Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Drittes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Kämpfe und Siege hinter der Front

Kummer nichts merken; im Gegenteil, die Weiberlein im ganzen Lande Polen
sind ausnehmend fröhlich und frisch und lachen mit den bunten Farben ihrer
kurzen Röcke um die Wette in das Land hinaus.

Und das Land selber ist voll eitel Freude. Unter dem lichtgrauen Himmel
liegt es so blank und sauber wie ein leuchtendes Böcklinsches Bild; und die
Luft ist so klar und durchsichtig, daß die Fernen nahgerückt erscheinen und die
Hügel am Horizont, die Baumgruppen und Wälder scharfumrissen, wie aus
buntbemaltem Blech geschnitten, vor uns stehen.

Prächtig sind die Straßen. Noch vor kurzem unbefahren, Sandwüsten
und Schlammströmen ähnlich, halten sie jetzt, dank der deutschen Arbeit, jeden
Vergleich mit den heimatlichen Landstraßen aus. Auch die Dörfer, in denen
der Schmutz in lieblicher Eintracht mit dem ländlichen Düngerhaufen die geheiligten
Traditionen der Bauern erfolgreich gegen alle Zeitenstürme verteidigte, sind reinliche
Wohnstätten geworden. Die zahllosen Stege, Brückchen und Brücken, die unsere
zurückweichenden Feinde gründlich zerstört hatten, sind wiederhergestellt, kurz:
überall treffen wir auf die Spuren deutschen Fleißes, deutscher Kultur.

Auch Bahnen und Bähnchen kreuzen unseren Weg und freundliche Holz¬
häuser aller Art grüßen herüber. Da gibt es eine "Schlesische Baude" und' eine
"Berliner Hütte", darinnen unsere wackeren Landstürmer Wache halten oder
ihre Kantine aufgetan haben; da steht ein "Feldbahnhof Hasenheide" und ein
"Feldbahnhof Sumpfloch", die ein prangendes Blumengärtchen einfriedigt; alles
schmuck und gediegen, daß es eine wahre Lust ist.

So trägt dies Stück Erde uns gar vertraute Züge und mutet uns ganz
heimatlich und tröstlich an. Wir fühlen diesem Lande an, wie es sich näher
an uns drängt, wie das verströmte Blut unserer Helden, das in seinen Adern
rinnt und in den Halmen und Ähren treibt und schafft, es uns heiligt -- und
unmerkbar keimt in uns ein Gefühl empor, das, mächtiger geworden, sich
endlich klar und groß enthüllt: wir lieben dieses Land! Wir lieben den
schenkenden Boden, der Tausende unserer Brüder birgt, zwischen Korn und
Klee, Feldblumen, Gras und Buschwerk Tausende von stillen Heldenhügeln
trägt; wir lieben seine mächtigen, uralten Bäume, die wie schützend ihre Wipfel
über das Soldatengrab an ihrem Stamme breiten, das, schlicht mit Steinen
eingefaßt, mit einem Holzkreuz besteckt, einheimische Blumen in drängender Fülle
überblühen: -- Bodendankl

Wir lieben auch die Landstädtchen, in denen nicht selten ein von deutschen
Truppen aufgequadertes, kunstvolles Denkmal sich erhebt, das sowohl dem
Andenken der deutschen als auch der russischen Gefallenen geweiht ist und dessen
dem Boden entwirkte Steinkolosse sich förmlich aufrecken, wie um so recht ihrem
schönen Zweck zu dienen. Und rundum auch hier ein unverwelklicher Kranz
blühender Blumen. . . .

Die kleinen Städtchen bieten uns aber auch auf mannigfach andere Art
freundlichen Willkomm.


Kämpfe und Siege hinter der Front

Kummer nichts merken; im Gegenteil, die Weiberlein im ganzen Lande Polen
sind ausnehmend fröhlich und frisch und lachen mit den bunten Farben ihrer
kurzen Röcke um die Wette in das Land hinaus.

Und das Land selber ist voll eitel Freude. Unter dem lichtgrauen Himmel
liegt es so blank und sauber wie ein leuchtendes Böcklinsches Bild; und die
Luft ist so klar und durchsichtig, daß die Fernen nahgerückt erscheinen und die
Hügel am Horizont, die Baumgruppen und Wälder scharfumrissen, wie aus
buntbemaltem Blech geschnitten, vor uns stehen.

Prächtig sind die Straßen. Noch vor kurzem unbefahren, Sandwüsten
und Schlammströmen ähnlich, halten sie jetzt, dank der deutschen Arbeit, jeden
Vergleich mit den heimatlichen Landstraßen aus. Auch die Dörfer, in denen
der Schmutz in lieblicher Eintracht mit dem ländlichen Düngerhaufen die geheiligten
Traditionen der Bauern erfolgreich gegen alle Zeitenstürme verteidigte, sind reinliche
Wohnstätten geworden. Die zahllosen Stege, Brückchen und Brücken, die unsere
zurückweichenden Feinde gründlich zerstört hatten, sind wiederhergestellt, kurz:
überall treffen wir auf die Spuren deutschen Fleißes, deutscher Kultur.

