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Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Drittes Vierteljahr.

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Krieg und Wirtschaft

Haftung und des Gesetzes betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossen-
schaften, wonach in solchen Fällen die Vorstandsmitglieder zum Antrage aus
Konkurseröffnung unter Androhung von Strafen verpflichtet find, bis auf weiteres
außer Kraft gesetzt.

Schließlich hat die Gesetzgebung sich auch der Schuldner angenommen,
deren Gläubiger im Auslande wohnen. Da im Auslande, wie z. B. England,
jetzt häufig ein allgemeines Moratorium eingeführt wird, so daß deutsche
Gläubiger gegen ihre ausländischen Schuldner nicht vorgehen können und von
ihnen selbstverständlich auch zurzeit kein Geld erhalten, ist es nicht mehr wie
recht und billig, daß ausländischen Gläubigern der Zugriff gegen ihre inlän¬
dischen Schuldner zurzeit untersagt wird. Deswegen ist angeordnet, daß aus¬
ländische Personen, sowohl natürliche wie juristische, vermögensrechtliche Ansprüche,
die vor dem 31. Juli 1914 entstanden sind, bis zum 31. Oktober 1914 im
Inlande nicht geltend machen und etwaige Prozesse nicht weiter betreiben dürfen.
In besonderen Fällen, wo der andere Staat dies ebenfalls zuläßt, kann der
Reichskanzler Ausnahmen gestatten.

Auch der Gläubiger hat sich die Gesetzgebung insofern angenommen, als
sie vor Rechtsnachteilen, die die Nichtinnehaltung von Fristen für sie mit sich
bringen würden, nach Möglichkeit geschützt werdeu. Zur Erhaltung der Regre߬
ansprüche aus Wechseln und Schenks ist die Protesterhebung innerhalb drei Tagen
nach den allgemeinen Gesetzen erforderlich. Nachdem diese Frist bereits durch
Gesetz vom 4. August 1914 für die Bezirke, in denen infolge des Krieges der
der Verkehr sehr erschwert ist. bis zur Erhebung des Hindernisses mindestens
aber um sechs Tage verlängert ist. hat der Bundesrat von der ihm von dem¬
selben Gesetze gewordenen Befugnis, die Fristen für das gesamte Reichsgebiet
zu verlängern, Gebrauch gemacht und durch Verordnung vom 6. August 1914
bestimmt, daß diese Fristen bis auf weiteres, soweit sie nicht am 31. Juli 1914
abgelaufen warm, um 30 Tage verlängert werden. Hiernach brauchen Proteste,
die zur Erhaltung von Wechselrechten oder Regreßrechten aus Schenks erforderlich
sind, erst spätestens am 33. Tage nach dem Fälligkeitstage vorgenommen werden.

Mit den vorstehenden Gesetzen und Bundesratsverordnungen ist aber die
Fürsorge des Staates für wirtschaftliche Existenzen nicht erschöpft. Durch die
auf Grund des Gesetzes vom 4. August 1914 gegründeten Darlehnskassen ist
geldbedürftigen Personen die Möglichkeit gewährt, gegen Verpfändung von
Sicherheiten Darlehen zu bekommen, um ihnen dadurch eine wirtschaftliche
Krisis zu erleichtern. Zwar wird an die zu leistenden Sicherheiten ein etwas
strenger Maßstab angelegt, und die Höhe der Darlehen bewegt sich in der
Negel nur bis zur Hälfte ihres Wertes. Auch werden die Darlehen nur auf
kurze Zeit, nämlich in der Regel nicht länger als auf drei, ausnahmsweise auf
höchstens sechs Monate gewährt, und ferner ist die Verzinsung eine ziemlich hohe,
in der Regel der Zinsfuß der Reichsbank bei Ankauf von Wechseln. Indessen
ist doch hierdurch geldbedürftigen Personen immerhin die Möglichkeit gewährt,


Krieg und Wirtschaft

Haftung und des Gesetzes betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossen-
schaften, wonach in solchen Fällen die Vorstandsmitglieder zum Antrage aus
Konkurseröffnung unter Androhung von Strafen verpflichtet find, bis auf weiteres
außer Kraft gesetzt.

