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Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Drittes Vierteljahr.

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Rückblick auf das Rriegsjahr

Vorsicht stellenweise aus den Augen gelassen haben. Auf der anderen Seite
war es geboten, nachdem wir bereits seit 1912 durch die Kniffe und Ausflüchte
Englands, ein ehrliches Neutralitätsverhältnis zu schaffen, auf die Möglichkeit
eines kriegerischen Konfliktes aufmerksam geworden waren, den Feinden die
flinke, aber um so empfindlichere Lehre zu geben, daß man mit einer militärisch
ausgebildeten, in jedem Augenblick schlagfertigen Nation nicht nach Gefallen
umspringen könne. Diese Lehre zu geben, ist uns unter allen Umständen
geglückt. Das Geschick hat es gewollt, daß uns ein endloser Stellungskrieg auf¬
genötigt wurde. Wir sind hierbei die numerisch schwächeren gewesen, diejenigen,
die ohne Deckung und Vorbereitung sich im fremden Lande Deckungen und
uneinnehmbare Stellungen erst schaffen mußten. Um so strahlender ging deshalb
der Welt das Licht unserer Kriegstechnik auf, die ihresgleichen nicht auf Erden
findet. Dank ihr, dank unserer eisernen Disziplin und Organisation, dank der
Entschlossenheit und beispiellosen Hingebung der opferfreudigen Nation, sind
wir seitdem in Belgien und Frankreich noch keinen Schritt zurückgewichen.
Wir, die Minderheit halten dort die Entscheidung in der Hand, wir sind im
Westen heute schon nicht etwa die problematischen, sondern die tatsächlichen
Sieger. Unsere Gegner müssen es sich selbst, wenn auch zähneknirschend ein¬
gestehen, daß wir den Krieg dort mit Gewalt schon längst hätten beenden
können, wäre uns nicht jeder deutsche Mann mehr wert, als das Geld und die
Zeit, die wir durch schnelles Vordringen uns verdient hätten. Diese Gewißheit
ihrer unbedingten Niederlage hat sie die Stinkbomben ihrer Verleumdungen
und brutalen Gehässigkeiten, die sie während des Sappen- und Minen¬
krieges unaufhörlich durch ihre Zeitungen gegen uns schleudern ließen, vermehren
heißen. Während Granaten und Bomben arbeiteten, während schwere Geschütz-
und Nahkämpfe im Gange waren, während jeder Hügel, jeder Wald, ja
jeder Meter Gelände mit vielem Blut erkauft werden mußte, tobte ein un¬
erhörter Verstellungs- und Entstellungskrieg in den Zeitungen der feindlichen
Länder. Auch hier werden wir siegen. Wir wischen uns bis dahin ihren
Geifer vom Waffenrock und bleiben des weiteren unentwegt in den Unter¬
stäuben unserer militärischen und bürgerlichen Aufgabe, den Krieg zum Wohle
der Allgemeinheit in einer Weise durchzuführen, daß der Friede nicht so bald
wieder gestört werden kann. Man hat uns eine fast übermenschliche Arbeit
auferlegt, wir haben demnach das erste Anrecht auf ihre Früchte, aber so bald
wir sie uns verdient haben werden, wird auch die übrige Welt durch uns ihr
Teil erhalten. "In unbeirrbarer Redlichkeit hat die deutsche Regierung auch
unter herausfordernden Umständen die Entwicklung aller sittlichen, geistigen und
wirtschaftlichen Kräfte als höchstes Ziel verfolgt", hieß es in der bedeutungs¬
vollen Thronrede vom 4. August vorigen Jahres. So lautet unser Programm
auch heute noch, so wird es nach den Bedrängnissen, nach Siegesfreude und
Kummer um Misere Toten, bei Friedensschluß von neuem lauten. Jedem das
Seine, aber auch einer für alle.


Rückblick auf das Rriegsjahr

Vorsicht stellenweise aus den Augen gelassen haben. Auf der anderen Seite
war es geboten, nachdem wir bereits seit 1912 durch die Kniffe und Ausflüchte
Englands, ein ehrliches Neutralitätsverhältnis zu schaffen, auf die Möglichkeit
eines kriegerischen Konfliktes aufmerksam geworden waren, den Feinden die
flinke, aber um so empfindlichere Lehre zu geben, daß man mit einer militärisch
ausgebildeten, in jedem Augenblick schlagfertigen Nation nicht nach Gefallen
umspringen könne. Diese Lehre zu geben, ist uns unter allen Umständen
geglückt. Das Geschick hat es gewollt, daß uns ein endloser Stellungskrieg auf¬
genötigt wurde. Wir sind hierbei die numerisch schwächeren gewesen, diejenigen,
die ohne Deckung und Vorbereitung sich im fremden Lande Deckungen und
uneinnehmbare Stellungen erst schaffen mußten. Um so strahlender ging deshalb
der Welt das Licht unserer Kriegstechnik auf, die ihresgleichen nicht auf Erden
findet. Dank ihr, dank unserer eisernen Disziplin und Organisation, dank der
Entschlossenheit und beispiellosen Hingebung der opferfreudigen Nation, sind
wir seitdem in Belgien und Frankreich noch keinen Schritt zurückgewichen.
Wir, die Minderheit halten dort die Entscheidung in der Hand, wir sind im
Westen heute schon nicht etwa die problematischen, sondern die tatsächlichen
Sieger. Unsere Gegner müssen es sich selbst, wenn auch zähneknirschend ein¬
gestehen, daß wir den Krieg dort mit Gewalt schon längst hätten beenden
können, wäre uns nicht jeder deutsche Mann mehr wert, als das Geld und die
Zeit, die wir durch schnelles Vordringen uns verdient hätten. Diese Gewißheit
ihrer unbedingten Niederlage hat sie die Stinkbomben ihrer Verleumdungen
und brutalen Gehässigkeiten, die sie während des Sappen- und Minen¬
krieges unaufhörlich durch ihre Zeitungen gegen uns schleudern ließen, vermehren
heißen. Während Granaten und Bomben arbeiteten, während schwere Geschütz-
und Nahkämpfe im Gange waren, während jeder Hügel, jeder Wald, ja
jeder Meter Gelände mit vielem Blut erkauft werden mußte, tobte ein un¬
erhörter Verstellungs- und Entstellungskrieg in den Zeitungen der feindlichen
Länder. Auch hier werden wir siegen. Wir wischen uns bis dahin ihren
Geifer vom Waffenrock und bleiben des weiteren unentwegt in den Unter¬
stäuben unserer militärischen und bürgerlichen Aufgabe, den Krieg zum Wohle
der Allgemeinheit in einer Weise durchzuführen, daß der Friede nicht so bald
wieder gestört werden kann. Man hat uns eine fast übermenschliche Arbeit
auferlegt, wir haben demnach das erste Anrecht auf ihre Früchte, aber so bald
wir sie uns verdient haben werden, wird auch die übrige Welt durch uns ihr
Teil erhalten. „In unbeirrbarer Redlichkeit hat die deutsche Regierung auch
unter herausfordernden Umständen die Entwicklung aller sittlichen, geistigen und
wirtschaftlichen Kräfte als höchstes Ziel verfolgt", hieß es in der bedeutungs¬
vollen Thronrede vom 4. August vorigen Jahres. So lautet unser Programm
auch heute noch, so wird es nach den Bedrängnissen, nach Siegesfreude und
Kummer um Misere Toten, bei Friedensschluß von neuem lauten. Jedem das
Seine, aber auch einer für alle.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323972/112>, abgerufen am 23.07.2024.