Auch Bahnen und Bähnchen kreuzen unseren Weg und freundliche Holz¬
häuser aller Art grüßen herüber. Da gibt es eine „Schlesische Baude" und' eine
„Berliner Hütte", darinnen unsere wackeren Landstürmer Wache halten oder
ihre Kantine aufgetan haben; da steht ein „Feldbahnhof Hasenheide" und ein
„Feldbahnhof Sumpfloch", die ein prangendes Blumengärtchen einfriedigt; alles
schmuck und gediegen, daß es eine wahre Lust ist.

So trägt dies Stück Erde uns gar vertraute Züge und mutet uns ganz
heimatlich und tröstlich an. Wir fühlen diesem Lande an, wie es sich näher
an uns drängt, wie das verströmte Blut unserer Helden, das in seinen Adern
rinnt und in den Halmen und Ähren treibt und schafft, es uns heiligt — und
unmerkbar keimt in uns ein Gefühl empor, das, mächtiger geworden, sich
endlich klar und groß enthüllt: wir lieben dieses Land! Wir lieben den
schenkenden Boden, der Tausende unserer Brüder birgt, zwischen Korn und
Klee, Feldblumen, Gras und Buschwerk Tausende von stillen Heldenhügeln
trägt; wir lieben seine mächtigen, uralten Bäume, die wie schützend ihre Wipfel
über das Soldatengrab an ihrem Stamme breiten, das, schlicht mit Steinen
eingefaßt, mit einem Holzkreuz besteckt, einheimische Blumen in drängender Fülle
überblühen: — Bodendankl

Wir lieben auch die Landstädtchen, in denen nicht selten ein von deutschen
Truppen aufgequadertes, kunstvolles Denkmal sich erhebt, das sowohl dem
Andenken der deutschen als auch der russischen Gefallenen geweiht ist und dessen
dem Boden entwirkte Steinkolosse sich förmlich aufrecken, wie um so recht ihrem
schönen Zweck zu dienen. Und rundum auch hier ein unverwelklicher Kranz
blühender Blumen. . . .

