich gleichfalls im Interesse der Befreiung der Völker Den Rumänen war, entsprechendes Wohlverhalten vorausgesetzt, das Und endlich kamen im Namen des heiligen Egoismus auch die Italiener Das Ncitionalitätsprinzip und der Krieg den Ostprovinzen Preußens auch noch Millionen von Deutschen wohnten, tat Im Süden sollte Österreich gleichfalls im Interesse der Befreiung der Völker Den Rumänen war, entsprechendes Wohlverhalten vorausgesetzt, das Und endlich kamen im Namen des heiligen Egoismus auch die Italiener <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0241" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/329909"/> <fw type="header" place="top"> Das Ncitionalitätsprinzip und der Krieg</fw><lb/> <p xml:id="ID_785" prev="#ID_784"> den Ostprovinzen Preußens auch noch Millionen von Deutschen wohnten, tat<lb/> nichts zur Sache.</p><lb/> <p xml:id="ID_786"> Im Süden sollte Österreich gleichfalls im Interesse der Befreiung der Völker<lb/> zerstückelt werden. Die von Serben, Kroaten, ja auch die von Slowenen be¬<lb/> wohnten Gebiete waren für das große Serbenreich unter „Peter dem Mächtigen"<lb/> bestimmt. Gewiß sind Kroaten und Serben ein Volk, aber durch Religion und<lb/> Schriftzeichen voneinander getrennt und bis auf die neueste Zeit aufs Bielersee<lb/> verfeindet. Erst der gemeinsame Gegensatz gegen die Magyaren hatte neuerdings<lb/> die Feindschaft etwas gemildert. Niemals aber hätten sich die römisch-katholischen<lb/> Kroaten von den Serben beherrschen lassen, auf die sie tief herabsehen. Die<lb/> Slowenen vollends sind ein selbständiges, von den Serbokraten ganz ver¬<lb/> schiedenes Volk.</p><lb/> <p xml:id="ID_787"> Den Rumänen war, entsprechendes Wohlverhalten vorausgesetzt, das<lb/> natürlich nur durch Beteiligung am Kriege im Bunde mit Rußland bewiesen<lb/> werden konnte, das vorwiegend von Rumänen, aber doch auch von Sachsen<lb/> und magyarischen Szekleru bewohnte Siebenbürgen zugedacht. Über die Bukowina,<lb/> die Rußland, und den Banat, den Serbien beanspruchte, kam man nicht ins<lb/> Reine, so lange man über das Bündnis verhandelte. Für Siebenbürgen hätte<lb/> aber Rumänien die Moldau bis zum Sereth mit der Hauptstadt Jassy und die<lb/> Dobrudscha an Nußland, das sich darüber bereits mit England verständigt hatte,<lb/> abtreten müssen und wäre damit vom Meere abgeschnitten worden. Und in<lb/> diesen rumänischen Gebieten, die Rußland für sich beanspruchte, mögen nun alle<lb/> möglichen Völkerstämme wohnen, Russen fehlen darin ganz gewiß gänzlich.</p><lb/> <p xml:id="ID_788" next="#ID_789"> Und endlich kamen im Namen des heiligen Egoismus auch die Italiener<lb/> und forderten kraft des Nationaltätsprinzips von Osterreich die zur Vollendung<lb/> der nationalen Einheit erforderlichen noch unerlösten Gebiete. Diese Stellung¬<lb/> nahme Italiens gegen den bisherigen Bundesgenossen war ziemlich einseitig.<lb/> Denn weshalb hätte man das Erlösungswerk nicht ebenso gut in Nizza, Korsika<lb/> und Malta beginnen können? Aber auch Österreich gegenüber gingen die<lb/> italienischen Forderungen weit über das Nationalitätsprinzip hinaus. Von der<lb/> Grenze al Brennero ganz zu schweigen hatte doch bei den amtlichen Ver¬<lb/> handlungen das italienische Ministerium die Unverfrorenheit, in Tirol die<lb/> Grenzen des italienischen Königreichs Napoleons des Ersten von 1811, also damit<lb/> die urdeutsche Stadt Bozen zu fordern. Mit der italienischen Besitzergreifung<lb/> des Dodekanes im griechischen Archipel und der albanischen Stadt Valona war<lb/> Osterreich sogar einverstanden, indem es gleichzeitig sein Desinteressement an<lb/> Albanien zu erklären bereit war. Mit der Befreiung der unerlösten italienischen<lb/> Gebiete kraft des Nationalitätsprinzips fingen die italienischen Forderungen an,<lb/> um sehr bald zu der Forderung der natürlichen Grenzen überzugehen, diese<lb/> lagen nach italienischer Ansicht ini Norden am Brenner, was noch geographisch<lb/> begreiflich ist. Weshalb aber gerade in Albanien und im griechischen Archipel,<lb/> vermag man nicht annähernd zu ahnen. Die kraft des Nationalitätsprinzips</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0241]
Das Ncitionalitätsprinzip und der Krieg
den Ostprovinzen Preußens auch noch Millionen von Deutschen wohnten, tat
nichts zur Sache.
