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Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Viertes Vierteljahr.

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Die russischen Finanzen

Das Ausland, das heißt die Verbündeten Rußlands, konnten ihm nicht
die kleinste langfristige Anleihe gewähren, zum großen Unterschiede gegen
Deutschland, das es ermöglichte, noch während des Krieges Anleihen an aus¬
ländische Staaten flüssig zu machen. Auch hier erwies sich die politische Be¬
rechnung Rußlands als vollkommen verfehlt.

Nach den Veröffentlichungen der russischen Kreditkanzlei haben im Aus¬
lande vor den Bark'schen Besprechungen in London lediglich folgende kurzfristigen
Darlehen untergebracht werden können: in England mehrere fünf- bis sechs-
prozentige Darlehen auf Grund von kurzfristigen Schatzanweisungen von ins¬
gesamt 40 Millionen Pfund Sterling, zu deren Sicherheit bekanntlich ein Gold¬
export Rußlands nach England stattfinden mußte, in Frankreich ein ebensolches
Darlehen von 625 Millionen Franken*), in Amerika ein solches von 10,2
Millionen Dollar. Aus diesen Operationen und wohl auch durch Begehung
weiterer Schatzscheine im Ausland hat Nußland bis zum 1. Oktober 1915
1181,4 Millionen Rubel erlöst, die sämtlich erst im Jahre 1915 in die budge-
täre Erscheinung getreten sind. Im Jahre 1914 konnte also Nußland von
seinen Verbündeten, den angeblich reichsten Staaten der Welt, keine einzige
Kopeke erhalten.

Alles, was Rußland nicht durch Anleihen und kurzfristige Darlehen auf¬
bringen konnte, mußte durch Schatzanweisungen und durch die Ausgabe von
kurzfristigen Billetten der Reich srentei vorläufig untergebracht werden. Wie
groß in der Tat die Ausgabe von Schatzanweisungen Rußlands ist, wissen wir
nicht, denn nachweisen lassen sich nur die in Rußland selbst weitergegebenen
Papiere, nicht aber die im Auslande befindlichen, die als Sicherheit für die
von den Alliierten gegebenen kurzfristigen Darlehen hinterlegt werden mußten.
Nach den offiziellen russischen Angaben sind bis zum 1. Oktober 1915 aus
Schatzscheinen und Billetten 4322 Millionen Rubel im Inlande erlöst worden**),
was wohl einem Nominalausgabewert von 4,5 Milliarden Rubel entsprechen
wird. Dazu würden nach den russischen Neichsbankausweisen noch 717 Millio¬
nen Rubel bis zum 20. November weiter ausgegebene Schatzanweisungen
kommen, insgesamt also etwa 5,2 Milliarden Rubel ----- etwa 11,2 Milliarden
Mark, nota bene allein im Inland.

Diese Summe ist fast ganz in Papiergeld umgesetzt worden, das die
Notenpresse in ergiebiger Weise gedruckt hat. Nach dem letzten hier bekannten




*) Auf Grund der Schatzanweisungen erhält die russische .Regierung nach dem Maße
des Bedarfs von Frankreich Dreimonatsbons der französischen Staatskasse, die wiederum von
den französischen Banken mit einem fünfprozentigen Abzug diskontiert werden.
a) Schatzanweisungen 1914............836,7 Million. Rubel
d) Billette der ReichSrentei 1914 ......... 266,7 "
e) diskontiert i. 1.19 is Schatzanweisungen bei der NeichSbank 2202 " "
c!) diskontiert bei Privatbanken 19 es........383,3 "
e) 4-Prozent Billette der Reichsrentei........ 683,3 " _"
insgesamt 4322 Millionen Rubel
"*)
Die russischen Finanzen

Das Ausland, das heißt die Verbündeten Rußlands, konnten ihm nicht
die kleinste langfristige Anleihe gewähren, zum großen Unterschiede gegen
Deutschland, das es ermöglichte, noch während des Krieges Anleihen an aus¬
ländische Staaten flüssig zu machen. Auch hier erwies sich die politische Be¬
rechnung Rußlands als vollkommen verfehlt.

Nach den Veröffentlichungen der russischen Kreditkanzlei haben im Aus¬
lande vor den Bark'schen Besprechungen in London lediglich folgende kurzfristigen
Darlehen untergebracht werden können: in England mehrere fünf- bis sechs-
prozentige Darlehen auf Grund von kurzfristigen Schatzanweisungen von ins¬
gesamt 40 Millionen Pfund Sterling, zu deren Sicherheit bekanntlich ein Gold¬
export Rußlands nach England stattfinden mußte, in Frankreich ein ebensolches
Darlehen von 625 Millionen Franken*), in Amerika ein solches von 10,2
Millionen Dollar. Aus diesen Operationen und wohl auch durch Begehung
weiterer Schatzscheine im Ausland hat Nußland bis zum 1. Oktober 1915
1181,4 Millionen Rubel erlöst, die sämtlich erst im Jahre 1915 in die budge-
täre Erscheinung getreten sind. Im Jahre 1914 konnte also Nußland von
seinen Verbündeten, den angeblich reichsten Staaten der Welt, keine einzige
Kopeke erhalten.