Die kleinen Städtchen bieten uns aber auch auf mannigfach andere Art
freundlichen Willkomm.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0233" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/324206"/>
          <fw type="header" place="top"> Kämpfe und Siege hinter der Front</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_688" prev="#ID_687"> Kummer nichts merken; im Gegenteil, die Weiberlein im ganzen Lande Polen<lb/>
sind ausnehmend fröhlich und frisch und lachen mit den bunten Farben ihrer<lb/>
kurzen Röcke um die Wette in das Land hinaus.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_689"> Und das Land selber ist voll eitel Freude. Unter dem lichtgrauen Himmel<lb/>
liegt es so blank und sauber wie ein leuchtendes Böcklinsches Bild; und die<lb/>
Luft ist so klar und durchsichtig, daß die Fernen nahgerückt erscheinen und die<lb/>
Hügel am Horizont, die Baumgruppen und Wälder scharfumrissen, wie aus<lb/>
buntbemaltem Blech geschnitten, vor uns stehen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_690"> Prächtig sind die Straßen. Noch vor kurzem unbefahren, Sandwüsten<lb/>
und Schlammströmen ähnlich, halten sie jetzt, dank der deutschen Arbeit, jeden<lb/>
Vergleich mit den heimatlichen Landstraßen aus. Auch die Dörfer, in denen<lb/>
der Schmutz in lieblicher Eintracht mit dem ländlichen Düngerhaufen die geheiligten<lb/>
Traditionen der Bauern erfolgreich gegen alle Zeitenstürme verteidigte, sind reinliche<lb/>
Wohnstätten geworden. Die zahllosen Stege, Brückchen und Brücken, die unsere<lb/>
zurückweichenden Feinde gründlich zerstört hatten, sind wiederhergestellt, kurz:<lb/>
überall treffen wir auf die Spuren deutschen Fleißes, deutscher Kultur.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_691"> Auch Bahnen und Bähnchen kreuzen unseren Weg und freundliche Holz¬<lb/>
häuser aller Art grüßen herüber. Da gibt es eine &#x201E;Schlesische Baude" und' eine<lb/>
&#x201E;Berliner Hütte", darinnen unsere wackeren Landstürmer Wache halten oder<lb/>
ihre Kantine aufgetan haben; da steht ein &#x201E;Feldbahnhof Hasenheide" und ein<lb/>
&#x201E;Feldbahnhof Sumpfloch", die ein prangendes Blumengärtchen einfriedigt; alles<lb/>
schmuck und gediegen, daß es eine wahre Lust ist.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_692"> So trägt dies Stück Erde uns gar vertraute Züge und mutet uns ganz<lb/>
heimatlich und tröstlich an. Wir fühlen diesem Lande an, wie es sich näher<lb/>
an uns drängt, wie das verströmte Blut unserer Helden, das in seinen Adern<lb/>
rinnt und in den Halmen und Ähren treibt und schafft, es uns heiligt &#x2014; und<lb/>
unmerkbar keimt in uns ein Gefühl empor, das, mächtiger geworden, sich<lb/>
endlich klar und groß enthüllt: wir lieben dieses Land! Wir lieben den<lb/>
schenkenden Boden, der Tausende unserer Brüder birgt, zwischen Korn und<lb/>
Klee, Feldblumen, Gras und Buschwerk Tausende von stillen Heldenhügeln<lb/>
trägt; wir lieben seine mächtigen, uralten Bäume, die wie schützend ihre Wipfel<lb/>
über das Soldatengrab an ihrem Stamme breiten, das, schlicht mit Steinen<lb/>
eingefaßt, mit einem Holzkreuz besteckt, einheimische Blumen in drängender Fülle<lb/>
überblühen: &#x2014; Bodendankl</p><lb/>
          <p xml:id="ID_693"> Wir lieben auch die Landstädtchen, in denen nicht selten ein von deutschen<lb/>
Truppen aufgequadertes, kunstvolles Denkmal sich erhebt, das sowohl dem<lb/>
Andenken der deutschen als auch der russischen Gefallenen geweiht ist und dessen<lb/>
dem Boden entwirkte Steinkolosse sich förmlich aufrecken, wie um so recht ihrem<lb/>
schönen Zweck zu dienen. Und rundum auch hier ein unverwelklicher Kranz<lb/>
blühender Blumen. . . .</p><lb/>
          <p xml:id="ID_694"> Die kleinen Städtchen bieten uns aber auch auf mannigfach andere Art<lb/>
freundlichen Willkomm.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0233] Kämpfe und Siege hinter der Front Kummer nichts merken; im Gegenteil, die Weiberlein im ganzen Lande Polen sind ausnehmend fröhlich und frisch und lachen mit den bunten Farben ihrer kurzen Röcke um die Wette in das Land hinaus. Und das Land selber ist voll eitel Freude. Unter dem lichtgrauen Himmel liegt es so blank und sauber wie ein leuchtendes Böcklinsches Bild; und die Luft ist so klar und durchsichtig, daß die Fernen nahgerückt erscheinen und die Hügel am Horizont, die Baumgruppen und Wälder scharfumrissen, wie aus buntbemaltem Blech geschnitten, vor uns stehen. Prächtig sind die Straßen. Noch vor kurzem unbefahren, Sandwüsten und Schlammströmen ähnlich, halten sie jetzt, dank der deutschen Arbeit, jeden Vergleich mit den heimatlichen Landstraßen aus. Auch die Dörfer, in denen der Schmutz in lieblicher Eintracht mit dem ländlichen Düngerhaufen die geheiligten Traditionen der Bauern erfolgreich gegen alle Zeitenstürme verteidigte, sind reinliche Wohnstätten geworden. Die zahllosen Stege, Brückchen und Brücken, die unsere zurückweichenden Feinde gründlich zerstört hatten, sind wiederhergestellt, kurz: überall treffen wir auf die Spuren deutschen Fleißes, deutscher Kultur. Auch Bahnen und Bähnchen kreuzen unseren Weg und freundliche Holz¬ häuser aller Art grüßen herüber. Da gibt es eine „Schlesische Baude" und' eine „Berliner Hütte", darinnen unsere wackeren Landstürmer Wache halten oder ihre Kantine aufgetan haben; da steht ein „Feldbahnhof Hasenheide" und ein „Feldbahnhof Sumpfloch", die ein prangendes Blumengärtchen einfriedigt; alles schmuck und gediegen, daß es eine wahre Lust ist. So trägt dies Stück Erde uns gar vertraute Züge und mutet uns ganz heimatlich und tröstlich an. Wir fühlen diesem Lande an, wie es sich näher an uns drängt, wie das verströmte Blut unserer Helden, das in seinen Adern rinnt und in den Halmen und Ähren treibt und schafft, es uns heiligt — und unmerkbar keimt in uns ein Gefühl empor, das, mächtiger geworden, sich endlich klar und groß enthüllt: wir lieben dieses Land! Wir lieben den schenkenden Boden, der Tausende unserer Brüder birgt, zwischen Korn und Klee, Feldblumen, Gras und Buschwerk Tausende von stillen Heldenhügeln trägt; wir lieben seine mächtigen, uralten Bäume, die wie schützend ihre Wipfel über das Soldatengrab an ihrem Stamme breiten, das, schlicht mit Steinen eingefaßt, mit einem Holzkreuz besteckt, einheimische Blumen in drängender Fülle überblühen: — Bodendankl Wir lieben auch die Landstädtchen, in denen nicht selten ein von deutschen Truppen aufgequadertes, kunstvolles Denkmal sich erhebt, das sowohl dem Andenken der deutschen als auch der russischen Gefallenen geweiht ist und dessen dem Boden entwirkte Steinkolosse sich förmlich aufrecken, wie um so recht ihrem schönen Zweck zu dienen. Und rundum auch hier ein unverwelklicher Kranz blühender Blumen. . . . Die kleinen Städtchen bieten uns aber auch auf mannigfach andere Art freundlichen Willkomm.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323972
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323972/233
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323972/233>, abgerufen am 22.07.2024.