Schließlich hat die Gesetzgebung sich auch der Schuldner angenommen,
deren Gläubiger im Auslande wohnen. Da im Auslande, wie z. B. England,
jetzt häufig ein allgemeines Moratorium eingeführt wird, so daß deutsche
Gläubiger gegen ihre ausländischen Schuldner nicht vorgehen können und von
ihnen selbstverständlich auch zurzeit kein Geld erhalten, ist es nicht mehr wie
recht und billig, daß ausländischen Gläubigern der Zugriff gegen ihre inlän¬
dischen Schuldner zurzeit untersagt wird. Deswegen ist angeordnet, daß aus¬
ländische Personen, sowohl natürliche wie juristische, vermögensrechtliche Ansprüche,
die vor dem 31. Juli 1914 entstanden sind, bis zum 31. Oktober 1914 im
Inlande nicht geltend machen und etwaige Prozesse nicht weiter betreiben dürfen.
In besonderen Fällen, wo der andere Staat dies ebenfalls zuläßt, kann der
Reichskanzler Ausnahmen gestatten.

Auch der Gläubiger hat sich die Gesetzgebung insofern angenommen, als
sie vor Rechtsnachteilen, die die Nichtinnehaltung von Fristen für sie mit sich
bringen würden, nach Möglichkeit geschützt werdeu. Zur Erhaltung der Regre߬
ansprüche aus Wechseln und Schenks ist die Protesterhebung innerhalb drei Tagen
nach den allgemeinen Gesetzen erforderlich. Nachdem diese Frist bereits durch
Gesetz vom 4. August 1914 für die Bezirke, in denen infolge des Krieges der
der Verkehr sehr erschwert ist. bis zur Erhebung des Hindernisses mindestens
aber um sechs Tage verlängert ist. hat der Bundesrat von der ihm von dem¬
selben Gesetze gewordenen Befugnis, die Fristen für das gesamte Reichsgebiet
zu verlängern, Gebrauch gemacht und durch Verordnung vom 6. August 1914
bestimmt, daß diese Fristen bis auf weiteres, soweit sie nicht am 31. Juli 1914
abgelaufen warm, um 30 Tage verlängert werden. Hiernach brauchen Proteste,
die zur Erhaltung von Wechselrechten oder Regreßrechten aus Schenks erforderlich
sind, erst spätestens am 33. Tage nach dem Fälligkeitstage vorgenommen werden.

Mit den vorstehenden Gesetzen und Bundesratsverordnungen ist aber die
Fürsorge des Staates für wirtschaftliche Existenzen nicht erschöpft. Durch die
auf Grund des Gesetzes vom 4. August 1914 gegründeten Darlehnskassen ist
geldbedürftigen Personen die Möglichkeit gewährt, gegen Verpfändung von
Sicherheiten Darlehen zu bekommen, um ihnen dadurch eine wirtschaftliche
Krisis zu erleichtern. Zwar wird an die zu leistenden Sicherheiten ein etwas
strenger Maßstab angelegt, und die Höhe der Darlehen bewegt sich in der
Negel nur bis zur Hälfte ihres Wertes. Auch werden die Darlehen nur auf
kurze Zeit, nämlich in der Regel nicht länger als auf drei, ausnahmsweise auf
höchstens sechs Monate gewährt, und ferner ist die Verzinsung eine ziemlich hohe,
in der Regel der Zinsfuß der Reichsbank bei Ankauf von Wechseln. Indessen
ist doch hierdurch geldbedürftigen Personen immerhin die Möglichkeit gewährt,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_328733/445>, abgerufen am 28.07.2024.