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Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Viertes Vierteljahr.

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Die Feuerprobe des humanistischen Gymnasiums
Or. prit. L, Lggerding von

n der Glut dieser großen Zelt muß sich's bewähren, was wertvoll
war. Nicht nur unserer Feinde Unwahrheit und Verrat. Krämer-
gier und Mißgunst können die Probe nicht bestehen gegen das
heilige Feuer des deutschen Kampfes, -- auch was in unserem
eigenen Land unrein war und falsch und blendender Schein --
als trübe Schlacke liegt es am Boden. Und Heller glänzt das wahre Gold.
Was morsch war und alt, muß jetzt fallen in diesem Sturm. Unsere Kirche
war kein hinfälliger Bau. wie so viele schon sagten, sie steht fester als je. über
alles Hoffen.

Und unsere Schule? Sie ist oft als rückständig und rückschrittlich ge¬
scholten und mit Neformvorschlägen mehr überschüttet als beglückt worden.
Es ist ein Wort des alten Moltke: der deutsche Schulmeister habe die Schlachten
unserer Väter gewonnen. Gilt das Wort heute wieder? War er es wieder,
der der Jugend die glühende Vaterlandsliebe in das Herz pflanzte, daß sie den
lockenden Irrlehren eines wässerigen Weltbürgertums noch immer im Innersten
sich widersetzte, daß sie jetzt stolz darauf ist, für die gefährdete deutsche Erde
und Ehre bluten zu dürfen? War er es wieder, der das unbedingte Pflicht¬
gefühl, im Kleinsten für das Größte, in oft so mühevoller Arbeit den Millionen
anerzog, die jetzt als Männer und Frauen auf dem Posten sind, im Felde und
daheim? Seine Saat ist aufgegangen -- trotz des Teufels, der geschäftig im
Finstern Unkraut gesät hatte. Es war so billig, den strengen Schulmeister als
Pedanten lächerlich zu machen. Es war oft schwer sür ihn. ruhig seine Pflicht
weiter zu tun. Aber er hat seine Pflicht weiter getan.

Und Gott sei Dank: nicht abseits von dieser Tat steht heute das humanistische
Gymnasium! Wie oft wurde es angeklagt, daß es zu Griechen und Römern,
nicht zu Deutschen erziehe, daß es die Jugend in längst vergangene, abgetane,
überwundene Zeiten führe, anstatt in die lebendige Gegenwart! Wie oft hat
es hören müssen, es schicke den Jüngling ins Leben hinaus, ohne ihm auch
nur eine Ahnung seiner staatsbürgerlichen Pflichten mitzugeben! Ja, wir haben




Die Feuerprobe des humanistischen Gymnasiums
Or. prit. L, Lggerding von

n der Glut dieser großen Zelt muß sich's bewähren, was wertvoll
war. Nicht nur unserer Feinde Unwahrheit und Verrat. Krämer-
gier und Mißgunst können die Probe nicht bestehen gegen das
heilige Feuer des deutschen Kampfes, — auch was in unserem
eigenen Land unrein war und falsch und blendender Schein —
als trübe Schlacke liegt es am Boden. Und Heller glänzt das wahre Gold.
Was morsch war und alt, muß jetzt fallen in diesem Sturm. Unsere Kirche
war kein hinfälliger Bau. wie so viele schon sagten, sie steht fester als je. über
alles Hoffen.