Alles, was Rußland nicht durch Anleihen und kurzfristige Darlehen auf¬
bringen konnte, mußte durch Schatzanweisungen und durch die Ausgabe von
kurzfristigen Billetten der Reich srentei vorläufig untergebracht werden. Wie
groß in der Tat die Ausgabe von Schatzanweisungen Rußlands ist, wissen wir
nicht, denn nachweisen lassen sich nur die in Rußland selbst weitergegebenen
Papiere, nicht aber die im Auslande befindlichen, die als Sicherheit für die
von den Alliierten gegebenen kurzfristigen Darlehen hinterlegt werden mußten.
Nach den offiziellen russischen Angaben sind bis zum 1. Oktober 1915 aus
Schatzscheinen und Billetten 4322 Millionen Rubel im Inlande erlöst worden**),
was wohl einem Nominalausgabewert von 4,5 Milliarden Rubel entsprechen
wird. Dazu würden nach den russischen Neichsbankausweisen noch 717 Millio¬
nen Rubel bis zum 20. November weiter ausgegebene Schatzanweisungen
kommen, insgesamt also etwa 5,2 Milliarden Rubel ----- etwa 11,2 Milliarden
Mark, nota bene allein im Inland.

Diese Summe ist fast ganz in Papiergeld umgesetzt worden, das die
Notenpresse in ergiebiger Weise gedruckt hat. Nach dem letzten hier bekannten




*) Auf Grund der Schatzanweisungen erhält die russische .Regierung nach dem Maße
des Bedarfs von Frankreich Dreimonatsbons der französischen Staatskasse, die wiederum von
den französischen Banken mit einem fünfprozentigen Abzug diskontiert werden.
a) Schatzanweisungen 1914............836,7 Million. Rubel
d) Billette der ReichSrentei 1914 ......... 266,7 „
e) diskontiert i. 1.19 is Schatzanweisungen bei der NeichSbank 2202 „ „
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[0332] Die russischen Finanzen Das Ausland, das heißt die Verbündeten Rußlands, konnten ihm nicht die kleinste langfristige Anleihe gewähren, zum großen Unterschiede gegen Deutschland, das es ermöglichte, noch während des Krieges Anleihen an aus¬ ländische Staaten flüssig zu machen. Auch hier erwies sich die politische Be¬ rechnung Rußlands als vollkommen verfehlt. Nach den Veröffentlichungen der russischen Kreditkanzlei haben im Aus¬ lande vor den Bark'schen Besprechungen in London lediglich folgende kurzfristigen Darlehen untergebracht werden können: in England mehrere fünf- bis sechs- prozentige Darlehen auf Grund von kurzfristigen Schatzanweisungen von ins¬ gesamt 40 Millionen Pfund Sterling, zu deren Sicherheit bekanntlich ein Gold¬ export Rußlands nach England stattfinden mußte, in Frankreich ein ebensolches Darlehen von 625 Millionen Franken*), in Amerika ein solches von 10,2 Millionen Dollar. Aus diesen Operationen und wohl auch durch Begehung weiterer Schatzscheine im Ausland hat Nußland bis zum 1. Oktober 1915 1181,4 Millionen Rubel erlöst, die sämtlich erst im Jahre 1915 in die budge- täre Erscheinung getreten sind. Im Jahre 1914 konnte also Nußland von seinen Verbündeten, den angeblich reichsten Staaten der Welt, keine einzige Kopeke erhalten. Alles, was Rußland nicht durch Anleihen und kurzfristige Darlehen auf¬ bringen konnte, mußte durch Schatzanweisungen und durch die Ausgabe von kurzfristigen Billetten der Reich srentei vorläufig untergebracht werden. Wie groß in der Tat die Ausgabe von Schatzanweisungen Rußlands ist, wissen wir nicht, denn nachweisen lassen sich nur die in Rußland selbst weitergegebenen Papiere, nicht aber die im Auslande befindlichen, die als Sicherheit für die von den Alliierten gegebenen kurzfristigen Darlehen hinterlegt werden mußten. Nach den offiziellen russischen Angaben sind bis zum 1. Oktober 1915 aus Schatzscheinen und Billetten 4322 Millionen Rubel im Inlande erlöst worden**), was wohl einem Nominalausgabewert von 4,5 Milliarden Rubel entsprechen wird. Dazu würden nach den russischen Neichsbankausweisen noch 717 Millio¬ nen Rubel bis zum 20. November weiter ausgegebene Schatzanweisungen kommen, insgesamt also etwa 5,2 Milliarden Rubel ----- etwa 11,2 Milliarden Mark, nota bene allein im Inland. Diese Summe ist fast ganz in Papiergeld umgesetzt worden, das die Notenpresse in ergiebiger Weise gedruckt hat. Nach dem letzten hier bekannten *) Auf Grund der Schatzanweisungen erhält die russische .Regierung nach dem Maße des Bedarfs von Frankreich Dreimonatsbons der französischen Staatskasse, die wiederum von den französischen Banken mit einem fünfprozentigen Abzug diskontiert werden. a) Schatzanweisungen 1914............836,7 Million. Rubel d) Billette der ReichSrentei 1914 ......... 266,7 „ e) diskontiert i. 1.19 is Schatzanweisungen bei der NeichSbank 2202 „ „ c!) diskontiert bei Privatbanken 19 es........383,3 „ e) 4-Prozent Billette der Reichsrentei........ 683,3 „ _„ insgesamt 4322 Millionen Rubel »*)

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_324408/332>, abgerufen am 24.08.2024.