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Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Viertes Vierteljahr.

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Das englische Kapital im Auslande
v I)r. Arenzkam on

le britischen Kapitalanlagen in ausländischen Werten haben einen
ganz gewaltigen Umfang angenommen. Wenn man die vom
Londoner Economist veröffentlichten Zusammenstellungen als
statistische Grundlage wählt, muß man sich immer vor Augen
halten, daß in diesen Übersichten nur die offiziell zum Börsen¬
handel zugelassenen Werte verzeichnet sind und nicht die ebenfalls sehr hohen
Beträge der in London nebenher gehandelten Werte. Die Ziffern des Economist
sind also nur als Minimalziffern anzusehen, wenn auch anderseits zu berück¬
sichtigen ist, daß auch viele nichtbritische Kapitalisten, vor allem deutsche, ihr
Geld in denjenigen Werten anlegen, die in London amtlich und nichtamtlich
gehandelt werden, an der Berliner Börse aber nicht zugelassen sind. Der Nennwert
der an der Londoner Börse zugelassenen Papiere belief sich im Jahre 1909 auf
mehr als 200 Milliarden Mark. Geht man die verschiedenen Kategorien durch,
in die sich die gehandelten Werte teilen, so stellt sich das höchst auffällige Er¬
gebnis heraus, daß diejenigen Kategorien, in denen die höchsten Werte gehandelt
werden, ausländische Kapitalanlagen darstellen. Die Wertpapiergruppen, die
jede für sich mehr als eine Milliarde Pfund Sterling umfassen, sind nämlich
der Reihe nach folgende:

Ausländische Staats- und Gemeindeanleihen ... 62 Milliarden Mark
Amerikanische Werte einschließlich Eisenbahnen . . 36 " "
Britische Konsols, koloniale und städtische Anleihen. 33 " "
Britische Eisenbahnen..........24 " "

Nimmt man noch hinzu, daß in auswärtigen Eisenbahnen sast 11 Milliarden
Mark an der Londoner Börse offiziell gehandelt werden, so ergibt sich der über¬
raschende Schluß, daß von den insgesamt rund 200 Milliarden Nennwerten
beträchtlich mehr als die Hälfte auf ausländische Kapitalanlagen entfällt.

George Paish, einer der Herausgeber des Statist, hat im Jahre 1911 in
der Royal Statistical Society einen Vortrag über britisches Kapital im Aus¬
lande gehalten, in dem er das Ergebnis seiner eingehenden Erhebungen über
die Anlagen, die England in dem verflossenen Jahre in Indien, den britischen
Kolonien und dem übrigen Auslande machte, bekannt gab. Der Statist, der
das einschlägige statistische Material veröffentlicht, knüpft daran einige Folge-




Das englische Kapital im Auslande
v I)r. Arenzkam on

le britischen Kapitalanlagen in ausländischen Werten haben einen
ganz gewaltigen Umfang angenommen. Wenn man die vom
Londoner Economist veröffentlichten Zusammenstellungen als
statistische Grundlage wählt, muß man sich immer vor Augen
halten, daß in diesen Übersichten nur die offiziell zum Börsen¬
handel zugelassenen Werte verzeichnet sind und nicht die ebenfalls sehr hohen
Beträge der in London nebenher gehandelten Werte. Die Ziffern des Economist
sind also nur als Minimalziffern anzusehen, wenn auch anderseits zu berück¬
sichtigen ist, daß auch viele nichtbritische Kapitalisten, vor allem deutsche, ihr
Geld in denjenigen Werten anlegen, die in London amtlich und nichtamtlich
gehandelt werden, an der Berliner Börse aber nicht zugelassen sind. Der Nennwert
der an der Londoner Börse zugelassenen Papiere belief sich im Jahre 1909 auf
mehr als 200 Milliarden Mark. Geht man die verschiedenen Kategorien durch,
in die sich die gehandelten Werte teilen, so stellt sich das höchst auffällige Er¬
gebnis heraus, daß diejenigen Kategorien, in denen die höchsten Werte gehandelt
werden, ausländische Kapitalanlagen darstellen. Die Wertpapiergruppen, die
jede für sich mehr als eine Milliarde Pfund Sterling umfassen, sind nämlich
der Reihe nach folgende:

