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Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Drittes Vierteljahr.

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Die Notwendigkeit einer deutschen pflichtjugcndrvehr

ältere, verabschiedete und verbrauchte Offiziere für diese Stellen. Frische, junge
Kräfte, die mitten im Leben stehen und jung mit der Jugend sein können, ge¬
hören in diese Stellen hinein. Aktive Offiziere, sofern sie anderweit entlastet
werden, werden vielfach für diese Posten recht brauchbar sein. Auch die Führer¬
frage wird mit der Zeit aus der Zeitspanne der Freiwilligkeit herauswachsen.
Besoldete militärische Führer wird man bestellen müssen. Bei ihrer Auswahl
ist größte Sorgfalt am Platz. Der gute Wille, ein tüchtiger Jugendwehrführer
zu fein, tut es allein nicht. In der Hauptsache kommt es auf großes mili¬
tärisches Können an, dem nach dem Kriege ausgedehnte Kriegserfahrung zur
Seite stehen muß. Ein guter Leiter der militärischen Jugenderziehung muß aber
sich selbst die Jugendfrische bewahrt haben, ohne die er nicht ein Führer der
Jugend sein kann, er muß eine aufrechte, starkentschlossene Persönlichkeit sein.
Hartzufahrendes Wesen ist unangebracht aber immer noch besser als weiche Un-
entschlossenheit. Vor allem verlangt die Jugend starke Persönlichkeiten, denen
sie sich willig unterordnet. Beileibe niemanden gegen seinen Willen zum Führer
abordnen, den nicht aus sich selbst heraus die Liebe zur deutschen Jugend dieser
Arbeit an unserer Zukunft zutreibtI Wie bei jeder Jugendpflege liegt ja auch
bei der militärischen Jugendvorbildung der Erfolg unserer Arbeit wesentlich im
verständnisvollen Zusammenarbeiten zwischen Führer und Jungleuten begründet.
Wer nicht die heiße Liebe zur deutschen Jugend in sich trägt, wird niemals
dies gegenseitige Verstehen erreichen.

Aus alledem geht hervor, daß die militärischen Jugendkompagnien unmöglich
sich einfach in die Schulorganisation eingliedern lassen. Sie müssen weiterhin
eine selbständige militärische Einrichtung des Armeekorps bleiben. Immerhin
wird ein verständnisvolles Zusammenarbeiten mit der Schule, eine Anlehnung
an die bestehenden Schulorganisationen dringend geboten sein. Alle Staats¬
einrichtungen müssen der großen Aufgabe, unsere Rüstung auszubauen, dienstbar
gemacht werden. An einzelnen Orten wird sehr darüber geklagt, daß besonders
an den höheren Schulen die Lehrkräfte der militärischen Jugendvorbildung durch¬
aus ablehnend gegenüberstehen und ihr Hindernisse in den Weg legen. Einem
solchen, im Gegensatz zur vortrefflichen Mitarbeit zahlreicher Oberlehrer in den
Jugendkompagnien stehenden Verhalten muß von der Staatsverwaltung ein
schnelles Ende gemacht werden. Längst hätte schon der Schulzwang für die
militärische Jugenderziehung dienstbar gemacht werden.müssen. Das preußische
Handelsministerium hat bereits einen Versuch in dieser Richtung unternommen.
Es hat den Vorständen der Fortbildungsschulen freigestellt, für Kriegsdauer den
Unterricht bis auf wöchentlich zwei Stunden für Schüler über sechzehn Jahren
zu beschränken und lehrplanmäßig an die Stelle der freigewordenen Stunden die
Übungen zur militärischen Jugendvorbereitung zu setzen.

Leider ist von dieser Befugnis nur selten Gebrauch gemacht worden.

Ein Zusammenwirken zwischen Schule und militärischer Jugendkompagnie
ist auch um deswillen nötig, weil in dem vorhandenen Rahmen der Schulorgani-


Die Notwendigkeit einer deutschen pflichtjugcndrvehr

ältere, verabschiedete und verbrauchte Offiziere für diese Stellen. Frische, junge
Kräfte, die mitten im Leben stehen und jung mit der Jugend sein können, ge¬
hören in diese Stellen hinein. Aktive Offiziere, sofern sie anderweit entlastet
werden, werden vielfach für diese Posten recht brauchbar sein. Auch die Führer¬
frage wird mit der Zeit aus der Zeitspanne der Freiwilligkeit herauswachsen.
Besoldete militärische Führer wird man bestellen müssen. Bei ihrer Auswahl
ist größte Sorgfalt am Platz. Der gute Wille, ein tüchtiger Jugendwehrführer
zu fein, tut es allein nicht. In der Hauptsache kommt es auf großes mili¬
tärisches Können an, dem nach dem Kriege ausgedehnte Kriegserfahrung zur
Seite stehen muß. Ein guter Leiter der militärischen Jugenderziehung muß aber
sich selbst die Jugendfrische bewahrt haben, ohne die er nicht ein Führer der
Jugend sein kann, er muß eine aufrechte, starkentschlossene Persönlichkeit sein.
Hartzufahrendes Wesen ist unangebracht aber immer noch besser als weiche Un-
entschlossenheit. Vor allem verlangt die Jugend starke Persönlichkeiten, denen
sie sich willig unterordnet. Beileibe niemanden gegen seinen Willen zum Führer
abordnen, den nicht aus sich selbst heraus die Liebe zur deutschen Jugend dieser
Arbeit an unserer Zukunft zutreibtI Wie bei jeder Jugendpflege liegt ja auch
bei der militärischen Jugendvorbildung der Erfolg unserer Arbeit wesentlich im
verständnisvollen Zusammenarbeiten zwischen Führer und Jungleuten begründet.
Wer nicht die heiße Liebe zur deutschen Jugend in sich trägt, wird niemals
dies gegenseitige Verstehen erreichen.

