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Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Viertes Vierteljahr.

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vom Recht der Zukunft

Andere wollten die Sache gleich an diesem Ende anfassen. Allen sollen
ohne Unterschied des Besitzes und der Bildung die gleichen politischen Rechte
gewährt werden. Die Fähigsten werden sich mit deren Hilfe zur Bildung und
zum Besitz aufschwingen. Freilich pflegt sich dieses französische Rezept nur zu
bewähren, wo der Partei- und Klassenkampf tobt. Aber dafür ist dieser Weg
kurz und verhältnismäßig bequem. Von denjenigen, die ihn schätzen gelernt
hatten, war kaum zu erwarten, daß sie den weiteren und mühseligen Weg aus
der Besitzlosigkeit durch Arbeit zum Besitz, vom Besitz zur Bildung, von der
Bildung zur politischen und sozialen Stellung den Vorzug geben würden.

Wie groß war endlich die Zahl derer, die gar keine Veranlassung oder
gar Nötigung sahen, der Arbeitstüchtigkeit eine Treppe zu bauen! Haben wir
es nicht auch ohne sie in Handel und Industrie, in Technik und Wissenschaft,
in Kunst und Gesittung so herrlich weit gebracht!

Angesichts solcher Widerstände erschien es bis in diesen Sommer zwecklos,
Zukunftsgedanken zu äußern, die aus der geschichtlichen Untersuchung der Zu¬
sammenhänge zwischen Privatrecht und Volkswirtschaft ungesucht hervorgegangen
waren.

Nun ist es anders geworden.

In furchtbarer Klarheit hat uns der Krieg offenbart, daß Deutschland in¬
mitten seiner Feinde über den Krieg hinaus die ganze, durch keinen Klassen¬
kampf geschwächte, sondern vollentwickelte Kraft aller seiner Kinder bitter nötig hat.

Nun ist die Frage nach dem deutschen Recht der Zukunft aufgegangen in
der Frage nach dem Recht unseres deutschen Vaterlandes auf die Zukunft --
und dem Lebensrecht des deutschen Volks wird kein Hindernis widerstehen.




vom Recht der Zukunft

Andere wollten die Sache gleich an diesem Ende anfassen. Allen sollen
ohne Unterschied des Besitzes und der Bildung die gleichen politischen Rechte
gewährt werden. Die Fähigsten werden sich mit deren Hilfe zur Bildung und
zum Besitz aufschwingen. Freilich pflegt sich dieses französische Rezept nur zu
bewähren, wo der Partei- und Klassenkampf tobt. Aber dafür ist dieser Weg
kurz und verhältnismäßig bequem. Von denjenigen, die ihn schätzen gelernt
hatten, war kaum zu erwarten, daß sie den weiteren und mühseligen Weg aus
der Besitzlosigkeit durch Arbeit zum Besitz, vom Besitz zur Bildung, von der
Bildung zur politischen und sozialen Stellung den Vorzug geben würden.

Wie groß war endlich die Zahl derer, die gar keine Veranlassung oder
gar Nötigung sahen, der Arbeitstüchtigkeit eine Treppe zu bauen! Haben wir
es nicht auch ohne sie in Handel und Industrie, in Technik und Wissenschaft,
in Kunst und Gesittung so herrlich weit gebracht!

Angesichts solcher Widerstände erschien es bis in diesen Sommer zwecklos,
Zukunftsgedanken zu äußern, die aus der geschichtlichen Untersuchung der Zu¬
sammenhänge zwischen Privatrecht und Volkswirtschaft ungesucht hervorgegangen
waren.

Nun ist es anders geworden.

In furchtbarer Klarheit hat uns der Krieg offenbart, daß Deutschland in¬
mitten seiner Feinde über den Krieg hinaus die ganze, durch keinen Klassen¬
kampf geschwächte, sondern vollentwickelte Kraft aller seiner Kinder bitter nötig hat.

Nun ist die Frage nach dem deutschen Recht der Zukunft aufgegangen in
der Frage nach dem Recht unseres deutschen Vaterlandes auf die Zukunft —
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[0315] vom Recht der Zukunft Andere wollten die Sache gleich an diesem Ende anfassen. Allen sollen ohne Unterschied des Besitzes und der Bildung die gleichen politischen Rechte gewährt werden. Die Fähigsten werden sich mit deren Hilfe zur Bildung und zum Besitz aufschwingen. Freilich pflegt sich dieses französische Rezept nur zu bewähren, wo der Partei- und Klassenkampf tobt. Aber dafür ist dieser Weg kurz und verhältnismäßig bequem. Von denjenigen, die ihn schätzen gelernt hatten, war kaum zu erwarten, daß sie den weiteren und mühseligen Weg aus der Besitzlosigkeit durch Arbeit zum Besitz, vom Besitz zur Bildung, von der Bildung zur politischen und sozialen Stellung den Vorzug geben würden. Wie groß war endlich die Zahl derer, die gar keine Veranlassung oder gar Nötigung sahen, der Arbeitstüchtigkeit eine Treppe zu bauen! Haben wir es nicht auch ohne sie in Handel und Industrie, in Technik und Wissenschaft, in Kunst und Gesittung so herrlich weit gebracht! Angesichts solcher Widerstände erschien es bis in diesen Sommer zwecklos, Zukunftsgedanken zu äußern, die aus der geschichtlichen Untersuchung der Zu¬ sammenhänge zwischen Privatrecht und Volkswirtschaft ungesucht hervorgegangen waren. Nun ist es anders geworden. In furchtbarer Klarheit hat uns der Krieg offenbart, daß Deutschland in¬ mitten seiner Feinde über den Krieg hinaus die ganze, durch keinen Klassen¬ kampf geschwächte, sondern vollentwickelte Kraft aller seiner Kinder bitter nötig hat. Nun ist die Frage nach dem deutschen Recht der Zukunft aufgegangen in der Frage nach dem Recht unseres deutschen Vaterlandes auf die Zukunft — und dem Lebensrecht des deutschen Volks wird kein Hindernis widerstehen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_329227/315>, abgerufen am 04.07.2024.