Im Süden sollte Österreich gleichfalls im Interesse der Befreiung der Völker
zerstückelt werden. Die von Serben, Kroaten, ja auch die von Slowenen be¬
wohnten Gebiete waren für das große Serbenreich unter „Peter dem Mächtigen"
bestimmt. Gewiß sind Kroaten und Serben ein Volk, aber durch Religion und
Schriftzeichen voneinander getrennt und bis auf die neueste Zeit aufs Bielersee
verfeindet. Erst der gemeinsame Gegensatz gegen die Magyaren hatte neuerdings
die Feindschaft etwas gemildert. Niemals aber hätten sich die römisch-katholischen
Kroaten von den Serben beherrschen lassen, auf die sie tief herabsehen. Die
Slowenen vollends sind ein selbständiges, von den Serbokraten ganz ver¬
schiedenes Volk.
Den Rumänen war, entsprechendes Wohlverhalten vorausgesetzt, das
natürlich nur durch Beteiligung am Kriege im Bunde mit Rußland bewiesen
werden konnte, das vorwiegend von Rumänen, aber doch auch von Sachsen
und magyarischen Szekleru bewohnte Siebenbürgen zugedacht. Über die Bukowina,
die Rußland, und den Banat, den Serbien beanspruchte, kam man nicht ins
Reine, so lange man über das Bündnis verhandelte. Für Siebenbürgen hätte
aber Rumänien die Moldau bis zum Sereth mit der Hauptstadt Jassy und die
Dobrudscha an Nußland, das sich darüber bereits mit England verständigt hatte,
abtreten müssen und wäre damit vom Meere abgeschnitten worden. Und in
diesen rumänischen Gebieten, die Rußland für sich beanspruchte, mögen nun alle
möglichen Völkerstämme wohnen, Russen fehlen darin ganz gewiß gänzlich.
Und endlich kamen im Namen des heiligen Egoismus auch die Italiener
und forderten kraft des Nationaltätsprinzips von Osterreich die zur Vollendung
der nationalen Einheit erforderlichen noch unerlösten Gebiete. Diese Stellung¬
nahme Italiens gegen den bisherigen Bundesgenossen war ziemlich einseitig.
Denn weshalb hätte man das Erlösungswerk nicht ebenso gut in Nizza, Korsika
und Malta beginnen können? Aber auch Österreich gegenüber gingen die
italienischen Forderungen weit über das Nationalitätsprinzip hinaus. Von der
Grenze al Brennero ganz zu schweigen hatte doch bei den amtlichen Ver¬
handlungen das italienische Ministerium die Unverfrorenheit, in Tirol die
Grenzen des italienischen Königreichs Napoleons des Ersten von 1811, also damit
die urdeutsche Stadt Bozen zu fordern. Mit der italienischen Besitzergreifung
des Dodekanes im griechischen Archipel und der albanischen Stadt Valona war
Osterreich sogar einverstanden, indem es gleichzeitig sein Desinteressement an
Albanien zu erklären bereit war. Mit der Befreiung der unerlösten italienischen
Gebiete kraft des Nationalitätsprinzips fingen die italienischen Forderungen an,
um sehr bald zu der Forderung der natürlichen Grenzen überzugehen, diese
lagen nach italienischer Ansicht ini Norden am Brenner, was noch geographisch
begreiflich ist. Weshalb aber gerade in Albanien und im griechischen Archipel,
vermag man nicht annähernd zu ahnen. Die kraft des Nationalitätsprinzips
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