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Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Viertes Vierteljahr.

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Die russischen Finanzen

Ausweis der russischen Staatsbank betrügt der augenblickliche Notenumlauf in
Rußland 5113 Millionen Rubel gegen 1630 Millionen zu Beginn des Krieges.
Nußland hat, trotzdem es selbst ein goldproduzierendes Land ist (Produktion
jährlich 65 Millionen Rubel), und in der letzten Zeit 10 Millionen Rubel an
Prämien für das Herbeischaffen von Gold ausgeworfen wurden, seinen Gold¬
vorrat seit Beginn des Krieges nicht wesentlich erhöhen können*).

Für die Frage der Golddeckung der russischen Noten kaun dabei nur das
Gold im Inlande, nicht aber das "im Auslande" berücksichtigt werden, das
erstens kein Gold ist, zweitens nach dem Statut der russischen' Reichsban!
zweifellos für die Golddeckung nicht in Betracht kommt, obwohl die Praxis
der russischen Finanzminister, die selbst in der russischen Presse als ungesetzlich
gebrandmarkt worden ist, das Gegenteil sanktioniert hat. Nach den letzten
Transaktionen Barth in London, die ihm unter nicht ganz klaren Bedingungen
einen 5^ Milliardenkredit in London einräumten, ihn andererseits verpflichteten,
einen Teil des Goldes der russischen Neichsbank für den Fall "als Darlehen"
der englischen Bank zu übergeben, daß England bei seinen Abrechnungen mit
Amerika Gold benötigen sollte, ist es klar, daß sich allmählich der Goldbestand
der russischen Reichsbank zu Gunsten Englands weiter schwächen wird, daß
aber rein rechnerisch das Guthaben der russischen Neichsbank im Auslande
bedeutende Steigerungen aufweisen kann und auch rechnerisch die Summe des
"Goldes im Inlands", da es sich nur um eine darlehnsweise Weggabe von
Gold handelt, nicht geschwächt zu werden braucht.

Wir sind damit in ein Stadium gelangt, wo man ohne Übertreibung
sagen kann, daß die Ausweise der russischen Staatsbank jeden Wert für eine
faktische Nachprüfung verlieren. Denn Bark hat den russischen Pressevertretern
erklärt, daß "aus den von den Verbündeten gewährten Krediten von 5^ Mil¬
liarden Rubeln möglicherweise der russischen Staatsbank 2 Milliarden Rubel
zur Verfügung gestellt, daß diese Summe unter die Rubrik ,Gold im Aus¬
lande' werde geschrieben werden und daß sie zur zukünftigen Ausgabe von
Noten als Deckung dienen werde". Durch diese Schwindeloperation soll eine
neue Erweiterung des Emissionsrechts der Bank vermieden werden.

In der Tat bedeutet diese Maßregel den vollkommenen Zusammenbruch
der russischen Währung und die planlose Überschwemmung des Landes mit



Bestand an Gold im Inlande im Auslande
Am 29. Juli 1914 Millionen Mari 34S4,1 303,9
" 6. August 1914 " " 3348,2 242,4
" 29. Oktober 1914 " " 3392,1 4i)0.4
" S. November 1914 " " 3247,S 449,7
" 29. Mai 191ö " " "231,7 240,1
" 2S. November 191ö " " "189,3 596,8
")
Die letzte Erhöhung des Goldes ini Auslande erklärt sich durch die Abmachungen
Barth in London.
Die russischen Finanzen

Ausweis der russischen Staatsbank betrügt der augenblickliche Notenumlauf in
Rußland 5113 Millionen Rubel gegen 1630 Millionen zu Beginn des Krieges.
Nußland hat, trotzdem es selbst ein goldproduzierendes Land ist (Produktion
jährlich 65 Millionen Rubel), und in der letzten Zeit 10 Millionen Rubel an
Prämien für das Herbeischaffen von Gold ausgeworfen wurden, seinen Gold¬
vorrat seit Beginn des Krieges nicht wesentlich erhöhen können*).

Für die Frage der Golddeckung der russischen Noten kaun dabei nur das
Gold im Inlande, nicht aber das „im Auslande" berücksichtigt werden, das
erstens kein Gold ist, zweitens nach dem Statut der russischen' Reichsban!
zweifellos für die Golddeckung nicht in Betracht kommt, obwohl die Praxis
der russischen Finanzminister, die selbst in der russischen Presse als ungesetzlich
gebrandmarkt worden ist, das Gegenteil sanktioniert hat. Nach den letzten
Transaktionen Barth in London, die ihm unter nicht ganz klaren Bedingungen
einen 5^ Milliardenkredit in London einräumten, ihn andererseits verpflichteten,
einen Teil des Goldes der russischen Neichsbank für den Fall „als Darlehen"
der englischen Bank zu übergeben, daß England bei seinen Abrechnungen mit
Amerika Gold benötigen sollte, ist es klar, daß sich allmählich der Goldbestand
der russischen Reichsbank zu Gunsten Englands weiter schwächen wird, daß
aber rein rechnerisch das Guthaben der russischen Neichsbank im Auslande
bedeutende Steigerungen aufweisen kann und auch rechnerisch die Summe des
„Goldes im Inlands", da es sich nur um eine darlehnsweise Weggabe von
Gold handelt, nicht geschwächt zu werden braucht.