Ausländische Staats- und Gemeindeanleihen ... 62 Milliarden Mark
Amerikanische Werte einschließlich Eisenbahnen . . 36 „ „
Britische Konsols, koloniale und städtische Anleihen. 33 „ „
Britische Eisenbahnen..........24 „ „

Nimmt man noch hinzu, daß in auswärtigen Eisenbahnen sast 11 Milliarden
Mark an der Londoner Börse offiziell gehandelt werden, so ergibt sich der über¬
raschende Schluß, daß von den insgesamt rund 200 Milliarden Nennwerten
beträchtlich mehr als die Hälfte auf ausländische Kapitalanlagen entfällt.

George Paish, einer der Herausgeber des Statist, hat im Jahre 1911 in
der Royal Statistical Society einen Vortrag über britisches Kapital im Aus¬
lande gehalten, in dem er das Ergebnis seiner eingehenden Erhebungen über
die Anlagen, die England in dem verflossenen Jahre in Indien, den britischen
Kolonien und dem übrigen Auslande machte, bekannt gab. Der Statist, der
das einschlägige statistische Material veröffentlicht, knüpft daran einige Folge-


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[0071] [Abbildung] Das englische Kapital im Auslande v I)r. Arenzkam on le britischen Kapitalanlagen in ausländischen Werten haben einen ganz gewaltigen Umfang angenommen. Wenn man die vom Londoner Economist veröffentlichten Zusammenstellungen als statistische Grundlage wählt, muß man sich immer vor Augen halten, daß in diesen Übersichten nur die offiziell zum Börsen¬ handel zugelassenen Werte verzeichnet sind und nicht die ebenfalls sehr hohen Beträge der in London nebenher gehandelten Werte. Die Ziffern des Economist sind also nur als Minimalziffern anzusehen, wenn auch anderseits zu berück¬ sichtigen ist, daß auch viele nichtbritische Kapitalisten, vor allem deutsche, ihr Geld in denjenigen Werten anlegen, die in London amtlich und nichtamtlich gehandelt werden, an der Berliner Börse aber nicht zugelassen sind. Der Nennwert der an der Londoner Börse zugelassenen Papiere belief sich im Jahre 1909 auf mehr als 200 Milliarden Mark. Geht man die verschiedenen Kategorien durch, in die sich die gehandelten Werte teilen, so stellt sich das höchst auffällige Er¬ gebnis heraus, daß diejenigen Kategorien, in denen die höchsten Werte gehandelt werden, ausländische Kapitalanlagen darstellen. Die Wertpapiergruppen, die jede für sich mehr als eine Milliarde Pfund Sterling umfassen, sind nämlich der Reihe nach folgende: Ausländische Staats- und Gemeindeanleihen ... 62 Milliarden Mark Amerikanische Werte einschließlich Eisenbahnen . . 36 „ „ Britische Konsols, koloniale und städtische Anleihen. 33 „ „ Britische Eisenbahnen..........24 „ „ Nimmt man noch hinzu, daß in auswärtigen Eisenbahnen sast 11 Milliarden Mark an der Londoner Börse offiziell gehandelt werden, so ergibt sich der über¬ raschende Schluß, daß von den insgesamt rund 200 Milliarden Nennwerten beträchtlich mehr als die Hälfte auf ausländische Kapitalanlagen entfällt. George Paish, einer der Herausgeber des Statist, hat im Jahre 1911 in der Royal Statistical Society einen Vortrag über britisches Kapital im Aus¬ lande gehalten, in dem er das Ergebnis seiner eingehenden Erhebungen über die Anlagen, die England in dem verflossenen Jahre in Indien, den britischen Kolonien und dem übrigen Auslande machte, bekannt gab. Der Statist, der das einschlägige statistische Material veröffentlicht, knüpft daran einige Folge-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_329227/71>, abgerufen am 02.07.2024.