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Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Viertes Vierteljahr.

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tue höheren Unterhaltungs- und Abschreibungskosten der mit Ersatzstoffen her¬
gestellten Fabrikate überwiegen oder wenigstens ausgleichen. Es könnte dann
der Fall eintreten, daß sich die Not als die beste Lehrmeisterin gezeigt hat und
die Ersatzmaterialien, die wir heute noch als Notbehelf ansehen, nach dem
Kriege selbst bei gesunkenen Nohstoffpreisen einen bleibenden Bestandteil unserer
Erzeugnisse bilden werden. Es sei hier an ein Beispiel erinnert. Die praktisch
veranlagten Amerikaner stellen die Feuerbüchsen ihrer Lokomotiven im Gegensatze
zu uns aus Eisen her, obwohl sie wahrlich genug Kupfer besitzen. Es ist klar,
daß die eisernen Feuerbüchsen infolge der häufigen Temperaturschwankungen,
die durch das Öffnen der Feuertür bei der Beschickung des Rostes entstehen,
schneller verschleißen als kupferne. Und dennoch ist ihre Verwendung wirt¬
schaftlicher, da bei den im Lande zu zahlenden hohen Löhnen sich schließlich die
Unterhaltungs- und Reparaturkosten der kupfernen Büchsen höher stellen würden,
als der Einbau neuer eiserner Feuerbüchsen, sobald die alten reparaturbedürftig
werden.

Von den in der Elektroindustrie am meisten verwendeten Metallen sind
Kupfer, Zinn, Antimon, Nickel, Aluminium und Blei und ihre Legierungen
infolge der Unterbindung der Einfuhr knapp geworden. Es ist ein dringendes
Gebot der Notwendigkeit, mit ihnen haushälterisch umzugehen. Ihre Bezeichnung
als Sparmetalle ist daher sehr richtig gewählt. Sie dürfen selbst bei Aufträgen
für Heeresbedarf nur dann verbraucht werden, wenn sie durch andere in reich¬
licheren Mengen vorhandene Metalle nicht ersetzt werden können. Als Ersatz¬
metalle kommen lediglich Eisen und Zink in Frage. Es sind bereits ausführ¬
liche Untersuchungen angestellt und veröffentlicht worden über die Verwendung
dieser Ersatzstoffe in den am meisten gebrauchten elektrotechnischen Erzeugnissen.
Ein abschließendes Urteil über das Verhalten und die Brauchbarkeit derselben
kann noch nicht gefällt werden, da sie noch nicht unter allen in Frage kommenden
Betriebsverhältnissen erprobt werden konnten und keine genügenden Erfahrungen
über ihr Dauerverhalten vorliegen.

Zink kann als Ersatz für Kupfer nur in denjenigen Fällen verwendet
werden, in welchen das Material keinen großen mechanischen Beanspruchungen
durch Erschütterungen und Biegungen ausgesetzt ist. da es nur eine geringe
mechanische Festigkeit besitzt und im Vergleich zu anderen Metallen sehr spröde
ist. Seine elektrische Leitfähigkeit beträgt ca. 16, hat also einen um etwa das
3.5-fache höheren Widerstand als Kupfer. Daraus folgt, daß ein Zinkleiter
nur ungefähr mit dem halben Wert desjenigen Stromes belastet werden darf,
der für einen Kupferleiter von gleichem Querschnitt noch zulässig ist, falls die
Leitungen ohne Rücksicht auf die Verluste bis zur verbandsmäßig festgelegten
Erwärmungsgrenze belastet werden können. Ist hingegen die Höhe der Verluste
für die Wahl des Querschnittes maßgebend, so muß der Querschnitt des Zink¬
leiters 3.5-mal so groß sein, wie der des Kupferleiters, den er ersetzen soll.
Auch länger währende Erwärmungen wirken ungünstig auf die Haltbarkeit von


tue höheren Unterhaltungs- und Abschreibungskosten der mit Ersatzstoffen her¬
gestellten Fabrikate überwiegen oder wenigstens ausgleichen. Es könnte dann
der Fall eintreten, daß sich die Not als die beste Lehrmeisterin gezeigt hat und
die Ersatzmaterialien, die wir heute noch als Notbehelf ansehen, nach dem
Kriege selbst bei gesunkenen Nohstoffpreisen einen bleibenden Bestandteil unserer
Erzeugnisse bilden werden. Es sei hier an ein Beispiel erinnert. Die praktisch
veranlagten Amerikaner stellen die Feuerbüchsen ihrer Lokomotiven im Gegensatze
zu uns aus Eisen her, obwohl sie wahrlich genug Kupfer besitzen. Es ist klar,
daß die eisernen Feuerbüchsen infolge der häufigen Temperaturschwankungen,
die durch das Öffnen der Feuertür bei der Beschickung des Rostes entstehen,
schneller verschleißen als kupferne. Und dennoch ist ihre Verwendung wirt¬
schaftlicher, da bei den im Lande zu zahlenden hohen Löhnen sich schließlich die
Unterhaltungs- und Reparaturkosten der kupfernen Büchsen höher stellen würden,
als der Einbau neuer eiserner Feuerbüchsen, sobald die alten reparaturbedürftig
werden.