Und unsere Schule? Sie ist oft als rückständig und rückschrittlich ge¬
scholten und mit Neformvorschlägen mehr überschüttet als beglückt worden.
Es ist ein Wort des alten Moltke: der deutsche Schulmeister habe die Schlachten
unserer Väter gewonnen. Gilt das Wort heute wieder? War er es wieder,
der der Jugend die glühende Vaterlandsliebe in das Herz pflanzte, daß sie den
lockenden Irrlehren eines wässerigen Weltbürgertums noch immer im Innersten
sich widersetzte, daß sie jetzt stolz darauf ist, für die gefährdete deutsche Erde
und Ehre bluten zu dürfen? War er es wieder, der das unbedingte Pflicht¬
gefühl, im Kleinsten für das Größte, in oft so mühevoller Arbeit den Millionen
anerzog, die jetzt als Männer und Frauen auf dem Posten sind, im Felde und
daheim? Seine Saat ist aufgegangen — trotz des Teufels, der geschäftig im
Finstern Unkraut gesät hatte. Es war so billig, den strengen Schulmeister als
Pedanten lächerlich zu machen. Es war oft schwer sür ihn. ruhig seine Pflicht
weiter zu tun. Aber er hat seine Pflicht weiter getan.

Und Gott sei Dank: nicht abseits von dieser Tat steht heute das humanistische
Gymnasium! Wie oft wurde es angeklagt, daß es zu Griechen und Römern,
nicht zu Deutschen erziehe, daß es die Jugend in längst vergangene, abgetane,
überwundene Zeiten führe, anstatt in die lebendige Gegenwart! Wie oft hat
es hören müssen, es schicke den Jüngling ins Leben hinaus, ohne ihm auch
nur eine Ahnung seiner staatsbürgerlichen Pflichten mitzugeben! Ja, wir haben


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[0032] [Abbildung] Die Feuerprobe des humanistischen Gymnasiums Or. prit. L, Lggerding von n der Glut dieser großen Zelt muß sich's bewähren, was wertvoll war. Nicht nur unserer Feinde Unwahrheit und Verrat. Krämer- gier und Mißgunst können die Probe nicht bestehen gegen das heilige Feuer des deutschen Kampfes, — auch was in unserem eigenen Land unrein war und falsch und blendender Schein — als trübe Schlacke liegt es am Boden. Und Heller glänzt das wahre Gold. Was morsch war und alt, muß jetzt fallen in diesem Sturm. Unsere Kirche war kein hinfälliger Bau. wie so viele schon sagten, sie steht fester als je. über alles Hoffen. Und unsere Schule? Sie ist oft als rückständig und rückschrittlich ge¬ scholten und mit Neformvorschlägen mehr überschüttet als beglückt worden. Es ist ein Wort des alten Moltke: der deutsche Schulmeister habe die Schlachten unserer Väter gewonnen. Gilt das Wort heute wieder? War er es wieder, der der Jugend die glühende Vaterlandsliebe in das Herz pflanzte, daß sie den lockenden Irrlehren eines wässerigen Weltbürgertums noch immer im Innersten sich widersetzte, daß sie jetzt stolz darauf ist, für die gefährdete deutsche Erde und Ehre bluten zu dürfen? War er es wieder, der das unbedingte Pflicht¬ gefühl, im Kleinsten für das Größte, in oft so mühevoller Arbeit den Millionen anerzog, die jetzt als Männer und Frauen auf dem Posten sind, im Felde und daheim? Seine Saat ist aufgegangen — trotz des Teufels, der geschäftig im Finstern Unkraut gesät hatte. Es war so billig, den strengen Schulmeister als Pedanten lächerlich zu machen. Es war oft schwer sür ihn. ruhig seine Pflicht weiter zu tun. Aber er hat seine Pflicht weiter getan. Und Gott sei Dank: nicht abseits von dieser Tat steht heute das humanistische Gymnasium! Wie oft wurde es angeklagt, daß es zu Griechen und Römern, nicht zu Deutschen erziehe, daß es die Jugend in längst vergangene, abgetane, überwundene Zeiten führe, anstatt in die lebendige Gegenwart! Wie oft hat es hören müssen, es schicke den Jüngling ins Leben hinaus, ohne ihm auch nur eine Ahnung seiner staatsbürgerlichen Pflichten mitzugeben! Ja, wir haben

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_329227/32>, abgerufen am 30.06.2024.