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Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Viertes Vierteljahr.

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Handel und Freiheit in den englischen Aolonien
v !V. Neumann on

in englisches Sprichwort besagt, der Handel folge der Flagge;
und wenn vielleicht auch in der Geschichte der englischen Kolo¬
nisation der Handel dem Union-Jack so manches Mal mutig
vorangegangen ist, so bleibt doch nichtsdestoweniger die Richtigkeit
des Wortes "Uralte tolle>w8 tus klaZ" nirgends so deutlich
erkennbar, wie gerade im Britischen Empire: rund vierundvierzig Millionen
Menschen im Vereinigten Königreiche lenken die Geschicke von rund dreihundert¬
undsechzig Millionen in Übersee, -- d. h. die einer achtmal größeren Be-
völkerung als im eigentlichen Großbritannien selbst wohnt; ein knappes
Vierzigstel der Menschheit beherrscht ein rundes Fünftel. -- Braune. Schwarze
und andere Weiße. Aber die Handels- und Machtwerte dieses Weltreiches sind
doch noch ungleich größer: England und seine Kolonien nehmen räumlich nur
etwa ein Fünftel der bewohnten Welt ein, aber seine Schiffe gebieten und
schwimmen auf allen Meeren, und die Londoner Börse umspannt mit ihren
Netzen das Feld der Erde: rund ein Drittel aller in der Welt erzeugten Güter
und Werte menschlicher Arbeit geht irgendwie und irgendwann durch englische
Hände oder englische Börsen.

Betrachtet man z. B. die vergleichenden Zahlen, die der Handel einiger
besonders bekannter kolonialer Gebiete und Produkte aufweist, so ergeben sich
mehrfach Werte, die schon rein arithmetisch das Staunen des Betrachters
erregen müssen. -- Das Gold z. B.. das in den ersten sechzig Jahren der
Förderung allein dem Boden Australiens entzogen wurde, beläuft sich auf gegen
550 Millionen Pfund Sterling, und die Förderung der südafrikanischen Union
beträgt jetzt jährlich zwischen je 500 und 700 Millionen Mark. Mehr als
achtzig vom Hundert aller auf Erden produzierten Diamanten kommen allein
aus dem Britischen Südafrika, nebst etwa fünfundzwanzig Prozent alles ge¬
förderten Goldes. Die Kupferminen Südaustraliens stehen an Ergiebigkeit und
Gehalt mit an erster Stelle. Die Bergwerke des westlichen und nordwestlichen
Kanada harren noch der weiteren Erschließung und versprechen ungeheure




Handel und Freiheit in den englischen Aolonien
v !V. Neumann on

in englisches Sprichwort besagt, der Handel folge der Flagge;
und wenn vielleicht auch in der Geschichte der englischen Kolo¬
nisation der Handel dem Union-Jack so manches Mal mutig
vorangegangen ist, so bleibt doch nichtsdestoweniger die Richtigkeit
des Wortes „Uralte tolle>w8 tus klaZ" nirgends so deutlich
erkennbar, wie gerade im Britischen Empire: rund vierundvierzig Millionen
Menschen im Vereinigten Königreiche lenken die Geschicke von rund dreihundert¬
undsechzig Millionen in Übersee, — d. h. die einer achtmal größeren Be-
völkerung als im eigentlichen Großbritannien selbst wohnt; ein knappes
Vierzigstel der Menschheit beherrscht ein rundes Fünftel. — Braune. Schwarze
und andere Weiße. Aber die Handels- und Machtwerte dieses Weltreiches sind
doch noch ungleich größer: England und seine Kolonien nehmen räumlich nur
etwa ein Fünftel der bewohnten Welt ein, aber seine Schiffe gebieten und
schwimmen auf allen Meeren, und die Londoner Börse umspannt mit ihren
Netzen das Feld der Erde: rund ein Drittel aller in der Welt erzeugten Güter
und Werte menschlicher Arbeit geht irgendwie und irgendwann durch englische
Hände oder englische Börsen.

Betrachtet man z. B. die vergleichenden Zahlen, die der Handel einiger
besonders bekannter kolonialer Gebiete und Produkte aufweist, so ergeben sich
mehrfach Werte, die schon rein arithmetisch das Staunen des Betrachters
erregen müssen. — Das Gold z. B.. das in den ersten sechzig Jahren der
Förderung allein dem Boden Australiens entzogen wurde, beläuft sich auf gegen
550 Millionen Pfund Sterling, und die Förderung der südafrikanischen Union
beträgt jetzt jährlich zwischen je 500 und 700 Millionen Mark. Mehr als
achtzig vom Hundert aller auf Erden produzierten Diamanten kommen allein
aus dem Britischen Südafrika, nebst etwa fünfundzwanzig Prozent alles ge¬
förderten Goldes. Die Kupferminen Südaustraliens stehen an Ergiebigkeit und
Gehalt mit an erster Stelle. Die Bergwerke des westlichen und nordwestlichen
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[0241] [Abbildung] Handel und Freiheit in den englischen Aolonien v !V. Neumann on in englisches Sprichwort besagt, der Handel folge der Flagge; und wenn vielleicht auch in der Geschichte der englischen Kolo¬ nisation der Handel dem Union-Jack so manches Mal mutig vorangegangen ist, so bleibt doch nichtsdestoweniger die Richtigkeit des Wortes „Uralte tolle>w8 tus klaZ" nirgends so deutlich erkennbar, wie gerade im Britischen Empire: rund vierundvierzig Millionen Menschen im Vereinigten Königreiche lenken die Geschicke von rund dreihundert¬ undsechzig Millionen in Übersee, — d. h. die einer achtmal größeren Be- völkerung als im eigentlichen Großbritannien selbst wohnt; ein knappes Vierzigstel der Menschheit beherrscht ein rundes Fünftel. — Braune. Schwarze und andere Weiße. Aber die Handels- und Machtwerte dieses Weltreiches sind doch noch ungleich größer: England und seine Kolonien nehmen räumlich nur etwa ein Fünftel der bewohnten Welt ein, aber seine Schiffe gebieten und schwimmen auf allen Meeren, und die Londoner Börse umspannt mit ihren Netzen das Feld der Erde: rund ein Drittel aller in der Welt erzeugten Güter und Werte menschlicher Arbeit geht irgendwie und irgendwann durch englische Hände oder englische Börsen. Betrachtet man z. B. die vergleichenden Zahlen, die der Handel einiger besonders bekannter kolonialer Gebiete und Produkte aufweist, so ergeben sich mehrfach Werte, die schon rein arithmetisch das Staunen des Betrachters erregen müssen. — Das Gold z. B.. das in den ersten sechzig Jahren der Förderung allein dem Boden Australiens entzogen wurde, beläuft sich auf gegen 550 Millionen Pfund Sterling, und die Förderung der südafrikanischen Union beträgt jetzt jährlich zwischen je 500 und 700 Millionen Mark. Mehr als achtzig vom Hundert aller auf Erden produzierten Diamanten kommen allein aus dem Britischen Südafrika, nebst etwa fünfundzwanzig Prozent alles ge¬ förderten Goldes. Die Kupferminen Südaustraliens stehen an Ergiebigkeit und Gehalt mit an erster Stelle. Die Bergwerke des westlichen und nordwestlichen Kanada harren noch der weiteren Erschließung und versprechen ungeheure

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_329227/241>, abgerufen am 02.07.2024.