Wir sind damit in ein Stadium gelangt, wo man ohne Übertreibung
sagen kann, daß die Ausweise der russischen Staatsbank jeden Wert für eine
faktische Nachprüfung verlieren. Denn Bark hat den russischen Pressevertretern
erklärt, daß „aus den von den Verbündeten gewährten Krediten von 5^ Mil¬
liarden Rubeln möglicherweise der russischen Staatsbank 2 Milliarden Rubel
zur Verfügung gestellt, daß diese Summe unter die Rubrik ,Gold im Aus¬
lande' werde geschrieben werden und daß sie zur zukünftigen Ausgabe von
Noten als Deckung dienen werde". Durch diese Schwindeloperation soll eine
neue Erweiterung des Emissionsrechts der Bank vermieden werden.

In der Tat bedeutet diese Maßregel den vollkommenen Zusammenbruch
der russischen Währung und die planlose Überschwemmung des Landes mit



Bestand an Gold im Inlande im Auslande
Am 29. Juli 1914 Millionen Mari 34S4,1 303,9
„ 6. August 1914 „ „ 3348,2 242,4
„ 29. Oktober 1914 „ „ 3392,1 4i)0.4
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[0333] Die russischen Finanzen Ausweis der russischen Staatsbank betrügt der augenblickliche Notenumlauf in Rußland 5113 Millionen Rubel gegen 1630 Millionen zu Beginn des Krieges. Nußland hat, trotzdem es selbst ein goldproduzierendes Land ist (Produktion jährlich 65 Millionen Rubel), und in der letzten Zeit 10 Millionen Rubel an Prämien für das Herbeischaffen von Gold ausgeworfen wurden, seinen Gold¬ vorrat seit Beginn des Krieges nicht wesentlich erhöhen können*). Für die Frage der Golddeckung der russischen Noten kaun dabei nur das Gold im Inlande, nicht aber das „im Auslande" berücksichtigt werden, das erstens kein Gold ist, zweitens nach dem Statut der russischen' Reichsban! zweifellos für die Golddeckung nicht in Betracht kommt, obwohl die Praxis der russischen Finanzminister, die selbst in der russischen Presse als ungesetzlich gebrandmarkt worden ist, das Gegenteil sanktioniert hat. Nach den letzten Transaktionen Barth in London, die ihm unter nicht ganz klaren Bedingungen einen 5^ Milliardenkredit in London einräumten, ihn andererseits verpflichteten, einen Teil des Goldes der russischen Neichsbank für den Fall „als Darlehen" der englischen Bank zu übergeben, daß England bei seinen Abrechnungen mit Amerika Gold benötigen sollte, ist es klar, daß sich allmählich der Goldbestand der russischen Reichsbank zu Gunsten Englands weiter schwächen wird, daß aber rein rechnerisch das Guthaben der russischen Neichsbank im Auslande bedeutende Steigerungen aufweisen kann und auch rechnerisch die Summe des „Goldes im Inlands", da es sich nur um eine darlehnsweise Weggabe von Gold handelt, nicht geschwächt zu werden braucht. Wir sind damit in ein Stadium gelangt, wo man ohne Übertreibung sagen kann, daß die Ausweise der russischen Staatsbank jeden Wert für eine faktische Nachprüfung verlieren. Denn Bark hat den russischen Pressevertretern erklärt, daß „aus den von den Verbündeten gewährten Krediten von 5^ Mil¬ liarden Rubeln möglicherweise der russischen Staatsbank 2 Milliarden Rubel zur Verfügung gestellt, daß diese Summe unter die Rubrik ,Gold im Aus¬ lande' werde geschrieben werden und daß sie zur zukünftigen Ausgabe von Noten als Deckung dienen werde". Durch diese Schwindeloperation soll eine neue Erweiterung des Emissionsrechts der Bank vermieden werden. In der Tat bedeutet diese Maßregel den vollkommenen Zusammenbruch der russischen Währung und die planlose Überschwemmung des Landes mit Bestand an Gold im Inlande im Auslande Am 29. Juli 1914 Millionen Mari 34S4,1 303,9 „ 6. August 1914 „ „ 3348,2 242,4 „ 29. Oktober 1914 „ „ 3392,1 4i)0.4 „ S. November 1914 „ „ 3247,S 449,7 „ 29. Mai 191ö „ „ »231,7 240,1 „ 2S. November 191ö „ „ »189,3 596,8 ") Die letzte Erhöhung des Goldes ini Auslande erklärt sich durch die Abmachungen Barth in London.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_324408/333>, abgerufen am 24.08.2024.