Aus alledem geht hervor, daß die militärischen Jugendkompagnien unmöglich
sich einfach in die Schulorganisation eingliedern lassen. Sie müssen weiterhin
eine selbständige militärische Einrichtung des Armeekorps bleiben. Immerhin
wird ein verständnisvolles Zusammenarbeiten mit der Schule, eine Anlehnung
an die bestehenden Schulorganisationen dringend geboten sein. Alle Staats¬
einrichtungen müssen der großen Aufgabe, unsere Rüstung auszubauen, dienstbar
gemacht werden. An einzelnen Orten wird sehr darüber geklagt, daß besonders
an den höheren Schulen die Lehrkräfte der militärischen Jugendvorbildung durch¬
aus ablehnend gegenüberstehen und ihr Hindernisse in den Weg legen. Einem
solchen, im Gegensatz zur vortrefflichen Mitarbeit zahlreicher Oberlehrer in den
Jugendkompagnien stehenden Verhalten muß von der Staatsverwaltung ein
schnelles Ende gemacht werden. Längst hätte schon der Schulzwang für die
militärische Jugenderziehung dienstbar gemacht werden.müssen. Das preußische
Handelsministerium hat bereits einen Versuch in dieser Richtung unternommen.
Es hat den Vorständen der Fortbildungsschulen freigestellt, für Kriegsdauer den
Unterricht bis auf wöchentlich zwei Stunden für Schüler über sechzehn Jahren
zu beschränken und lehrplanmäßig an die Stelle der freigewordenen Stunden die
Übungen zur militärischen Jugendvorbereitung zu setzen.

Leider ist von dieser Befugnis nur selten Gebrauch gemacht worden.

Ein Zusammenwirken zwischen Schule und militärischer Jugendkompagnie
ist auch um deswillen nötig, weil in dem vorhandenen Rahmen der Schulorgani-


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[0261] Die Notwendigkeit einer deutschen pflichtjugcndrvehr ältere, verabschiedete und verbrauchte Offiziere für diese Stellen. Frische, junge Kräfte, die mitten im Leben stehen und jung mit der Jugend sein können, ge¬ hören in diese Stellen hinein. Aktive Offiziere, sofern sie anderweit entlastet werden, werden vielfach für diese Posten recht brauchbar sein. Auch die Führer¬ frage wird mit der Zeit aus der Zeitspanne der Freiwilligkeit herauswachsen. Besoldete militärische Führer wird man bestellen müssen. Bei ihrer Auswahl ist größte Sorgfalt am Platz. Der gute Wille, ein tüchtiger Jugendwehrführer zu fein, tut es allein nicht. In der Hauptsache kommt es auf großes mili¬ tärisches Können an, dem nach dem Kriege ausgedehnte Kriegserfahrung zur Seite stehen muß. Ein guter Leiter der militärischen Jugenderziehung muß aber sich selbst die Jugendfrische bewahrt haben, ohne die er nicht ein Führer der Jugend sein kann, er muß eine aufrechte, starkentschlossene Persönlichkeit sein. Hartzufahrendes Wesen ist unangebracht aber immer noch besser als weiche Un- entschlossenheit. Vor allem verlangt die Jugend starke Persönlichkeiten, denen sie sich willig unterordnet. Beileibe niemanden gegen seinen Willen zum Führer abordnen, den nicht aus sich selbst heraus die Liebe zur deutschen Jugend dieser Arbeit an unserer Zukunft zutreibtI Wie bei jeder Jugendpflege liegt ja auch bei der militärischen Jugendvorbildung der Erfolg unserer Arbeit wesentlich im verständnisvollen Zusammenarbeiten zwischen Führer und Jungleuten begründet. Wer nicht die heiße Liebe zur deutschen Jugend in sich trägt, wird niemals dies gegenseitige Verstehen erreichen. Aus alledem geht hervor, daß die militärischen Jugendkompagnien unmöglich sich einfach in die Schulorganisation eingliedern lassen. Sie müssen weiterhin eine selbständige militärische Einrichtung des Armeekorps bleiben. Immerhin wird ein verständnisvolles Zusammenarbeiten mit der Schule, eine Anlehnung an die bestehenden Schulorganisationen dringend geboten sein. Alle Staats¬ einrichtungen müssen der großen Aufgabe, unsere Rüstung auszubauen, dienstbar gemacht werden. An einzelnen Orten wird sehr darüber geklagt, daß besonders an den höheren Schulen die Lehrkräfte der militärischen Jugendvorbildung durch¬ aus ablehnend gegenüberstehen und ihr Hindernisse in den Weg legen. Einem solchen, im Gegensatz zur vortrefflichen Mitarbeit zahlreicher Oberlehrer in den Jugendkompagnien stehenden Verhalten muß von der Staatsverwaltung ein schnelles Ende gemacht werden. Längst hätte schon der Schulzwang für die militärische Jugenderziehung dienstbar gemacht werden.müssen. Das preußische Handelsministerium hat bereits einen Versuch in dieser Richtung unternommen. Es hat den Vorständen der Fortbildungsschulen freigestellt, für Kriegsdauer den Unterricht bis auf wöchentlich zwei Stunden für Schüler über sechzehn Jahren zu beschränken und lehrplanmäßig an die Stelle der freigewordenen Stunden die Übungen zur militärischen Jugendvorbereitung zu setzen. Leider ist von dieser Befugnis nur selten Gebrauch gemacht worden. Ein Zusammenwirken zwischen Schule und militärischer Jugendkompagnie ist auch um deswillen nötig, weil in dem vorhandenen Rahmen der Schulorgani-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323972/261>, abgerufen am 22.07.2024.