Von den in der Elektroindustrie am meisten verwendeten Metallen sind
Kupfer, Zinn, Antimon, Nickel, Aluminium und Blei und ihre Legierungen
infolge der Unterbindung der Einfuhr knapp geworden. Es ist ein dringendes
Gebot der Notwendigkeit, mit ihnen haushälterisch umzugehen. Ihre Bezeichnung
als Sparmetalle ist daher sehr richtig gewählt. Sie dürfen selbst bei Aufträgen
für Heeresbedarf nur dann verbraucht werden, wenn sie durch andere in reich¬
licheren Mengen vorhandene Metalle nicht ersetzt werden können. Als Ersatz¬
metalle kommen lediglich Eisen und Zink in Frage. Es sind bereits ausführ¬
liche Untersuchungen angestellt und veröffentlicht worden über die Verwendung
dieser Ersatzstoffe in den am meisten gebrauchten elektrotechnischen Erzeugnissen.
Ein abschließendes Urteil über das Verhalten und die Brauchbarkeit derselben
kann noch nicht gefällt werden, da sie noch nicht unter allen in Frage kommenden
Betriebsverhältnissen erprobt werden konnten und keine genügenden Erfahrungen
über ihr Dauerverhalten vorliegen.

Zink kann als Ersatz für Kupfer nur in denjenigen Fällen verwendet
werden, in welchen das Material keinen großen mechanischen Beanspruchungen
durch Erschütterungen und Biegungen ausgesetzt ist. da es nur eine geringe
mechanische Festigkeit besitzt und im Vergleich zu anderen Metallen sehr spröde
ist. Seine elektrische Leitfähigkeit beträgt ca. 16, hat also einen um etwa das
3.5-fache höheren Widerstand als Kupfer. Daraus folgt, daß ein Zinkleiter
nur ungefähr mit dem halben Wert desjenigen Stromes belastet werden darf,
der für einen Kupferleiter von gleichem Querschnitt noch zulässig ist, falls die
Leitungen ohne Rücksicht auf die Verluste bis zur verbandsmäßig festgelegten
Erwärmungsgrenze belastet werden können. Ist hingegen die Höhe der Verluste
für die Wahl des Querschnittes maßgebend, so muß der Querschnitt des Zink¬
leiters 3.5-mal so groß sein, wie der des Kupferleiters, den er ersetzen soll.
Auch länger währende Erwärmungen wirken ungünstig auf die Haltbarkeit von


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[0251] tue höheren Unterhaltungs- und Abschreibungskosten der mit Ersatzstoffen her¬ gestellten Fabrikate überwiegen oder wenigstens ausgleichen. Es könnte dann der Fall eintreten, daß sich die Not als die beste Lehrmeisterin gezeigt hat und die Ersatzmaterialien, die wir heute noch als Notbehelf ansehen, nach dem Kriege selbst bei gesunkenen Nohstoffpreisen einen bleibenden Bestandteil unserer Erzeugnisse bilden werden. Es sei hier an ein Beispiel erinnert. Die praktisch veranlagten Amerikaner stellen die Feuerbüchsen ihrer Lokomotiven im Gegensatze zu uns aus Eisen her, obwohl sie wahrlich genug Kupfer besitzen. Es ist klar, daß die eisernen Feuerbüchsen infolge der häufigen Temperaturschwankungen, die durch das Öffnen der Feuertür bei der Beschickung des Rostes entstehen, schneller verschleißen als kupferne. Und dennoch ist ihre Verwendung wirt¬ schaftlicher, da bei den im Lande zu zahlenden hohen Löhnen sich schließlich die Unterhaltungs- und Reparaturkosten der kupfernen Büchsen höher stellen würden, als der Einbau neuer eiserner Feuerbüchsen, sobald die alten reparaturbedürftig werden. Von den in der Elektroindustrie am meisten verwendeten Metallen sind Kupfer, Zinn, Antimon, Nickel, Aluminium und Blei und ihre Legierungen infolge der Unterbindung der Einfuhr knapp geworden. Es ist ein dringendes Gebot der Notwendigkeit, mit ihnen haushälterisch umzugehen. Ihre Bezeichnung als Sparmetalle ist daher sehr richtig gewählt. Sie dürfen selbst bei Aufträgen für Heeresbedarf nur dann verbraucht werden, wenn sie durch andere in reich¬ licheren Mengen vorhandene Metalle nicht ersetzt werden können. Als Ersatz¬ metalle kommen lediglich Eisen und Zink in Frage. Es sind bereits ausführ¬ liche Untersuchungen angestellt und veröffentlicht worden über die Verwendung dieser Ersatzstoffe in den am meisten gebrauchten elektrotechnischen Erzeugnissen. Ein abschließendes Urteil über das Verhalten und die Brauchbarkeit derselben kann noch nicht gefällt werden, da sie noch nicht unter allen in Frage kommenden Betriebsverhältnissen erprobt werden konnten und keine genügenden Erfahrungen über ihr Dauerverhalten vorliegen. Zink kann als Ersatz für Kupfer nur in denjenigen Fällen verwendet werden, in welchen das Material keinen großen mechanischen Beanspruchungen durch Erschütterungen und Biegungen ausgesetzt ist. da es nur eine geringe mechanische Festigkeit besitzt und im Vergleich zu anderen Metallen sehr spröde ist. Seine elektrische Leitfähigkeit beträgt ca. 16, hat also einen um etwa das 3.5-fache höheren Widerstand als Kupfer. Daraus folgt, daß ein Zinkleiter nur ungefähr mit dem halben Wert desjenigen Stromes belastet werden darf, der für einen Kupferleiter von gleichem Querschnitt noch zulässig ist, falls die Leitungen ohne Rücksicht auf die Verluste bis zur verbandsmäßig festgelegten Erwärmungsgrenze belastet werden können. Ist hingegen die Höhe der Verluste für die Wahl des Querschnittes maßgebend, so muß der Querschnitt des Zink¬ leiters 3.5-mal so groß sein, wie der des Kupferleiters, den er ersetzen soll. Auch länger währende Erwärmungen wirken ungünstig auf die Haltbarkeit von

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_324408/251>, abgerufen am 22.07.2024.